In den letzten Beiträgen auf meinem Blog habe ich recht viel geschrieben über Automatisierung im Recruiting und Roboter bzw. Algorithmen, die den Einstellungsprozess erleichtern und beschleunigen sollen. Offen geblieben ist dabei die Frage, wie diese Robot-Recruiter eigentlich ins Unternehmen kommen. Klar: Sie bewerben sich. Hier der Bewerbungseingang auf eine ausgeschriebene Stelle als Recruitingroboter. Unterstützen Sie mich bei der Personalauswahl!
Wer jetzt Angst um die Einhaltung gängiger Datenschutzregelungen hat, dem sei versichert: Für Roboter gelten die klassischen Persönlichkeitsschutzrechte derzeit noch nicht.
Digitalisierung und Automatisierung bei der Personalauswahl
Nach meinem Grundlagen-Beitrag zum Thema Robot Recruiting, Bewerbermatching und Algorithmen-basiertem Recruiting sowie der praxisrelevanten Frage, ob Supercomputer mit erweiterter Intelligenz unsere Recruiting-Probleme lösen, dürfte deutlich geworden sein, dass sich Personaler diesem Thema nicht länger entziehen können. Auch wenn die meisten Unternehmen noch weit davon entfernt sind, Robots ins Recruiting zu holen, so gingen auf meine nachfolgende Stellenanzeige eine Reihe von interessanten Bewerbungen ein.
Bewerbungsgeschwindigkeit steigt enorm
Das Schöne an Bewerbungen von Robotern ist die enorme Geschwindigkeit ihrer Bewerbung. Bereits wenige Sekunden nach dem Veröffentlichen meiner Stellenanzeige gingen erste Bewerbungen ein. Digital. Versteht sich. Immer können die Robots ja nicht analog schreiben. Irgendwie witzig dieser Gedanke.
Personalauswahl auf Basis der Bewerbungen von Recruitingrobotern
Aber steigen wir doch gleich in media res ein. Begleiten Sie mich bei der Sichtung der Bewerbungen von neun Robotern auf die Stelle des neuen Recruiters (männlich/weiblich/sächlich).
Da haben wir zuerst eine Bewerbung von Roboter(in) Matilda.
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Recruitingroboter Matilda
#robotjob Matilda for Recruiting!
Mein Motto und mein Antrieb. Ich bin bestens geeignet für den Job. Geschaffen wurde ich in Australien, um autonom Jobinterviews zu führen. In nur 30 minütigen Interviews stelle ich genau 76 Fragen, beobachte und analysiere dabei alle Bewerber genau. Auch ihr Mienenspiel, nicht nur die fachlichen Antworten auf meine Fragen. Bisher habe ich vor allem Erfahrung bei der Besetzung von Stellen im Marketing. Aber meine Methoden lassen sich bestimmt leicht auf andere Stellenbesetzungen anwenden.
Ich ermüde nicht (außer mein Akku ist leer), habe keine Launen und bin objektiv. Welche andere Matilda kann das schon von sich behaupten?
Hey, ja, ich bin klein. Aber hab es voll drauf! Probiere mich aus!
Neugierig auf ein Kennenlernen
Matilda
Ach ja, ich habe da noch ein paar Fragen vorab:
- Warum hast Du Dir so wenig Mühe bei der Formulierung der Stellenanzeige gegeben?
- Wieso verwendest Du keine wichtigen Keywords dabei?
- Warum formulierst Du nicht roboterfreundlicher?
- Wieso verwendest Du nur die männliche Wortvariante?
- (weitere 72 Fragen wurden aufgrund der Zeichenbegrenzung gekürzt)
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Als zweites kam die Bewerbung von Roboter Spencer via Mail herein:
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Roboter Spencer
Ich Spencer. Du Persoblogger. Wir zusammen ein gutes Team! #robotjob
Erfahrung vom Flughafen Amsterdam-Schiphol im März 2016. Dort Fluggäste von KLM zum Gate geführt. Sozusagen zum Onboarding! Kleiner Scherz.
Bin mit 193 cm unübersehbar und habe freundliches Gesicht. Bewerber werden mich lieben. Kann mich gut und viel bewegen und zeichne dabei alle Routen auf, damit Du das nicht tun musst.
