Praxistest GOOD&CO von StepStone

Persönlichkeitstests im Recruiting – StepStones Psychometrie-App GOOD&CO im Praxistest

StepStone hat sich das Unternehmen GOOD&Co aus dem Silicon Valley gekauft, um in den boomenden Markt des Bewerber-Matchings einzusteigen. Jobs werden zukünftig nicht einfach nur auf der Stellenbörse angezeigt. Die Job-Vorschläge sollen stark personalisiert und auf die jeweiligen Suchenden zugeschnitten werden. Den Weg dazu bereiten soll die Psychometrie-App und Community-Plattform von GOOD&CO. Ich habe die App getestet und weitergedacht, welche Implikationen die Nutzung im Unternehmensalltag mit sich bringt. So viel vorweg: Eine ganz ganz heiße Kiste …!

Der Grundgedanke: Den Best Match finden

In meinem Grundlagenartikel zum Robot Recruiting und Bewerbermatching habe ich die Thematik bereits ausführlich beschrieben. Sowohl Unternehmen als auch Bewerber suchen den „Best Match“ („Perfect Match“ ist mir begrifflich ein wenig zu hoch). Was wäre denn, wenn Recruiter keine aufwändigen Bewerbungsgespräche und Tests zur Prüfung der Bewerberpersönlichkeit mehr durchführen müssten? Wenn alles bereits mundgerecht und frei im Internet zugänglich wäre? Wenn Matching so leicht würde, dass es sogar Spaß macht?

Was faszinierend klingt, bringt im Fall von GOOD&CO eine Reihe von höchst spannenden Implikationen mit sich.

Die App – Psychometrische Tests als Basis für das eigene Profil

Nach dem Herunterladen der App werden die Nutzer sofort von bunten Menüs mit witzigen Bildchen empfangen. Hinter der Bezeichnung „Quiz“ verbergen sich dann die verschiedenen Tests zur Erstellung des eigenen Profils. Die App möchte sich dazu am liebsten mit allen sozialen Netzwerken des Nutzers verbinden und die Kontakte auslesen. Als Belohnung winken sogenannte „Karma-Punkte“. Diese können erhöht werden, wenn die Nutzer weitere Daten ins Spiel bringen, entweder über sich, über ihre Unternehmen oder über Freunde.

Schon an dieser Stelle wird bei mir der Eindruck erweckt, dass sich unter dem Deckmantel witziger Spielchen eine monströse Datenkrake um sich greift. Dazu später mehr…

Die Wissenschaft hinter GOOD&CO

Bevor ich in die Beantwortung der ersten Testfragen einsteige, informiere ich mich über die wissenschaftlichen Hintergründe. Ich möchte wissen, auf welcher Basis meine jetzt folgenden Antworten analysiert und bewertet werden. GOOD&CO bezieht sich insbesondere auf den bekannten Big5 Persönlichkeitstest, der um weitere Merkmale ergänzt wurde. Zumindest klingt das vertrauenswürdig.

Die weiteren Ausführungen zur Wissenschaftlichkeit auf der Website empfinde ich zwar als witzig. Trotzdem fühle ich mich nach dem Lesen etwas manipuliert. Tenor: Alles halb so wild, Du musst als Nutzer nichts wissen, um den Wissenschaftskram kümmern wir uns, weil wir Spaß daran haben. Du sollst vor allem Spaß daran haben, den Test zu machen … und uns möglichst viele Daten über Dich und Dein Netzwerk geben. – Den letzten Halbsatz denke ich mir natürlich nur.

Die Testergebnisse – mein psychometrisches Profil

Mit relativ wenig Fragen, bei denen ausgewertet wird, wie schnell oder zögerlich ich den jeweiligen Regler wie weit in die Richtung polarisierender Antworten schiebe, entsteht mein erstes Persönlichkeitsprofil.

