Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für Unternehmen in Deutschland. Schon heute fehlen der Wirtschaft mehr als eine halbe Million Fachkräfte. In den nächsten zwei Jahren soll die Zahl um 50% auf 728.000 steigen, da jährlich 283.000 Babyboomer mehr in Rente gehen, als Nachwuchskräfte hinzukommen.
Der Mittelstand schlägt deshalb Alarm. In den DAX-Unternehmen spielt das Thema dagegen auf Vorstandsebene bisher keine große Rolle. Zumindest auf dem Papier. Von den 40 im DAX gelisteten Unternehmen haben gerade einmal 14 einen reinen Personalvorstand. Das hat eine Analyse von Indeed ergeben. Das heißt im Umkehrschluss: In zwei von drei DAX-Unternehmen kümmert sich auf Vorstandsebene niemand ausschließlich um Personalthemen.
HR als Teildisziplin: 25 DAX-Unternehmen verteilen die Verantwortung
Das Jobportal hat sich allerdings nicht nur die Vorstandsposten angeschaut, sondern auch analysiert, wer sie besetzt. Und wo Personalthemen beheimatet sind, wenn es keine explizite Einzelverantwortung dafür gibt. Ergebnis: Bei 25 Unternehmen wird der Bereich Personal einem anderen Vorstandsposten zugeordnet. Hier werden Human Resources also nicht als eigenständige Disziplin verstanden, sondern als Teil mehrerer Verantwortlichkeiten.
Dass Human Resources im Vorstand von DAX-Unternehmen als Teilgebiet behandelt wird, passt nicht zur aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt. Es kann sogar dazu führen, dass Personalaspekte bei strategischen Entscheidungen weniger berücksichtigt werden.
Wenig HR-Erfahrung in DAX-Vorständen, speziell im Recruiting
Passend dazu fehlt es in DAX-Vorständen nicht nur an Repräsentanz für Human Resources, sondern auch an Erfahrung. Laut Analyse haben lediglich 14 Verantwortungsträger:innen vor ihrer aktuellen Vorstandsfunktion bereits HR-Erfahrungen gesammelt. Fünf weitere immerhin zum Teil. Bei den 20 anderen, also bei der Hälfte aller HR-Verantwortlichen in DAX-Unternehmen, lässt sich im Lebenslauf keine dezidierte Personalerfahrung feststellen.
Mit Blick auf die Ausbildung ist der Wissensstand noch dünner. So haben nur zwei der 14 HR-Vorstände ein HR-Studium absolviert. Fünf der 39 Vorstände, die das Personalwesen ausschließlich oder als Teildisziplin verantworten, hatten in ihrem Studium zumindest einen HR-Bezug. 15 weitere immerhin teilweise. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Mehrheit der Vorstände mit HR-Verantwortung keinen klassischen HR-Studienhintergrund mitbringt. Ein Großteil kommt aus der Betriebswirtschaftslehre, dem Recht oder anderen Fachbereichen.
In einer Teildisziplin der Human Resources wird die fehlende Expertise besonders deutlich: dem Recruiting. Hier haben nur sieben Personen explizite Erfahrung, von der sie im Kampf um die besten Talente profitieren können. 23 Personen und damit fast zwei Drittel aller DAX-Unternehmen fehlt dieser Wettbewerbsvorteil auf Vorstandsebene.
Dass nur so wenige Vorstände über Erfahrungen im Bereich Recruiting verfügen, ist besonders mit Blick auf den Fachkräftemangel bedenklich. Schließlich wird es in Zeiten des demografischen Wandels nicht nur wichtig sein, Mitarbeitende zu binden, sondern vor allem, neue zu akquirieren – wenn das Angebot sinkt und der Wettbewerb zunimmt. Es ist daher essentiell, dass HR nicht nur im Vorstand verankert, sondern auch gut besetzt wird.
Quote über 50%: Mehr Frauen als Männer im Personalvorstand
Eine Sache gibt es allerdings in der HR-Repräsentanz der DAX-Vorstände, an der sich alle anderen Disziplinen ein gutes Beispiel nehmen können: Als eines der wenigen Ressorts auf Vorstandsebene sind die Human Resources im DAX überwiegend von Frauen besetzt. So stehen 20 Frauen 19 Männern gegenüber. Zudem bringen Frauen mehr HR-Erfahrung mit in die Vorstände: elf der 14 Personen mit Personalerfahrung im Lebenslauf sind weiblich.
Mit Blick auf die Recruiting-Expertise ist der Frauenanteil in den Vorständen sogar noch größer: Alle sieben Personen, die bereits Erfahrungen in diesem Bereich mitbringen, sind Frauen. Human Resources können eine Schlüsselrolle dabei spielen, Frauen in Top-Level-Positionen zu fördern. Ihre Recruiting-Expertise bietet zugleich eine Antwort auf den Fachkräftemangel.
Quelle: Pressemitteilung von Indeed
zurück zur Übersicht: Weitere Meldungen im HR-Newsticker lesen!