Mit dem Angebot einer digitalen Kinderbetreuung will das Startup KidsCircle einen Beitrag für mehr Work-Life-Balance der Eltern leisten. Gerade in Zeiten von Homeoffice und Remote Work sollen so Zeitstrecken für konzentrierte Arbeit entstehen. Und gleichzeitig Kids kreativ angeregt werden sowie interaktiv lernen und Spaß haben. Das Gründer-Duo Sabine Wildemann und Felix Kosel stellen sich meinen Nachfragen.
Was bietet KidsCircle?
Hallo Frau Wildemann, Hallo Herr Kosel, mögen Sie sich und Euer Startup KidsCircle bitte kurz vorstellen?
Wir sind das Gründerduo des Berliner Startups KidsCircle, das unter dem Motto
“Happy Kids. Zufriedene Eltern. Erfolgreiche Unternehmen.” eine neuartige Form der Kinderbetreuung geschaffen hat, die digitale Kinderbetreuung.
Seit März 2020 sorgen wir dafür, dass viele Eltern auf ein vertrauenswürdiges und vielfältiges Betreuungsangebot im digitalen Raum zurückgreifen können. Als reines Elternangebot gestartet, sind wir mittlerweile stark im B2B-Segment vertreten und Unternehmen wie Gruner + Jahr, Sanofi Aventis oder UCB Pharma bieten ihren Mitarbeitenden die digitale Kinderbetreuung als Corporate Benefit zur Unterstützung an.
Interaktion mit den Kids versus betreuter Medienkosum
Wie viel Interaktion und Mitmachen ist hier möglich – oder reden wir vor allem um Angebote von „betreutem Medienkonsum“?
Wir haben unser Angebot zum Start über 3 Monate in enger Abstimmung mit circa 100 Eltern entwickelt. Es gab viele Fragestellungen hinsichtlich des Alters, der Gruppengröße, der Inhalte oder der Dauer der Angebote. Zentral bei der Erarbeitung war immer der Aspekt der Interaktion. Und dass wir Räume kreieren wollten, in denen sich Vertrauen bilden kann und kein Leistungsdruck herrscht.
Die Kids bringen zu jedem Angebot ein kleines Set an Utensilien mit, das ist weißes Papier, Stifte und Tesafilm inklusive Abroller. Hiermit lässt sich eine Menge fabrizieren. Wenn zum Beispiel ein Ball benötigt wird, zerknüllen wir einfach Papier. Lineale für ein Experiment werden selbst gebastelt oder das Lieblingskuscheltier wird zum Zuschauer.
Die Kinder werden bei uns angeregt, Dinge zu basteln, Zaubertricks nachzumachen, Lösungen für Experimente zu finden oder Superman-Schnecken zu kneten. Wir integrieren kleine Bewegungseinheiten und nutzen beispielsweise unser Whiteboard, an dem alle gemeinsam interagieren können. Häufig bringen die Kids interaktive Ideen ein. So entstehen kleine Zaubershows oder Theaterstücke.
Digitale Kinderbetreuung in Zeiten von Homeoffice
Wie stark ist der Bedarf für digitale Kinderbetreuung generell gewachsen? Ist das eine grundsätzliche Entwicklung oder verdanken wir das eher dem digitalen „Brandbeschleuniger“ Corona-Pandemie?
In der Zeit des Lockdowns war die Nachfrage enorm hoch. Sowohl auf Seiten der Eltern als auch bei den Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden unterstützen wollten. Im ersten Quartal erreichten uns allein 150 Anfragen von Unternehmen.
Die Pandemie hat bei unserem Angebot definitiv als Beschleuniger gewirkt, keine Frage. Wir sehen die Betreuung von Kindern im digitalen Raum jedoch als ein zukunftsträchtiges Angebot. Fast jedes Elternteil hat ein schlechtes Gewissen, sein Kind längere Zeit unbetreut und ohne Interaktion vor den Fernseher oder YouTube zu setzen.
Wenn wir uns das Konsumverhalten der Kids anschauen, bekommen wir eindeutige Signale: 6-7 Jährige schauen im Durchschnitt täglich 71 Minuten fern. Dazu kommen täglich 49 Minuten am Computer, Smartphone oder Tablet (bei den 6-13 Jährigen). Hier bieten wir Eltern mit unserem interaktiven Betreuungsangebot im digitalen Raum eine echte Alternative. Dazu kommt, dass wir in einer digitalisierten Welt leben und Kindern dort begegnen sollten, wo sie sich aufhalten; nämlich an Tablets und Smartphones.
Aus Unternehmensperspektive betrachtet, wird sich wohl das Arbeiten im Mobile Office langfristig etablieren und daher gehen wir davon aus, dass sich digitale Kinderbetreuung durchsetzen wird.
