Clubhouse – die neue Audio Social Media App erobert Deutschland gerade im Sturm. Der Name klingt wie eine Mischung aus Steak-Restaurant und Szene Disco. Und tatsächlich weist das stylische App-Logo auf eine (noch) recht exklusive Clubhouse-Szene hin. Diese veranstaltet live Audio-Talks und ist nur auf Einladung zugänglich. Und dabei entsteht tatsächlich ab der ersten Nutzung bereits so etwas wie „Hunger“. Denn die App hat Potential, das auch für HR interessant werden könnte. Was hinter dem Hype steckt und welche Potentiale darin stecken, erfahren Sie in meinem ersten Praxistest.
Was ist Clubhouse?
Clubhouse ist eine Audio Social Media App, die es seit März 2020 erst einmal nur für iOS gibt. Damit lassen sich virtuelle Räume erstellen, um mit anderen Clubhouse-Mitgliedern zusammen in Live-Audio-Streams Themen zu diskutieren. Die App von den Gründern Pete Davison und Rohan Seth wurde schon seit März 2020 in den USA stark gehypt und erlangte Bekanntheit durch die Teilnahme zahlreicher Stars, Influencer und Vordenker. Da eine Teilnahme am Social Audio Stream nur durch eine vorherige Einladung (Invite) möglich ist, macht die App ihrem Namen alle Ehre. Warten und Schlange stehen, bis man in den Club eingelassen wird, um Teil des exklusiven Kreises zu sein.
Warum Clubhouse nutzen?
Das Szenario für die Nutzung von Clubhouse klingt erst einmal ganz einfach: Gemeinsame live Audio-Diskussionen. Eine Art thematische Radiosendung mit der Möglichkeit der eigenen Teilnahme. Momentan wieder beziehungsweise noch ganz ohne schriftliche Kommentare, Likes oder Aufzeichnungen.
Der Zeitpunkt für das Überschwappen des Clubhouse-Hypes aus den USA nach Deutschland ist günstig. Durch die Corona-Krise mit den massiven Kontaktbeschränkungen während der Lockdowns stieg bereits die Nutzung von Podcasts signifikant an. Das (teilweise nebenbei) Konsumieren von Audio-Inhalten ist zwischenzeitlich auch fester Bestandteil des Mixes innerhalb des lebenslangen Lernens.
Clubhouse ermöglicht genau diese Beteiligung in einem Podcast. Und das mit einer für Nutzer niedrigen Eintrittshürde. Ohne Kamera und Beteiligungszwang.
Wie funktioniert Clubhouse?
Download, Installation und Anmeldung
Schritt 1 ist der Download von Clubhouse aus dem AppStore. Dies kann schon vor dem Erhalt einer Einladung sinnvoll sein, um beispielsweise den eigenen Profil- beziehungsweise Nutzernamen zu sichern. Durch die Eingabe des eigenen Namens in Verbindung mit der Telefonnummer werden bestehende Clubhouse-Nutzer über den Beitrittswunsch informiert.
Invite zur Teilnahme und Nutzerprofil
Dann ist eine Einladung möglich. Teilweise sogar ohne einen offiziellen Invite zu verbrauchen. Denn diese sind limitiert. Die Person, die einen Einladungslink per SMS-Versand auslöst, ist dauerhaft im eigenen Profil vermerkt. Dies soll sicherstellen, dass Nutzer (m/w/d) verantwortlich mit Einladungen umgehen, was mit Blick auf die aktuellen Probleme von großen Social Media Portal wie Facebook oder Twitter unter dem Gesichtspunkt von Hatespeech und Fakenews auch sinnvoll ist.
Nutzer können sich mit ihren Twitter- oder Instagram-Profilen anmelden und damit den Aufwand für die Clubhouse-Nutzung reduzieren. Allerdings verlangt die Audio-App einen umfassenden Zugriff auf die Daten. Insofern bevorzuge ich eine manuelle Erstellung meines Profils. Nunmehr können ein Profilbild sowie ein Profiltext, die aus Instagram bekannte „Bio“ (Biografie), hinzugefügt werden.
