Das HR-Startup si:cross will einen neuen Standard für die unternehmensinterne Kommunikation setzen und schafft eine SaaS-Lösung für interne Podcasts, Audio- und Voice-Messages. Im Interview mit mir verrät Mitgründerin Rona van der Zander, warum Audio das bessere Video ist und Kommunikationsabteilungen nach mehr Authentizität streben sollten.
Vorstellung Startup si:cross
Hallo Rona, magst Du Dich und si:cross bitte kurz mal selbst vorstellen? Oder auch „pitchen“, wie man in Startup-Kreisen so schön sagt.
Sehr gerne. Ich bin die Mitgründerin von si:cross. Wir bauen eine Software-Lösung mit der Mitarbeiter (m/w/d) unternehmensintern Podcasts bzw. Audio & Voicemessages teilen können. Wir haben uns damit die Aufgabe gesetzt, die interne Kommunikation von großen Unternehmen zu revolutionieren. Und das in einer Zeit, die von einer Pandemie dominiert wird, die ein Brennglas auf alles legt, was gut bzw. schlecht läuft und uns zu „remote work extrem“ zwingt.
Wir sind überzeugt, und das waren wir bereits vor COVID-19, dass die Präsenzkultur bald von einer „asynchronen Kultur“ abgelöst wird. Das wird entscheidende Veränderungen für Unternehmen, in der Art und Weise wie sie mit interner Kommunikation umgehen, mit sich bringen. Audio ist offen, einfach, transparent, authentisch und schnell. Audio wird der Schlüssel zu dieser neuen Welt sein.
Eine asynchrone, offene, authentische und flexible Zusammenarbeit ermöglicht eine Organisationskultur, die „remote“ und anpassungsfähig ist. si:cross ist eine SaaS-Lösung, die genau das bietet. Eine asynchrone und schnelle Art der Kommunikation. Dabei unterscheiden wir grundsätzlich zwei Arten. Zum einen die Informationsverteilung via Audio Messages an eine größere interne Zielgruppe. Zum anderen die asynchrone, spontane Kommunikation via Voice Messages mit Kollegen und kleinen Teams. Wir bringen beides zusammen in einer Lösung und bieten Unternehmen Insights, die es heute in der Art nicht gibt.
Ist Audio das neue Video?
Ihr habt also eine si:cross Softwarelösung für Audio-Inhalte geschaffen. Ist Audio das neue Video? Oder anders gefragt: Wo liegen für Euch die konkreten Vorteile beim Einsatz von Audio-Inhalten in Unternehmen?
Wie schon angesprochen, ist Audio ein schnelles und authentisches Medium. Momentan gibt es neben der schriftlichen Kommunikation, meistens Emails, und dem Aufnehmen von Videos, meistens teuer und umständlich, keine anderen Möglichkeiten des asynchronen Austauschs in Unternehmen.
Audio bietet hier eine super Chance für Konsumenten, ist bequem, einfach und flexibel für „on-the-go“. Und in der Produktion einfach, schnell und kostengünstig.
Dabei ist auch spannend, dass Audio und Stimme viel mehr transportieren als nur den Inhalt. Man kann „zwischen den Zeilen hören“, die Stimmung, Passion und Sorge von den Sprechern und Sprecherinnen wahrnehmen. E-Mails werden emotional oft völlig anders interpretiert, als man es eigentlich beabsichtigt. Positive Emotionen gehen in Emails oft verloren, wir arbeiten mit Emojis und Smilies um überhaupt rüberzubringen, was wir eigentlich ausdrücken wollten.
Audio-Inhalte im Business-Kontext
Wie siehst Du das im Business-Bezug?
Stellen wir uns nur mal vor wie eine CEO in einer E-Mail an die gesamte Belegschaft die Emotion rüberbringt, wie unglaublich stolz sie auf die Leistung aller in dieser Krisenzeit ist. Wie unterscheidet sich diese Mail von der letzten neuen Strategieänderung? Da geht einfach viel verloren.
Gleichzeitig lenkt bei Audio nichts von der Botschaft ab, wie beispielsweise bei Video. Wir hören nur das gesprochene Wort, sehen aber nicht die Kleidung, Mimik, Hintergründe, was auch kulturell in global agierenden Unternehmen durchaus Vorteile haben kann. Zudem sind wir überzeugt, dass in einer remote dominierten Arbeitswelt alle froh sein werden, über etwas weniger „Screentime“.