Kinder und Digitalisierung
Wo sehen Sie die heutigen Kinder mit Blick auf digitale Lösung und Medienkompetenz? Sind die „digital Natives“ tatsächlich auch so medienaffin und medienkompetent wie ihr Ruf?
Medienaffin sind die Kids definitiv, das erleben wir alle tagtäglich. Es ist faszinierend, wie leicht sie den Zugang zu digitalen Medien finden und wie gut sie zurechtkommen und sich schnell das notwendige Wissen aneignen. Ob sie dabei auch medienkompetent agieren, würden wir etwas in Frage stellen bzw. müssen wir das differenzierter betrachten.
Bei KidsCircle betreuen wir ja Kids von 4 bis 11 Jahren. In dieser Altersgruppe sind die Eltern noch stark involviert und es spielt eine sehr große Rolle, wie medienkompetent sie selbst sind und agieren. Wenn die Eltern das Gesehene oder Gelesene im größeren Kontext sehen, kritisch hinterfragen oder sich zum Beispiel mit Filter-Bubbles auseinander setzen, dann reflektiert dies in jedem Fall auf ihre Kinder.
Wir erleben viele medienkompetente Eltern in unseren Angeboten. Aber es gibt auch immer Fragen und Unsicherheiten. Den Kompetenz-Aspekt haben wir zum Beispiel in unserem neuen Angebot, den Lernzirkeln, integriert. Hier fördern wir die Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts: Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken.
Medienkompetenz betrachten wir in unserer digitalisierten Welt immer als einen Teilaspekt dieser Schlüsselkompetenzen. Aus unserer Sicht benötigen Kids in diesem Alter eine Möglichkeit zur Reflexion und eine Begleitung im digitalen Raum. Diese bieten wir ihnen.Kürzlich saßen wir beispielsweise bei einem Kooperationspartner und er las uns einen Text von unserer Webseite vor. Zumindest dachte er dies, bis sich herausstellte, dass er auf ein Brand Bidding eines anderen Anbieters hereingefallen war und sich gar nicht auf unserer Webseite befand. Unsere Welt wird immer komplexer, schon für uns Erwachsene ist es schon fast nicht mehr möglich, alles zu erfassen und richtig einzuordnen.
Mitarbeiterbenefit digitale Kinderbetreuung
Welche Mehrwerte können Arbeitgeber durch das Angebot digitaler Kinderbetreuung schaffen? Auf welche Themen (z.B. Employer Branding) zahlt dies Ihrer Meinung nach ein?
Wir sind überzeugt, dass im Zuge der Veränderung hin zu hybriden Arbeitsmodellen betriebliches Familienbewusstsein zukünftig ein zentraler Faktor in der Positionierung von Unternehmen sein wird. Mit der digitalen Kinderbetreuung haben Arbeitgeber ein innovatives und niedrigschwelliges Corporate Benefit an der Hand, das durch Stressreduzierung die Gesundheit der Mitarbeitenden fördert, ihre Produktivität erhöht und vor allem für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeits- und Berufsleben sorgt. Damit geben wir Unternehmen einen weiteren und vor allem flexiblen Baustein, um ihre Mitarbeitenden mit Kindern langfristig zu binden.
Die allgemeine Betreuungssituation wird sich in den nächsten Jahren leider nicht verbessern. Laut Dt. Jugendinstitut müssen bis 2025 ca. 820.000 Betreuungsplätze zusätzlich geschaffen werden, um den Gesamtbedarf der Eltern zu decken. Dazu kommen 75 KiTa- und Schulschließtage pro Jahr.
Da trotz der Fachkräfte-Offensive Erzieherinnen und Erzieher viel zu wenige Fachkräfte auf den Markt kommen, werden die Eltern und hier wiederum häufig die Mütter, die Betreuung übernehmen müssen. Wenn also Unternehmen die Möglichkeit haben, flexible Betreuungsangebote zu schaffen, seien es digitale, Vor-Ort oder Ferienbetreuungen, dann liefern sie eine wichtige Lösung für arbeitstätige Eltern.
Arbeitgeber haben womöglich mit solchen begleitenden Betreuungsangeboten die Kraft, einen Teil des nicht gehobenen Beschäftigungspotenzials von 5 Mio. Frauen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland zu aktivieren.
Berufsbild digitale Kinderbetreuung
Wie sieht denn der Bewerbungsprozess für Ihre digitalen Kids-Coaches aus? Lässt sich daraus eine Art neues Berufsbild für digitale Kinderbetreuer:innen ableiten?