Testergebnis GOOD&CO

Bunte Bildchen zeigen mir, dass es sich bei „Ihr seid eine unfassbare Datenkrake“ (mein bedacht gewählter Profilname) um einen Strategen, Beschützer und Macher handelt. Ah ja, da kann ich zumindest erstmal mitgehen. Auch wenn ich über den Gendering-Fehler bei „Beschützer“ schmunzeln muss. Aber die App zügelt meine Begeisterung gleich und spricht von lediglich 43% Profilgenauigkeit. Das ist mir zwar zu wenig, aber bevor ich für neue Karma-Punkten in den nächsten Test starte, mache ich erstmal einen Abstecher in die Datenschutzbestimmungen.

Datenschutz unnötig – der Zweck sind öffentlich zugängliche Profile

Auch wenn ich Volljurist bin oder war oder wie auch immer: Das Lesen von Datenschutzbestimmungen macht mir keinen Spaß. Wahrscheinlich sollte man das aber öfter machen, denn die Erkenntnisse sind oft enorm (erschreckend).

Screenshot Datenschutzvereinbarung GOOD&CO

An der Stelle „… öffentlich zugänglich und Drittländer …“ habe ich dann doch erstmal geschluckt. Wir reden hier über eines der bekanntesten und validesten Testverfahren im Hintergrund mit mutmaßlich entsprechend hoher Aussagekraft über eine Person. Und diese Daten frei im Internet zugänglich? Selbstverständlich wurde ich nur wenige Stunden später bei StepStone persönlich vorstellig und habe nachgefragt, was es damit auf sich habe. Eine kurz darauf bei mir eingegangene Stellungnahme der PR-Abteilung weist mich darauf hin, dass es sich um eine alte und etwas unglückliche Formulierung handelt. Die Daten seien lediglich innerhalb der App für andere zugänglich.

Das ändert eigentlich gar nichts, denn die App kann sich jeder zulegen. Darüber hinaus finden sich auf der Website von GOOD&Co auch so Tausende von Profilen Daten-freizügiger Mitarbeiter unterschiedlichster Unternehmen. Auch Unternehmen lassen sich suchen, die zugehörigen Mitarbeiter und deren Profilergebnisse anklicken und lesen.

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Unternehmensprofil als Aggregation einzelner Nutzerprofile

Es scheint so, als ob auf Basis der Aggregation von Nutzerdaten zugleich Unternehmensidentitäten und Unternehmenskulturen entwickelt wurden. Der Gedanke ist konsequent, wenngleich im mir nicht sicher bin, in wie weit das nicht erst sinnvoll ist ab einer gewissen repräsentativen Anzahl von Einzelprofilen. Allerdings ist dies mittlerweile leider gängige Vorgehensweise im Markt. Auch die Arbeitgeberbewertungen bei kununu sind ja nicht abhängig von einer repräsentativen Anzahl und bei Glassdoor werden Gehaltsdurchschnitte ebenfalls angegeben, trotz minimaler Datengrundlage.

GOOD&CO hat zum besseren Matchen von Personen und Unternehmen auch für letztere 8 Stereotypen entwickelt:

Unternehmenstypen bei GOOD&Co

Die teilweise gezeigten Auswertungen zu den einzelnen Unternehmen wecken in mir ein gewisses Schmunzeln. Hier mal als Beispiel (ist das erste Unternehmen in der alphabetischen Liste) Accenture:

Bei Accenture, das anscheinend in die GOOD&CO-Kategorie „Kleinfamilie – klassisch“ fällt, sind die Männer angeblich 12 begeisterungsfähiger und 10 % intellektuell neugieriger als die Frauen (…)

Mit jeder weiteren Sekunde frage ich mich nun mehr, wohin diese ganze Datenanalyse und Auswerterei eigentlich führt…?

Ein weltweiter Matching-Pool in Form einer Community?

Das Gedankenkonstrukt hinter GOOD&Co wird mir langsam immer transparenter. Es geht um das massive Gewinnen von Daten – Persönlichkeitsprofile, Netzwerkstrukturen und Soziogrammen, Erstellen von Aggregationen und Erzeugen von Auswertungen. Mit dem Ziel, Jobsuchende und Unternehmen auf einer spielerischen Basis zusammenzubringen. Die Profile in der App und auf der Website sind die Basis für das Erstellen von Wunschteams und passenden Pairs innerhalb von bestehenden Teams. Der Matching-Overkill?

