Das Kalendermanagement und die Verwaltung von Meetings im Unternehmen ist absolut optimierungsbedürftig. Häufig sind Kalender deutlich fragmentiert und kosten wertvolle Arbeitszeit. Oder aber Meetings sind dicht an dicht, so dass sie mentalen Stress für die Beteiligten bedeuten. Abhilfe für beides will das HR Startup Zelvor schaffen. Die Kalender sollen per KI smart werden und Unternehmen produktiver sowie Mitarbeitende zufriedener. Wie das genau funktioniert, verrät mir Co-Founder Noah Bani-Harouni im Startup-Interview.
Was bietet Zelvor?
Hallo Noah, magst Du Dich und Zelvor bitte kurz vorstellen?
Ich bin Gründer und CEO des Hamburger Start-ups Zelvor. Die letzten drei Jahre habe ich in Finanzen promoviert und im letzten Jahr meiner Promotion gemeinsam mit Nils Möller Zelvor gegründet. Wir entwickeln einen Meeting-Assistenten, der unternehmensweit die Kalender aller Mitarbeiter:innen so optimiert, dass Produktivität und mentale Auslastung optimiert werden.
Unternehmen profitieren dadurch von mehr ungestörter, produktiver Arbeitszeit für Mitarbeiter:innen und ausgeglicheneren Terminkalendern, die weniger Stress verursachen. Für Entscheider hat Zelvor damit einerseits durch eine effizientere Ausschöpfung der Arbeitszeit eine ROI-Dimension und anderseits durch eine verbesserte Meeting-Kultur auch einen Impact auf Mitarbeitergesundheit und -zufriedenheit.
Mehrwert von Zelvor
Welche Herausforderung löst Ihr konkret?
Den größten Wert stiftet Zelvor dadurch, dass die Kalender der gesamten Organisation smarter strukturiert werden. Viele Personen sind immer noch mit fragmentierten Kalendern konfrontiert, die einem Flickenteppich gleichen – hier mal eine Stunde Meeting, dann 30 Min. Pause, dann wieder 90 Min. Meeting, gefolgt von 45 Min. Pause und so weiter und so fort. In Summe hat man so vielleicht 3 Stunden Meeting-freie Zeit über den Tag verteilt, kann diese aber faktisch nicht produktiv nutzen, da der Kalender komplett zersetzt ist.
Auf der anderen Seite gibt es zu viele Back-to-Back Meetings, also aneinander gereihte Meetings ohne Pause. Zwei Stunden oder bei vielen Personen auch noch viel länger non-stop in Meetings zu sitzen, ist einfach nicht förderlich für den menschlichen Körper. Im Grunde genommen resultieren diese beiden Herausforderungen daraus, dass Terminkoordinationsprozesse immer noch in vielen Fällen sehr ineffizient und zeitaufwendig sind, was insbesondere bei Multi-Personen Meetings auftritt: Kalender müssen zwischen allen Teilnehmer:innen abgeglichen werden oder es gibt E-Mail Ping-Pong. In anderen Fällen entstehen Doppelbuchungen oder Personen sind zu Meeting-Triage gezwungen.
KI muss trainiert werden
Wie schafft es Eure KI, sinnvolle Vorschläge zur Strukturierung von Meetings zu machen? Geht es um eine reine „Defragmentierung“ oder wie können sinnhafte Cluster oder Bündelungen aussehen?
Das Fundament für unseren Algorithmus bildet ein granulares Präferenzen-System aller Nutzer:innen. Hier kann bei Zelvor beispielsweise hinterlegt werden, wann Meetings stattfinden sollen, wie lange man maximal am Stück in Meetings sitzen will, ob man smarte Biobreak-Pausen haben will oder man in Ausnahmesituationen auch außerhalb der Kernarbeitszeiten für Meetings zur Verfügung steht.
Wenn dann über Zelvor ein Meeting aufgesetzt wird, werden unternehmensweit die Kalender aller Mitarbeiter:innen in ein mathematisches Optimierungsproblem umgewandelt und es wird die Lösung gesucht, die über die gesamte Organisation hinweg für alle erstens die ungestörte Arbeitszeit maximiert, zweitens ausufernde Back-to-Back Meetings verhindert und drittens die Präferenzen aller Nutzer:innen bestmöglich abdeckt.
Im Prinzip erledigt Zelvor den Job eines Vorstandsassistenten für jedermann. Solch vermeintlich trivialen Bündelungen von Meetings haben einen massiven Impact auf das Unternehmen, denn ein Projektmanager verliert im Schnitt fast 6 Stunden durch fragmentierte Terminanordnungen. Hier kann Zelvor helfen, wertvolle Arbeitszeit zurückzugewinnen.
Hybrid Work – oftmals Meetings dicht an dicht
Eine große Herausforderung ist die häufig große Meeting-Dichte. Ein Call endet, der nächste fängt zur gleichen Zeit an. Wie geht Eure Lösung mit dieser Herausforderung um?
