High Performance beginnt bei jedem Einzelnen – bei der Fähigkeit, sich selbst gut zu führen, mit Energie und Klarheit zu agieren und Verantwortung zu übernehmen. Erst wenn diese individuelle Basis gelegt ist, kann sie sich im Team entfalten. Doch wie wird aus einer Gruppe engagierter Menschen ein wirklich leistungsstarkes Team – das nicht nur effizient arbeitet, sondern gesund, fokussiert und lösungsorientiert bleibt?
Bevor Gastautorin Jutta Rebernik auf die konkreten Merkmale solcher Teams eingeht, lohnt sich ein Blick auf das Fundament: Was genau bedeutet eigentlich High Performance – und wie lässt sie sich erreichen, ohne dabei auszubrennen?
Was bedeutet High Performance?
High Performance beschreibt die Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum außergewöhnliche Ergebnisse zu erzielen – und dabei gesund, ausgeglichen und verbunden zu bleiben. Brendon Burchard, Gründer des High Performance Instituts, betont: Es geht nicht um kurzfristige Spitzenleistungen oder ständigen „Hustle“, sondern um nachhaltige Wirksamkeit mit Klarheit, Energie, Fokus und emotionaler Stabilität. Im Zentrum steht ein ganzheitlicher Lebensstil, der Selbstführung, Zielklarheit und eine unterstützende Teamkultur vereint.
Menschen in einem High Performance-Zustand wissen, was zählt, treffen bewusste Entscheidungen und bleiben auch unter Druck handlungsfähig.
Die Grundlage dafür bildet ein bewusster Lebensstil – geprägt durch:
- Klarheit entwickeln: über Ziele, Rollen und persönliche Werte. Wer klar sieht, bleibt fokussiert und entscheidet souveräner.
- Energie kultivieren und regenerieren: Wer nachhaltig leistungsfähig sein will, muss mental und körperlich fit sein. Dazu gehören erholsamer Schlaf, Bewegung, gesunde Ernährung und die Fähigkeit, mit Stress und Emotionen bewusst umzugehen.
- Mut zeigen: Mut zeigt sich, wenn jemand neue Wege vorschlägt, Fehler eingesteht, unbequeme Fragen stellt oder Feedback einfordert. In High Performance Teams wird dieser Mut nicht nur gelebt, sondern gezielt gefördert – denn er ist der Motor für Innovation, Wachstum und echte Veränderung.
- Produktivität steigern: durch Priorisierung und fokussiertes Arbeiten statt ständiger Geschäftigkeit.
- Wirksam sein: durch klare Kommunikation, Vorbildwirkung und Integrität – das schafft Vertrauen und kulturellen Einfluss.
Diese Prinzipien bilden die Grundlage für persönliche High Performance – und sind der Ausgangspunkt für wirksame Teams und Organisationen.
Im Unternehmenskontext zeigt sich, wie gut Teams gemeinsam wirken (können). Es reicht nicht, wenn einzelne Mitglieder brillieren – entscheidend ist, dass das gesamte Team in eben diesen Flow-Zustand kommt.
Vom Individuum zum Team: Persönliche High Performance als Fundament
Ein Team profitiert, wenn seine Mitglieder nicht nur fachlich stark, sondern auch präsent, selbstreflektiert und ansprechbar sind. Persönliche High Performance ist daher kein Ego-Trip, sondern der Boden, auf dem ein gemeinsames Wachstum entstehen kann.
Ein High Performance Team erkennt man nicht nur an messbaren Ergebnissen. Es zeigt sich vor allem durch die Art und Weise, wie dieses Team arbeitet:
- Hohe Eigenverantwortung: Jedes Mitglied bringt sich aktiv ein und handelt im Sinne des gemeinsamen Ziels. Voraussetzung dafür: die Ziele sind klar und bekannt.
- Klare Kommunikation: Informationen fließen offen, konstruktiv und effizient.
