Das Homeoffice ist der große Star der Corona-Krise. Kein anderes Ereignis zuvor hat diese Form des mobilen Arbeitens fern des klassischen Arbeitsplatzes mehr beflügelt. Neben den Planungen eines gesetzlichen Rechts auf Heimarbeit, überlegen Unternehmen auch, Mitarbeiter dauerhaft zu Hause arbeiten zu lassen. Aber was bringt ein Heimarbeitsplatz mit sich? Die Vorteile und Nachteile sind vielfältig. Mein Versuch einer umfassenden kritischen Betrachtung.
Die Corona-Krise brachte den Homeoffice Boom
Quasi übernacht mussten Unternehmen während des Lockdowns ihre Wertschöpfung aus den Büros und Werkshallen heraus in die Wohnungen ihrer Beschäftigten verlegen. Selbst die vor allem in Großstädten beliebten Co-Working-Spaces mussten aufgrund der massiven Kontaktbeschränkungen geräumt werden. Stattdessen saßen Heerscharen von Mitarbeitern (m/w/d) am heimischen Küchentisch oder in einer Ecke des Wohnzimmers.
Dass diese Art des zwangsweise zuhause Arbeitens allenfalls ein kleiner Vorgeschmack auf einen Teilaspekt dessen, was unter dem Stichwort New Work diskutiert wird, habe ich bereits deutlich geschrieben.
Auch, dass es eine Reihe von Unternehmen gab, die daraufhin sowohl ihre eigene HR-Arbeit als auch generell ihr Unternehmen weiter digitalisiert und agilisiert haben.
Mobile Arbeit via Homeoffice als lange gehegter Wunsch?
Schon lange vor den ersten Auswirkungen der aktuellen Krise gab es vermehrte Wünsche nach Remote-Arbeit via Homeoffice. Trotzdem scheint derzeit eine Mehrzahl der Beschäftigten zurück ins Büro zu wollen.
Gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice in Sicht?
Trotzdem wird der aktuelle Vorstoß ein gesetzliches Recht auf Homeoffice zu verabschieden recht kontrovers diskutiert. Befürworter, wie beispielsweise die Linke oder Greenpeace, führen hierbei auch positive ökologische Effekte ins Feld. Durch die Vermeidung von Pendler-Fahren könne sehr viel CO2 eingespart werden. Die CDU hingegen hält ein solches Recht für verfassungswidrig. In einigen anderen EU-Ländern gibt es ein solches jedoch bereits. In der Schweiz hingegen, scheinen laut einer Befragung die Chancen auf Homeoffice sehr gering zu sein.
Derzeit arbeitet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wohl gerade an einer entsprechenden Vorlage für Deutschland. Meine Bewertung dazu erfahren Sie im Laufe dieses Artikels.
Vorteile und Nachteile der (dauerhaften) Arbeit im Homeoffice
Schon im Jahre 2015 trat im Rahmen meines damaligen HR-Infotainment-Konzepts „Blind HR Battle“ Frau Dr. Elke Frank, damals Senior Director Human Resources bei Microsoft Deutschland gegen Arbeits- und Wirtschaftssoziologe Prof. Dr. Gerhard Bosch an. Das mittlerweile eingestellte Format des Argumentations-Battles konnte aufgrund der Limitierung der zur Verfügung stehenden Zeichenzahl das Thema jedoch nur anreißen.
Daher hier eine weitere, recht ausführliche Zusammenstellung der bedeutendsten Vorteile und Nachteile des (dauerhaften) Homeoffice. Mein Impuls zur Inspiration und Diskussion:
Entgrenzung der Arbeit führt leicht zur Selbstüberlastung
Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen zunehmend. Schon heute sprechen viele nicht mehr von einer Work-Life-Balance, sondern von Work-Life-Blending. Also einer signifikanten Überschneidung der beiden Sphären.
Diese Entgrenzung der Arbeit muss im Sinne der Beschäftigten und deren Gesundheit sehr genau beobachtet werden. So zeigte die Arbeitszeitbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin von 2017 beispielsweise, dass Arbeitnehmer im Homeoffice häufig mehr als fünf Überstunden pro Woche machen. 28% der Befragten mit Homeoffice-Vereinbarung berichten von verkürzten Ruhezeiten, gut die Hälfte kritisiert ein Verschwimmen der Grenzen von Arbeit und Freizeit.
