Was genau bedeutet Smart HRM oder ausgeschrieben Smart Human Resources Management eigentlich? Den Begriff „smart“ kennen wir sonst eher von Smartphone, Smartspeaker oder auch Smarthome. Prof. Dr. Christian Gärtner beschreibt in seinem gleichnamigen Buch, wie digitales Personalmanagement schon heute aussieht. Und welches Potential es hat, HR nachhaltig zu verändern. Meine Rezension, gleichzeitig als fachlicher Input für Personaler.
Was bedeutet Smart HRM?
Die Bezeichnung Smart Human Resources Management (HRM) meint den intelligenten Einsatz von digitalen Tools in der Personalarbeit, insbesondere in den Bereichen Analytics und Automatisierung. Die digitalen Tools wiederum umfassen ein breites Sortiment an Instrumenten, die aus Hard- und Software bestehen und zur Lösung personalwirtschaftlicher Probleme genutzt werden.
#SmartHRM / #SmartHumanResourcesManagement meint den intelligenten Einsatz von digitalen Tools in der #Personalarbeit, insbesondere in den Bereichen #Analytics und #Automatisierung. Share on XMultiple Einsatzbereiche für Smart HRM
Viele Smart HRM-Lösungen, die auf den ersten Blick vielleicht noch nach Zukunftsmusik klingen, sind bereits heute verfügbar und werden von Personaler eingesetzt. Die dafür geeigneten Szenarien sind ebenso vielfältig wie die Fragestellungen, die mittels smarter HR-Lösungen beantwortet werden können.
Dabei geht es zum Beispiel um Fragen wie
- Welchen Erfolg wird unsere formulierte Stellenanzeige auf dem Arbeitsmarkt vermutlich haben?
- Wie wird die Arbeitgebermarke unseres Unternehmens wahrgenommen?
- Wer hat die Eignung zur Führungskraft und sollte auf Basis welchen Auswahlverfahrens befördert werden?
- Wie wirken sich die Kommunikationsströme innerhalb der Teams auf die Produktivität des Unternehmens sowie die Wertschöpfung aus?
- Welche Rahmenbedingungen der Arbeit sowie Benefits erzeugen den größten Schub bei der Mitarbeitermotivation?
- Mit welchen Methoden kann individuelles sowie organisationales Lernen erfolgreich vorangebracht werden?
- Welche Möglichkeiten einer Automatisierung von Routine-Tätigkeiten sind sinnvoll?
Der Einsatzbereich von smarten HRM Lösungen umfasst damit die gesamte Bandbreite der HR-Arbeit. Vom Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting, über das Onboarding, die Mitarbeiterbindung, Produktivität, Leadership, bis hin zum Thema Kündigung.
Warum Smart HRM Teil der Unternehmensstrategie sein sollte
Gründe für den Einsatz von smarten HR-Technologien gibt es ebenso viele. Prof. Dr. Gärtner nennt in seinem Buch vorrangig die folgenden:
- Innovation in der HR-Arbeit
- Steigerung der Produktivität des Personalmanagements
- Das sogenannte Spiegelungs- oder Legitimationsargument, mit dem auch HR zur digitalen Transformation des Unternehmens aktiv beiträgt
- Ein Objektivitäts- und Neutralitäts-Argument, mit dem leichter erkannt werden kann, wo die technologischen Möglichkeiten bestehen und wo sie enden
Besonders spannend finde ich darüber hinaus das sogenannte „Erkenntnis-Argument“. Denn Personalarbeit wird zwar schon seit den Anfängen der Industrialisierung im tayloristischen Stil betrieben. Trotzdem stellen zahlreiche Autoren immer wieder die Frage, ob HR deswegen durchgängig professionell, effektiv und effizient betrieben wird. Sie kennen die Antwort auf diese rhetorische Frage natürlich längst. Sonst wären Sie kein Leser der Artikel auf meine HR-Portal PERSOBLOGGER.DE.
Daher sollte Smart HRM in jedem Fall gleich strategisch gedacht werden.
Wie können smarte HRM-Tools eingeführt werden?
In zahlreichen Fachbüchern, auf HR-Konferenzen oder Best Practice-Workshops werden immer wieder Ansätze gezeigt, wie einzelne Technologien nutzbringend im Personalbereich eingeführt werden können. Beispielsweise zur Vermeidung von Diskriminierungen bei Personalauswahlprozessen.
Allerdings muss klar gesagt werden, dass es nicht den einen Königsweg gibt. Vielmehr müssen Unternehmen vorab klar definieren, welche Probleme -oder nennen wir es zumindest mal Optimierungsmöglichkeiten- sie aktuell in der Personalarbeit haben. Dann geht es darum, passende Tools zu finden, die an eben jener Stelle ansetzen. Eine quasi „pauschale Zwangsdigitalisierung“ der Personalarbeit über Smarte Werkzeuge macht hingegen wenig Sinn. Das stellt auch Prof. Gärtner immer wieder heraus.
Vor dem Einsatz von #smartHRM Tools muss geklärt werden, welches konkrete Problem damit gelöst werden soll. Share on XSmarte Technologie und digital HR – wo bleibt der Mensch?