Konkrete Einsatzszenarien von GOOD&CO im Recruiting

Natürlich dient die gesamte spielerische Verpackung im Kern einem recht konkreten Zweck: Finden von passenden Mitarbeitern im Reruiting mit besonderem Fokus auf den Person-Organization und den Person-Group-Fit. Wie sieht das konkret aus?

Unternehmen, die aktiv auf ein Matching durch StepStones GOOD&CO setzen, können Bewerber die Tests durchlaufen lassen, um auf Basis der Ergebnisse ein Matching vorzunehmen. Voraussetzung dazu ist natürlich, dass sich vorher das Unternehmen beziehungsweise die Mitarbeiter der jeweiligen Organisationseinheit selbst vermessen hat. Denn dann spielt die App ihre große Stärke aus.

Im Rahmen eines Recruiter-Dashboards werden zahlreiche Informationen dargestellt:

Recruiter Dashboard GOOD&CO

Der Mensch als Zahlenspiel

Haben alle Mitarbeiter eines Teams oder einer Abteilung ein ausführlich analysiertes GOOD&CO-Profil, lässt sich über das Dashboard eine Rollenverteilung im Team einsehen. Wer nimmt in der Zusammenarbeit welche Rolle ein. Oder vielleicht sollte ich besser schreiben, wer sollte nach dem Vorschlag der GOOD&CO-App am besten welche Rolle einnehmen? Auch lässt sich durch das spielerische Hinzufügen eines neuen Profils feststellen, wie sich die Rollenverteilung verändern wird.

Mittels eines Radardiagramms wird zudem grafisch sehr transparent dargestellt, in welchen Bereichen der Match zwischen Person und Team wie groß ist. Ebenfalls ersichtlich (sollte das Dashboard wie auf dem Screenshot dargestellt tatsächlich so umgesetzt werden), ist der sogenannte FitScore mit dem Manager, als der Teamführung. Diese muss in dem Szenario natürlich ebenfalls ein GOOD&CO-Profil besitzen.

Des Betriebsrats purer Horror geht live!

Dabei stellen sich natürlich sofort eine Vielzahl von Fragen, unter anderem:

  • Können Mitarbeiter verpflichtet werden, einen solchen Test zu durchlaufen?
  • Wie viel Druck entsteht bei Freiwilligkeit auf unwillige Teammitglieder?
  • Was passiert, wenn heraus kommt, dass die Führungskraft gar nicht für die Führung geeignet ist, sondern ein anderer Mitarbeiter des Teams?
  • Wie werden Führungskräfte mit Mitarbeitern umgehen, die so gar nicht mit dem Team matchen?
  • Welchen Einfluss wird der Test nehmen auf das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Führungskräften bei deutlichen Missmatches?
  • Lassen sich gar Indizien für ein Mobbing aus solchen Soziogramm-ähnlichen Auswertungen ableiten?
  • Wie viel Stress erzeugt das Leben mit solchen transparenten Systemen?
  • Entstehen Gehaltsdiskussionen, weil durch die App Fähigkeiten, die von der Führungskraft bisher nicht bestätigt wurden, nun als gegeben betrachtet werden?
  • Werden durch den Wechsel von Teamrollen bestehende Prozesse, Rollenvereinbarungen, Zielvereinbarungen und Stellenbeschreibungen beeinflusst?
  • Wie kann dafür Sorge getragen werden, dass durch die hohe Transparenz nicht bewusst Mitarbeiter aus dem Team ferngehalten werden, um die eigene Rolle nicht zu gefährden?
  • Wie viel Vertrauen hat ein Unternehmen, wenn solch sensible Daten über die eigene Struktur in einem so offenen System liegen?

Ich breche die Liste an dieser Stelle bewusst ab, obwohl mir noch Dutzende weitere Fragestellungen und Implikationen einfallen.

Zwangstransparenz für die Unternehmenskultur

Dafür formuliere ich mal eine These etwas spitzer zu:

Mit der Verbreitung von GOOD&CO und der freiwilligen Nutzung durch Mitarbeiter unterschiedlichster Unternehmen, werden künstlich erzeugte Unternehmenskulturen zwangstransparent. In wie weit diese anknüpfungsfähig an die Realität sind, bleibt völlig offen. Fakt ist: Die Transparenz wird nicht ohne Einfluss auf die Realität im Employer Branding bleiben.

