Human Centered Worklife

Human Centered Worklife in der Praxis

In der heutigen schnelllebigen Arbeitswelt (VUCA), in der technologische Fortschritte und marktwirtschaftliche Anforderungen den Ton angeben, rückt ein Konzept zunehmend in den Fokus fortschrittlicher Unternehmen: Human Centered Worklife. Dieser Ansatz stellt das Wohlbefinden und die Bedürfnisse insbesondere der Mitarbeitenden, aber auch anderer Menschen, die mit dem Unternehmen in Berührung kommen, ins Zentrum des unternehmerischen Denkens und Handelns und geht damit über Customer Centricity (reine Kundenzentrierung) deutlich hinaus, sagt Oliver Heim.

Was innen geschieht, ist außen spürbar

Ziel ist es, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die nicht nur produktiv, sondern auch förderlich für die persönliche Entwicklung und das Glück der Angestellten ist. Durch die Fokussierung auf eine menschenzentrierte Arbeitskultur, erkennen Unternehmen die wahre Kraft hinter ihrem Erfolg: motivierte, begeisterte und engagierte Mitarbeitende. Erfolg erfolgt auf etwas. In diesem Fall auf eine Kultur, die das Potenzial der Menschen entfalten lässt.

Unternehmensleistung erfolgt auf Mitarbeitendenengagement

Die Implementierung eines Human Centered Worklife-Ansatzes erfordert ein Umdenken in Führungsetagen sowie die Gestaltung einer entsprechenden Unternehmenskultur. Es geht darum, Arbeitsprozesse und -umgebungen so einzurichten, dass sie den wahren Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht werden. Dies kann unter anderem durch flexible Arbeitszeiten, Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung, eine offene Kommunikationskultur und die Förderung von Life-Balance erreicht werden. Doch es gehört noch viel mehr dazu.

Grundprinzipien des Human Centered Worklife

Ein menschzentrierter Arbeitsplatz basiert auf einigen Grundprinzipien, die darauf abzielen, eine Kultur der Wertschätzung, des Respekts und der Unterstützung zu fördern. Diese Prinzipien dienen als Leitfaden für Unternehmen, die eine entsprechende Arbeitsumgebung gestalten möchten, in der sich alle Mitarbeitenden gesehen, gehört und unterstützt fühlen.

Mitarbeitende im Mittelpunkt

Der Kerngedanke ist es die Bedürfnisse von Mitarbeitenden sowie Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt aller Unternehmensentscheidungen zu stellen. Dies bedeutet, dass bei der Gestaltung von Arbeitsprozessen, der Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen und bei der Ausarbeitung von Unternehmensstrategien stets auch die Perspektive der Mitarbeitenden berücksichtigt wird. Dies kann nur durch aktive Einbindung in alle Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse geschehen.

Flexibilität und Life-Balance

Ein weiteres zentrales Prinzip ist die Förderung von Flexibilität und Life-Balance. Ich verwende hier gezielt nicht den Begriff „Work-Life-Balance“, da Arbeit immer Teil des Lebens ist und diesem nicht gegenübersteht. Unternehmen, die diesen Ansatz verfolgen, bieten flexible Arbeitszeiten (meist Vertrauensarbeitszeit), Remote Work-Optionen und andere Maßnahmen wie beispielsweise erweitere Urlaubsmöglichkeiten an, um die Mitarbeitenden zu helfen, ihre beruflichen Verpflichtungen mit persönlichen Bedürfnissen und Lebensumständen in Einklang zu bringen.

Inklusive und unterstützende Unternehmenskultur

Eine inklusive Unternehmenskultur, die Vielfalt schätzt und fördert, ist ebenfalls ein Grundpfeiler des Human Centered Worklife. Dies umfasst die Schaffung einer Umgebung, in der sich alle Mitarbeitenden unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Glaube, Alter oder sexueller Orientierung willkommen und respektiert fühlen. Unterstützung durch Mentoring, Coaching und Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten sind wichtige Elemente, um die individuelle Entwicklung jedes Einzelnen zu fördern.