Sehr früh in der Diskussion um den Einsatz von smart HRM-Lösungen wurde von Kritikern zurecht die Frage nach dem Zusammenspiel von Mensch und Technologie eingebracht. Technologie müsse dem Menschen nutzen, dürfe ihn nicht ersetzen, so die These. Im Grunde geht der Einsatz entsprechender Softwarelösungen, von künstlicher Intelligenz sowie allgemein von Algorithmen genau in diese Richtung.
Aber es muss an dieser Stelle klar gesagt werden:
Aus Sicht des Unternehmens ist auch in Zeiten der Digitalisierung der Geschäftszweck stets im Vordergrund. Kein Unternehmen, schon gar keine Aktiengesellschaft, würde absichtlich eine Organisation ausschließlich um die dort arbeitenden Menschen herum bauen und dadurch ihr Geschäft vernachlässigen. Trotz Diskussion um den Purpose sowie oftmals zu „weichgespülter“ New Work Romantik müssen die allermeisten Unternehmen (Stand heute) weiterhin Geld verdienen.
Daher freuen mich die ehrlichen Worte von Prof. Gärtner in seinem Buch sowie im Podcast mit mir, dass es „durchaus sinnig sei als Unternehmer darüber nachzudenken, Manager und Mitarbeiter im Unternehmen durch Technologie zu ersetzen.“
Tritt also Smart HRM in die Fußstapfen der Industrialisierung und bringt über Automatisierung (Robotic Process Automation), Chatbots sowie Machine Learning eine Art digitalen Taylorismus in die Welt? Dazu ein weiteres provokantes Statement von Prof. Gärtner: „Smart kann neben clever und klug eben auch manchmal mit „gerissen“ oder „schmutzig“ übersetzt werden.“
Konterkarieren smarte digitale HRM-Tools also den neuen digitalen Humanismus?
Wenn man die vorherigen Absätze so liest, könnte man den Eindruck bekommen, dass smart HRM nunmehr das Ende der Menschlichkeit einläuten würde. Nun gut, das ist jetzt extrem zugespitzt. Aber zumindest könnte die Frage aufkommen, ob Gärtner in seinem Buch einen Verriss entsprechender HR-Lösungen betreibt. Die klare Antwort: Mitnichten!
Im Gegenteil ist die durchaus kritische -und in diesem Sinne umfassende Behandlung des Themas Smart HRM- sehr hilfreich, um die sich verändernde Personalerwelt grundlegend zu verstehen.
Umfassende und ganzheitliche Betrachtung nötig
Dabei stellt Gärtner immer wieder fest, dass die digitalen Tools keine Allheilmittel sind, in vielerlei Hinsicht noch am technologischen Anfang stehen, stets mit Bedacht und gezielt ausgewählt und eingeführt werden sollen und eben Gutes wie Negatives (aus der jeweiligen Sicht des Individuums im Unternehmen) bewirken können.
Wie so oft, liegt auch bei diesem Thema „die Wahrheit“ irgendwo zwischen den beiden Extremen. Gärtner zeigt in einigen Grafiken dazu die Bandbreite sehr anschaulich auf. Zum Beispiel bei der Fragestellung, bei welcher Art der Ausgestaltung das Erheben von Kennzahlen menschlicher Arbeit als Überwachung oder eher als Hilfestellung wahrgenommen wird.
Wissensvermittlung durch Erklärung von technologischen Begriffen
Die Verständlichkeit seines Buches steigert Prof. Gärtner auch dadurch, dass er eine Vielzahl von Begriffen definiert und erläutert. Zusätzlich zeigt er auf, wo das Thema heute steht und wie es sich mit Blick auf die zukünftige HR-Arbeit entwickeln könnte. So führt er unter anderem ein in die Grundlagen von
- Algorithmen und Heuristiken
- Big Data
- Künstliche Intelligenz
- Machine Learning
- Künstliche Neuronale Netze
- Analytics (Descriptive, Diagnostic, Predictive und Prescriptive)
- Automatisierung und Robotic Process Automation
- Intelligent Process Automation und Chatbots
- Augmented und Virtual Reality
Fazit zum Buch Smart HRM von Prof. Dr. Christian Gärtner
Das Buch ist eine Einführung in die Welt smarter HR-Tools. Neben den vermittelten Grundlagen werden jedoch ebenfalls Use Cases entlang der HR-Wertschöpfungskette aufgezeigt Das steigert den Praxiswert des Werkes nochmals deutlich. Auch kommen ethische Fragen zur Sprache sowie Hürden im Bereich Datenschutz oder andere rechtliche Regelungen.
Wer sich also grundlegend Gedanken über die zukünftige (ab morgen) Gestaltung der HR-Arbeit macht, findet mit dem Fachbuch eine inhaltlich bereichernde Lektüre sowie einen handfesten Impuls, die eigene Personalarbeit zu professionalisieren und zu verbessern.
Der Podcast zum Thema Smart HRM
Hören Sie dazu die Folge 8 meines Podcasts Klartext HR mit Prof. Dr. Christian Gärtner zum gleichen Thema. Ein lohnender 15-minütiger Impuls als Ergänzung.