Die Social Media Personalmarketing-Studie 2021/22 von Prof. Dr. Thorsten Petry, Lehrstuhl für Unternehmensführung, Studiengang Media Management an der Hochschule RheinMain, gehört zu den bekanntesten Untersuchungen zum Thema. Einblicke in ausgewählte besonders wissenswerte Befragungsergebnisse sowie meine persönliche Kommentierung dazu.
6. Social Media Personalmarketing Studie
Zum sechsten Mal seit 2010 untersuchte Prof. Dr. Thorsten Petry mit einem Projektteam an der Hochschule RheinMain das Verhalten von HR in Punkto Nutzung von Social Media für Employer Branding und Personalmarketing. Dabei wurden einerseits Menschen aus Personalabteilungen befragt. Zum anderen auch Kandidat:innen, die mit den Aktivitäten der Arbeitgeber gewonnen werden sollen. Von den Ergebnissen der insgesamt 1.122 Teilnehmenden lassen sich interessante Rückschlüsse auf den aktuellen Stand der Social Media Nutzung im Personalmarketing ziehen.
Ausgewählte beachtenswerte Ergebnisse
Akzeptanz einer Social Media Active Sourcing Ansprache sinkt
Schlechte Nachricht für alle Active Sourcing Begeisterten. Die Akzeptanz einer persönlichen Ansprache durch potenzielle Arbeitgeber in Social Media Netzwerken ist über die letzten Jahre spürbar gesunken. Social Media Recruiting fällt von vormals 71% in 2014 auf nunmehr 52% (von 66% bei der letzten Befragung 2018). Dabei ist die Akzeptanz vor allem bei den klassischen Business-Netzwerken XING und LinkedIn hoch. 35% der genannten 52% wollen zudem nicht primär über privat genutzte Kanäle (wie z.B. Facebook) angesprochen werden.
Frage: „Begrüßen Sie es, dass Unternehmen Sie persönlich in Social Media Netzwerken kontaktieren?“
Aus meiner Sicht hängt das auch damit zusammen, dass Active Sourcing in den letzten Jahren als eine Art „Allheilmittel“ angepriesen wurde und zudem Tools und Dienstleister die Ansprache deutlich erleichtert haben. Dass es sich hierbei trotzdem um eine hochprofessionelle – vor allem aber hochgradig individuelle – Ansprache handeln muss, ging dabei häufig verloren. Vermutlich wird sich dieser Trend weiter fortsetzen Mit unabsehbaren Folgen für alle Beteiligten.
Zielgruppenspezifische Vorlieben bei Posting-Formaten
Getreu meinem in zahlreichen Impulsen als Speaker verkündetem Credo „Kenne Deine Zielgruppe genau“, bestätigen sich unterschiedliche Vorlieben bei Postings von Unternehmen. Während Fachkräfte und Führungskräfte insbesondere Textbeiträge ansprechend finden, verlangen Studierende bei Job- und Karrierethemen stärker nach Bild- und Video-Beiträgen.
Frage: „Welche Art von Social Media Beiträgen spricht Sie für Job- und Karrierethemen besonders an?“
Qualität der Social Media Postings von Arbeitgeber ausbaufähig
Der Großteil der befragten Kandidat:innen schätzt die Qualität der Arbeitgeber-Postings im Bereich Personalmarketing als mittelmäßig bis gut ein. Dabei kommt positiveres Feedback vor allem von Führungskräften – bei Studierenden hingegen sind die Bewertungen schlechter. Dies liegt vermutlich an der oft nicht passgenauen Adressierung (Text-Posting versus Bild bzw. Video).
Frage: „Wie finden Sie die Qualität bzw. Attraktivität der Job- und Karriere-Aktivitäten von Unternehmen in Social Media? “
Arbeitgeberbewertungsplattformen beeinflussen Arbeitgeberwahl
Für gut die Hälfte der Kandidat:innen haben Arbeitgeberbewertungen auf Social Media Plattformen wie kununu und glassdoor Einfluss auf die Arbeitgeberwahl.