Mit Zelvor gehört so etwas der Vergangenheit an. Die punktuelle Meeting-Last wird reduziert, wodurch kein endloser Meeting-Marathon mehr entstehen kann. Anhand der Grundparameter eines Meetings, d.h. in welchem Zeitfenster soll es stattfinden (z.B. nächste Woche zwischen Montag und Donnerstag), wird der Kalender des Teams so aufgeräumt, dass ausufernde Back-to-Back Meetings nicht mehr auftreten.
Wir verteilen die Meetings so, dass die Kalender für alle Mitarbeiter:innen deutlich ausgeglichener sind.
Meeting ganz vermeiden
Gibt es Ansätze, dass eine KI-unterstützte Lösung vielleicht sogar eine Aufforderung macht, das Meeting ganz sein zu lassen und stattdessen auf schriftliche / asynchrone Kommunikation umzusteigen?
Das ist tatsächlich der nächste Schritt in unserer Produktentwicklung. Es ist absolut richtig, dass eines der zentralen Probleme auch ist, dass viele Meetings schier überflüssig sind. Bevor wir hier für ein Unternehmen konkret ansetzen können, wird immer eine Lernphase vorausgehen, in der Zelvor über die Meeting-Präferenzen, Produktivität oder Stressniveaus der Mitarbeiter:innen einer spezifischen Organisation lernt. Denn natürlich hat jedes Unternehmen seine eigenen Charakteristika. Dann aber kann Zelvor mittels Machine Learning noch einen viel größeren Wert stiften, indem beispielsweise überflüssige Meetings erkannt werden. Hieran arbeiten wir in den kommenden Monaten.
Wie könnte so etwas konkret aussehen?
Sobald genug Daten für eine Organisation gesammelt wurden, kann Zelvor im nächsten Schritt beispielsweise bereits in der Terminplanung eingreifen und eine Indikation abgegeben, ob die Vergangenheit gezeigt hat, dass dieses konkrete Meeting in der Konstellation vielleicht doch lieber asynchron abgehalten werden sollte. Gleichzeitig kann Zelvor dann auch das mentale Stress-Level der Mitarbeiter:innen in Bezug auf Meetings über das ganze Unternehmen ausgleichen.
Zelvor kann dann zum Beispiel eine Empfehlung abgegeben, dass ein Meeting mit fünf Personen, wo eine Person besonders stresssensitiv ist und bereits fünf Meetings am anvisierten Tag hat, vielleicht doch lieber auf den folgenden Tag gelegt werden sollte, damit der mentale Stress der Teilnehmer:innen reduziert wird.
Integration in die bestehende IT-Architektur
Oft tun sich Unternehmen schwer, neue Software in die bestehende IT-Architektur einzubinden? Wie meistert Zelvor diese Herausforderung?
Zum einen ist Zelvor komplett in Google Calendar und Microsoft Outlook integriert (inkl. entsprechender Add-ins), was eine sehr native Nutzererfahrung zulässt. Und zum anderen kann Zelvor bereits jetzt weitestgehend passiv von Mitarbeiter:innen genutzt werden. Nutzer:innen müssen somit nicht zwangsläufig aktiv mit Zelvor interagieren und können trotzdem von den Vorteilen, die wir mitbringen, partizipieren.
Zudem lässt sich Zelvor in den meisten Fällen mit wenigen Klicks über ein gesamtes Unternehmen ausrollen und bedarf somit keiner komplexen Implementierung. Zuletzt bieten wir auch ein erstklassiges Onboarding an und Zelvor ist schlicht sehr einfach und intuitiv in der Anwendung.
Weiterentwicklung von Zelvor
Was habt Ihr an Weiterentwicklungen für Zelvor noch in 2024 und den kommenden Jahren geplant?
Zelvor soll eine ganzheitliche Meetingmanagementlösung werden, die die Ineffizienzen entlang des gesamten Meeting Life Cycles (Vorbereitung, Terminierung, Durchführung, Nachbereitung) ausradiert. Wir werden also mit Zelvor auch noch in andere Verticals stoßen, um unseren Kunden auf noch breiterer Front ihr Meetingmanagement zu optimieren. Darüber hinaus steht natürlich der Ausbau unser KI-Komponente im Fokus der nächsten Monate.
Vielen Dank für Deine Antworten, Noah. Für Euer Startup Zelvor wünsche ich weiterhin viel Erfolg!
Über den Interviewten
Dr. Noah Bani-Harouni, CEO & Co-Founder von Zelvor, ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Nach seinem Abschluss am Imperial College London hat Noah für renommierte Unternehmen wie Ardian oder FSN Capital Partners gearbeitet. Zuletzt promovierte er in Finanzen an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. Gemeinsam mit Nils Möller gründete er Zelvor, eine Software für unternehmensweites, intelligentes Meetingmanagement.