- Vertrauen: Es herrscht ein Klima psychologischer Sicherheit, in dem Fehler als Lernchancen gesehen werden. Wenn psychologische Sicherheit im Team spürbar ist, trauen sich Menschen, auch unbequeme Themen anzusprechen, kreative Ideen einzubringen oder zuzugeben, wenn sie etwas nicht wissen – ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Das fördert Innovation, Lernbereitschaft und ein starkes Miteinander.
- Lösungsorientierung: Probleme werden anerkannt, aber der Fokus liegt auf Handlung und Weiterentwicklung.
- Fokus und Energie: Es wird nicht an zehn Themen gleichzeitig gearbeitet, sondern konzentriert und mit vollem Engagement an den wesentlichen Hebeln.
Wie lässt sich ein solches Team konkret entwickeln? Welche Voraussetzungen braucht es, damit diese Prinzipien nicht theoretische Ideale bleiben, sondern umgesetzt werden können?
Führungskräfte sind der größte Hebel
Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung eines High Performance Teams. Sie geben nicht nur die Richtung vor, sondern setzen den Rahmen für Klarheit und Ausrichtung und sind Vorbilder.
Eine Führungskraft, die ihre Energie gut managt, fokussiert arbeitet, offen kommuniziert und Verantwortung übernimmt, hat eine große Wirkung aufs Team. Menschen orientieren sich an Verhalten viel mehr als an Worten.
Gemeinsame Zielorientierung
Wenn Teams wissen, wofür sie arbeiten und warum ihre Beiträge wichtig sind, steigt nicht nur die Motivation, sondern auch die Qualität der Zusammenarbeit.
Ziele müssen verständlich und relevant sein: Es reicht nicht, Ziele zu setzen – sie müssen auch mit dem größeren Ganzen verbunden sein. Warum ist dieses Projekt wichtig? Welchen Beitrag leistet es zur Vision des Unternehmens?
Wenn Teams in Zielprozesse eingebunden sind, steigt das Commitment. Beteiligung schafft Mitverantwortung – und damit echte Wirksamkeit.
Energiemanagement im Team: Die Basis für Spitzenleistung – und idealerweise Teil jeder strategischen Performancebewertung
Wer Energie hat, kann fokussiert arbeiten, kreativ denken und besser mit Stress umgehen. Deshalb ist ein funktionierendes Energiemanagement im Team bzw. im Unternehmen kein „Nice-to-have“, sondern eine Grundvoraussetzung für High Performance. Wie kann das am besten gefördert werden?
- Energie zum Thema machen: Wenn das Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt, wird es leichter, Erholungsphasen zu integrieren.
- Strukturen schaffen, die Energie schützen: Klare Pausenzeiten, fokussierte Meetingformate und flexible Arbeitszeiten unterstützen einen gesunden Umgang mit Energie im Alltag.
- Bewegung einbauen: Etwa durch gemeinsame „Walk & Talks“ oder bewegte Meetingformate. Es ist kein Geheimnis, dass Bewegung hilft, zu entspannen und wichtig für die Gesundheit ist. Es darf nur viel mehr eingebaut werden in den sitzenden Alltag.
- Workload-Zyklen verstehen und gestalten: Teams profitieren von einem realistischen Umgang mit Belastung. Nicht jede Woche kann ein Sprint sein – es braucht bewusst gestaltete Phasen der Leistung und der Erholung.
- Teamroutinen nutzen: Tägliche Check-ins, ein ehrlicher Austausch, wöchentlicher Rückschau auf Erfolge helfen und fördern den Blick darauf, was schon gut läuft. Das gibt Energie.
Zeitmanagement und Fokus: Weniger ist mehr
High Performance bedeutet nicht, immer noch mehr zu leisten. Sondern das Richtige zu tun – und das mit voller Aufmerksamkeit.
Tipps für mehr Fokus im Team:
- Klare Prioritäten setzen: Was sind die Top 3 Themen diese Woche?
