Pralinen statt Gleichberechtigung? Praxistipps zum Weltfrauentag 2022

Weltfrauentag 2022 – Pralinen für mehr Gleichberechtigung?

Diese Woche gibt es mit dem Equal Pay Day und dem Internationalen Frauentag zwei gute Zeitpunkte, um sich mit Frauenförderung in Unternehmen zu beschäftigen. Die Zeit ist reif für echte Gleichberechtigung. Sowohl auf dem Gehaltszettel als auch im sonstigen Berufsleben. Gastautorin Franziska Hetzenecker gibt konkrete Tipps, wie alle ihren Beitrag dazu leisten können.

Einmal Gleichberechtigung, bitte!

Heute, am 07. März ist der “equal pay day“. Dieser weist auf die geschlechterspezifische Lohnlücke (gender pay gap) hin, die mit rund 18% allmählich geringer wird und gleichzeitig immer noch viel zu groß ist. Nur einen Tag später ist der „internationalen Frauentag“.

Manche Unternehmen feiern den internationalen Weltfrauentag mit Aktionen: kostenlose Pralinen für die weibliche Belegschaft! Ich finde: statt – oder ergänzend zu – großen Aktionen an diesem Tag, müssen Unternehmen daran arbeiten, Frauen gezielt zu fördern.

Stellenausschreibung m/w/d – passt doch, oder?

Eine Freundin erzählte mir kürzlich, dass sie sich beruflich umorientieren möchte. Sie hat wirklich viele Bewerbungen geschrieben, von kleinen bis mittelständischen Unternehmen war alles dabei. Am Ende wurde sie nur zu zwei Gesprächen eingeladen. Eine traurige Quote.

Jetzt könnte man sagen: die Bewerbungen waren nicht passend auf die Stellen, meine Freundin war nicht qualifiziert genug oder es gab bessere Bewerbende. Natürlich kann da etwas dran sein. Wobei ich die Bewerbungen gelesen habe und für sehr gut befand.

Gleichzeitig kann ich den Gedankengang meiner Freundin gut nachvollziehen: „Ich glaube, ich bin gerade in einem schwierigen Alter um mich zu bewerben. Mich will gerade niemand anstellen“. Meine Freundin ist 33, verheiratet und kinderlos. Welche Gedanken kommen Ihnen bei dieser Geschichte?

Das ist ein Beispiel für die Problematik, deren Frauen auch im Jahr 2022 immer noch ausgesetzt sind. Oder möchten Sie mir erzählen, dass Männer mit Mitte dreißig sich diese Frage auch stellen müssen?

Dieses Thema geht uns alle an. Und wir alle können etwas beitragen.

Wieso haben wir diese Problematik 2022 immer noch?

Nun, das hat viele Gründe. Ein Grund ist sicherlich, dass wir im Grunde mit sehr ähnlichen Überzeugungen sozialisiert wurden. Eine (überspitzte) davon: Frauen Mitte dreißig bekommen früher oder später ein Kind und sind dann erst einmal weg. Wenn sie wieder kommen, dann „natürlich“ in Teilzeit. Vielleicht mit 20 Stunden. Sie sind dann auch stark zu Hause eingebunden. Für Projekte oder andere größere Themen fehlt ihnen die Zeit und Energie. Es bleibt dann wahrscheinlich nicht bei einem Kind, wenig später wird ein zweites geboren und das ganze wiederholt sich.

Wahrscheinlich wissen Sie: das wird Frauen nicht gerecht. Jede Situation ist anders, manche Frauen können oder wollen gar keine Kinder bekommen, organisieren Care Arbeit gleichberechtigt, und Vieles mehr. Und dennoch sehen sie sich mit den gleichen Vorurteilen konfrontiert bzw. müssen befürchten, dass diese eine Rolle spielen.

Eigene Überzeugungen hinterfragen

An diesem Beispiel wird deutlich: nicht nur bei der Stellensuche, auch bei der Weiterentwicklung in höhere Gehaltsklassen, bei der Übernahme von spannenden Aufgaben oder auch beim Anstreben von Führungspositionen haben dieses Narrativ, unsere Sozialisation und Vorurteile einen gewichtigen Einfluss.

Mir ist enorm wichtig: diese Vorurteile, die wir aufgrund von Erfahrungen, der Sozialisation haben, teilen wir uns im Grunde, egal mit welchem Geschlecht wir uns identifizieren. Wir alle, auch ich, dürfen hier sensibel hinsehen und uns dessen bewusst werden. Hinterfragen Sie sich, hinterfragen Sie ihre Überzeugungen! Denn: Überzeugungen führen zu Voreingenommenheit, egal ob wir das beabsichtigen oder nicht.

Unser Gehirn macht es uns im Übrigen nicht einfacher. Verkürzt gesagt: durch diese Vorurteile haben wir uns vereinfachte Denk- und Reaktionsmuster angeeignet. Die helfen, um schneller entscheiden zu können. Ihr Gehirn will also an diesen Mustern festhalten, es macht schlichtweg weniger Arbeit.

