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Mangel an IT-Fachkräften droht sich dramatisch zu verschärfen

In Deutschland werden im Jahr 2040 rund 663.000 IT-Fachleute fehlen, wenn die Politik nicht massiv gegensteuert. Das zeigt eine Studie des Digitalverbands Bitkom, die heute vorgestellt wurde.

IT-Fachkräftemangel bremst Digitalisierung in Deutschland

Im vergangenen Jahr gab es 149.000 unbesetzte IT-Stellen in deutschen Unternehmen, fünf Jahre zuvor waren es erst 82.000. Hinzu kommen tausende offene Stellen mit IT-Schwerpunkt in Verwaltungen, Schulen oder Wissenschaftseinrichtungen. Der sich seit Jahren verschärfende Mangel an IT-Fachkräften betrifft das ganze Land und bremst die dringend notwendige Digitalisierung. Eine immer größer werdende Fachkräftelücke in der IT bedeutet einen Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand. Ohne IT-Spezialistinnen und -Spezialisten verspielt Deutschland seine digitale Zukunft.

Quelle: https://www.bitkom.org/sites/main/files/2024-04/240410-PK-IT-Fachkraftemangel-Print.jpg

Hälfte der Fachkräftelücke könnte aus dem Inland geschlossen werden

Die gute Nachricht ist: Wenn jetzt konsequent gehandelt wird, muss diese Projektion nicht Realität werden. Notwendig ist, dass in allen Bereichen gleichzeitig die richtigen Maßnahmen eingeleitet werden. Die drohende Fachkräftelücke lässt sich nach den Berechnungen des Bitkom nur schließen, wenn umgehend massiv gegengesteuert wird. So könnten bis 2040 durch die Förderung des Quereinstiegs rund 129.500 zusätzliche IT-Fachkräfte gewonnen werden, durch Maßnahmen im Bereich Studium und Ausbildung kämen weitere rund 108.000 hinzu und 68.500 ließen sich aktivieren, indem ältere Beschäftigte länger im Job bleiben. Unverzichtbar ist aus Bitkom-Sicht, weitere 321.000 IT-Expertinnen und -Experten über bessere Zuwanderungsmöglichkeiten nach Deutschland zu holen. Mit extremen Anstrengungen könnte die absehbare Fachkräftelücke etwa zur Hälfte aus dem Inland geschlossen werden. Die andere Hälfte aber braucht zwingend qualifizierte Zuwanderung aus allen Teilen der Welt.

Den Berechnungen zufolge wird das Angebot an IT-Fachkräften von derzeit 1,136 Millionen bis 2040 auf 1,256 leicht um rund 120.000 zulegen – sofern die entsprechenden Maßnahmen auf dem aktuellen Niveau fortgeführt werden. Dabei spielt auch der vergleichsweise geringe Altersdurchschnitt in den IT-Berufen eine Rolle. Während bis 2040 in der Gesamtwirtschaft 50,5% der derzeitigen Beschäftigten aus dem Berufsleben ausscheiden werden, sind es in den IT-Berufen nur 32,5%. Diese zunächst positive Ausgangslage bedeutet aber auch, dass die demographische Entwicklung die IT nach 2040 umso härter trifft.

Umso wichtiger ist, dass jetzt die Weichen gestellt und erfolgreich gegengesteuert wird. Denn gleichzeitig wird bis 2040 der Bedarf an IT-Fachkräften in der Wirtschaft rasant steigen. Liegt er derzeit bei 1,29 Millionen, so werden es dann 1,92 Millionen sein. Das ist eine Zunahme um rund 630.000.

Junge Menschen für IT begeistern, Studium und Ausbildung verbessern

Durch bildungspolitische Maßnahmen wie ein Pflichtfach Informatik, mehr Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft sowie zusätzliche Informatik-Lehrstühle ließe sich das zuletzt bereits gestiegene Interesse an IT-Berufen verstetigen und weiter erhöhen. Dadurch könnten laut Bitkom bis 2040 rund 27.000 JT-Fachkräfte zusätzlich gewonnen werden.

Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf Mädchen und Frauen liegen. So sind aktuell nur rund 21% der Studierenden und 10% der Auszubildenden im Bereich Informatik weiblich. Es gibt keinen wirklichen Grund, warum nicht genauso viele Frauen einen IT-Beruf anstreben und ergreifen sollten wie Männer. Wenn der Frauenanteil unter denjenigen, die Studium und Ausbildung abschließen, auf 50% erhöht würde, könnten bis 2040 weitere 25.500 IT-Fachkräfte zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Ansatzpunkt im Bereich Studium ist die Reduzierung der Abbrecherquote in den Informatik-Studiengängen, die mit 42% deutlich über dem Durchschnitt aller Studiengänge von derzeit 27% liegt. Wenn die Abbrecherquote auf 20% gesenkt würde, könnten bis 2040 weitere rund 55.000 hochqualifizierte IT-Fachkräfte in Deutschland gewonnen werden.