Gesundheit und Wohlbefinden

Die Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden spielt eine entscheidende Rolle. Dies kann durch Angebote wie Gesundheitsprogramme, psychologische Beratungsdienste und Maßnahmen zur Stressprävention erreicht werden. Ein gesundes Arbeitsumfeld trägt wesentlich zur Steigerung der Mitarbeitendenbegeisterung und Produktivität bei.

Offene und transparente Kommunikation

Eine offene und transparente Kommunikationskultur ist für die Verwirklichung eines menschzentrierten Arbeitsplatzes unerlässlich. Mitarbeitende sollten ermutigt werden, ihre Ideen, Bedenken und Vorschläge frei zu äußern. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Führungskräfte regelmäßig Feedback geben und nehmen und Informationen über Unternehmensziele, Veränderungen und Erfolge teilen, sowie selbst sich stetig weiterentwickeln.

Diese Grundprinzipien bilden das Fundament für eine Arbeitsumgebung, die nicht nur die Produktivität und Kreativität fördert, sondern auch das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden in den Vordergrund stellt und damit zu einer höheren Unternehmensleistung führt.

Vorteile und Herausforderungen eines Human Centered Worklife

Die Implementierung eines menschzentrierten Arbeitsplatzes bringt eine Vielzahl von Vorteilen für Unternehmen und ihre Mitarbeitende mit sich, steht jedoch auch vor einigen Herausforderungen. Die Anerkennung und Überwindung dieser Hindernisse ist entscheidend für den Erfolg des Konzepts.

Vorteile für Unternehmen und Mitarbeitende

Erhöhte Mitarbeiterbegeisterung: Ein Arbeitsumfeld, das auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen ausgerichtet ist, fördert deren Zufriedenheit und Loyalität. Zufriedene Beschäftigte sind eher geneigt, langfristig im Unternehmen zu bleiben, was die Fluktuation reduziert und die Kosten für Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeitenden senkt. Sind Mitarbeitende sogar begeistert, sind sie in der Regel automatisch Botschafter und empfehlen aktiv weiter.

Steigerung der Produktivität und Kreativität: Mitarbeitende, die sich am Arbeitsplatz wohl und unterstützt fühlen, zeigen eine höhere Leistungsbereitschaft. Ein positives Arbeitsumfeld fördert zudem die Kreativität, da Mitarbeitende ermutigt werden Freiräume zu nutzen sowie innovative Lösungen und Ideen einzubringen.

Verbesserung der Unternehmensreputation: Unternehmen, die für eine starke, mitarbeiterzentrierte Kultur bekannt sind, ziehen talentierte Fachkräfte an und verbessern ihr Image sowohl bei Kunden als auch bei potenziellen Mitarbeitenden. Ein entsprechender kununu-Score sowie bei Bedarf Auszeichnungen wie bspw. „Great place to work“ (kostenpflichtig) sind oft die Konsequenz.

Gesundheit und Wohlbefinden: Programme zur Förderung der physischen und psychischen Gesundheit tragen zu einer Reduzierung von Krankheitstagen bei und verbessern die allgemeine Arbeitsleistung.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Widerstand gegen Veränderungen: Die Einführung eines Human Centered Worklife kann auf Widerstand bei Führungskräften und Mitarbeitenden stoßen, die an traditionelle Arbeitsweisen gewöhnt sind. Die Überwindung dieses Widerstands erfordert Überzeugungsarbeit, das Vorleben der neuen Kultur durch das C-Level-Management und Ausdauer. Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Kosten: Die Implementierung von Programmen zur Förderung des Wohlbefindens und zur Unterstützung der Mitarbeitende kann durchaus mit erheblichen Kosten verbunden sein. Unternehmen müssen diese jedoch als eine zwingende Investition in die Zukunft sehen und den langfristigen Vorteilen (siehe nachfolgende Hinweise auf Studien) gegen die anfänglichen Kosten abwägen.