Ich denke es ist klar geworden, weshalb es einen gezielten Blick auf Frauen braucht. Auch im 21. Jahrhundert liegt noch Arbeit vor uns. Übrigens: wenn wir diese Denkmuster über Bord werfen, profitieren alle davon, nicht nur Frauen. Es wird dann auch einfacher für Männer, wenn sie mehr als zwei Monate Elternzeit nehmen möchten. Sensibel und reflektiert auf die eigenen Denkmuster zu schauen, hilft auch bei anderen Diskriminierungen. Eine klassische Win-Win-Situation.

Welche Stellschrauben haben Unternehmen?

An allererster Stelle gilt es Aufklärung zu betreiben: Workshops, Seminare. Was sind Denkmuster? Wie zeigen sie sich? Führungskräfte, Personalerinnen und Personaler genauso wie Mitarbeitende profitieren, wenn sie mehr dazu erfahren. Es reicht nicht, einmal darauf hinzuweisen. Es ist ein unternehmensweiter, kultureller Prozess. Und alle können dazu beitragen.

In Bezug auf die Stellschrauben von Unternehmen wird Führungskräften und HR eine besondere Verantwortung zuteil, da sie an verschiedenen Entscheidungen maßgeblich beteiligt sind:

  • Einstellung von Mitarbeitenden
  • Persönliche Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Führungsprogramme
  • Gehaltserhöhungen
  • Arbeitszeitgestaltung
  • Vergabe von Führungspositionen

Deutlich wird: Schon alleine eine Beschulung der an diesen Prozessen beteiligten Mitarbeitenden in ihrem Unternehmen hat einige positive Einflüsse. Es gibt weitere Maßnahmen, die ergriffen werden können. Mehr und mehr Unternehmen entscheiden sich beispielsweise für Zielgrößen bei Frauen in Führung oder ermöglichen geteilte Führung oder Führung in Teilzeit.

Was können wir alle jetzt sofort umsetzen?

Es müssen auch nicht immer die großen Maßnahmen sein, es können ebenso kleine Dinge sein, die etwas bewegen. Und so Manches können auch Frauen füreinander oder für sich selbst tun.

  • Das Ansprechen von unbewussten Stereotypen, wenn Sie Ihnen im Arbeitsalltag begegnen. Wenn Ihnen das erst einmal zu unangenehm ist: outen Sie sich auch einfach mal, in welchen Situationen haben Sie sich selbst ertappt? Sie können dazu beitragen, dass offener über diese Themen gesprochen wird!
  • Fragen Sie nach Gründen, warum für eine Führungsposition, eine Projektaufgabe oder einen Vortrag keine Frau gefunden werden konnte. Damit machen Sie auf das Thema aufmerksam. Sie können den richtigen Ton treffen, indem sie nach den „guten Gründen“ für diese Entscheidung fragen.
  • Ermutigen Sie Frauen aktiv, sich für bestimmte Positionen zu bewerben oder bei interessanten Projektaufgaben ihren Finger zu heben. Hier schlägt oftmals ein weiterer Punkt zu, den Sie vielleicht auch schon beobachten konnten: manche Frauen neigen dazu, ihr „Licht unter den Scheffel“ zu stellen oder zu schnell an sich zu zweifeln. Selbstreflexion ist gut, Selbstzweifel sind jedoch oft unbegründet.
  • Passend dazu: helfen Sie Frauen dabei, beruflich erfolgreich zu sein. Geben Sie (positives) Feedback, empfehlen Sie Frauen aktiv weiter. Sprechen Sie über ihre Kompetenzen, nicht vom Familienstand, Aussehen oder ähnlich.
  • Leiten Sie diesen Artikel über Gleichberechtigung an KollegInnen, FreundInnen und Familienmitglieder weiter!

Was können Frauen für sich tun?

Wenn Sie sich beim Lesen gedacht haben: ja genau, das kenne ich alles! Habe ich auch noch ein paar Tipps für Sie:

  • Werden Sie sich bewusst, was sie gut können. Holen Sie sich auch Feedback zu Ihren Stärken.
  • Trauen Sie sich bewusst an Aufgaben heran, die Sie herausfordern. Heben Sie ihren Finger und stehen Sie für sich ein.
  • Gründen Sie ein Frauennetzwerk in ihrem Unternehmen oder vereinbaren Sie ein regelmäßiges Lunchdate mit Kolleginnen und Kollegen. Und teilen Sie z.B. Ihre beruflichen Erfolge miteinander.
  • Stehen Sie auch beim Thema Carearbeit für sich ein. Hinterfragen Sie auch sich, was ist „selbstverständlich“ Ihre Aufgabe?

Fazit

Auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung gibt es noch ein paar Schritte zu gehen. Wir alle können unseren Beitrag leisten. Neben Frauenquoten und Co gibt es weitere Maßnahmen, die Sie sofort umsetzen können.

Egal was Sie davon gerne tun möchten, tun Sie etwas und sie helfen mit.

Franziska Hetzenecker

Franziska Hetzenecker, Coach

 

 

Franziska Hetzenecker ist als HR Businesspartnerin angestellt und außerdem selbstständige Coachin, Mentorin und Trainerin für Frauen. Ihr Anliegen ist es, Frauen und deren Selbstbewusstsein zu stärken. In all ihren Formaten wird deutlich, dass ihr das ein echtes Anliegen ist.

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