Recruiting zu professionalisieren bedeutet, Bauchgefühl und Intuition systematisch mit objektiven Kennzahlen zu untermauern. Sogenannte Recruiting-KPI, also Schlüssel-Kennzahlen aus dem Recruiting-Prozess, spielen dabei eine wichtige Rolle. Ein Einblick in die am häufigsten verwendeten.
Was sind Recruiting-KPI?
Der Begriff KPI bedeutet Key-Performance-Indicator beziehungsweise Leistungskennzahl. Er bezeichnet Kennzahlen, anhand derer der Fortschritt oder der Erfüllungsgrad hinsichtlich wichtiger Zielsetzungen oder kritischer Erfolgsfaktoren innerhalb einer Organisation gemessen und/oder ermittelt werden kann.
Es geht folglich ums Messen, Kontrollieren und Steuern. Ziel dabei ist es, bessere, weil zahlenbasierte Entscheidungen zu treffen. Dabei werden Recruiting Kennzahlen dann zu Recruiting-KPI, wenn diese eine Schlüsselrolle (engl.: key) sowie hohe Erfolgsrelevanz haben.
Aber warum ist der Einsatz von KPI im Recruiting überhaupt notwendig? Nunja.
Fragen zur Erfolgswirksamkeit Ihres Recruitings
Wissen Sie bereits, welche Kanäle am meisten Bewerbungen generieren? Oder wie hoch die Quote der sogenannten A-Profile im jeweiligen Kanal ist? Kennen Sie die Dauer der einzelnen Prozessschritte im Recruiting? Ist Ihnen bekannt, wo die kritischen Erfolgsfaktoren liegen, die ein Abspringen von Kandidaten während des Auswahlprozesses verhindern?
Diese und zahlreiche weitere Fragen rücken in den Fokus eines kennzahlenbasierten Recruitings.
Falls Sie alle Fragen mit „ja“ beantworten konnten, dürfen Sie getrost weiter in den Artikeln auf meinem HR-Portal stöbern. Ansonsten könnte sich das Weiterlesen lohnen.
Die Candidate Journey als Grundlage
Zum Einstieg in ein kennzahlenbasiertes Recruiting lohnt sich eine ausführliche Betrachtung der Candidate Journey. Beispielsweise durch ein sogenanntes Candidate Journey Mapping.
Gegebenenfalls mit professioneller externer Unterstützung sollten die im Laufe des Recruitingprozesses relevanten Markenkontaktpunkte systematisch untersucht und vermessen werden. Das Wissen um die Wirkung der eigenen Prozesse auf die Stimmung und anhaltende Bewerbungsabsicht von Kandidaten, ist die Basis für ein ausgeklügeltes Kennzahlensystem.
Welche Recruiting-KPI nutzen?
Denn irgendwelche Kennzahlen zu messen ist wenig hilfreich. Hingegen die für den eigenen Recruitingprozess tatsächlich relevanten KPI zu messen und zu steuern, ist essentiell. Dort wo das eine Unternehmen Probleme mit einer zügigen Vorauswahl und Rückmeldung an die Bewerber (m/w/d) hat, liegen bei einem anderen Unternehmen die kritischen Punkte möglicherweise in der qualitativ hochwertigen Durchführung von Bewerbungsgesprächen. Ein drittes mag stattdessen im Rahmen des lange andauernden Gesamtprozesses zu hohe interne Kosten beklagen.
Welche Recruiting-Kennzahlen gibt es und was messen sie?
Es gibt eine Vielzahl von Kennzahlen, die im Rahmen des Recruiting-Prozesses von Bedeutung sein können. Nachfolgend erhalten Sie einen kleinen Überblick zu einigen häufig verwendeten.
Bitte beachten Sie, dass die einzelnen KPI nicht immer einheitlich definiert werden. Im Grunde geht es eh weniger um die konkreten Namen und Definitionen, sondern darum, dass Sie tatsächlich das Richtige messen, um Ihren Prozess oder die Kosten korrekt analysieren und steuern zu können.
Insofern legen Sie unbedingt zuvor fest, was genau Sie messen und beeinflussen wollen und starten erst dann mit Ihrer individuellen Kennzahlen-Definition.
Bevor Sie irgendwelche #Recruiting #KPI definieren, legen Sie zuerst fest, was genau sie beeinflussen und steuern möchten. Share on XDiese Recruiting-KPI werden häufig genutzt
time to fill
Diese Kennzahl misst, wie lange es dauert, von der Entscheidung über eine Stellenbesetzung bis zum tatsächlichen Arbeitsantritt der neu gefundenen Mitarbeiter. Dabei soll herausgefunden werden, wie lange Stellen unbesetzt bleiben (Vakanzzeiten).
time to hire
Diese Kennzahl ist eine Teilmenge von „time to fill“. Gemessen wird hier insbesondere
die Recruiting-Aktivität vom Start der Suche (Auftrag an Recruiting) bis zum Vertragsabschluss (dann häufig Übergabe an den Fachbereich zum Onboarding). Sie besagt, wie schnell Talente auf dem Arbeitsmarkt gefunden werden können.