Gleiches gilt für die ebenfalls via GOOD&CO möglichen Arbeitgeberbewertungen a la kununu. Der Einfachkeit halber bleibe ich beim Beispiel des erstgenannten Unternehmens:

Arbeitgeberbewertung GOOD&CO

Das Spannende daran: Mitarbeiter von Unternehmen, die als Privatpersonen diese Tests machen, bilden ein prima Basis für das Aggregieren von Daten für ein Unternehmensprofil. Ob Unternehmen dies ihren Mitarbeitern verbieten könnten? Oder zumindest die Nennung des eigenen Unternehmens als Arbeitgeber? Die Arbeitgebermarken-Verantwortlichen dürften so oder so alarmiert sein.

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Nur ein Spiel oder doch mehr Ernsthaftigkeit als gedacht?

Seien wir ehrlich: Egal wie hoch der Kaufpreis für GOOD&CO tatsächlich war, StepStone hat dieses Investment sehr bewusst getätigt. Und dabei wird spielerisches Interesse eher nicht im Vordergrund gestanden haben. In meinem vielgelesenen Beitrag Wie sich der Recruitingmarket verändern wird – eine Trendanalyse habe ich herausgearbeitet, dass dem Anbieter die Zukunft gehört, der es schafft, das Ökosystem zur Verfügung zu stellen, das die meisten Nutzer langfristig an sich bindet. Der Weg dorthin geht direkt über die Daten der Nutzer, denn personalisierte Services sind die Goldflüsse im Zeitalter der Industrie 4.0.

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Entweder Unternehmen nutzen die spielerischen Möglichkeiten von GOOD&CO und finden einen ebenso spielerischen Umgang damit. Oder – und das trifft das Interesse der Unternehmen wahrscheinlich mehr: Die Tools finden Eingang ins operative Recruiting und die dort entstehenden Informationen müssen sinnvoll gemanaged werden. Das bedeutet allerdings –wie übrigens schon vielfach aufgezeigt-, dass sich das Berufsbild der Recruiter deutlich ändern wird.

Bewertung von StepStones GOOD&CO

In Summe schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits kann ich mich dem spielerischen Reiz der bunten Tests nur mit Mühe entziehen – auch ist der Gedanke einer wissenschaftlich gestützten Matching-Hilfe im Recruiting verlockend.

Andererseits dürfte die Mehrzahl aller Recruiter in keiner Weise auf dieses Thema vorbereitet sein (siehe die abgekürzte Fragenliste oben) und auch den personalverantwortlichen Führungskräften der sinnhafte Umgang mit solch mächtigen Tools nicht unbedingt leicht von der Hand gehen. Und der Weg hin zum schnellen Klick-klick-eingestellt (weil es die Software vorgeschlagen hat) ist kurz. Der kritische Umgang mit solchen Bewertungs- und Matchingtools wird zur zentralen Kompetenz werden.

Fazit

Aus unternehmerischer Sicht hat zumindest StepStone einen wichtigen strategischen Schritt in Richtung Recruiting der Zukunft getan. Auch dürfte sich der Zukauf aus den USA deutlich auf das gefühlt recht konservative Image der Springer-Tochter auswirken. In wie weit damit gleichermaßen Probleme hinzukommen, kann ich nur erahnen. Zumindest könnte ich mir vorstellen, dass die Erwartungshaltung von Bewerbern an ein System von StepStone hinsichtlich Schutz der persönlichen Daten eine andere ist, als das, was das System um GOOD&CO ausmacht.

Den Active Sourcern dieser Welt wird die neue Datenquelle für ihre Sourcing-Bemühungen sicher gut gefallen. Sie werden es kaum erwarten können, die dort gefundenen Bewerber in ihr Bewerbermanagementsystem übernehmen zu können.

Das Thema ist hochgradig spannend und auch explosiv. Daher wird es stark diskutiert werden. Lassen Sie uns gerne hier auf meinem Blog damit beginnen. – Und schon bald: Persoblogger meets IBM. Was die BigData-Macht um Watson für HR tun kann. Und was nicht.