Keine Über-Optimierung von Lebenszeit
Du hast das Stichwort „leichte Konsumierbarkeit“ genannt. Wenn ich daran denke, dass wir nunmehr bei jeder Gelegenheit in der Freizeit auch verleitetet werden, Business-Inhalte via Audio zu hören: Wo geht denn unsere Work-Life-Balance hin? Eine weitere Über-Optimierung der vermeintlich sinnvollen Nutzung der eigenen Lebenszeit und eine Ausweitung der Parallelität stelle ich mir nicht nur im Kontext einer Familie mit Kindern eher schwer vor.
Ich denke, dass sind hier ganz grundsätzliche Fragen, die wir in der „neuen Arbeitswelt“ beantworten müssen. Alles wird immer flexibler, zeit- und ortsunabhängiger. Wie wir arbeiten wollen, eine Balance zwischen Freizeit und Beruf schaffen und auch mal Abgrenzung zur „Arbeit“ hinkriegen. Das sind Herausforderungen, die wir in diesem neuen Setting angehen müssen.
Da liegt ganz viel Verantwortung bei den Unternehmen, aber eben auch bei allen selbst. Wir wollen nicht noch einen Layer, nicht noch eine Schicht, hinzufügen, sondern aktuelle Situationen verbessern und Dinge ersetzen. Es geht nicht darum, jetzt auch noch beim Zähne putzen Meeting Notes abzuhören. Stattdessen wollen wir eine Flexibilität schaffen, die bis jetzt noch nicht möglich ist.
Flexibilisierung beim Konsum von Business-Inhalten via Audio
Es geht nicht darum mehr zu arbeiten. Wir wollen unseren Nutzern und deren Unternehmen die Möglichkeit geben, öfter zu entscheiden, wann sie arbeiten. Heute sind wir zwar viel virtuell in Meetings, aber es ist immer noch das gleiche von Präsenzkultur geprägte Verhalten. Ich muss meinen Kalender an meinen Chef oder meine Chefin anpassen, ich muss meine Termine mit meinem Projektteam, nicht nur in meinem Kalender, sondern mit allen Beteiligten koordinieren. Arbeiten wir über Zeitzonen hinweg, muss ich womöglich das gleiche Meeting zweimal machen, um allen gerecht zu werden.
Dezentral und asynchron bietet Vorteile bei internationaler Zusammenarbeit
Ich denke, ein großer Teil unserer aktuellen Überforderung kommt genau daher, dass „alte Welt“ auf „neue Welt“ trifft. Zum Beispiel können wir dezentral und asynchron arbeiten, hängen aber immer noch in synchronen Meetings. Muss ich wirklich in das Meeting kommen, und dafür meinen Kalender umorganisieren oder kannst Du mir nicht auch ein Voice update senden, dass ich mir anhören kann, wenn es in meinen Tag passt?
Muss die Managerin sich dreimal mit verschiedenen Teams online treffen über verschiedene Zeitzonen hinweg, oder reicht auch ein Voice update? Kann ich schon 30 Minuten früher aus dem Büro losfahren und mir die Learnings vom letzten Event anhören, anstatt am Schreibtisch sitzen zu bleiben und E-Mails zu lesen oder Videos zu gucken?
Ich könnte während dieser 30 Minuten auch einen Spaziergang machen und dabei zuhören, was sonst nur am Schreibtisch vorm Bildschirm geht. Die Frage wie wir arbeiten und unsere Tage strukturieren wollen, wird immer wichtiger und wir müssen jetzt neue und innovative Antworten finden.
Strukturen in Audio-Inhalte bringen
Spannend. Aber ich persönlich fremdele noch immer mit Audio-Nachrichten via Whatsapp. Mir fehlt das Querlesen, schnelle Wiederfinden, das bewusste Überspringen von Inhalten und vieles mehr. Wie kann ein Informationsfluss aus Audio-Nachrichten trotzdem strukturiert erfolgen?
Da haben wir natürlich einige tolle Ideen *lacht*. Man spricht im Schnitt 7x schneller als man schreibt. Man hört aber 2x langsamer als man liest und vor allem das „Querlesen“, also in dem Fall „Querhören“, ist tatsächlich nicht so einfach gegeben.