Messung des Erfolgs: Die Bewertung der Wirksamkeit menschzentrierter Maßnahmen kann herausfordernd sein, da viele der Vorteile, wie gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung, nicht sofort sichtbar sind und sich erst langfristig in den Unternehmensergebnissen widerspiegeln. Allerdings kann beispielsweise mit passenden Umfragen vieles transparent und auf Dauer gemessen werden. Darüber hinaus ist eine aktiv gelebte Feedbackkultur unerlässlich.

Anpassung der Führungsstile: Die Umsetzung eines Human Centered Worklife erfordert oft eine Anpassung der Führungsstile. Führungskräfte müssen lernen Macht zu teilen, zu inspirieren und zu unterstützen, anstatt zu kontrollieren. Command & Control hat hier ebenso keinen Platz wie das berühmt-berüchtigte Micromanagement.

Trotz dieser Herausforderungen zeigen Studien und Fallbeispiele, dass die Vorteile eines Human Centered Worklife die Investitionen und Anstrengungen rechtfertigen. Unternehmen, die diesen Ansatz erfolgreich implementiert haben, berichten von einer signifikanten Verbesserung in der Mitarbeiterzufriedenheit, Produktivität und letztendlich in der finanziellen Leistung.

Praktische Umsetzung im Unternehmensalltag

Die Umsetzung eines Human Centered Worklife erfordert strategisches Denken und gezielte Maßnahmen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen eines Unternehmens zugeschnitten sind. Im Folgenden werden einige bewährte Strategien und Methoden vorgestellt, die Unternehmen dabei helfen können, eine menschzentrierte Arbeitskultur zu fördern.

Flexibilität und Autonomie

Flexible Arbeitszeiten und Orte: Die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit, von verschiedenen Orten aus zu arbeiten (z. B. Homeoffice), unterstützen die Bedürfnisse der Mitarbeitende. Dies trägt zu einer höheren Zufriedenheit und Produktivität bei.

Autonomie in der Aufgabengestaltung: Mitarbeitenden die Entscheidungsfreiheit und Kontrolle über ihre Arbeit zu geben, fördert das Engagement und die Eigenverantwortung. Dies kann durch klare Ziele erreicht werden (z.B. OKR), die den Mitarbeiter:innen den Raum lassen, ihre eigenen Wege zur Zielerreichung zu finden. Hierbei ist es wichtig die Menschen als Ganzes zu betrachten und nicht nur in ihrer Rolle im Unternehmen. Wer privat Entscheidungen über 3.000€ (Urlaub), 30.000€ (Auto) oder 300.000€ (Wohnung) treffen kann, ist durchaus in der Lage über eine Ausgabe von 200€ auch im Unternehmen zu entscheiden.

Unterstützende Führung

Servant Leadership: Führungskräfte sollten sich als Dienstleister und Coaches für ihr Team verstehen, die Unterstützung und Ressourcen bereitstellen, um den Mitarbeitenden zu helfen, ihre Ziele zu erreichen. Dies fördert eine Kultur der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Respekts.

Regelmäßiges Feedback und Anerkennung: Eine Kultur, in der Feedback regelmäßig und konstruktiv gegeben wird und Leistungen anerkannt werden, stärkt das Selbstwertgefühl der Mitarbeitenden und motiviert sie, ihre beste Leistung zu erbringen.

Gesundheitsförderung und Wohlbefinden

Gesundheitsprogramme: Angebote wie Fitnessstudio-Mitgliedschaften, Gesundheitschecks und Workshops zu Themen wie Stressmanagement und gesunde Ernährung tragen zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden bei. Aber auch eine bewegte Mittagspause oder Business-Yoga im Besprechungsraum können einfache erste Schritte sein.

Psychologische Unterstützung: Der Zugang zu psychologischer Beratung und Unterstützungsgruppen kann helfen, das mentale Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern und ein Bewusstsein für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu schaffen. Hier gibt es leider noch extrem viele Hürden, da in den meisten Unternehmen Burnout und andere psychische Erkrankungen immer noch Tabuthemen sind.