Ältere Beschäftigte im Arbeitsmarkt halten

Zugleich könnten bis 2040 weitere rund 68.500 IT-Fachkräfte zusätzlich zur Verfügung stehen, wenn ältere Beschäftigte über das Renteneintrittsalter hinaus freiwillig im Arbeitsmarkt blieben. Aktuell sind gerade einmal 0,9% der IT-Beschäftigten 65 Jahre alt oder älter. Um diesen Anteil zu erhöhen, braucht es finanzielle Anreize für Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen, zugleich sollten die Sozialabgaben für Erwerbstätige im Rentenalter ganz abgeschafft oder zumindest deutlich verringert werden. Die IT bietet häufig Arbeitsbedingungen, die eine Tätigkeit auch im Alter ermöglicht und viele Beschäftigte würden auch gerne länger arbeiten.

Arbeiten jenseits der 65 ist allerdings häufig weder für die Unternehmen noch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktiv. Die Unternehmen selbst sind gefordert, ältere Beschäftigte kontinuierlich weiterzubilden – und wir müssen gerade in den besonders jugendorientierten Tech-Unternehmen eine Kultur entwickeln, die Ältere als wichtigen Teil von Diversität begreift und das auch lebt.

Quereinstieg in die IT weiter erleichtern

Die IT bietet schon heute ideale Voraussetzungen für den Quereinstieg, rund ein Viertel aller Fachkräfte in der IT-Branche sind Quereinsteigerinnen oder Quereinsteiger. Durch konkrete Maßnahmen wie die Förderung von Quereinstiegsprogrammen und Bootcamps sowie den Ausbau von Beratungsangeboten kann nach Berechnungen des Bitkom die Zahl der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger um 50 Prozent erhöht werden, was rund 129.500 zusätzlichen Fachkräften entspricht.

Wichtig sind Flexibilität und Kreativität. So sollten etwa gemäß dem Modell Bildungsteilzeit Menschen, die sich in die IT, aber auch in andere Mangelberufe orientieren wollen, gezielt finanziell unterstützt werden. Aber auch die Unternehmen selbst müssen in ihre Zukunft investieren und Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowohl von aktiven als auch von potenziellen Beschäftigten massiv ausbauen.

Fachkräftelücke lässt sich nur mit Zuwanderung schließen

Allerdings selbst wenn alle diese Maßnahmen greifen, bleibt im Jahr 2040 noch eine Lücke von etwa 338.000 fehlenden IT-Spezialistinnen und -Spezialisten. Zuletzt sind bereits jährlich etwa 13.000 ausländische Fachkräfte aus der EU und anderen Ländern in IT-Berufe zugewandert. Durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollen nach dem Willen der Bundesregierung pro Jahr 75.000 zusätzliche Fachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU nach Deutschland kommen, auf IT-Berufe bezogen wären das 4.000 pro Jahr.

Ein ähnlicher Anstieg müsse auch für EU-Staaten erreicht werden. Mit dem inländischen Potenzial und der bisherigen Zuwanderung wird die IT-Fachkräftelücke nicht schließbar sein. Deutschland muss als Arbeits- und Lebensmittelpunkt für IT-Fachleute viel attraktiver werden. Diese Menschen werden weltweit umworben. Damit Deutschland für sie attraktiv ist, muss es eine offene, tolerante und freie Gesellschaft bleiben.

Xenophilie statt Xenophobie, darum muss es gehen. Bitkom plädiert dafür, die Ausländerbehörden zu Willkommensagenturen umzubauen, das internationale Marketing für den IT-Standort Deutschland zu verstärken und die Einwanderung deutlich zu entbürokratisieren und zu beschleunigen, etwa durch eine umfassende Digitalisierung der Verfahren. Nach den Bitkom-Berechnungen könnten so bis 2040 insgesamt etwa 321.000 zusätzliche Fachkräfte aus Drittstaaten und der EU nach Deutschland kommen.

Werden alle Maßnahmen kurzfristig angegangen, so ließe sich die Fachkräftelücke in der IT bis 2040 auf 35.800 reduzieren und damit praktisch schließen. Digitalisierung braucht Technologie, sie braucht aber vor allem Menschen, die sie voranbringen.

Der Fachkräftemangel ist kein Naturereignis.

Man muss auf niemanden warten oder auf etwas hoffen, sondern selbst aktiv werden. Seit Jahren wird über den Fachkräftemangel in der IT diskutiert und es werden einzelne Projekte gestartet. Woran es fehlt, ist eine ambitionierte Gesamtstrategie. Sie muss jetzt kommen.

> Lesen Sie auch die Zusammenstellung des Bitkom
„IT-Fachkräfte 2040: Wo steht die deutsche Wirtschaft?“

Hinweis zur Methodik

Grundlage der Berechnungen sind u.a. Daten des Bundesinstituts für Berufliche Bildung zur Entwicklung des Fachkräftebedarfs und -angebots in diesen Berufen seit 2010 sowie Daten von Unternehmensbefragungen der Bitkom Research zur Entwicklung des IT-Fachkräftemangels seit 2009.

Quelle: Pressemitteilung Bitkom

Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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