Die Zeiten für Veranstaltungsdienstleister wie die spring Messe Management GmbH mit ihrer Leitmesse Zukunft Personal, sind aufgrund der massiven Kontakt-Einschränkungen und Hygiene-Vorschriften durch die Corona-Krise denkbar schwierig geworden. Auch wenn es dafür vermutlich nie einen passenden Zeitpunkt gibt, kommt das Thema in mehrfacher Hinsicht zur Unzeit. Denn erst Anfang des Jahres war die spring Messe als Teil der Deutschen Messe AG an die britische CloserStill Media verkauft worden. Nach einem halben Jahr ist es Zeit für eine Bestandsaufnahme.
Mein Interview mit Christiane Nägler, Group Director Zukunft Personal.
Die Situation nach der Übernahme durch CloserStill
Hallo Christiane, die Übernahme durch die britische CloserStill Media hatte im Februar für ordentlich Furore gesorgt. Neben Euren eigenen Pressemeldungen mit einem sehr positiven Resümee zum Zusammenschluss, gab es massive Kritik. So hatte Reiner Straub, Herausgeber des Personalmagazins damals in seinem Artikel „Keule statt Bällebad“ massive Kritik vor allem am Modus Operandi der Übernahme geübt. Wie seht Ihr die Lage heute?
In der aktuellen Situation sind wir sehr froh, Teil eines finanzstarken Unternehmens wie CloserStill Media zu sein und das Portfolio ergänzen zu können. Wir haben dadurch die Möglichkeit, uns auch in den aktuell herausfordernden Zeiten auf den Kern unserer Aufgaben und die Stärkung unserer Marke Zukunft Personal konzentrieren zu können.
Dass Firmen aufgekauft, übernommen und zusammengeführt werden, ist Usus in der Wirtschaft und nichts Neues. Wir haben bereits im März ausführlich über die Übernahme und die damit einhergehenden Entwicklungen gesprochen. Mehr dazu ist beispielsweise in den Folgeinterviews mit Haufe oder ICR zu lesen.
Statt Zukunft Personal Nord und Süd in 2020 ein Alternativprogramm
Entgegen Eurer Hoffnung, nach der Absage der Zukunft Personal Nord und Süd zumindest die Zukunft Personal Europe – wenngleich terminlich nach hinten verschoben – stattfinden zu lassen, wird es in 2020 keine Offline-Messe seitens Spring mehr geben. Wie sehen Eure Alternativpläne aus?
Auch über unsere physischen Messen hinaus sind wir mittlerweile gut aufgestellt. Innerhalb kürzester Zeit haben wir ein neues Geschäftsmodell auf die Beine gestellt, inklusive der virtuellen HR Week. Darüber hinaus haben wir eine erfolgreiche regelmäßige Webinar-Reihe etabliert und unsere Content- und Community-Plattform „ZP 365“ mit hervorragenden Inhalten rund um die Arbeitswelt und vielen neuen Formaten weiter ausgebaut. So diskutieren wir im Format „ZP Diary“ beispielsweise mit führenden Branchen-Experten und geben, in Form von spannenden Interviews und diversen Podcast-Aufnahmen, einen realistischen Einblick in die New Work Praxis.
Natürlich sind wir weiterhin mit Leib und Seele Messemacher und brennen für unsere Live-Formate. Doch „Zukunft Personal“ ist heute weit mehr als eine Personalmesse. Wir sind aktiver Themen-Treiber der HR-Branche und bieten ihr ganzjährig hochwertigen und abwechslungsreichen Input.
In diesem Sinne freuen wir uns über die anstehende Herausforderung der virtuellen Messe und darauf, die HR-Branche ab dem 12.10. auf unserer fünftätigen „Zukunft Personal Europe Virtual“ zu begrüßen und mit ihr die aktuellen Trends, Entwicklungen und Challenges anzugehen. Aber auch auf alle weiteren Aufgaben und Projekte.