Dafür planen wir aber einige spannende Features. Zunächst mal gibt es immer eine Beschreibung oder ein Transkript, welches man Querlesen kann. So hat man den Vorteil vom schnellen Sprechen und schnellen Lesen. Gleichzeitig kann man Inhalte aber auch hören, wenn das zum Beispiel on-the-go beim Autofahren einfacher ist.
Zudem wollen wir mit Markierungsfeatures arbeiten, so dass dann nur in bestimmte Teile der Audiomessage reingehört werden muss und es gibt einen „Feed“, in dem man in kurze Zusammenfassungen (TD;DL -> Too long, didn’t listen) reinhören kann. Es wird noch weitere intelligente Details geben, die entsprechende Vorzüge kombinieren und Konsumenten neue Möglichkeiten bieten, aber ich denke es ist noch zu früh, um darüber im Detail zu sprechen.
Audio- und Video-Affinität wird zunehmend erfolgsrelevant
Führen solche Lösungen, die eloquenten und auch audio- beziehungsweise videoaffinen Zielgruppen mehr Reichweite und Sichtbarkeit in Unternehmen verschaffen, nicht zwangsweise zu einer weiteren Verschiebung zu Ungunsten der eher introvertierten Wissensarbeiter?
Eine Herausforderung, der wir uns total bewusst sind. Ich sehe auch die Gefahr, dass die neuen Medien die „Lauten“ tendenziell noch lauter machen können. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass im Audioformat eine riesen Chance für die „eher Introvertierten“ liegt. Die gehen eher hinters Mikrofon, als vor die Kamera. Und sie können sich sehr einfach Gehör verschaffen. Auf einmal haben nämlich alle im Unternehmen eine Stimme – von der CEO bis zum Azubi.
Hier kann ich auch mal eine Idee vertonen und mich als Thought Leader positionieren, was sonst nicht möglich wäre. Viel wichtiger finden wir grundsätzlich eine Verbesserung zu schaffen für Menschen mit Handicap, die gegebenenfalls nicht von den Audiofunktionen unserer Lösung profitieren können.
Für diese Personen gibt es auch heute schon einige Hürden in der Welt von virtuellen Meetings und Avataren, denen man nichts von den Lippen lesen kann. Wir verfolgen unter anderem das Ziel, mit Betroffenen in Unternehmen genau daran zu arbeiten und sinnvolle Integrationsmöglichkeiten zu entsprechenden Tools oder zusätzliche „intelligente Features“ zu bieten.
Editieren von Audioinhalten
Beim Podcasten habe ich gemerkt, dass gerade das Schneiden und Mixen sowie gegebenenfalls sogar neue Zusammensetzen von Audio-Inhalten nicht ansatzweise so einfach ist, wie das vergleichbare Vorgehen bei getippten Texten. Wie geht Ihr in Eurer Lösung mit dem Thema Editierbarkeit um?
Klar, wenn man längere Inhalte editieren möchte, ist das oft nicht ganz einfach. Aktuell setzen wir darauf tatsächlich keinen Fokus.
Hier ist wichtig zu erwähnen, dass es nicht nur Podcasts, wie wir sie gerade aus dem privaten Umfeld kennen, auf unserer Plattform gibt. Sondern eben auch kürzere Audionachrichten, wie wir sie zum Beispiel von WhatsApp kennen. Da nimmt man ja auch mal schnell was auf und schneidet und editiert nicht.
Auch bei längeren Inhalten glaube ich, dass diese nicht „auf Hochglanz poliert“ und durchchoreografiert sein müssen. Es passieren Versprecher, da werden Gedanken nochmal neu formuliert und das macht viel der Authentizität aus, die dabei transportiert wird.
Authentizität in der internen Kommunikation vor Perfektion
Das klingt total super für mich, aber vermutlich muss hier noch ein deutliches Umdenken in Richtung „Authentizität vor Perfektion“ stattfinden.
Naja, wenn es dann doch mal eine „Hochglanz-Audiomessage“ sein muss, stellen wir in der Diskussion mit Unternehmen immer wieder fest, dass beispielsweise die CEO heute schon ein Team für so was hat. Oft wären die froh, es wäre nur das Audio-Cutting und nicht die komplette Videoproduktion. Manchmal steht dieser Service auch anderen Gruppen im Unternehmen zur Verfügung und kann entsprechend gebucht werden.
