Seit Jahren ist kununu der unangefochtene Marktführer im Bereich der deutschsprachigen Arbeitgeber-Bewertungsplattformen. Durch die Eingliederung in den Burda-Konzern (u.a. Focus) sowie die strategische Allianz mit dem Mutterunternehmen XING konnte die Website ihren Siegeszug weiter fortsetzen. Seit Mitte Januar gibt es nun eine deutschsprachige Variante des Arbeitgeber-Bewertungsportals glassdoor, die sich in Konkurrenz zu kununu setzt.
Im folgenden Beitrag werden einige Key-Features der beiden Plattformen einem kritischen Vergleich unterzogen. Wer hat die besseren Chancen auf Marktanteile im DACH-Raum?
Bewertungen
Beide Plattformen treten an, um den Jobsuchenden mehr Transparenz im deutschsprachigen Arbeitsmarkt zu bieten und sie beim Finden ihres Traumjobs zu unterstützen.
Die Bewertungskriterien unterscheiden sich dabei.
kununu:
Auf der Plattform kununu können Unternehmen aus drei Sichten bewertet werden: aus der von Unternehmensmitarbeitern, Bewerbern und Auszubildenden. Die einzelnen Bewertungen können entweder als sogenannte Expressbewertung via XING Eingang in kununu finden oder via Direktbewertung bzw. ausführlicher XING-Bewertung mit sehr umfangreichen Details zu Bereichen wie Arbeitsbedingungen, Kollegen oder Führung. Darüber hinaus können sogenannte Benefits der Unternehmen bestätigt bzw. präsentiert werden. Zum Beispiel, ob es eine Kantine, Barrierefreiheit oder einen eigenen Betriebsarzt gibt.
glassdoor:
Bei glassdoor stehen neben der allgemeinen Bewertung eines Unternehmens als Arbeitgeber sowie die Bewertung von Vorstellungsgesprächen auch Informationen zum gezahlten Gehalt im Fokus. kununu hat diesen Themenkreis des Gehaltsvergleichs bisher nicht angegangen. Insbesondere, da bereits zahlreiche Unternehmen auf dem deutschsprachigen Raum am Thema Gehaltsvergleich gescheitert sind, z.B. Companize.
Die Mitarbeitern angebotenen Zusatzleistungen (Benefits) können ebenfalls angegeben werden.
Als Alleinstellungsmerkmal etabliert glassdoor zusätzlich die Bewertung des Top-Managements (mit Foto).
Unternehmensprofile
Beide Plattformen bieten Unternehmen den Aufbau eines Unternehmensprofils an. Dort können die Markenverantwortlichen Inhalte der gesteuerten Markenkommunikation selbst einpflegen und damit Employer Branding betreiben.
kununu:
Der Verkauf von kostenpflichtigen Unternehmensprofilen ist einer der zwei Kernpfeiler des Geschäftsmodells der Plattform. Diese Employer Branding Profile (die gleichzeitig auch Wirksamkeit auf der XING-Plattform entfalten) schützen insbesondere vor eingeblendeter Werbung von Mitbewerbern. Wird kein offizielles Unternehmensprofil gekauft, wie zum Beispiel beim ausgezeichneten Focus Top Arbeitgeber BMW, so muss dieser mehrfach Werbung dulden, u.a. für Jobs in anderen Automobil-Unternehmen (konkret: Audi, Daimler, Bertrandt und Continental AG), für KFZs des Mitbewerbers Ford sowie weitere Werbeeinblendungen Dritter.
glassdoor:
Stand heute sind die Unternehmensprofile in der Basisversion bei glassdoor kostenfrei. Bereits in dieser Variante bieten sie die Einbindung von Medien, z.B. Fotos mit Einblicken in den Arbeitsalltag im Unternehmen.
Ein Upgrade auf ein kostenpflichtiges Premiumprofil mit weiteren Möglichkeiten ist möglich. Eine Einblendung von Werbeanzeigen gibt es derzeit auch beim kostenlosen Basisprofil nicht.
Stellenbörse
Beide Plattformen bieten eine Stellenbörse an. Die Herangehensweise ist jedoch sehr unterschiedlich.
kununu:
Die Einbindung von Stellen in ein Unternehmensprofil ist bei kununu stets kostenpflichtig. Eine Buchung von Anzeigen ist dabei nur in Kombination mit XING möglich. Gebuchte Stellenanzeigen werden professionell aufbereitet und direkt mit den ausschreibenden Unternehmen verbunden. Unternehmen erhalten damit die Kontrolle über ihre Anzeigen. – Werden keine Anzeigen gebucht, so bleibt der Jobzähler auf kununu bzw. XING jedoch auf null stehen, auch wenn das Unternehmen auf seiner eigenen Karrriereseite oder auf anderen Jobbörsen im Internet Stellen ausgeschrieben hat.
glassdoor:
Einen komplett anderen Ansatz fährt glassdoor. Durch die Integration eines sogenannten Job-Aggregators werden automatisiert Online-Stellenanzeigen von Unternehmen zusammengetragen und den Unternehmensprofilen zugeordnet. Dies führt teilweise dazu, dass ein Vielfaches der tatsächlich ausgeschriebenen Stellen in der glassdoor-Suche zum Unternehmen angezeigt wird und sich der Algorithmus momentan mit der Ausfilterung von Duplikaten schwer tut. Das alleine wäre noch zu verkraften, wenn nicht der Bewerbungsprozess über den jeweiligen Datenlieferanten (Plattform, von der der Algorithmus die Stelle aufgegriffen hat) laufen würde.