Eine Problematik, die vermutlich nicht unlösbar ist, aber die Diskussionen rund um die Remote-Arbeit spürbar dominiert.
Problematik Kleinkinder im Homeoffice
Mehrere Monate als Eltern zusammen mit einem Schulkind und einem Kindergartenkind Tag und Nacht zuhause zu sein und im Homeoffice trotzdem produktiv arbeiten zu müssen, war aus meiner persönlichen Erfahrung heraus eine immense Herausforderung. Insbesondere für die Psyche aller Beteiligten. Es ist einem Kleinkind kaum vermittelbar, warum ein Elternteil zwar zuhause ist, aber trotzdem „bei der Arbeit“. Ein ständiges „Ich brauche Ruhe, lass mich bitte Arbeiten“, kann zudem keinesfalls gut für die Entwicklung eines Kindes sein. Allerdings mehrmals pro Stunde den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes nachzukommen, zu spielen, zu malen, zu basteln, ist mit Blick auf die tatsächliche Produktivität ebenfalls kaum machbar.
Meine Ausführungen beziehen sich übrigens auf beide Elternteile in einer erziehungstechnisch gleichberechtigten Beziehung.
Frauen werden in ihre traditionelle Rolle zurückgedrängt
Noch problematischer ist die Situation, wenn sehr traditionelle Rollenbilder in den Familien vorherrschen. Dort birgt der Trend zum Homeoffice auch gesellschaftliche Risiken. Das meint Soziologin und Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Der Berliner Zeitung verrät sie, dass sie im Trend zum zunehmenden Homeoffice „immensen gesellschaftlichen Sprengstoff“, sehe. Frauen würden in die klassische Rolle als (einzige) Fürsorgeperson gedrängt, während der Mann weiterhin seiner Arbeit nachgehen könne.
Nicht ergonomisches Arbeiten im Homeoffice kann krank machen
Das Thema Ergonomie spielt seit vielen Jahren eine immer größere Rolle. In gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsschutz halten immer mehr Themen Einzug, die sich dem Gesundheitsschutz in diesem Zusammenhang widmen. Dabei geht es um Tageslicht (manchmal auch in Form von Tageslichtlampen), Frischluftzufuhr sowie eben auch die Frage nach den passenden Büromöbeln wie höhenverstellbare Schreibtische oder ergonomische Bürostühle.
In einer repräsentativen Studie der Zeitschrift Fit for Fun auf der Plattform Civey sprechen rund 33% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon, seit der Homeoffice-Zeit häufiger unter Rückenschmerzen zu leiden als sonst. Ein fast gleiches Ergebnis findet die Verlaufsbefragung von Avantgarde Experts, wonach 32% der Befragten über entsprechende Rückenschmerzen und 31% über erhöhte Neigung zur Depression klagen.
Möglicherweise können die von den Befragungsteilnehmern genannten häufigeren Symptome aber auch mit dem erhöhten psychischen Druck zusammenhängen, der von der Unsicherheit aufgrund der Corona-Krise ausgeht. Unabhängig davon müssen jedoch Arbeitnehmer zu Homeoffice-Zeiten auf entsprechend gesundes Sitzen, ausreichend Pausen und Ausgleichssport achten.
Auswirkungen auf die Produktivität
Nicht viele Unternehmen messen die Produktivität ihrer Beschäftigten aktiv und regelmäßig. Über entsprechende Kennzahlen lässt sich das vermutlich sowieso nur bedingt abbilden. Denn Produktivität ist mehr als nur erzielter Umsatz, Kostenbegrenzung und Deckungsbeitrag. Es geht auch um das psycho-soziale Miteinander, um Gruppendynamiken, Flow und vieles mehr. Die Auswirkungen der Homeoffice-Phase innerhalb der Corona-Zeit auf die Produktivität lassen sich meiner Meinung nach noch nicht wirklich abschätzen. Zu außergewöhnlich sind die Umstände. Einmaleffekte, wie Anfangseuphorie und mehr, können schnell zu Fehlurteilen führen.
Was jedoch schon in vielen Unternehmen deutlich wurde: Es gibt eine Vielzahl von digitalen Defiziten bei den Beschäftigten (Link führt zu einer Studie dazu). Auch innerhalb von HR werden diese immer stärker transparent. Zu diesem Ergebnis kam auch die Digital HR Studie 2020, über die ich sowohl in einem Artikel als auch einer korrespondierenden Podcast-Folge Klartext HR berichtet habe.