Für alle anderen Fälle haben wir ein entsprechendes Expertennetzwerk aufgebaut, das unsere Kunden gerne dabei unterstützt, möglichst authentische Audio Inhalte zu erstellen. Ohne viel schneiden oder mixen zu müssen.
Speziell die Techies in unserem Team bringen auch immer mal wieder auf, wie cool es wäre, wenn wir „cutting via Text“ einbauen und ähnliches. Das sehen wir aktuell nicht, aber sag niemals nie und die Startup-Welt ist ja bekannt für große Pivots *lacht*.
Wie können denn nun Unternehmen Eure Lösung in ihre bestehende IT- und Kommunikationsarchitektur einbinden? Unterstützt Ihr auch vorhandene Mitarbeiter-Apps der Unternehmenskommunikation?
Wenn du damit Tools von Teams oder Slack meinst, planen wir dort, wo es sinnvoll ist, entsprechende Schnittstellen. Was das grundsätzliche Einbinden in die bestehende IT Landschaft angeht, setzen wir auf moderne Standards. So sind wir in der Lage, uns in die bestehende Systemlandschaft einzubetten. Denn wir müssen entsprechend hohen Security- und Datenschutzansprüchen gerecht werden. Vor allem hier in Deutschland. Gleichzeitig vermeiden wir damit unnötige Datenredundanz, insbesondere bei sensiblen Daten.
Die Zukunftspläne von si:cross
Wie sehen Eure Pläne für die Zukunft aus?
Wir möchten wirklich ein neues Genre für die unternehmensinterne Kommunikation etablieren. Dabei sind wir überzeugt, dass wir bezogen auf die interne Kommunikation, noch viel verbessern können und gleichzeitig unglaubliches Potenzial im Audiobereich liegt.
Unsere Vision ist es, sicherzustellen, dass Teams und Organisationen zu jeder Zeit abgestimmt sind. Bei maximaler zeitlicher Flexibilität für jeden Einzelnen. Unternehmen brauchen in Zukunft schnelle, anpassungsfähige Teams und si:cross schafft die dafür nötige Resilienz.
Abschließende Fragen von si:cross an die Leser
Gibt es noch eine Botschaft, die Du meinen Leserinnen und Lesern gerne zukommen lassen möchtest?
Wir freuen uns über alle Unternehmen, die mit uns in den Austausch gehen möchten und sind immer offen Neues zu lernen. Besonders interessieren würden uns daher Antworten auf folgende Fragen, die Ihr gerne in die Kommentare schreiben dürft:
- Welche Erfahrungen habt ihr bzgl. C-Level Kommunikation gemacht?
- Was funktioniert, was nicht? Was bewegt die Beschäftigten?
- Welchen Kanal nutzen Eure internen Thought Leader? Was ist wichtig?
- Macht ihr Meeting (de-) briefings? Wie macht ihr die? Ist das auf allen Level gleich?
- Wie macht ihr typischerweise Statusupdates zu Projekten oder Initiativen?
- Unterstützt Corporate Communication bei Business Review Meetings? Welche Hürden seht ihr da?
- Was macht für Euch eine gute „Audio Hygiene“ aus?
- Welche Erwartungen haben young talents an Eure Kommunikationstools?
Wir sind gespannt von Euren aktuellen Herausforderungen und innovativen Ideen in der unternehmensinternen Kommunikation zu hören und Sichtweisen auszutauschen. Meldet Euch gerne auch direkt bei uns!
Vielen Dank für das spannende Gespräch und weiterhin großen Erfolg für Euer si:cross Business!
Über die Interviewte:
Rona van der Zander ist Unternehmerin und Dozentin. Sie hat in acht verschiedenen Ländern mit großen Firmen, NGOs und internationalen Organisationen (u.a. den Vereinten Nationen) im Bereich Innovation & Kommunikation gearbeitet.
Als Dozentin arbeitet sie an Universitäten in Deutschland, Frankreich, England und den USA im Bereich „Zukunft der Arbeit“.
Zudem ist Rona ist die Mitgründerin von si:cross, einer Software Plattform, die asynchrone Unternehmens-Kommunikation durch Audio-Messages in großen Unternehmen ermöglicht.
Darüber hinaus hat Sie einen TEDx Talk zu „Future of Work“ gehalten.