Wir haben unseren Bewerbungsprozess häufig iteriert, da wir auf unserem Weg immer wieder neue Erkenntnisse zur Tätigkeit im digitalen Raum gewonnen haben. Der Prozess umfasst aktuell fünf Stufen. Das erste Interview übernimmt immer die CEO, um einen ersten Eindruck für die Kandidatinnen und Kandidaten zu bekommen. Wir suchen Menschen, die sich als Kids-Coach begreifen wollen und weniger Menschen, die einen zeitlich befristeten Nebenjob suchen.
Im 2. Treffen interviewt Felix Kosel. Danach geht es in ein technisches Onboarding mit unserem Head-Coach. Hier dreht sich alles um das technische Know-how. Daran anschließend geht’s in die Begleitung eines Betreuungsangebotes bei einem anderen Coach und es wird ein Teil der Betreuung durch die Kandidatinnen und Kandidaten übernommen. Der letzte Schritt ist die sogenannte Remote-Betreuung, bei der die Neuen eine Betreuung selbstständig übernehmen und vom Head-Coach remote begleitet werden.
Uns ist wichtig, dass der Prozess sich auf beiden Seiten entwickeln kann und immer wieder reflektiert wird, ob alles zusammenpasst. KidsCircle ist keine Plattform, wo alle ihr Profil hochladen und Kinder betreuen können.Wir tragen eine hohe Verantwortung, da uns Eltern ihre Kinder anvertrauen. Daher ist es unsere zentrale Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Betreuungspersonen bestmöglich ausgewählt und auch weitergebildet werden und wir den Kindern sinnvolle Angebote unterbreiten.
Für nächstes Jahr ist die KidsCircle-Akademie geplant und wir haben das Ziel, ein neues Berufsbild zu schaffen.
Kids-Coaches: Ein Frauenjob?
Wie ist das Geschlechterverhältnis bei den Kids-Coaches?
In der digitalen Kinderbetreuung zeigt sich dasselbe Bild wie in der klassischen Kindertagesbetreuung: der Anteil der Frauen ist um ein Vielfaches höher. Wir freuen uns daher immer sehr, wenn wir Bewerbungen von männlichen oder diversen Menschen erhalten.
Im Allgemeinen ist es nicht verwunderlich, dass der Anteil der männlichen Erzieher in unserer Gesellschaft so gering ist, denn im Rahmen gesellschaftlicher Arbeitsteilung und stereotyper Geschlechtervorstellungen wird die Kindererziehung eben immer noch vornehmlich als „Frauenarbeit“ verstanden. Dazu kommt, dass viele Ausbildungsstätten erst seit den 70er-Jahren den Erzieherberuf für Männer zugänglich gemacht haben.
Wie sich KidsCircle weiterentwickelt
Welche weiteren Entwicklungen haben Sie für KidsCircle geplant?
Wir haben kürzlich eine Seed-Finanzierungsrunde abgeschlossen, die es uns ermöglicht, unser Produkt weiterzuentwickeln und interessante Testmärkte anzuschauen. Neben der Begleitung von Online-Events haben wir erste Kooperationen im Hotelbereich. Hier können Eltern während ihres Wellness-Termins eine Betreuung bei KidsCircle buchen statt die Kids vor TV oder Netflix zu setzen.
Aktuell erreichen uns die ersten Anfragen für unsere digitalen Weihnachtsfeiern, die parallel zur Team-Weihnachtsfeier gebucht werden oder auch losgelöst als besonderes Geschenk für die Kinder der Mitarbeitenden.
Am 11.10. starten wir unser neuestes Produkt, die Lernzirkel. Hier begleiten wir die Kids einerseits beim Üben des aktuellen Schulstoffs und widmen uns dazu einer der Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts: Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken. Wir regen die Kids an, mit anderen zusammenzuarbeiten, Fragestellungen im Team zu lösen und selbständig zu denken.
Vielen Dank für Ihre Antworten. Ich bin gespannt, wie sich das Startup KidsCircle weiter entwickeln wird.
Über die Interviewten
Sabine Wildemann (CEO) und Felix Kosel (CSO) zählen zu den Vollblutgründern. Beide waren zum ersten Mal mit 19 selbstständig und suchen Zeit ihres Lebens nach Herausforderungen, interessanten Fragestellungen und passenden Lösungen.
Die beiden Unternehmer bieten mit ihrem flexiblen und kundenzentrierten Ansatz eine Entlastung für Eltern und schaffen inspirierende und fördernde Betreuungsangebote für Kids von 4 bis 11 Jahren. Unternehmen erhalten ein flexibles Corporate Benefit an die Hand, das innerhalb von 3 Stunden einsetzbar ist.