TikTok Video App im Azubi-Recruiting einsetzen

TikTok Video-App im Azubi-Recruiting nutzen? Eine Analyse.

Die Video-App TikTok ist eine der derzeit angesagteste Apps auf dem Markt überhaupt. Unter den bereits rund 200 Millionen Nutzern ist der Großteil zwischen 16 und 24 Jahre alt. Eine Steilvorlage für authentisches Azubi-Recruiting. Einblicke in die Möglichkeiten modernen Schülermarketings.

Was ist TikTok überhaupt?

Die aktuelle TikTok Kurzvideo-App Plattform entstand Ende 2017 durch die Zusammenführung mit der Mitsing-App Musical.ly durch den chinesischen Internetkonzern Bytedance. Kernfunktion und Erfolgsbooster war eine Lippensynchronisierungsfunktion für selbstgedrehte Videos. Ursprünglich waren die TikTok-Videos nur 15 Sekunden lang. Mittlerweile können sie bis zu fünf Minuten dauern.

Der Zweck der App ist dabei gleichgeblieben: Spaß am Singen, Tanzen und Unfug treiben. Mit Funktionen eines sozialen Netzwerks hat hat TikTok das Potenzial, Facebook, Instagram, Youtube und SnapChat größte Konkurrenz zu machen.

Der Einstieg in TikTok

Das Herunterladen der App über die AppStores funktionert ganz einfach. Im aktuellen Ranking überflügelt TikTok bereits alle großen Social Media Apps.

Quelle: TikTok im App-Ranking von Apptopia
Quelle: TikTok im App-Ranking von apptopia

Besonders positiv: TikTok kann sofort nach der Installation genutzt werden. Eine Registrierung ist für eine erste Sichtung noch nicht notwendig. Die Bedienung ist im Gegensatz zu SnapChat recht einfach: Nach oben Swipen zeigt ein Video nach dem anderen an. Ein Fingerwischen nach links öffnet das Profil des jeweiligen Autors.

Eine Lektion in Jugend-Kultur

Wobei „Autor“ in diesem Zusammenhang möglicherweise ein wenig zu formal klingt. Die Profile von TikTok-Nutzerinnen sind eine Mischung aus Glamour, Beauty und Comedy. Extrem geschminkte, sehr extrovertierte und seltsamerweise auffallend ähnliche bekleidete Girls Posieren, Tanzen und Singen Playback für Likes und Kommentare.

Die männlichen Nutzerprofile strotzen vor Testosteron beim Posen mit Sixpack und Muckis im Fitness-Bunker oder am Steuer eines nicht selten 600 PS-starken Tuning-Autos. Dabei dokumentieren viele von ihnen recht wenig Verständnis für ein regelkonformes Verhalten im Straßenverkehr.

Wer selbst Kinder im vorpubertären Alter hat, bekommt einen guten Eindruck davon, was heute en vogue ist und womit Jugendliche sich beschäftigen. Wenn Eltern sich auf einmal mächtig alt vorkommen, dann handelt es sich um eine echte Lektion in aktueller Jugend-Kultur. Oder TikTok eben.

Zielgruppe Schüler

Was das alles mit Recruiting zu tun hat? Nun ja. Auf TikTok finden Sie einen zunehmend repräsentativen Schnitt der Schülerinnen und Schüler, die Unternehmen im Recruiting suchen. Sei es für eine Ausbildung oder zu einem dualen Studium. Oder aber als Schulabbrecher für den Direkteinstieg in eine gewerbliche Tätigkeit. Stichwort: Ideen gegen den Fachkräftemangel. Aktuell sind das bereits über neun Millionen vorwiegend junge Nutzer in Deutschland.

Was anfangs möglicherweise als höchst fragwürdige Spaß-Videos daherkommt oder gar wie kompletter Blödsinn erscheint, hat möglicherweise jedoch höchste Relevanz für Ihr Recruiting. Nicht umsonst vergeben Nutzer Millionen (!) Likes und haben damit längst mächtige TikTok-Influencer gekürt. Meine eigene Reaktion auf die ersten 50 TikTok-Videos hat mir deutlich gezeigt, was vielen Personalern ebenfalls oft schwerfällt: Sich in eine Zielgruppe hineinversetzen. Eltern sein hilft in diesem Fall allerdings deutlich.

Insbesondere im #Schüler-#Marketing gilt: Die #Werbung muss der jungen #Zielgruppe gefallen – nicht den #Personalern oder der #Agentur! Klick um zu Tweeten

Wenn Sie also Schüler rekrutieren wollen, dann sollten Sie einen ersten Annäherungsversuch an TikTok wagen.

