Weit über 80 unterschiedliche Rankings bzw. Arbeitgebersiegel gibt es derzeit (teilweise in länderspezifischer bzw. regionaler Ausprägung). Alle konkurrieren um Aufmerksamkeit und versprechen den ausgezeichneten Unternehmen Vorteile. Ein Blick hinter die Kulissen.
Neben der Frage nach der Validität von Platzierungen in solchen Rankings, scheint es angebracht, einmal hinter die Kulissen zu schauen, um zu beleuchten, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Siegel auf die Unternehmen bzw. den Markt haben. Und natürlich einen Ausblick zu wagen, wie sich die Arbeitgeberrankings und Arbeitgebersiegel entwickeln werden.
Was bringen Arbeitgeberrankings? Der Blick hinter die Kulissen
Wenn man die Anbieter von Studien befragt, was die Teilnahme an den Befragungen bzw. Rankings denn für ein Unternehmen bringe, kommen folgende beispielhaften Vorteile wie aus der Pistole geschossen:
Die Befragungsergebnisse eröffnen den Unternehmen einen Einblick, wo diese im Bewerbermarkt stehen und wie deren Arbeitgebermarke bzw. Personalmarketingaktivitäten von potenziellen Bewerbern eingeschätzt werden. Unternehmen könnten auf Basis der umfangreichen Detailergebnisse einschätzen, wo (regional, bzw. an welchen Hochschulen, usw.) sie besonders stark sind und wo ihre Bemühungen noch nicht fruchten.
Zudem könnten Unternehmen durch den Benchmark-Charakter der Studie erkennen, wo sie im Vergleich zu ihren Mitbewerbern im „War for talents“ stehen. Sie seien damit in der Lage, gezielt Maßnahmen einzuleiten, die den Außenauftritt, den Recruitingprozess sowie sonstige erfolgsrelevante Kriterien entscheidend zu verbessern.
Zudem verleihe das Siegel eines Top Arbeitgebers ein glänzendes Image und unterstütze die Arbeit der Personalverantwortlichen, die Attraktivität ihres Unternehmens nach innen und außen zu dokumentieren und zu stärken.
Die Studienergebnisse – wertvolle Infoquellen
Auswertungen und Analysen zu den Studienergebnissen zählen, neben den Umsätzen für Werbung im Rahmen der Rankinglisten-Veröffentlichungen, zum Kern des Geschäftsmodells der Anbieter und können für stattliche Beträge erworben werden. Qualitativ hochwertige und umfassende Informationen zu den befragten Themen sind für die Personalverantwortlichen wertvoll.
Insofern mögen die Nutzenversprechen der Anbieter hierzu durchaus richtig sein. Es klingt zwar lapidar, aber das gilt natürlich nur, wenn die Verantwortlichen im Unternehmen diese Informationen auch systematisch nutzen und hieraus Maßnahmen ableiten. Ich stelle mal die ketzerische Frage, wie viel Prozent dieser gelieferten Informationen am Ende tatsächlich verwertet und für die Einleitung von Optimierungen genutzt wird? Ein wenig fühle ich mich hier an Office Produkte erinnert. Nahezu jeder hat sie im Einsatz, aber wie viel Prozent des Funktionsumfangs wird tatsächlich genutzt?
Bezogen auf jene Studienergebnisse heißt das letztlich, dass der tatsächliche Wert stark vom jeweiligen Unternehmen abhängt, je nachdem was es daraus macht. Oder überhaupt machen kann. Aussagen, wie „Dem Unternehmen XY mangelt es an einer bundesweiten oder gar europaweiten Bekanntheit, um sich im Ranking weiter vorne zu platzieren.“ helfen nicht immer. Oft ist diese Tatsache den Personalverantwortlichen bereits bekannt. Auch führt es nicht automatisch dazu, dass Maßnahmen eingeleitet werden können, um die Bekanntheit großflächig auszuweiten. Denn –und jetzt lege ich den Finger in die Wunde- da gibt es doch noch ein entscheidendes Thema … die ewige Budgetknappheit.
Das Ranking als Auslöser für Maßnahmen
Ein (unerwartet) schlechtes Abschneiden in einem solchen Ranking kann sich durchaus positiv auswirken. Nämlich dann, wenn ein Aufschrei durch die Unternehmensleitung geht und weitere Gelder zur Steigerung der für die Platzierung verantwortlichen geringen Bekanntheit bewilligt werden. Das freut die Personaler.
Allerdings birgt der oberflächliche Blick auf eine Platzierung auch Gefahren: Unternehmensentscheider stecken meist nicht sehr tief in dieser sehr speziellen Thematik und haben wenig Einblicke in die Entstehungsprozesse der Rankings. Deshalb ist es wichtig, diese zumindest im Hinblick auf die Validität der Ergebnisse aufzuklären. Im schlimmsten Fall werden hohe Erwartungen an die Wirksamkeit von Maßnahmen geknüpft, die beim nächsten Durchlauf bitter enttäuscht werden könnten. Nicht weil die Maßnahmen als solche bei der Zielgruppe nicht gewirkt haben. Sondern, weil ganz wesentliche Effekte nicht bedacht wurden, zum Beispiel:
Die Überstrahlung durch die Corporate Brand
Bei Arbeitgeberrankings wird ein Unternehmen vermeintlich nur in der Rolle als Arbeitgeber bewertet. Das ist jedoch ein Trugschluss. Die Bekanntheit und das Image der (Produkt)Marke spielen auch hier eine entscheidende Rolle. Unternehmen im Consumermarkt, die Produkte herstellen, mit denen jeder bereits als Schüler und Student in Kontakt kam, profitieren überdurchschnittlich stark. Das gilt umso mehr, wenn das Produkt sehr begehrenswert erscheint. Ein Beispiel, das auf der Hand liegt: Die meist extrem hoch gerankten Hersteller von (Premium)Automobilen. Jeder kennt sie und für Viele ist der neuste Q16, Z99 oder Sprintwunder Turbo S Sportwagen der Inbegriff von Erfolg und Luxus.
Und die Unternehmen wissen diese Vorteile zu nutzen. Ihre Personalbroschüren werden geziert von in Szene gesetztem Lack und Chrom. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich halte das für absolut legitim und bin selbst fasziniert und verlockt von derartig positiver Strahlkraft. Allerdings behaupte ich, dass nicht jeder Mitarbeiter bei einem der großen Automobilhersteller im Bereich Produktdesign arbeitet oder den aktuellen Erlkönig wöchentlich Probe fährt. Ein Controller wird sich wohl, ja genau, mit Zahlen beschäftigen, wie der Controller jedes anderen Unternehmens auch. Gleiches gilt für Personaler, Logistikmitarbeiter, Vertriebler usw.
Einschätzen können es nur Mitarbeiter
Und ob die Arbeitsbedingungen in diesen Unternehmen tatsächlich besser sind als in einer B2B-Company, die Kronkorken oder Sargholz herstellt, kann von vielen der Befragten überhaupt nicht eingeschätzt werden, weil sie dort nie ein Praktikum gemacht haben bzw. niemanden in dieser Firma kennen. Aber die Eigenschaften eines Top Arbeitgebers werden unterstellt. Warum? Weil die Arbeitgebermarke dieser Unternehmen von der Corporate Brand profitiert.
Das belegt, warum die Arbeit an der (Arbeitgeber)Marke sowie schlagkräftigen Personalmarketingmaßnahmen sinnvoll und wichtig ist, zeigt aber gleichzeitig natürliche Grenzen auf, wenn es um Platzierungen in allgemeinen Arbeitgeberrankings geht.