Um möglichst relevante Vorschläge zu generieren, welchen Clubhouse Nutzern gefolgt werden könnte, möchte die App auf die Kontaktdaten Ihres iPhones zugreifen. Hier ist analog Whatsapp (siehe mein Beitrag zu Whatsapp Business) aus Datenschutzgründen allerdings Vorsicht geboten.
Auch generell kommt die App derzeit noch wie eine massive Datenkrake um die Ecke. Hier wird sich vermutlich schon bald entscheiden, wie viel seriöses Business tatsächlich über die App möglich ist. Angeblich funktioniert das Thema „Telefonnummer angeben“ zukünftig rein lokal. Mehr dazu unter dem Punkt „Rechtliche Themenstellungen“ weiter unten.
Social Audio Talks in virtuellen Räumen
Nach all den Vorarbeiten können die virtuellen Talks direkt starten. Über die Suchfunktion sowie später über Vorschläge durch die Vernetzung mit anderen, können relevante Audio-Streams identifiziert werden. Der Beitritt erfolgt per Klick.
Die Talks werden von Moderatoren geleitet. Auf einer virtuellen Bühne sitzen die Speaker, die sich aktiv an der Talk-Runde beteiligen können. Der Wunsch für einen eigenen Wortbeitrag lässt sich über das digitale Handheben per Klick anzeigen. Die Moderation kann dann das Wort erteilen.
Einsatzszenarien für HR, z.B. im Employer Branding / Personalmarketing
Auf Anhieb lassen sich eine Reihe von Szenarien finden, die für Personaler spannend werden könnten. Da es um virtuelle Talkrunden geht, könnte beispielsweise jede Art von Expertengesprächen über Clubhouse abgewickelt werden. Dort wo Zoom-Talks eine hohe Bandbreite schlucken und mobil nur begrenzt Spaß machen, beginnt der Charm der Audio-Talks.
Wir reden über authentische Einblicke und Storytelling im Employer Branding. Warum also nicht zukünftig auch via Clubhouse? Für den Einsatz im Recruiting sehe ich noch einige Hürden, insbesondere die direkte Sichtbarkeit aller Teilnehmer in der Talk-Runde sowie die Notwendigkeit, die Bewerber erst einmal in die App zu bekommen. Das ist allerdings eine Frage der Zeit.
Schon jetzt besonders spannend ist jedoch ein anderes Nutzungsszenario: Lernen!
Der Austausch mit anderen Fach-Experten zu HR-Themen kann durch die recht intuitive Bedienung der Clubhouse-App auf ein neues Level sozialer Vernetzung gehoben werden. Vor allem war es nie so einfach auch englisch-sprachigen Talks live zuzuhören und sich zu beteiligen.
Rechtliche Themenstellungen bei der Nutzung von Clubhouse
Kommen wir nun zu einer kurzen Übersicht aktueller rechtlicher Themen im Zusammenhang mit der Nutzung von Clubhouse:
Adressbuchabgleich und Invite
Da derzeit Einladungen zu Clubhouse lediglich nach der Freigabe des eigenen Adressbuchs möglich sind, bedarf es hierzu grundsätzlich einer expliziten Einwilligung der Betroffenen. Dieser Aufwand dürfte in der Regel kaum gerechtfertigt oder machbar sein. Ein extrem kritischer Punkt, der einen Verstoß gegen europäisches und deutsches Datenschutzrecht mit sich bringt. Ein deutlich größeres Datenschutz-Thema dürfte das Update am Ende des Beitrags mit sich bringen.
Praxistipp Umgehungs-Hack:
Darüber hinaus experimentieren User auf Twitter gerade zu einem Umgehungs-Hack. Im Grunde geht es darum, das Adressbuch zu exportieren oder zwischenzuspeichern, um dann den Sync nach dem Löschen der lokalen Daten zuzulassen. Wer sich diesen recht aufwändigen und meines Erachtens auch fehleranfälligen Weg ersparen möchte, nutzt am besten gleich ein Smartphone oder eine Apple-ID ohne hinterlegte Kontakte – sofort möglich.
Aufzeichnung der Gespräche durch Clubhouse sowie Nutzer
Ein weiterer gewichtiger Punkt ist die seitens Clubhouse vorgenommene Aufzeichnung der Gespräche. Zwar werden diese angeblich verschlüsselt (wie genau?) auf den Servern bei Clubhouse abgespeichert und dienen lediglich dem nachträglichen Nachweis von Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen. Allerdings ist diese Praxis bei der Anmeldung und zur Nutzung so nicht ersichtlich. Ein Verweis auf die Nutzungsbedingungen wird in diesem Fall kaum ausreichend sein, weil diese Regelung eher überraschend und unüblich sein dürfte.