Inklusion und Vielfalt

Diversitäts- und Inklusionsprogramme: Die Förderung einer vielfältigen Belegschaft und die Schaffung eines inklusiven Arbeitsumfelds, in dem sich alle wertgeschätzt fühlen, erhöht die Kreativität und Problemlösungsfähigkeit im Team. Unterschiedliche Perspektiven zahlen ebenfalls spürbar auf Innovation und Lösungsorientierung ein.

Mentoring und Weiterbildung: Programme, die den Zugang zu Mentoring und beruflicher Weiterbildung bieten, unterstützen die individuelle Entwicklung der Mitarbeitende und helfen ihnen, ihre Karriereziele zu erreichen. Im Idealfall sind alle am genau richtigen Platz. Also dort wo sich Stärken und Freude ideal vereinen. Dazu wird neben der klassischen Karriere mit Personalverantwortlichen fast schon zwingend auch ein Pfad zur Fachkarriere benötigt.

Fallstudien und Forschungsergebnisse

Erfolgreiche Umsetzungen von Human Centered Worklife-Konzepten zeigen signifikante Verbesserungen in verschiedenen Bereichen. Eine Studie von Gallup (2020) hat herausgefunden, dass Unternehmen mit einer starken, mitarbeiterorientierten Kultur eine um 21% höhere Produktivität und eine um 22% höhere Rentabilität aufweisen als Unternehmen ohne eine solche Kultur. Zudem berichten sie von einer um 65% geringeren Fluktuationsrate.

Die Studie analysierte Daten von mehr als 100.000 Teams und über 2,7 Millionen Mitarbeitern aus 54 Branchen, um den Einfluss von hohem Mitarbeiterengagement auf wichtige Geschäftsausgänge wie Produktivität, Fluktuation und Rentabilität zu bewerten.

Untersucht wurde dies in 276 Organisationen aus 96 Ländern mit über 2,7 Millionen Mitarbeitern. Die Analyse zeigt, dass hohes Mitarbeiterengagement positiv mit elf Leistungsergebnissen korreliert, darunter Kundenloyalität, Profitabilität, Produktivität und Sicherheit, während negative Korrelationen mit Umsatz, Sicherheitsvorfällen und Absentismus festgestellt wurden. Unternehmen mit hoch engagierten Mitarbeitern verdoppeln fast ihre Erfolgschancen im Vergleich zu denen mit niedrigem Engagement.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Schaffung eines Human Centered Worklife ist ein fortlaufender Prozess, der Engagement und kontinuierliche Anpassungen erfordert. Unternehmen, die diesen Weg einschlagen, profitieren nicht nur von einer zufriedeneren und engagierteren Belegschaft, sondern positionieren sich auch als attraktive Arbeitgeber in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld.

Die Zukunft der Arbeit liegt in der Gestaltung von Arbeitsplätzen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Dieser Ansatz fördert nicht nur das individuelle Wohlbefinden, sondern trägt auch zu einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung bei. Während die Herausforderungen bei der Implementierung eines Human Centered Worklife vielfältig sein können, zeigen die Erfahrungen erfolgreicher Unternehmen, dass die langfristigen Vorteile die Investitionen rechtfertigen.

Oliver Heim

Oliver Heim

 

Oliver Heim begann sich vor über 10 Jahren mit Customer Centricity zu beschäftigen und erkannte schnell, dass nicht nur Kunden im Mittelpunkt des Denkens und Handelns stehen sollten, sondern alles mit den Mitarbeitenden beginnt.

Aktuell arbeitet er innerhalb der STARFACE Group an der Unternehmensentwicklung der drei Firmen in der Telekommunikationsbranche. Der Entwicklung von Unternehmen in enkelfähige und menschzentrierte Organisationen gilt seine Leidenschaft.

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