Personalmarketing und Employer Branding mit TikTok

Die Frage, ob und wie TikTok eine Plattform zur Ansprache von Jugendlichen und Schülern im Rahmen von Personalmarketing- und Employer Branding Maßnahmen sein könnte, habe ich noch nicht ausführlich beantwortet. Also weiter im Text.

Derzeit pulsiert die Plattform besonders aufgrund sogenannter Challenges. Das sind wechselnde Vorgaben, unter denen die Nutzer (m/w/d) ihre Videos drehen. Dabei übertrumpfen sich die Jugendlichen gerne. So gab es kürzlich beispielsweise die #jacketchallenge, bei der im Video zahlreiche übereinander gezogene Oberteile nach und nach zur Musik ausgezogen wurden. Allein diese Aktion erzielte weit über 32 Millionen Aufrufe. Derzeit ereifern sich die TikTok-Begeisterten rund um das Hashtag #PretendInstrument

Quelle: Screenshot TikTok App #jacketchallenge
Quelle: Screenshot TikTok App #jacketchallenge

Ein Tummelplatz für Marken also. Und damit auch Arbeitgebermarken.

Hashtags folgen

Das Suchen und Folgen von Hashtags ist Social Media Nutzern spätestens seit Twitter und Instagram bekannt. Auch TikTok bietet zahlreiche Möglichkeiten, um neben Benutzern und Sounds auch Hashtags zu folgen. Nehmen wir zum Beispiel mal das Hashtag #lovemyjob.

Quelle: App TikTok Hashtag-Suche
Quelle: App TikTok Hashtag-Suche #lovemyjob

Dieses erzeugt satte 13,5 Millionen Treffer. Ein Blick auf einige der mit diesem Hashtag veröffentlichten Videos zeigt, dass Nutzer bereits heute für ihre Arbeitgeber Employer Branding betreiben. Teils sicherlich ohne es zu wissen.

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Beispiele für TikTok Videos mit deutlichem Arbeitgeber-Bezug

Nehmen wir mal das Video von @gabsslit:

Quelle: Screenshot TikTok App
Quelle: Screenshot TikTok App

Sie arbeitet offensichtlich in einer Filiale des Sandwich Fastfood Unternehmens Subway. Unter der Schlagzeile „Wie dein Chef spazieren geht“ liefert sie authentische Einblicke in die Zubereitungsräume der Fastfood-Kette. Ein Blick hinter die Kulissen sozusagen.

@multimermaid arbeitet vermutlich in einer Drogerie-Filiale und tanzt und singt playback zu Rihannas Umbrella vor einem Regal. Text: „U can see me look for customers walking“.

Quelle: Screenshot TikTok App
Quelle: Screenshot TikTok App

@omiassantee hat Spaß bei der Arbeit mit Metall in einer Fabrikhalle.

Quelle: Screenshot TikTok App
Quelle: Screenshot TikTok App

@martinmarios identifiziert sich stark mit seinem Arbeitgeber und scheint dabei ein sehr buntes Arbeitsleben zu führen, inklusive Sportevents und Pool-Feierei. Dazu der deutliche Aufruf #Join_My_Team. Na wenn das kein Recruiting-Videos ist? Besser als so manche vermeintlich kreative Stellenanzeige.

Quelle: Screenshot TikTok App
Quelle: Screenshot TikTok App

@jasminetaylor93 arbeitet bei einer Art Partyservice und nahm mit einer Kollegin am Arbeitsplatz die #trianglechallenge an.

Quelle: Screenshot TikTok App
Quelle: Screenshot TikTok App

Als letztes Beispiel zeigt @30600246313, wie chinesische Lehrer das Klassenzimmer auch nutzen können. Mit immerhin weit über 614.000 Likes.

Quelle: Screenshot TikTok App
Quelle: Screenshot TikTok App

Aus rechtlichen Gründen habe ich die Videos nicht direkt eingebunden. Über die Profil-Namen sind diese aber in der App leicht zugänglich.

Arbeitgebermarke und Arbeitskultur ungestellt

Wie sie an den wenigen Beispielen aus aller Welt vielleicht schon sehen konnten: Videos von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Arbeitsplatz können schnell eine Millionen-Reichweite erzielen. Mit allen damit einher gehenden Effekten für die Arbeitgebermarke.

Wenn ich die Videos jedoch vergleiche mit den typischen Agentur-getriebenen Recruiting-Videos der letzten Jahre unter dem Stichwort peinliche Azubi-Raps, reden wir bei TikTok-Clips sicherlich über eine deutlich höher Authentizität.