In jedem Fall muss auch von einer eigenmächtigen Aufnahme der gesprochenen Inhalte durch die Nutzer abgeraten werden. Zum einen steht dies so in den Nutzungsbedingungen. Viel wichtiger aber ist die Rechtsnorm des §201 StGB (Strafgesetzbuch) „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Diese Regelung findet beispielsweise dann Anwendung, wenn Diskussionen oder vermeintlich vertrauliche Gespräche über die App in der Öffentlichkeit stattfinden, beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln und Dritte diese mitbekommen. Die Strafandrohung liegt hier übrigens bei bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. – Übrigens gilt diese Regelung auch für laut in der Bahn oder viel Freisprechfunktion geführte Telefonat oder ähnlich …
Verbot der geschäftlichen Nutzung
Besonderes Augenmerk sollten sie auf die Nutzungsbedingungen legen, wenn Sie Clubhouse im geschäftlichen Rahmen nutzen wollen. Denn die Terms of Service (Stand 02.11.2020) verbieten erst einmal eine geschäftliche Nutzung. Allerdings wird diese geschäftliche Nutzung nicht weiter definiert. Trotzdem sind Nutzungsszenarien rund um einen Austausch mit Kunden oder Geschäftspartnern sowie Beschäftigten des eigenen Unternehmens oder auch Seminare vermutlich einer solchen geschäftlichen Nutzung zuzuordnen. Geschäftliche Nutzung liegt aber auch dann vor, wenn sie nicht kommerzialisiert ist, beispielsweise bei kostenfreien Angeboten.
Mitarbeiter zur Nutzung der App „anweisen“
Wenn neue Social Media Netzwerke aufkommen, geht der Run auf die diese Plattformen los. Wer hat zuerst viel viele Follower? Welche Brands werden als innovativ wahrgenommen oder welche sind überhaupt sichtbar? Das kann dazu führen, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter anweisen, entsprechende Tools, wie beispielsweise die Clubhouse App zu nutzen. Wichtig ist dabei, dass diese in die Nutzung ausdrücklich einwilligen müssen, vor allem falls diese auf deren privaten Endgeräten erfolgt. Generell ist es vermutlich leichter diejenigen Beschäftigen zuerst „auf die App zu holen“, deren Rolle im Unternehmen in Richtung Kommunikation, Marketing usw. geht.
Clubhouse-Nutzung während der Arbeitszeit
Dass sich -verstärkt durch die Corona-Lockdowns- Berufsleben und Privatleben immer stärker vermischen (Work-Life-Blending), ist bekannt. Durch Clubhouse kommt nunmehr eine weitere Herausforderung hinzu: Wie sind die mit der App verbrachten Zeiten zu werten? Eine pauschale Antwort kann es hier nicht geben. Hilfreich sind in jedem Fall im Unternehmen erarbeitete und bekannte gemachte Social Media Guidelines. Auch bieten sich Gespräche mit der eigenen Führungskraft an, um zu klären, welche Aktivitäten im Rahmen der Arbeitszeit erbracht werden können und welche dem Privatleben zugeordnet werden.
Schatten-Marken und Brand-Klau
Wie bei vielen neuen Plattformen und Apps entsteht am Anfang relativ viel Wildwuchs. So kommt es derzeit auch vor, dass Nutzer sich unter Markennamen registrieren oder Fanseiten entstehen, die so nicht von den Markeninhabern initiiert wurden. Insoweit ist generell zu beachten, dass Marken einem besonderen Schutz unterliegen und deren aktive Nutzung durch Dritte im Rahmen eines Profils unzulässig ist.
Zu rechtlichen Fragestellungen rund um Clubhouse empfehle ich den Artikel von Rechtsanwalt Dr. Schwenke, der hier gleichermaßen als Quellen-Angabe dient.