Dass dies ein ernstzunehmendes Problem ist, zeigt mein erster Testbericht eindrucksvoll.
Festzuhalten bleibt: Stellenschaltungen auf kununu sind kostenpflichtig, erlauben aber die Steuerung der Marke, Stellenschaltungen auf glassdoor erfolgen automatisch – noch mit vielen Hakeligkeiten. Dafür aber kostenfrei.
Reichweite / Relevanz / Bedeutung
Für die Messung der genannten Kriterien gibt es eine Reihe unterschiedlicher Ansätze und Methoden. Neben den aktuellen Reichweitenrankings von AGOF u.a. auch die Popularitätsmessung via Alexa.com.
Hier wird für kununu aktuell zum Stichtag 25.01. mittags der Rank 767 (= Platz 767 der bedeutsamsten Websites im deutschen Ranking), für glassdoor.de (nicht glassdoor.com!) Rang 5.727 angegeben.
Das mag nach einem bedeutenden Unterschied aussehen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der deutsche Ableger von glassdoor erst kurz auf dem Markt ist.
kununu hat selbstredend in den letzten Jahren mit seinen über 750.000 Bewertungen von 187.000 Arbeitgebern ordentlich Masse vorgelegt. Jedoch sind dabei nicht alle Bewertungen gleichermaßen ergiebig. Die bereits genannten Expressbewertungen (ohne weitere qualitative nützliche Bewertungen) schmälern diese Anzahl aus meiner Sicht zum Teil. Um die Relevanz der Bewertungen hochzuhalten, will glassdoor den Nutzern erst dann Zugang zu allen Informationen bieten, wenn sie als Teil der Bewertungscommunity selbst detaillierte Informationen zusteuern, was tendenziell für mehr Klasse als Masse sorgen soll.
Unabhängig von diesen statistischen Zahlen ist davon auszugehen, dass die Plattform von glassdoor nach dem Markteintritt erst am Anfang steht und an Bedeutung gewinnen wird, sobald die aus meiner Sicht noch recht zahlreichen Bugs (Einzelaufstellungen durch eigene Tests liegen mir vor) behoben sind und die Marketingmaßnahmen von glassdoor vollends greifen.
Dass auch beim Thema SEO (Suchmaschinenoptimierung) noch massig Luft nach oben ist, zeigt die Eingabe des Suchbegriffs „Arbeitgeberbewertung“ in der Google-Suche. Dort findet sich glassdoor derzeit nicht auf der ersten Seite.
Mobile / App
Die Zukunft von Plattformen wird zunehmend davon abhängen, wie gut sie sich auf den Trend Mobilität einstellen können. Will heißen: Sind die Seiten responsiv bzw. mobiloptimiert? Gibt es gar eine entsprechende App?
Während der Marktführer im DACH-Raum kununu in diesem Bereich auf ganzer Linie patzt und selbst eine responsive Ansicht auf dem Smartphone verweigert …
… bietet glassdoor neben einer mobilen Website bereits eine eigene Jobapp an.
Die Inhalte sowie Passgenauigkeit der dargereichten Jobangebote in der glassdoor-App lässt zwar noch zu wünschen übrig (ok, der Jobtitel ist eher ein Test, aber auch andere Begriffe wie „Personalreferent“ bringen jede Menge unbrauchbarer Empfehlungen). Allerdings ist das bei vergleichbaren Angeboten aktuell ebenso noch oft der Fall.
kununu wird aus meiner Sicht keine eigene vergleichbare App auf den Markt bringen, sondern stattdessen auf die starke Mutter XING und deren App setzen, die neben zahlreicher Funktionen eine Jobsuche bzw. einen Jobfeed im Bauch hat. Der Zukauf von Jobboerse.com sowie dessen Suchtechnologie durch die XING AG wird wohl auch bei Xununu (XING und kununu) in Kürze Bewegung in das Thema bringen.
Fazit
Zwei ungleiche Wettbewerber kämpfen um die Gunst von Unternehmen und Jobsuchenden. Die gebotenen Leistungen sind im Kern vergleichbar, unterscheiden sich im Detail jedoch teils erheblich.
Über den weiteren Verlauf dieses Duells, das den deutschsprachigen Raum sicherlich die nächsten Monate intensiv beschäftigen wird, berichte ich gerne wieder auf diesem Blog.