Negative Arbeitgeberbewertungen auf Portalen wie kununu oder glassdoor erzeugen bei Unternehmenslenkern und Personalverantwortlichen regelmäßig den Wunsch, diese einfach löschen zu lassen. Welche Bedeutung Arbeitgeberbewertungsportale heute haben und warum das Löschen von negativen Kritiken eine extrem heikle Angelegenheit ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Arbeitgeberbewertungen als fester Bestandteil des HR-Alltags
Egal ob es Ihnen passt oder nicht – Menschen sprechen immer und überall über ihren Arbeitgeber.
Seit einigen Jahren können sie dies auch öffentlich und zentral tun. Beispielsweise auf Arbeitgeberbewertungsplattformen wie kununu, glassdoor oder auch Stellenbörsen mit Bewertungsmöglichkeiten wie StepStone oder Indeed. Über die Anbieter habe ich schon zahlreiche Artikel verfasst, egal ob als Praxistests nach Updates, bezogen auf neue Features oder auch generell was Sinn und Zweck sowie Irrtümer über Arbeitgeberbewertungsportale angeht.
Dabei hatte ich bewusst das Thema „Negative Arbeitgeberbewertungen löschen lassen“ ausgeklammert. Denn der Fokus sollte stets auf einem konstruktiven Umgang mit der dort veröffentlichten Kritik am Unternehmen liegen. Hier passiert Employer Branding. Oder anders formuliert: Der Umgang mit negativen Arbeitgeberbewertungen lässt bis zu einem gewissen Grad erkennen, wie Organisationen mit kritischen Feedbacks umgehen.
Der Umgang mit negativen #Arbeitgeberbewertungen auf Portalen wie @kununu lässt darauf schließen, wie #Unternehmen mit kritischem #Feedback generell umgehen. Share on XBedeutung von Arbeitgeberbewertungen: Bitkom Befragung
Eine aktuelle Untersuchung des Bitkom vom April 2021 hat die wachsende Bedeutung von Arbeitgeberbewertungsplattformen erneut bestätigt. So stellten die Autoren im Rahmen ihrer repräsentativen Befragung fest, dass sich 47% der Internet-Nutzerinnen und Nutzer schon einmal anhand von Bewertungen über Arbeitgeber informiert haben. Im Vergleich zu 2018 ist das ein Anstieg von immerhin 11%. Noch höher liegen die Werte bei Befragten, die berufstätig sind. Hier lesen sogar 52% entsprechende Kommentare sowie die Stellungnahmen der Unternehmen darauf.
Am wichtigsten erscheint mir allerdings der Prozentsatz derjenigen, die sich von diesen Bewertungen bei ihrer Jobsuche beeinflussen lassen: Satte 44%!
Natürlich lässt sich trotzdem darüber streiten, ob die auf kununu und Co geposteten Arbeitgeberbewertungen der Wahrheit entsprechen oder ob manche Texte reine Fake-Bewertungen sind. Vermutlich ist die Realität weder schwarz noch weiß. Es gibt aus meiner Sicht auf beiden Seiten der Waage einen gewissen Anteil an unechten Bewertungen. Sowohl was Bewertende angeht als auch auf Arbeitgeberseite.
Wie also sollten Arbeitgeber mit negativen Arbeitgeberbewertungen umgehen? Ist Löschen tatsächlich eine reizvolle Alternative?
Es läuft nie alles optimal in Unternehmen
Generell dürfte klar sein, dass es auch bei den besten Arbeitsprozessen und in den begehrtesten Unternehmenskulturen immer unzufriedene Menschen gibt. Es ist nie für alle immer gleichbleibend perfekt. Und auch Fehler oder Missverständnisse passieren. Überall. Ständig. Ganz zu schweigen von persönlichen Reibereien zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden.
Wollen Sie also allen Ernstes negative Kritik oder Feedback zu tatsächlich subjektiv empfundenen Fehlverhalten pauschal als „schädlich“ und „löschenswert“ einstufen? Ist nicht gerade jetzt Umsicht und Weitblick gefordert?
Ich weiß, es redet sich leicht, wenn das eigene Unternehmen zu den beliebtesten Arbeitgebern gehört und die Bewertungen der Mitarbeitenden überwiegend positiv sind. Aber schauen wir uns doch bewusst mal bei Unternehmen um, die einen unterdurchschnittlichen Wert auf kununu aufweisen und „mit zahlreichen negativen Bewertungen zu kämpfen haben“.
Ich habe den letzten Satzteil übrigens bewusst in Anführungszeichen gesetzt, denn oft sind nicht die Bewertungen das eigentliche Problem eines Arbeitgebers, sondern die dahinter verborgenen Sachverhalte.
Arbeitgeberbewertungen löschen lassen – geht das überhaupt?
Zur Löschung von Arbeitgeberbewertungen existieren ebenfalls eine Reihe von Mythen. Einigkeit dürfte vermutlich darüber herrschen, dass ein willkürliches Löschen von Postings ohne feste Regeln Arbeitgeberbewertungsplattformen in Summe diskreditieren würde. Umgekehrt ist es auch nicht im Interesse der Anbieter, dass eine Vielzahl von Fake-Bewertungen die Glaubwürdigkeit auf Seiten der Bewertenden in Frage stellt.