Nachtrag im Juni 2021:

Zwischenzeitlich wurde der Test von StepStone in TrueYou umbenannt und erinnert im Erscheinungsbild jetzt stärker an eine StepStone-Anwendung.

 

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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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DANKE!

15 Antworten

  1. Hallo Zusammen. Nur ein kurzer Kommentar zu den (berechtigterweise) krtisch hinterfragten Möglichkeiten von psychometrischen Verfahren.
    Ich würde solche Persönlichkeitsprofile eher als Abbild der aktuellen Situation der Person beschreiben, als eine Rückschau, wie es oben erwähnt wurde. Sicherlich kann man sich auch „vorbereiten“ bzw. zeigen sich immer wieder Trainingseffekte. Das hier genutzte Modell ist halt explizit. Umso spanndender wäre es doch ein solches Tool zu haben, was implizite, also nicht frei zugängliche, Persönlichkeitsmerkmale und/oder Motive widergibt, oder?!
    Und ja, ich stimme zu, wenn ihr schreibt, dass das einfache „handling“ und eine einfache Integration in bestehende Recruiting Strukturen ausschlaggebend für den Erfolg sein wird.
    BG
    Nicolas

      1. Hi Stefan,
        du, danke für die Frage, aber ich schreibe hier nicht aus meiner Rolle des XING Mitarbeiter heraus. ein entsprechendes Tool, was beim intelligenten Matching auf implizite Persönlichkeitsmerkmale fokussiert ist mir so noch nicht bekannt. Aber, wie gesagt, das wäre klasse!
        VG
        Nicolas

  2. Hallo Stefan,
    ich bin sehr beeindruckt von der Tiefe deines Berichtes und der Ergänzungen durch deine Kommentar „Gefolgschaft“.

    Meiner Meinung nach wird sich am Ende das Tool durchsetzen, welches die besten Ergebnisse liefert. Wir wissen alle, dass die AGBs im seltensten Fall durchgelesen werden und wir gerne beim installieren einer App immer schön auf „Ja“ und „Weiter“ klicken. Daher kann auch Good & Go erfolgreich sein.

    Grundlegend frage ich mich, wie aussagekräftig Persönlichkeitstests sind. Zum einen kann man sich auf diese Tests vorbereiten und die „richtigen“ Antworten geben.
    Zum anderen ist ein Mensch, der laut Test ein „Häuptling“ ist, nicht zwangsläufig auf der Suche nach einem Job in leitender Funktion.

    Ich stelle mal die These in den Raum, dass ein Persönlichkeitstest rückblickend ist oder aller höchstens den Status Quo wider gibt, jedoch nicht Wünsche und Perspektiven der Kandidaten erfasst. Vielleicht gibt es Potential, welches dem Kandidaten gar nicht bewusst ist.

    Zusammengefasst: Die Kunst, eine Stelle richtig zu besetzen, wird uns noch lange vor Herausforderungen stellen, die uns kein Persönlichkeitstest abnehmen kann.

    *Man möge mir die politische Inkorrektheit verzeihen. Natürlich sind auch Bewerberinnen gemeint.

    1. Lieber Achim,
      herzlichen Dank für Deinen Kommentar und das Lob. Es freut mich, wenn meine Beiträge Gehör finden und zum Denken und Diskutieren anregen.
      Was Deine Thesen angeht, so sind in meiner „Gefolgschaft“ (wie Du diese so schön genannt hast) eine Reihe Experten dafür, die inhaltlich dazu sicher mehr sagen können.
      Deiner Zusammenfassung kann ich jedoch wieder gut folgen: Es wird noch lange Herausforderungen bei Stellenbesetzungen geben, die uns kein Persönlichkeitstest so schnell abnehmen kann.
      In diesem Sinne einen sonnigen Nachmittagsgruß aus Nürnberg
      Stefan