Online-Aktivitäten auf der ZP 365 Plattform
Ihr hattet bereits im letzten Jahr begonnen, Eure Online-Aktivitäten deutlich auszubauen. Eure neu gelaunchte Website ZP 365 verfolgt ein modernes Konzept. Wo steht Ihr Stand heute mit dem Anspruch einer solchen Content- und Community-Plattform? Wie entwickelt sich die Nutzung?
Die Nutzung unserer Plattform entwickelt sich äußerst positiv. Wie zuvor angedeutet, ist es uns gelungen, ein brandaktuelles, vielfältiges Content-Angebot zu bieten, das sich thematisch entlang der Employee Experience ausrichtet. In Zusammenarbeit mit großartigen Partnern ist es uns möglich, die Branche nahezu täglich mit neuen Updates in Form von Artikeln, Studien oder Whitepapers zu beliefern.
So kommt unsere multimediale Kolumne „Frohes Schaffen“, die in Zusammenarbeit mit Glücksministerin Gina Schöler entstanden ist, sehr gut an. In Videos, Blogbeiträgen, Podcast-Aufnahmen und interaktiven Formaten wie Checklisten und Journals liefert Gina Anregungen, Tipps und Praxiseinblicke für eine glücklichere und gesündere Arbeitswelt.
Darüber hinaus bieten wir auch inhouse produzierten Content, wie das zuvor erwähnte Format „ZP Diary“. Besonders spannend ist das neuste Interview mit Marc Wagner, in welchem er gemeinsam mit seiner Kollegin Alexandra Vöcking exklusive Einblicke in das Employee Experience Management bei Fiducia & GAD IT gibt.
Genau diese Kombination aus qualitativ hochwertigem Fach-Content und authentischen Einblicken in die HR-Praxis kommt gut an. Wir konnten die Nutzungs- und Verweildauer unserer Website deutlich steigern. Auch unsere Social Media Kanäle erfreuen sich an kontinuierlichem Zuwachs, sodass wir die ZP Community gut ausbauen konnten. Dazu trägt auch unser professionelles Webinar-Angebot bei, das sehr gut angenommen wird.
Viele HR-Veranstaltungen versuchen sich auch online
Aktuell versuchen alle Anbieter von HR-Veranstaltungen ihre Geschäftsmodelle in die virtuelle Welt zu verlegen. Dabei macht es natürlich leider oft einen Unterschied, ob ein Veranstalter in der Wissensvermittlung aktiv ist oder wie Ihr auch stark davon gelebt hat, Messestände und die Menschen darauf, tatsächlich live erlebbar und im direkten Wortsinn „begreifbar“ zu machen. Gleiches gilt für Eure legendären Abendveranstaltungen am ersten Messetag – das informelle Networking fällt derzeit komplett weg. Wie lässt sich das für Euch kompensieren?
Wir haben neue, angepasste Konzepte für unsere Aussteller, Sponsoren und Partner entwickelt. Hierunter fallen beispielsweise unsere virtuellen Messestände mit einer Live-Chat-Option, die das Messe-Erlebnis ein Stück weit in den virtuellen Raum transportiert. Darüber hinaus bieten wir neue attraktive Sponsoring-Pakete sowie inhaltliche Einbindungsmöglichkeiten bei Webinaren, Keynote-Vorträgen und interaktiven Workshops.
Das System „EXPO-IP“, mit dem wir arbeiten und in dem die virtuelle Messe abgebildet wird, bietet ausgesprochen viele Möglichkeiten, mit den Besuchern in Dialog zu treten und den virtuellen Messestand durchaus „erlebbar“ zu machen.
Darüber hinaus haben wir gemeinsam mit time4you den Chatbot „ZUPY“ entwickelt, einen virtuellen Messeguide, der die Interaktion zwischen Besuchern und Ausstellern fördern wird.
ZUPY ist dabei als Experte der HR Week zu verstehen. Als Gastgeber und virtueller Mitarbeiter des Zukunft Personal Teams begrüßt er die Besucherinnen und Besucher und dient ihnen somit von Anfang als Orientierungshilfe bei Fragen rund um den Messebesuch sowie Programm-Highlights und Tipps zur Planung des Events.