Kununu beispielsweise sagt dazu: „Eine Löschung von Bewertungen nehmen wir grundsätzlich nicht vor, wenn die kununu-Prinzipien bei der Bewertungsabgabe berücksichtigt worden sind.“
Das heißt also: Grundsätzlich ist ein Löschen erst einmal nicht möglich. Es sei denn, es liegt ein bestimmter Ausnahmetatbestand vor (ohje, jetzt blitzt doch wieder kurz meine juristische Ausbildung durch).
Ausnahmen, die ein Löschen von Arbeitgeberbewertungen erlauben können
- Verletzung des Datenschutzes, z.B. bei Nennung von Namen oder anderen persönlichen Daten
- Preisgabe von Unternehmensgeheimnissen oder schützenswerten Internas
- Abgabe von Produktbewertungen statt Arbeitgeberbewertungen
- Beleidigungen oder sonstige rechtlich unzulässigen Handlungen
- Bewertungen von Personalvermittlungsunternehmen statt des tatsächlichen Arbeitgebers im Sinne einer falschen Zuordnung der Kritik
Rechtsanwaltskanzleien entdecken lukrative Geschäftsfelder
Je stärker Arbeitgeberbewertungen Einfluss nehmen auf das Employer Branding und damit den Recruiting-Erfolg von Unternehmen, um so größer wird der Handlungsdruck bei Arbeitgebern. Spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien haben dies längst erkannt und bieten explizite Dienstleistungen zum Löschen von Arbeitgeberbewertungen auf kununu, glassdoor und Co an.
Diese Services werden im Rahmen von Google-Ads, also oberhalb der generischen Suchergebnisse sowie von Google for Jobs angepriesen. Die Versprechen sind eindeutig „Wir entfernen Ihre schlechte Bewertung“, oft verknüpft mit den Begriffen „hohe Erfolgsquote“ und „zum Festpreis“.
Bei der Vielzahl der Anzeigen steht zu vermuten, dass sich das Geschäft rund um das Löschen von Arbeitgeberbewertungen lohnt. Das würde gleichzeitig bedeuten, dass die Nachfrage entsprechend hoch ist (ein Massengeschäft?).
Wenn Unternehmen kununu-Bewertungen löschen lassen
Laut einem Artikel des Manager Magazins vom März 2021 hat der Spielzeughersteller Playmobil geobra Brandstätter GmbH & Co. KG kürzlich angeblich 80 kununu-Einträge von Mitarbeitenden löschen lassen. Diese hatten sich in den letzten Monaten wohl zu einem massiven Image-Problem für das Unternehmen summiert. Durch die von den Autoren behauptete Lösch-Aktion konnte der kununu-Score zwar gesteigert werden. Trotzdem ist die Weiterempfehlungsquote Stand 17.04.21 mit 52% noch immer vergleichsweise gering.
Darüber hinaus finden sich weiterhin zahlreiche sehr negative Aussagen über das Unternehmen auf der Arbeitgeberbewertungsplattform. Diese sprechen eine recht eindeutige Sprache.
Auch wenn das Unternehmen gegen den Artikel im Manager Magazin juristisch vorgeht: der Imageschaden aufgrund der angeblichen Löschung von Arbeitgeberbewertungen wiegt vermutlich ungleich schwerer als die negativen Bewertungen selbst.
Löschung von Arbeitgeberbewertungen – keine gute Lösung
Mag es tatsächlich in manchen Fällen sinnvoll erscheinen, eine gegen einen Arbeitgeber laufende, möglicherweise sogar bewusste oder koordinierte „Schmutzkampagne“ kritisch unter die Lupe zu nehmen und juristisch prüfen zu lassen. Ein Löschen-Lassen von Bewertungen ist jedoch nicht zwangsläufig die beste Lösung.
Insbesondere wenn in den negativen Arbeitgeberbewertungen ein Teil der behaupteten Inhalte tatsächlich wahr ist, führt ein Entfernen von der Plattform häufig dazu, dass die Betroffenen erstrecht nachlegen. Ein Bekanntwerden einer groß angelegten Löschung kann sich sogar zum Skandal ausweiten.
Nur der Vollständigkeit halber: Plattformen, auf denen via Online-Shop positive Arbeitgeberbewertungen gekauft werden können, sind ein absolutes No-Go. Das ist Betrug an allen (!) Beteiligten und verbietet sich von selbst.
Stattdessen sollten sich Personalverantwortliche und Top-Management ernsthaft (und nicht nur zu Showzwecken!) mit den hinter den Aussagen in den Bewertungen stehenden Themen beschäftigen. Und ich kann es nicht oft genug betonen: Meist sind nicht die negativen kununu-Bewertungen das eigentliche Problem, sondern der Umgang mit den kritisierten Vorgängen und Zuständen im Unternehmen.
Nicht die negativen #Arbeitgeberbewertungen auf @kununu sind das größte Problem, sondern die oft dahinter verborgenen Themen bei #Führung #Unternehmenskultur und Co. Share on XInvestieren Sie daher lieber in einen wertschätzenden Umgang mit Ihren Beschäftigten als zu versuchen, deren Feedback juristisch „unter den Tisch zu kehren“. Soweit meine Praxis-Hinweise bzw. Praxistipps.