Fazit meines ersten Praxistests der Clubhouse App
Erster Praxistest und Look & Feel
Nach so kurzer Nutzungszeit kann mein Artikel erstmal nur ein Teaser sein. Er soll vor allem aufmerksam machen, um die Clubhouse App auch auf dem HR-Schirm zu haben. Eine Reihe von Bloggern und Influencern der HR-Szene sind bereits aktiv und diskutieren die Nutzungsszenarien. Und genau dafür könnte Clubhouse zukünftig super genutzt werden: Das spontane Ansetzen eines Austauschs innerhalb der Szene. Ohne großen Vorlauf. Aber hoher fachlicher Relevanz.
Die fast über Nacht neu auf der Bildfläche erschienene App zeigt aber auch noch etwas anderes deutlich: Etablierte Player auf dem Markt sind nicht unumstößlich als relevant gesetzt. Das zeigten bereits Apps wie SnapChat oder auch jüngst TikTok. Für Personaler ist die Kenntnis dieser Plattformen Teil des HR-Wissensmanagements. Zu verstehen, wie die Mechaniken funktionieren. Warum und wie sich Recruiting-relevante Zielgruppen dort bewegen, ist wichtig für eine erfolgreiche Personalarbeit in der Zukunft.
Und Clubhouse erzeugt schon nach der ersten Nutzung ein FOMO-Gefühl. FOMO, übersetzt „fear of missing out“, also die Angst etwas versäumen zu können, ist in der heutigen Zeit nicht ganz ungefährlich. Aber dieses Gefühl ist auch ein Indiz dafür, welche Plattformen an Relevanz gewinnen könnten. Auch für HR.
Geschäftsmodell wird zukünftig (laut Clubhouse Townhall Meeting; sonntags) u.a. wohl der kostenpflichtige Einlass in den eigenen Club sein.
Konkrete Nutzungserfahrungen nach einigen Tagen
Mit ein paar Tagen Erfahrung auf der Plattform und der Teilnahme an zahlreichen Talk, lassen sich für mich folgende Punkte festhalten:
- Die Möglichkeiten der User-Aktivierung werden unglaublich geschickt genutzt. Sind eigene Kontakte in Talks eingetreten oder veranstalten sie entsprechende Runden, wird eine Push-Notification auf das iPhone-Display ausgelöst. Ohne Aufheben der Sperre kann per Klick darauf sofort am Talk teilgenommen werden. Das führt dazu, das das spontane User-Involvement besonders hoch ist.
- Je häufiger eine Teilnahme in den Runden erfolgt, um so stärker entsteht eine Art „Zusammengehörigkeitsgefühl“ oder „Szene“. Während eine Vernetzung bei XING oder LinkedIn keinerlei aktive bzw. live Interaktion auslöst, sind Clubhouse Sessions fast wie eine Art spontanes BarCamp. Die Beziehung zu den Kontakten wird deutlich intensiviert. Das ist vermutlich auch einer der Gründe, warum die App gerade jetzt hypt.
- Einen wichtigen Tipp habe ich auf jeden Fall: Überlegen Sie sich vor dem Betreten eines Raums unbedingt, welche Auswirkungen die Information darüber an Ihre Follower haben kann. Es gibt eine Vielzahl von Räumen, die Ihnen vermutlich einige Schwierigkeiten bringen könnten (Stichwort: Gesetzestreue oder Anrüchigkeit usw.). In dieser Hinsicht steht die App nicht für irgendeine Art von Vertraulichkeit – alles ist transparent für Dritte.
- Auch wichtig: Bitte keine Tonaufzeichnungen vornehmen und veröffentlichen. Recording wird über die App teilweise automatisch erkannt und mit einem Bann von der App belegt. In Gefahr gerät damit übrigens auch der Account derjenigen Person, die sie zu Clubhouse eingeladen hat.
Datenschutz: Zugriff auf andere Geräte im Netzwerk durch die Clubhouse-App?
Mit der im Februar installierten Version 0.1.26 (292) der App fragt das iPhone nunmehr an, ob User Zugriff auf andere Geräte im Netzwerk für Clubhouse erlauben.
Warum auch immer eine interaktive Audio-Talk-Plattform Zugriff auf weitere Netzwerkgeräte benötigt – einen positiven Eindruck hinterlässt das nicht. Selbst beim Klick auf „Nicht erlauben“.
Stand 08.02.2021 Uhr
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