- Meetings schlank halten: Nur, wenn sie wirklich nötig sind. Mit klarer Agenda.
- Deep Work-Zeiten schützen: Zeiten für konzentriertes Arbeiten im Kalender blockieren und nicht durch Meetings unterbrechen. Vielen meiner Klient:innen fällt es leichter, diese Arbeitsphasen im Home Office zu machen.
- Multitasking vermeiden: Alle Programme, die nicht gebraucht werden, schließen und die Mitteilungen ausschalten.
Lösungsorientierung statt Problemfokus
Ein wesentliches Merkmal von High Performance Teams ist ihre Haltung: Probleme werden nicht ignoriert, aber sie werden auch nicht zelebriert. Der Fokus liegt immer auf dem nächsten möglichen Schritt, anstatt sich in Gesprächen darüber zu verlieren, was alles schiefläuft.
Fragen, die helfen:
- Was brauchen wir, um weiterzukommen?
- Was ist der kleinste nächste Schritt, den wir gehen können?
- Welche Entscheidung würde heute für mehr Klarheit sorgen?
- Was muss ich verändern, damit ich bei diesem Thema weiter komme?
Podcast Episode YOUR HR STAGE zu High Performance
Feedbackkultur & kontinuierliches Lernen
High Performance Teams entwickeln sich laufend weiter – durch gegenseitiges Feedback, Lernbereitschaft und den Mut, sich selbst infrage zu stellen.
Was das konkret heißt:
- Feedback wird regelmäßig und konstruktiv gegeben – nicht nur nach unten.
- Lernen ist kein Zusatz, sondern Bestandteil der täglichen Arbeit.
- Reflexion ist selbstverständlich – z. B. in Form von kurzen Reviews, Retro-Formaten oder individuellen Journaling-Routinen.
Klare Prozesse: Die unsichtbare Struktur für Performance
Eine sinnvolle Struktur ist die Grundlage für eine hohe Leistungsfähigkeit.
Fehlen klare Prozesse, muss im Team ständig improvisiert, abgeklärt und neu abgestimmt werden. Wer ist zuständig? Was ist der nächste Schritt? Wie wird entschieden? Das führt zu Reibungsverlusten, unnötigem Stress und einem Gefühl von Ineffizienz. Energie, die eigentlich in die gemeinsame Zielerreichung fließen könnte, geht in Abstimmungen oder Missverständnissen verloren.
Klare Prozesse geben Orientierung, Sicherheit und Schnelligkeit – gerade in komplexen und dynamischen Arbeitsumfeldern. Sie sorgen dafür, dass alle Beteiligten sich auf die Inhalte konzentrieren können, statt auf das „Wie“ der Zusammenarbeit.
Genau in diesem Punkt spielen HR und die Unternehmensentwicklung eine zentrale Rolle. Denn Kultur entsteht nicht allein durch Führungskräfte oder einzelne Teams – sie wird auch strukturell und systemisch mitgestaltet.
Fazit: High Performance ist lernbar – für Einzelne und Teams
High Performance entsteht nicht durch Zufall und bedeutet vor allem nicht, sich permanent zu verausgaben. Sie ist das Ergebnis bewusster Entscheidungen, klarer Kommunikation, strategischer Energiepflege und einer starken gemeinsamen Ausrichtung. Dabei ist sowohl das gesamte Führungsteam gefragt, als auch jeder einzelne Mitarbeitende.
Denn High Performance lebt von Eigenverantwortung: Wer Verantwortung für sich selbst übernimmt, seine Energie gut managt und mit einer lösungsorientierten Haltung handelt, trägt aktiv zur Teamwirksamkeit bei. Es braucht Menschen, die sich einbringen, mutig denken und bereit sind, über sich hinauszuwachsen – nicht aus Druck, sondern aus innerem Antrieb. Dafür braucht es vor allem Vorbilder an der Unternehmensspitze und in der Führung.