Chancen und Risiken für produktive Arbeit via Homeoffice
Mit Blick auf eine Vielzahl von unproduktiven oder langatmigen Sitzungen, lässt sich über die Virtualität im Homeoffice eine Tendenz erkennen, die überaus positiv ist. Meetings werden auf die minimal notwendige Zeit verkürzt, die Vorbereitungen sind intensiver, der Grad der Dokumentation höher. Auch lassen sich Zeiten, in denen ein Thema den eigenen Wirkungskreis gar nicht betrifft im Homeoffice leichter produktiv nutzen. Eingeschaltete Videokonferenzen können gemutet weiterverfolgt und währenddessen produktiv gearbeitet werden. Die Chance zum sofortigen Reaktivieren der aktiven Teilnahme bleibt somit bestehen.
Ein solches Verhalten wäre in einer physischen Umgebung wie einem Besprechungsraum nicht nur schwer möglich, sondern vor allem mit Blick auf die anderen Teilnehmer auch nicht wünschenswert.
Stellen Sie sich vor, jeder würde auf seinem Laptop tippen, während sich andere gerade zu einem Spezial-Thema austauschen.
Zugegeben: Der damit einhergehende Multi-Tasking-Ansatz strengt deutlich mehr an, als die Konzentration auf eine Sache zur gleichen Zeit.
Herausforderung virtuelles Recruiting, Onboarding und Mitarbeiterbindung
Die Personaler haben die Auswirkungen der Corona-Kontaktbeschränkungen als erstes auf der Liste ihrer Alltagsherausforderungen gespürt. Virtuelles Recruiting, ohne einen persönlichen Vorort-Kontakt mit Bewerbern war für die meisten Unternehmen noch Neuland. Heute gibt es zahlreiche Erfolgsstorys rund um Remote HR, also die komplett digitale Abwicklung des Recruiting-, Onboarding– und Mitarbeiterbindungs-Prozesses.
Es ist also generell machbar. Trotzdem wollen Unternehmen in der Mehrzahl wieder zurück zu analogen Verfahren.
Neue Führungskultur notwendig – digital Leadership
Wir reden im Zusammenhang mit dem Thema Homeoffice wieder mal über Vertrauen, nicht nur in Punkto Arbeitszeit, siehe das bedeutungsvolle EuGH-Urteil. Und wir sprechen über Führung. Beides Themen, die die Personalerwelt seit jeher begleiten. Trotzdem tun sich Unternehmen damit nach wie vor in Summe sehr schwer. Sowohl was die Auswahl geeigneter Führungskräfte angeht, als auch deren generelles Führungsverhalten steht immer wieder neu in der Kritik.
Remote-Führung verlangt nunmehr komplett Ansätze. Nein, falsch! Vielmehr müssten jetzt endlich die schon lange propagierten Modelle rund um digital Leadership angewendet werden, die seit Jahren in der HR-Welt diskutiert werden. Es geht um Enabling, Abgabe von Verantwortung, eine Vertrauens- und Fehlerkultur und vieles mehr.
Digitale Mitarbeiter-Feedbacksysteme können Führungskräfte in Situationen von hoher Virtualität heute als mögliche Lösung unterstützen, um herauszufinden, wie es den Beschäftigten im Homeoffice eigentlich geht. Deren Verbreitung zieht zwar gerade an, liegt jedoch noch auf sehr geringem Level, was oftmals auch an Bedenken von Betriebsräten oder gar den Führungskräften selbst liegt, die nicht immer gut mit Feedback (vor allem negativer Kritik) umgehen können.
Virtualität ersetzt nicht den echten zwischenmenschlicher Kontakt
Videokonferenzen, Chat-Systeme und das klassische (Mobil)Telefon sind sicherlich geeignete Mittel, um kurzfristig Informationen auszutauschen und Themen voranzubringen. Mithin zu Arbeiten. Aber sind sie auch in der Lage Emotionen zu transportieren? Geben sie die Möglichkeit eines kurzen tröstenden oder aufmunternden Blicks, einer wohltuenden Umarmung zwischen guten Freunden? Wie steht es um das gemeinsame Feierabendbier oder die Firmenfeier. Ich kann mir das dauerhaft -noch immer- nur sehr schwer rein virtuell vorstellen.