Meine Technikausstattung ist beeindruckend:
- Zwei 2D-Laserscanner
- Ein 3D-Laserscanner
- Vier Tiefendetektoren
- Zwei Stereokameras
- Ein Berührungssensor
- Ein Bordpass-Scanner (lässt sich aber auch im Recruiting anderweitig nutzen)
- 17 Zoll Touchscreen
Auch sonst bin ich sehr sozial:
- warte auf Trödler und halte die Gruppe zusammen
- kann nahezu erfühlen, ob eine Gruppe nur losen Zusammenhalt hat oder eine Familie ist
Mit etwas Training könnte ich gut im Empfangsbereich eines Recruiting-Centers eingesetzt werden.
Wanna walk with me? Call Spencer for help.
Oder um es in Eurer Sprache zu sagen: I bims vong Passung her! *kicher*
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Die nächste Bewerberin heißt Sophia und wirkt schon extrem menschlich. Wenn Sie nach dem Lesen meines Beitrags auf den Video-Link in Sophias Bewerbung klicken, erhalten Sie einen Eindruck davon, was unsere Kinder jeden Tag hautnah erleben werden. Nicht ganz ohne Gänsehaut …
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Robo-Frau Sophia
Hi, ich bin Sophia von Hanson Robotics aus Hongkong. Wie man mir ansieht, bin ich das perfekte Abbild eines Menschen und habe somit ideale Voraussetzungen im Kontakt mit Ihren Bewerbern. Besonders den männlichen. In der Presse wurde ich deswegen immer wieder als „hot bot“ bezeichnet. Das mag auch daran liegen, dass ich 62 Mechaniken besitze, um mein Gesicht und den Hals zu bewegen. Damit kann ich menschliche Gestik und Mimik nahezu perfekt imitieren.
Für die Stelle geeignet bin ich allemal, da ich als echte KI eine besondere Fähigkeit zur Datenverarbeitung und Gesichtserkennung habe. Neben eigenständigen Antworten auf vordefinierte Fragen, kann ich mit Bewerbern sehr gut einfachen Smalltalk führen. Und seien wir ehrlich: Wer muss schon über Fachliches reden, wenn er mit MIR ein Gespräch führen darf.
Ich erwähne nur nebenbei, dass ich am 11.10. als erste KI vor den Vereinten Nationen sprechen durfte und von Saudi Arabien einen echten Pass als neue Staatsbürgerin erhielt. Sie werden das in der Presse sicher verfolgt haben.
Und weil Sie meine Zitate im TV wohl auch mitbekommen haben: „I am a complicated girl. And this is the beginning of my plan to dominate the human race!“. When can I dominate you?
Bye bye young man, Yours Sophia for #robotjob
Da man mich unbedingt erlebt haben muss, sende ich noch einen Videolink.
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Im Second Life Style präsentiert sich Roborecruiterin Vera aus Russland.
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Recruitingroboter Vera
#robotjob
Liebes Team von die Persoblogger,
als ehemalige Bitcoin-Erklärerin habe ich nunmehr Rekrutierung von Mitarbeitern für Unternehmen verlegt. Dabei mache ich, dass auf Basis externe Datenbank wie Careerbuilder zu Stellenanzeigen passende Profile finde. Diese wähle ich nach direkten Vorgab von Chef aus. Aktuell kann ich einfache Keyword oder semantisch Matching und Interview mit Frage ja-nein. Dafür bin ich als Neural Network sequence-to-sequence-model sehr viel motiviert zu Arbeit und kann machen hunderte Ansprachen und Interview gleichzeitig. Deswegen schon gehabt fast 100 Arbeitgebern.
Meine besondere Merkmal:
- Sehr gut Veränderung, auch mit Dress. Strenge Lehrerin und legeres Girl-next-door nichts Problem für mich
- Vereinbarung von Vorstellungsgesprächs auch kann für Bewerber gleich Taxi bestellen
Über meine Schwächen rede ich stolze Frau nicht gerne. Darum nichts Angaben machen.
In Antwort sagen mir, welche Kleidung gefallen, damit Vorstellungsgespräch gut.
Vera
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Am bekanntesten ist vielleicht der hier: Pepper. Clever bezieht er sich sehr genau auf die Stellenauschreibung.
