Im ersten Moment ist das eine gute Nachricht: Fast drei Viertel der Angestellten in Deutschland sind derzeit zufrieden mit ihrem aktuellen Job. Rund 25% davon sogar sehr. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Appinio-Umfrage im Auftrag der weltweit größten Jobseite Indeed. Für Arbeitgeber ist das Gefühl von Sicherheit jedoch trügerisch. Denn trotz hoher Zufriedenheit können sich mehr als 60% der Befragten vorstellen, im Laufe dieses Jahres den Job zu wechseln. 22% von ihnen wollen sich sogar aktiv darum bewerben. 39% sind zumindest offen für Angebote.
Alles eine Frage des Angebots
Die Wechselbereitschaft in Deutschland bewegt sich trotz schwächelnder wirtschaftlicher Entwicklungen auf einem sehr hohen Niveau. Mehr als jeder fünfte Beschäftigte will im nächsten Jahr aktiv auf Jobsuche gehen, die Mehrheit kann sich einen Jobwechsel bei einem passenden Angebot gut vorstellen. Diese Zahlen belegen, dass Unternehmen nicht nur um neue Mitarbeiter kämpfen müssen, sondern auch um den Verbleib der vorhandenen. Besonders bemerkenswert ist, dass selbst eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit kein Garant mehr für eine langfristige Treue der Beschäftigten ist.
Aber woher kommen diese Abwanderungsgedanken, wenn Beschäftigte doch größtenteils zufrieden mit ihrem Job sind? Laut Umfrage erhoffen sich die meisten Befragten, die sich trotz Zufriedenheit einen Wechsel vorstellen können, eine bessere Bezahlung (49%), größere Karrierechancen (46%) und mehr Flexibilität (44%).
Dabei fällt auf: Je jünger die Befragten, desto größer der Wunsch nach mehr Gehalt. So wünschen sich von den 18 bis 29-Jährigen mehr als die Hälfte (55%) durch einen Jobwechsel mehr Geld. Bei den 30 bis 49-Jährigen sind es fast zehn Prozentpunkte weniger. Und das, obwohl junge Menschen (73%) mit ihrem Job überdurchschnittlich zufrieden sind. Im Alter wird der Wechselwunsch zwar kleiner, allerdings ist mit 43% auch ein bedeutender Teil der Über-50-Jährigen noch bereit für eine berufliche Veränderung – trotz hoher Zufriedenheit (77%).
Unternehmen sind also gut beraten, nicht nur jungen Angestellten gute Angebote zu machen, sondern auch die älteren Beschäftigten dabei nicht aus den Augen zu verlieren.
Personalmangel kann zum Teufelskreis werden
Die hohe Wechselbereitschaft selbst bei zufriedenen Angestellten ist jedoch nicht die einzige Erkenntnis der aktuellen Umfrage, die Arbeitgeber aufhorchen lassen sollte. Denn auch das Thema Zufriedenheit an sich könnte 2024 zu Personalproblemen führen. Zwar geben nur knapp 7% der Befragten an, derzeit unzufrieden mit ihrem aktuellen Job zu sein. Als Ursache dafür nennen sie aber gleich hinter der mangelnden Wertschätzung (74%) die Aspekte Arbeitsbelastung und Stress (63%). Ein Treiber dieser Probleme ist der Mangel an Personal – und den bekommen laut Umfrage rund 57% der Befragten im eigenen Unternehmen zu spüren, 30% sogar sehr stark.
Wenn sich dieser Trend weiter fortsetzt, könnte die Unzufriedenheit größer werden – und der Wechselwunsch der Belegschaft noch weiter steigen. Diese Wechselwirkung zwischen dem anhaltenden Personalmangel sowie der steigenden Arbeitsbelastung, die sich wiederum auf die Unzufriedenheit auswirkt, könnte für Unternehmen zu einem Teufelskreis werden.
Arbeitgeber sind daher gut beraten, trotz Einsparungen aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten den Personalmangel in diesem Jahr nicht größer werden zu lassen. Da ist es hilfreich zu wissen, worauf Angestellte bei der Wahl ihres möglichen neuen Arbeitgebers Wert legen. Laut Umfrage ist das vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (80%). Auch Nachhaltigkeit (62%) und Diversität (60%) sind ihnen wichtig.
Wechselstimmung mit Wirkung
Dass unzufriedene Mitarbeitende direkt auch Wechselgedanken hegen, muss übrigens nicht zwingend der Fall sein. Laut Umfrage verweilt ein, wenn auch kleiner Teil der Befragten, trotz Unzufriedenheit weiter im aktuellen Job. Insbesondere aus Angst, ihre Situation könne sich durch einen Jobwechsel verschlechtern (50%). Jeweils 38% wollen ihre finanzielle Sicherheit nicht aufgeben, wissen nicht, wo sie sich bewerben sollen oder finden einfach keine Zeit oder Motivation.
Viele verbinden mit der Jobsuche Frust und Aufwand. Daher verbleiben viele Menschen trotz Unzufriedenheit in der vermeintlichen Komfortzone des alten Jobs, statt ihre Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen. Dabei sind die Chancen trotz schwächelnder Konjunktur weiter gut. Zwar ist der Arbeitsmarkt nicht mehr das Eldorado der Jahre 2021 und 2022, als es in Folge der Pandemie viele Nachholeffekte zu beobachten gab. Trotzdem sind die Aussichten für Jobsuchende weiterhin gut – das wird auch 2024 so bleiben.
Für Unternehmen ist das Fluch und Segen zugleich: Auf der einen Seite müssen sie sich noch mehr um den Verbleib von bestehenden Mitarbeitern kümmern. Auf der anderen haben sie wegen der Wechselstimmung gute Chancen, neue Menschen für sich zu gewinnen. Selbst dann, wenn sie in ihrem aktuellen Job eigentlich zufrieden sind.
Über die Studie
Im Rahmen dieser repräsentativen Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Appinio von 19.12.2023 bis 20.12.2023 insgesamt 1.000 Menschen zwischen 18 und 65 Jahren in Deutschland befragt. Die Gruppe der Befragten bestand jeweils zur Hälfte aus Männern und Frauen und war im Schnitt 41,7 Jahre alt. 55% der Befragten gehen einer Büro- oder Verwaltungstätigkeit nach, 41% sind in einer manuellen oder handwerklichen Tätigkeit und 4% mit einer sonstigen Tätigkeit (u.a. Gesundheit, Gastronomie, Handel) beschäftigt.
Quelle: Pressemitteilung Indeed
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