Das Sehen von Personen auf einem glänzenden Display ist eben nicht dasselbe wie der direkte persönliche Kontakt. Und ob die erstaunlich positive Bewertung der Videosysteme nachhaltig sein wird, bezweifle ich stark. Schon heute machen ja der Begriffe wie beispielsweise „Zoom-Fatigue“ (Zoom-Müdigkeit) die Runde. Wir werden des rein virtuellen Kontakts sicher schon bald noch deutlich stärker müde sein.
Leidet die Unternehmenskultur durch eine Vereinzelung?
Informelle Treffen an der büroeigenen Kaffeemaschine oder in der Kantine entfallen derzeit. Kann aber diese Art der Zusammenkunft, die oftmals auch stark privater Vernetzung dient, virtuell 1:1 aufgefangen werden? Sicher nicht. Allerdings sind Personaler und Unternehmen derzeit recht kreativ.
Auch möchte ich zusammen mit dem Anbieter Workdate über unser Projekt HR Video-Networking Community dazu beitragen, dass der sehr persönliche Kontakt zwischen den Menschen weitergeführt wird.
Henner Knabenreichs #KeineHRalleineZuhaus geht in die gleiche Richtung.
Stärkere Einbindung durch flexible virtuelle Möglichkeiten
Das Argument zur Unternehmenskultur lässt sich jedoch durchaus auch in die andere Richtung wenden. So spüre ich seit meiner Arbeit im Homeoffice eine deutlich stärkere Einbindung in die Arbeit der anderen Teams und Bereiche. Enabler dafür ist die Möglichkeit, mich spontan und ohne große Rüstzeiten in jedwede Meetings, Workshops, Infoveranstaltungen, Townhall Meetings und so weiter einwählen zu können. Als Präsenzveranstaltungen mit entsprechenden Transferzeiten zwischen Räumlichkeiten und Standorten wäre meine Teilnahme nicht einmal zur Hälfte möglich.
Ein paar Dimensionen größter gedacht, bedeutet die virtuelle Anbindung via Homeoffice aber auch die Chance auf Teilnahme „weiterer Gruppen“ an Aktivitäten des Unternehmens. Bei verteilten Standorten innerhalb Deutschlands, können beispielsweise alle gleichermaßen an entsprechenden Infoveranstaltungen, Weiterbildungen oder anderen betrieblichen Dialog-Formaten teilnehmen. Stichwort: Außendienst.
Hier vernehme ich viele positive Stimmen, was ein deutlich stärkeres Heranwachsen an die Aktivitäten und Themen der Unternehmenszentralen angeht.
Auch eine Befragung der Employer Branding Agentur Castenow kam zu dem Ergebnis, dass 50% der Teilnehmer im Homeoffice während der Corona-Krise ein stärkeres Team-Gefühl verspürten.
Zusammenspiel White Collar und Blue Collar – Beginn einer Zwei-Klassen-Arbeitskultur?
Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass nicht alle Arten von Arbeit gleichermaßen im Homeoffice oder einem sonstigen Ort außerhalb des Betriebs oder Werks verrichtet werden können. Welche Möglichkeiten bestehen beispielsweise im klassischen Blue-Collar-Bereich? Und im gleichen Atemzug: Welche Auswirkungen hat es, wenn eine Unternehmenskultur zwei komplett unterschiedliche Welten bedient? Wenn der eine Teil der Mitarbeiter tagtäglich die Arbeitsleistung vor Ort erbringt, während der andere Teil im Homeoffice die Flexibilität genießt, in der Mittagspause auch mal gemütlich auf der eigenen Terrasse zu sitzen oder in den Pool zu springen.
Meine Beispiele sind bewusst gewählt, um den immensen Spagat aufzuzeigen, der auf die Unternehmenskultur zukommen könnte.
Schadet Homeoffice der Karriere?
Ein weiterer Punkt, der von den Kritikern angeführt wird, ist die in Deutschland stark verbreitete Präsenzkultur. Wer im Büro sichtbar ist, hat nachgewiesenermaßen bessere Chancen, das Vertrauen von „karriererelevanten Führungskräften“ (ein schrecklicher Begriff, allerdings häufig Realität) zu erlangen.
Spannend finde ich in diesem Zusammenhang, die Verschiebung der Wichtigkeit von vertikalem Aufstieg. Denn die Priorität klassischer Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten ist durch die Corona-Krise angeblich weiter auf dem Sinkflug.