Implikationen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Je populärer Videos vom und am Arbeitsplatz werden und je leichter diese einem Millionenpublikum zugänglich gemacht werden können, um so mehr zusätzliche Auswirkungen können diese Clips haben. Sowohl auf Arbeitgeber als auch auf Arbeitnehmer. Unternehmen tun daher sehr gut daran, sogenannte Social Media Guidelines zu entwerfen und die Mitarbeiter damit vertraut zu machen. Darin geklärt werden sollte vor allem, was erlaubt und was nicht erlaubt ist am Arbeitsplatz bzw. im Zusammenhang mit gebrandeter Arbeitskleidung oder den Produkten des eigenen Unternehmens.

Auch die verwendeten Hashtags haben einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Wahrnehmung einer Arbeitgebermarke. Wer #boringjob oder #hatemyjob zusammen mit dem eigenen Arbeitgeber tagt, dürfte jedenfalls die längste Zeit Langeweile an diesem Arbeitsplatz gehabt haben.

Brand Safety

Aber auch das Thema Brand Safety gewinnt für Arbeitgebermarken an Bedeutung. Unter Brand Safety versteht man Maßnahmen, um die eigene Marke nur in einem “sicheren Umfeld” auszuspielen, so dass sie keinen Schaden nimmt. Denn ein Image-Schaden wandelt sich sehr schnell in einen massiven finanziellen Schaden.

Einige große Marken, vor allem aus dem Consumer- und Automobil-Bereich sind selbstverständlich bereits zehntausendfach mit ihrem Unternehmens-Hashtag auf TikTok vertreten. Ein kurzer Check mit Blickrichtung Brand Safety lohnt sich auf jeden Fall.

Datenschutz

Bei TikTok handelt es sich um eine amerikanische App. Laut Privacy Policy werden angeblich die von der DSGVO geforderten Datenschutzregelungen eingehalten. Darüber hinaus gehört das Unternehmen mittlerweile einem chinesischen Konzern. Aufgrund der Tatsache, dass China schon 2020 eine Komplett-Überwachung seiner Bürger sowie ein sogenanntes Social Scoring einführt, stellt sich die Frage, wie sicher die Daten der (nicht-chinesischen) Nutzer letztlich sind. Im Netz regen sich daher bereits gewisse Zweifel.

Folgende zusätzlichen Punkte sind für einen geordneten Einsatz im bzw. für ein Unternehmen zu bedenken:

  • Die App liest Informationen wie die IMEI, die Telefonnummer sowie die SIM-Kartennummer aus
  • In den Grundeinstellungen hat die App Zugriff auf den Standort des Nutzers
  • Die App kann auf das Telefonbuch sowie die SMS-Kontakte zugreifen
  • Laut AGB können wohl auch gepostete Videos automatisch auf anderen Netzwerken abgespielt und für Werbung genutzt werden

Ebenfalls ist umstritten, ob durch die Verwendung von Originalsongs gegen Urheberrechte verstoßen wird.

Fazit zur Verwendung von TikTok im Personalmarketing und Recruiting

Über die App besteht ein zunehmend intensiver Zugang zur Zielgruppe junger Menschen. Mit Blick auf den Wunsch diese als Azubis oder in sonstiger Weise für das eigene Unternehmen zu gewinnen, sollten Sie TikTok als Kanal in jedem Fall im Auge behalten. In wie weit die oben genannten Bedenken letztlich komplett gegen einen Einsatz in Ihrem Unternehmen sprechen, klären Sie am besten mit Social-Media-Recht Kundigen.

Unabhängig davon: Bevor Sie an großangelegte Aktionen im Corporate Design denken, suchen Sie sich im Unternehmen TikTok-Nutzer, die sich „Muser“ (von vormals Musical.ly) nennen. Nutzen Sie diese als Influencer für die eigene Marke im Sinne von Markenbotschaftern. Sollten Sie als Vertreter der Generation X oder älter selbst vor der Kamera aktiv werden wollen: Unbedingt vorher intensiv mit der App und den Nutzern beschäftigen. Zumindest wenn sie mit Ihrer Marke in positiver Weise Aufmerksamkeit erlangen möchten. Das gilt auch für mögliche angesagte Video-Effekte, die teilweise von der Zielgruppe erwartet werden.

Ähnlich wie im Rahmen meines Beitrags „Personaler, Finger weg von SnapChat!“ hege ich zudem die starke Vermutung, dass es die Jugendlichen auf der Plattform nicht unbedingt darauf anlegen, dass alsbald auch ihre Eltern oder ihre (zukünftigen) Arbeitgeber ebenfalls auf die Plattform strömen. Haben Sie also Respekt vor den Nutzern. Aber ich denke, das sollte Ihnen als Personaler ja nicht sonderlich schwerfallen, oder?

***** UPDATE vom 31.07.2019*****

Wahrhafte Erfolge erzielt beispielsweise das Klinikum in Dortmund mit einer Kampagne zur Handhygiene.

Tweet Klinikum Dortmund zu TikTok Kampagne

 

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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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