Die legendäre HR:motion wird in diesem Jahr leider nicht stattfinden, dafür gibt es kleinere Live Events unserer Partner, wie der DEBA und der HRTEC Night sowie die Online-Preisverleihungen unseres eigenen HR Innovation Award am 1. Messetag abends. Dazu kommt noch die Online-Preisverleihung der Personalwirtschaft als krönender Abschluss an Tag 5.
Kann die Zukunft Personal auch online ihren Status als Leitmesse behalten?
Die Zukunft Personal konnte sich über die Jahre hinweg alleine aufgrund ihrer Größe und der Vielzahl an Beteiligten Unternehmen der HR-Szene zurecht als „Leitmesse“ bezeichnen. Auch gab es genügend Bedarf im Markt, um parallel auch das Wachstum der TALENTpro zu verkraften. Nunmehr finden nahezu täglich Online-Konferenzen, virtuelle Workshops, Seminare, vertriebliche Pitches und vieles mehr statt. Selbst kleinere Anbieter, verglichen mit Spring, können hier ohne größere finanzielle Investments ganze Aktionswochen auf die Beine stellen. Einfach weil virtuelle Räume keinen derart gigantischen Aufwand erzeugen, wie die Organisation einer HR-Expo in riesigen Messehallen. Der Kampf um die Online-Aufmerksamkeit ist umso erbitterter, weil nicht mehr vor allem Finanzkraft erforderlich ist, sondern viel mehr der Zugang zu den jeweiligen Personaler-Zielgruppen.
Wie geht Ihr mit den zusätzlichen Playern am Markt um? Vor allem mit Blick darauf, dass hier neue fachlich ausgerichtete Allianzen entstanden sind, die weniger deutlich vertriebliche Interessen verfolgen, sondern stärker auf Wissensvermittlung ausgerichtet sind?
Wir konnten seit nunmehr insgesamt 21 Jahren eine starke Marke aufbauen, worauf wir sehr stolz sind. Zukunft Personal steht für den permanenten beta Status und die Bereitschaft sowie nötige Mentalität, den Wandel aktiv anzugehen, zu begleiten und selbst voranzubringen und zu gestalten. Spring und auch ZP stehen niemals still, sind seit jeher Veränderung gewöhnt und entwickeln sich stattdessen stetig weiter. Das schätzt auch unsere Community. Dennoch bleiben wir als verlässlicher Partner der HR-Branche mit gewohntem Knowhow erhalten. Diese Kombination zeichnet uns aus.
ZP 365, Webinare und virtuelle HR Week
Mit ZP 365, den Webinaren und hoffentlich auch der virtuellen HR Week, zeigen wir, dass Zukunft Personal auch Zukunft und Veränderung kann, ohne dabei an Qualität zu verlieren. Wir haben Zugang zu allen relevanten Zielgruppen der HR-Community, die wir uns aufgebaut, erweitert und optimiert haben. Darüber hinaus haben wir ein extrem loyales Kunden- und Partner-Netzwerk aus Medienpartnern, Verbänden und Organisationen, das mit uns gemeinsam die Herausforderungen im virtuellen Raum angeht.
Fachliche Allianzen verfolgen wir natürlich ebenso; dazu zählen unter anderem der Messebeirat der Zukunft Personal (in dem Du zusammen mit Jan Kirchner die Interessensgruppe der HR-Blogger und Influencer vertrittst), die verschiedenen Knowhow-Träger und Expertengremien, die uns in der Programmgestaltung unterstützen.
Von Mitbewerbern und Partnern
Mitbewerber gab und gibt es immer wieder. Wettbewerb belebt das Geschäft und ist eine gute Möglichkeit, das eigene Geschäftsmodell zu challengen und auf die Probe zu stellen. Auch im Hinblick auf die neue Zugehörigkeit zur CloserStill-Familie erwarten wir uns viel Input auf internationaler Ebene sowie im Kompetenzfeld Learning & Training.