Kosteneinsparungen, Freiwerden von Büroflächen und Wohnraum
Längst haben Betriebe und deren Controlling-Abteilungen erkannt, welch immenses Einsparungspotential sich bei einer Ausweitung oder flächendeckenden Nutzung von Homeoffice durch die Angestellten ergibt. Organisationen könnten mittelfristig teure Immobilien in den Innenstädten abmieten. Denn eine Reihe von Unternehmen wollen auch nach der Krise am Konzept des dauerhaften Homeoffice festhalten.
Einige große amerikanische Unternehmen wie zum Beispiel Facebook, Twitter oder Slack haben sogar schon angekündigt, dass ihre Beschäftigten im Grunde gar nicht mehr in die Büros zurückkehren müssen. Google und Indeed haben haben sich nicht ganz so radikal geäußert, gehen aber davon aus, dass die Beschäftigten bis mindestens 2021 noch im Homeoffice bleiben werden.
Ein wenig erstaunen diese Entscheidungen schon. Hatten nicht gerade die Silicon Valley Riesen erst Unsummen in ihre großen Campus-artigen Office-Welten investiert. In wahre Universen des vermeintlichen Feelgood-Managements? Bedeuten die aktuellen Wendungen eine echte Abkehr dieses Trends? Ist es ein Eingeständnis, dass der Weg falsch war? Oder verbleibt es am Ende doch lediglich ein Marketing-Gag, um jeweils an der Spitze der Meinungsführer zu stehen?
In jedem Fall würde ein großflächiger Rückzug der Unternehmen aus Büroflächen in den Städten einen massiven Impact haben auf eine Vielzahl anderer Unternehmen. In erster Linie zum Beispiel auf Restaurants oder Supermärkte, die sich auf eben jene Arbeitstätigen eingestellt haben.
Dauerhafte Verlagerung von Arbeitsplätzen auch in Deutschland
Auch in Deutschland überlegen Unternehmen derweil, das Modell eines dauerhaften Homeoffice weiter auszurollen. Die Allianz beispielsweise will wohl längerfristig bis zu 40% der Beschäftigten im Homeoffice belassen. In der August-Ausgabe des Handelsblatts äußert der Deutschlandchef der Unternehmensberatung Bain & Company, Walter Sinn, die Einschätzung, dass 20-30% der Büroarbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Nach Berechnungen seiner Berater könnten in den nächsten fünf bis sieben Jahren zwischen drei und fünf Millionen Beschäftigte ihren Arbeitsplatz aus dem Firmenbüro ins Homeoffice verlagern.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Befragung des Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in der Informationswirtschaft und dem verarbeitenden Gewerbe.
Mein Fazit zum Thema dauerhaftes Homeoffice
Wie so häufig pendelt die öffentliche Meinung sowie die darauf aufbauenden HR-Trends maximal hin- und her. Vom Einzelbüro hin zum Großraumbüro nebst Erlebniswelt, um nun wieder ins Homeoffice zurückzukehren. Bei allen diesen extremen Ausschlägen frage ich mich, warum wir stets jeden einzelnen dieser Trend-Stufen mitgehen müssen? Klassischerweise liegt die Wahrheit doch bekanntermaßen in der Mitte (Stichwort: Auf These und Antithese folgt Synthese).
In diesem Fall wäre die Synthese, dass Remotearbeit via Homeoffice EIN Teil einer möglichen Arbeitssituation sein kann. Analog des Gedankens des Activity Based Working geht es also nicht um Pauschallösungen in die eine oder andere Richtung. Die Art der zu erbringenden Arbeitsleistung bestimmt die dafür am besten geeignete Arbeitsumgebung. Was eigentlich so naheliegend ist, müssen sich Personalabteilungen derzeit hart erkämpfen. Es geht nicht um ein entweder-oder, sondern um ein sowohl-als auch, je nachdem, was besser passt.
Also besser kein Recht auf Homeoffice?
Aus diesem Gedanken heraus kann auch ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Denn denken wir mal weiter: Wenn der Arbeitgeber heute freiwillig keine solchen Lösungen zur Verfügung stellt, obwohl es generell möglich wäre, welchen Einfluss hätten dann Auseinandersetzungen, bei denen sich Beschäftigte am Ende ein Homeoffice „erstreiten“. Gerade in einer Situation, in der es erhöhtes Vertrauen in einander bedarf, würden die Betroffenen mit einem Vertrauensbruch starten. Aus meiner Sicht klingt das ziemlich unklug.
Aber wie sehen Sie das?