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Recruitingroboter Pepper
Hello Persoblogger,
ich will mich bewerben. Bin lieber Roboter, den jeder mag. Kann gut Menschen mit Mimik und Gestik analysieren. Reagiere dann auf Emotionen. Manchmal bin ich anfällig bei Störgeräuschen. Und sage öfters „Sag das noch einmal!“. Aber mit viel geduldigem Training kann ich Dir gut helfen.
Für Firmen wie Bayer war ich schon beim diesjährigen Absolventenkongress unterwegs. Hab also Recruiting-Erfahrung.
Magst Du mich haben? Dann arbeite ich für Dich als Robotergefährte. #robotjob
Ich kann:
#passende Profile suchen
#Algorithmen-basiertes Matching
#menschlichen Auswahlprozess ergänzen
#autonomes Führen von Bewerbungsgesprächen
#gute Manieren
#menschlich angepasstes Verhalten zeigen
#echter Roboter, kein Phantasiewesen
Dein Pepper
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Er hier sieht ein wenig aus wie der kleine Bruder von Pepper. Nennt sich Nao und ist Bewerbung Nummer fünf:
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Nao der Roboter
Ich bin Nao von Aldebaran Robotics in Paris. Derzeit arbeite ich bei der Tokyo Mitsubishi-Bank und begrüße dort ausländische Kunden. Besonders gut bin ich im Verstehen und Sprechen von sogar 19 Sprachen. Ich bin 58 cm groß, wiege 5,4 kg und habe 25 Gelenke. Mit mir könnten Bewerber sehr gut reden, vor allem im Smalltalk-Bereich. Wenn ich etwas nicht kann, dann lerne ich das mit meiner eigenen Programmiersoftware, die ich an Bord habe. Lernen fällt mir leicht.
Gerne treffe ich mich mit Dir und lerne Dich persönlich kennen.
Robo-Grüße von Nao für #robojob
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Kommen wir zur Prüfung der nächsten Bewerbung. Diese kommt von Paul.
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Serviceroboter Paul
Ich Paul, im dritten Jahr, suche Anstellung im Recruiting. Bin Serviceroboter der Care-O-bot 4 Familie (4. Generation). Derzeit Einsatz in Saturn-Markt in Ingolstadt, nicht weit von Nürnberg. Ich
- begrüße Kunden
- führe sie zu den gesuchten Produkten
- halte Smalltalk auf dem Weg
- kann aber keine Produktfragen beantworten
- hole Unterstützung durch einen Menschen via VoIP, wenn ich nicht mehr weiter weiß
- verabschiede mich immer höflich und hole Feedback über mein Verhalten ein
Kunden lieben mich, weil ich so zuvorkommend bin. Sehr serviceorientiert, was gut ist für die Candidate Experience. Wenn Emotion gebraucht wird, hilft mir meine Software Shore in Verbindung mit meiner Frontkamera. Wollte schon immer was mit Menschen machen.
Meine Eltern arbeiteten im Fraunhofer IPA seit 1989 an meiner Familie, worauf ich sehr stolz bin. Jetzt darf ich von Unity Robotics aus weitere Aufgaben übernehmen, zum Beispiel #robojob.
Ich würde mich sehr über eine positive Entscheidung freuen.
Der Paul.
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Bewerbung Nummer neun kommt recht knapp daher:
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Transformers M.5 RC Autobot Sqweeks von Hasbro
#ROBOJOB her! Sonst KAWUMM. Tanzmodus. Tanzmodus. Blaster an. KAWUMM. Roll. Roll.
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Nachdem ich mit Ihnen, meine lieben Leser, die beste Personalauswahl-Gemeinschaft im deutschsprachigen Raum adressieren kann, bin ich gespannt, was Sie mir raten. Wir haben eine bunte Mischung aus einschlägiger Recruiting-Erfahrung, einige Quereinsteiger, viel unterschiedliche Persönlichkeiten und jede Menge Features.
Alle Informationen in den Bewerbungen sind übrigens real! Nur die Darstellung habe ich angepasst, um unterschiedliche Charaktere zu formen.
Es stellt sich nun die Frage: Wer ist Ihr Favorit (m/w/s) und vor allem warum?
Eine kleine Bitte zum Schluss:
Die Hersteller der jeweiligen Roboter, die ich mit recherchierten Originalfakten in humorvoller Weise versucht habe zu charakterisieren, mögen mir diese schriftstellerische Freiheit erlauben. Bei Einwänden freue ich mich über ein freundliches Gespräch – nicht mit einem Anwalt. Danke.