Quoten im Recruiting-Funnel
Besonders hilfreich ist eine Messung anhand des Recruiting-Funnels, also der Stadien beziehungsweise Prozessschritte, die Ihr Recruitingprozess beinhaltet. Sehr sinnvoll ist eine zusätzliche Differenzierung der Eingangskanäle (zum Beispiel nach Mitarbeiterempfehlung oder konkreten Stellenbörsen) zur Identifikation der effektivsten Kanäle.
Gemessen werden zum Beispiel je Stellenanzeige die
- Häufigkeit der Einblendung in der Ergebnisliste
- Klicks
- Anzahl daraufhin eingehender Bewerbungen
- Einladungen (eventuell differenziert nach Erst-/Zweigespräch)
- Vertragsangebote
- Anzahl eingestellter Bewerber
Conversion Rate
Auch sollten Sie eine Quote errechnen, welcher Prozentsatz an Bewerbern jeweils den Sprung in die nächste Stufe des Recruiting-Funnels schafft. Sie erfahren dann sehr schnell, an welcher Stelle Ihnen die meisten Bewerber verloren gehen. Zudem erhalten Sie Hinweise, ob Sie eher ein Problem mit der (technischen) Sichtbarkeit Ihrer Anzeigen auf einer Stellenbörse haben oder ein Attraktivitätsproblem.
Letzteres ist dann der Fall, wenn die Klickzahlen zwar sehr hoch sind, die Anzahl der darauf zurückzuführenden Bewerbungseingänge jedoch eher gering. Auch könnte dies ein Indiz dafür sein, dass Sie möglicherweise die falsche Zielgruppe adressieren oder diese nicht wirklich inhaltlich erreichen.
Cost per Hire
Eine vor allem Seitens des Controllings gerne aufgenommene Kennzahl. Dabei steht im Zentrum die Frage, welche Kosten eine einzelne Stellenbesetzung verursacht. Die Erhebung ist auch hier unternehmensspezifisch unterschiedlich. Während ein Teil lediglich out-of-pocket Kosten, zum Beispiel für Stellenschaltungen oder Personalberater misst, legt ein anderer Teil eine Vollkostenrechnung (inklusive Personalkosten usw.) zugrunde.
Bewerberzufriedenheit
Neben diesen recht quantitativen Betrachtungen, sollte eine wesentliche Größe nicht zu kurz kommen: Die Zufriedenheit Ihrer Bewerber. Neben einem engen Monitoring von Arbeitgeberportalen wie kununu oder glassdoor, helfen eigene Befragungen im Nachgang, um die Qualität Ihres Recruitingprozesses zu messen und zu verbessern.
Ergänzend dazu eine Erhebung des ICR 2020 zu häufig genutzten Recruiting KPI:
Herausforderungen beim Erheben der Recruiting-KPI
So eingängig diese kleine Aufzählung von Kennzahlen auch klingt, so viele Probleme bereitet die Erhebung der zugrundeliegenden Daten oft. Bewerbermanagement-Systeme bieten nicht in jedem Fall sofort eine entsprechende Datenbasis, um in die Nutzung von KPI im Recruiting einzusteigen. Teilweise erfordert es sogar zahlreiche Zwischenschritte, die über die HR-IT implementiert werden müssen. Nicht selten bedarf es auch einer Datenzusammenführung und Aufbereitung in Excel bevor die Recruiting-KPI am Ende ein buntes Dashboard zieren.
Umgang mit Recruiting-KPI
Wenn Sie diese Hürden genommen haben und die Kennzahlen vorliegen, stehen Sie bereits vor der nächsten Herausforderung. Damit die Kennzahlen kein statistischer Friedhof werden, sondern Ihnen tatsächlich sinnvolle Ansatzpunkte für die Steuerung Ihres Recruitingprozesses liefern, beachten Sie unbedingt folgende weiteren Tipps:
- Prüfen Sie die korrekte Messbarkeit der einzelnen KPI sowie mögliche Messfehler oder Ungenauigkeiten
- Interpretieren Sie die Kennzahlen mit Sachverstand unter Berücksichtigung der Bewerbersicht
- Verabsolutieren Sie die Kennzahlen nicht. Jede einzelne Kennzahl hat eine lediglich beschränkte Aussagekraft. Erst im Zusammenspiel ergibt sich ein Bild
- Seien Sie sich bewusst, dass die Erhebung von Kennzahlen sowie das Ableiten von Maßnahmen auf deren Basis, eine massive Auswirkung auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter haben kann
Und ganz wichtig:
Konzentrieren Sie sich lieber auf einige wenige, wirklich für Sie relevante Recruiting-KPI und verzetteln Sie sich nicht!