  3. Hi Stefan, man das mit „Du schreibst einen Beitrag, ich eine Replik“ nimmt ja richtig Formen an… 😉 Wenn die Begriffe „spielerisch“, „Persönlichkeitstest“ und „Matching“ in so dichter Folge auftreten, dann muss ich dazu ja beinahe Stellung nehmen… Ich habe mir Good&Co insb. mal unter dem (hier sehr fragwürdigen) methodischen und testtheoretischen Aspekt angeguckt: https://blog.recrutainment.de/2017/10/16/goodco-co-ist-alles-erlaubt-was-lustig-ist-ein-paar-kritische-anmerkungen/
    Fazit: Nein, nicht alles was „lustig“ ist, ist auch zulässig… Nur weil wir alle (Gott sei Dank) inzwischen alle gern „Recrutainment“ machen…
    Danke und VLG
    Jo

    1. Hallo Jo,
      sieht nach einem guten Team aus! Hab Deinen Beitrag bereits in meiner Kaffeepause eben gelesen. SUPER Ergänzung! Die Wissenschaftlichkeit ist nicht mein Steckenpferd. Ich bin Praktiker, der versucht zu analysieren, was passiert, wenn das Ding in Unternehmen aufschlägt. Und wie hoch die Wellen sein würden bzw. werden. Ich empfehle hiermit ausdrücklich Deine Ergänzung meines Beitrags. „Replik“ würde ich es eher nicht nennen, weil es weder eine Widerrede ist, noch eine Nachbildung des Originals. 😉
      Bin schon gespannt, ob Du einen meiner geplanten Beiträge zum Thema IBM Watson und HR auch wieder ergänzen magst. Am Ende machen wir gleich mal ein Joint Venture.
      Liebe Grüße aus dem sonnigen Nürnberg
      Stefan

  4. Hallo Stefan, Respekt, da hast Du Dich ja ordentlich ausgetobt in der App 😉
    Die methodischen Ungereimtheiten bei der App sind mir in Deinem lesenswerten Bericht etwas zu kurz gekommen. Daher möchte ich hier darauf hinweisen, dass dem GOOD&CO-Ansatz zwar laut eigener Angaben („Wir messen acht Persönlichkeitsfaktoren, darunter die „Big Five“) ein bekanntes Modell zugrunde liegt, dieses aber offenbar stark verzerrt wird. Es wird hier nämlich eine methodische Verrenkung ohne Beispiel vorgenommen. Der „Big Five“ beschreibt 5 Persönlichkeitsdimensionen. 5 nicht 8. Welche anderen nimmt GOOD&Co hinzu? Warum? Sind die auch so valide? Wo kommen die her? Alles unklar.
    Außerdem liefert die App am Ende Typen von Personen – nett in zeitgemäßer-Comic-Optik verpackt. Hilft aber nichts: Wenn der Big Five nämlich die Grundlage ist, dann ist eine solche Typenbildung schon sehr seltsam, denn der „Big Five“ ist ein sog. Traitansatz zum Thema Persönlichkeit, kein Typenansatz (wie z.B. der DISG). Dies sind wissenschaftlich-methodisch unterschiedliche Ansätze. Es geht nur entweder so oder so (sagt jedes Lehrbuch über Psychometrie). Beides zusammen, wie es hier gemacht wird bringt damit schon zum Ausdruck, dass man auf maximale Effekthascherei aus ist. Es ist zudem interessant wo denn wissenschaftlich die finalen Typen der App herkommen sollen? Wer hat die gemessen, ihre Existenz nachgewiesen? usw. Die Krone ist die Ausweitung der Typenlehre auf Unternehmenskulturen. Auch hier gibt es nichts, aber auch gar nichts wissenschaftlich belastbares, wo jene Archetypen aus der GOOD&CO-App nachgewiesen wurden. Methodisches Fazit: Nettes Hausvoodoo 😉 Aber schön bunt ist es und gute Verpackung ist ja schließlich auch was wert… PS: Dem Datenschutzthema kann ich mich nur anschließen.
    Danke für Deinen Beitrag. VG

    1. Hallo Christoph,

      danke für Deine sehr guten Ergänzungen! Du hast Recht, das Thema Wissenschaftlichkeit kam bei mir im Beitrag zu kurz. Zurecht, da ich mich selbst damit zu wenig in der Tiefe auskenne. Auch sehe ich meine Rolle eher als Praktiker, der mal simuliert, was passiert, wenn solche Tools auf den Unternehmensalltag prallen. Zudem gibt es so Raum für wichtige Stellungnahmen durch Jo und Dich oder andere Dritte. Insofern hat mein Diskussionsimpuls ja gefruchtet. 😉