Als Leitmesse sind wir in diesem Zusammenhang sehr glücklich über unsere neue Zusammenarbeit mit der Fosway Group, die als führende internationale Analysten im Bereich HR sowie Learning & Development unser Netzwerk erheblich bereichert. Wir gewinnen hierdurch brandaktuelle Einblicke in die internationale HR-Praxis, die Insights werden durch Gründer und CEO David Wilson auch am 15. Oktober auf der ZP Europe Virtual vorgestellt. Davids Grundsatzrede wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wertvolle Anregungen für die Strategie und Entscheidungsfindung für das kommende Jahr liefern.
Ich denke, der Wunsch nach persönlichem Austausch und Interaktion wird größer sein als zuvor und Messen und Marktplätze werden sicher immer eine Zukunft haben.
Keynotes auf der virtuellen Zukunft Personal
Was dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Euch zum Start der virtuellen Zukunft Personal erwarten?
Wir sind stolz auf ein vielfältiges Programm, das wir auf die Beine gestellt haben. Die Besucherinnen und Besucher können sich auf folgende Keynote Vorträge freuen:
- Dave Ulrich, Rensis Likert Professor, Ross School of Business, University of Michigan Partner, The RBL Group
- David Plink, Chief Executive Officer des Top Employers Institute
- Frau von Polier, COO People / SVP SAP, sind bereits bestätigt.
- David Vitrano, CEO XING E-Recruiting
- Martina Ruiß, Head of HR Personio
- David Wilson, Foudner & CEO Fosway Group
- Gianpiero Petriglieri, Associate Professor of Organisational Behaviour am INSEAD und Experte für Führung und Lernen am Arbeitsplatz
- Dr. Heike Bruch, Institut für Führung und Personalmanagement, Uni St. Gallen
- Dr. Jana Koehler, wissenschaftliche Direktorin des Forschungsbereichs Algorithmic Business and Production am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz, Universität des Saarlandes
- Jan Teunen, Geschäftsführer Teunen Konzepte GmbH
Darüber hinaus wird es spannende Panel Diskussionen, on Demand-Angebote unserer Aussteller und Partner, interaktive Workshops, Blogger-Sessions und Live-Streamings der HRIA und DPP-Preisverleihungen geben.
130 Aussteller und 17 Sponsoren
Kannst Du schon etwas darüber sagen, wie die Beteiligten (Aussteller, Referenten, Influencer) sowie die potentiellen Besucher das neue Konzept annehmen?
Unser Konzept kommt bisher sehr gut an. Wir haben, wie bereits dargelegt, sehr kreative und offene Partner an unserer Seite, die mit uns diesen neuen Weg gehen möchten. Konkret können wir bereits 130 Aussteller sowie 17 Sponsoren verzeichnen. Die Bereitschaft Neues auszuprobieren ist also durchaus groß, worüber wir uns sehr freuen. Wir hoffen, dass unsere Besucher diesen Schritt genauso mutig und bereitwillig mit uns gehen. Unsere bisherigen Anmeldezahlen scheinen dafür zu sprechen.
Ich drücke Euch die Daumen, dass Ihr mit der Zukunft Personal Euren Platz im Markt findet. Vielen Dank für Deine ehrlichen und selbstkritischen Antworten!
Vielen Dank, lieber Stefan!
Über die Interviewte:
Christiane Nägler ist seit 18 in der Veranstaltungs- und Eventbranche tätig und versteht sich als leidenschaftliche Gastgeberin. Vor ihrer Tätigkeit bei spring, die sie seit 2012 begleitet, war sie 3 Jahre mit einer Veranstaltungsagentur sowie der Messe „be.connected.“ selbstständig, dessen Marke und Konzept an die Messe Frankfurt verkauft wurde. Sie war außerdem bei Management Circle u.a. für die Call Center World verantwortlich. Davor war sie in verschiedenen Vertriebs-Funktionen sowohl auf Kunden- als auch Agenturseite aktiv.
Seit 2006 betreibt sie privat einen eigenen Salon und verschiedene kulturelle Aktivitäten mit der Salongesellschaft. Diese ist im schönen Rheingau beheimatet.