      Das Hauptproblem, was ich sehe: Am langen Ende wird Vieles einfach gemacht werden und rein faktische Wirkung erzeugen. Menschen lieben gerade heute sehr einfache Lösungen. Vor allem, wenn einem jemand anderes das Denken abnimmt (Stichwort: „Um das Wissenschaftliche kümmern wir uns …“). Auch über kununu wurde ja anfangs unter dem Stichwort Objektivität und Stichhaltigkeit diskutiert. Das ist verstummt. Mittlerweile haben fast 400.000 Seitenaufrufe dafür gesorgt, dass unsere DATEV-Bewertungen von 50-70% aller (rund 350) neuen Mitarbeiter pro Jahr gekannt werden, weil sie sich vorab über uns hier informiert haben. Es wirkt einfach.

      Und in diesem Sinne gehe ich davon aus, dass die bunten Bildchen ihre Faszination voll ausspielen werden. Wenn ich sehe, welche meiner Freunde (alles keine dummen Menschen) jeder kleinen App im Sinne von „Welches Tier bist Du?“ vollen Datenzugriff auf ihr Facebook-Profil erteilen und Ergebnisse am laufenden Band posten, werden sie eine irgendwie geartete (!) Wissenschaftlichkeit einfach akzeptieren.

      Getreu dem Motto „Eine Studie hat bewiesen, dass 100% aller Faktastisch-Facebook -Leser alles auch ohne Beweis glauben, was auf dem Posting steht.“. Es herrscht dringender Aufklärungsbedarf!

      Viele Grüße aus dem sonnigen Nürnberg
      Stefan

  5. Danke für den Test und Einblick. Als Menschenfreund schlagen in meiner Brust maximal eineinhalb Herzen. Zumahl Reliabilität und Validität mit der Datenmenge erst steigen und einigermaßen aussagekräftig werden. Matching finde ich praktisch, aber Accenture kategorisch als Kleinfamilie zu bezeichnen – da musste ich mehr als schmunzeln. Auch finde ich die Bildchen zu den Typologien fragwürdig. Ich habe mal gelernt, dass alle Charakteristika einer Typologie gleichermaßen gut und notwendig sind. Das mit dem Oberhaupt einer Glaubensgemeinschaft oder auf Hautfarben gleichzusetzen halte ich für fragwürdig. Wie du es beschreibst, lese ich daraus auch mehr den Ansatz des Big Data um jeden Preis. Ich weiß nicht…

    1. Hi Jan,

      absolut. Das mit den Bildern von religiösen Oberhäuptern ist so eine Sache. Jetzt bin ich zwar Ex-Katholik, aber würde mich schon etwas komisch fühlen, wenn ich beispielsweise als komplett Andersgläubiger mit einem Papstbild konfrontiert würde. Von anderen historischen Persönlichkeiten, wie dem verwendeten „Vordenker Napoleon“ mal ganz abgesehen …

    2. Interessanter Artikel. Reliabilität (Misst mein Messinstrument genau?) und Validität (Messe ich das, was ich messen will?) steigen leider nicht durch eine höhere Datenmenge, sondern nur mit reliablen Messinstrumenten, in diesem Fall Persönlichkeitstest. Wenn ich mit einer nicht geeichten Waage versuche die Höhe eines Hochhauses zu ermitteln bringt das auch kein genaueres oder gar aussagekräftiges Ergebnis, wenn ich dies 1000x tue. Ob die Big 5 als fundamentale aber sehr breite Persönlichkeitseigenschaften im beruflichen Kontext hinsichtlich der Kriteriumsvalidität so ideal sind, kann man sich auch überlegen. Aber klar, diese psychologischen Instrumente verkaufen sich immer klasse, s. Trends auf der Zukunft Personal 2017, jedoch sollte man sich auch den Anforderungen der verantwortungsvollen Auswertung und Interpretation der Ergebnisse bewusst sein.

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