Dabei schließen 8% der Befragten schlecht bewertete Unternehmen komplett aus. Besonders spannend finde ich die Aussage von 24% der Kandidat:innen, dass auch schlecht bewertete Unternehmen eine Chance haben, wenn sie ernsthaft auf die Bewertungen eingehen und Stellung beziehen. Gerade mit Blick auf meine eigene Rolle bei meinem Arbeitgeber DATEV als „Mr. kununu“ freut mich diese Aussage sehr.
Frage: „Haben Arbeitgeberbewertungen auf Social Media Plattformen (wie Glassdoor oder Kununu) Einfluss auf Ihre Arbeitgeberwahl?“
Social Media Aktivitäten der Arbeitgeber kaum nachhaltig wirksam
Erschreckend ist die Tatsache, dass angeblich nur 11% der befragten Kandidat:innen ein Unternehmen nennen können, das durch Social Media Job- und Karriere-Aktivitäten positiv aufgefallen ist. Immerhin erinnern sich weitere 41% zumindest an die Kampagne, können aber das Unternehmen nicht mehr nennen. Aus Sicht eines effektiven und nachhaltigen Employer Brandings ist das fatal.
Es zeigt aus meiner Sicht (Vermutung!), dass ständig wechselnde Kampagnen, die nicht aneinander aufbauen und die Arbeitgebermarke nicht konsequent (weiter)entwickeln, eher ein Strohfeuer sind. Dieses wirkt entweder sofort (Klick/Bewerbung) – oder eben gar nicht mehr zugunsten des Unternehmens.
48% der mit der Frage „Ist Ihnen ein Unternehmen mit Job- und Karriere-Aktivitäten in Social Media besonders positiv aufgefallen?“ konfrontierte Kandidat:innen, antwortete mit „nein“.
Ziele der Social Media Nutzung von Arbeitgebern
Die Themen Personalmarketing und Recruiting spielen bei den Zielen der Social Media Nutzung von Unternehmen eine wichtige Rolle. So wollen an Platz 2 der Nennungen 43% der Unternehmen Bewerbungen für offene Stellen generieren, was mit Blick auf den vielzitierten Fachkräftemangel auch wenig verwunderlich ist.
Frage: „Mit welchem Ziel setzt ihr Unternehmen Social Media ein?“
Facebook gerne als Personalmarketing-Kanal genutzt …
Interessanterweise werden Facebook und Instagram noch vor LinkedIn und XING am häufigsten für Personalmarketing und Recruiting als Kanal genutzt. Besonders spannend ist auch die Tatsache, dass TikTok vergleichsweise geringe Nutzungsraten bei HR aufweist – obwohl hier ein Großteil der jüngeren Zielgruppen hochgradig aktiv ist. Zur aktuellen Diskussion passend: Bei Twitter sind es immerhin auch 21%, was mich persönlich eher überrascht – vor allem im Vergleich zu YouTube, bei der ich mehr als 23% Nutzungsquote erwartet hätte.
Frage: „Welche Social Media Kanäle nutzen Sie für Personalmarketing und Recruiting?“
… aber Facebook sinkt in der Bedeutung für Kandidat:innen
Entgegen der hohen Nutzung von Facebook als Personalmarketing-Kanal fällt das soziale Netzwerk in der Rangliste genutzter Social Media Kanäle bei den Kandidat:innen deutlich ab. Es ergibt sich gar ein gegenläufiger Trend, bei dem Facebook bei Unternehmen seit 2018 von Platz 2 auf Platz 1 klettert, während es bei den Kandidat:innen von Platz 1 auf Platz 5 abfällt!
Meine Vermutung dazu: Einmal etablierte Social Media Kanäle werden vom Unternehmen munter weiter bespielt. Eine Überprüfung der Relevanz der Kanäle, wie sie beispielsweise Julia Böttcher in ihrem Artikel beschreibt, findet kaum bzw. zu wenig kritisch statt.
Frage: „Welche Social Media Kanäle nutzen Sie für Personalmarketing und Recruiting?“
XING und kununu im Sturzflug
Wenig überraschend verliert XING bei beiden Zielgruppen deutlich an Relevanz und verliert den 2018 noch besetzten Platz 1 und landet bei Unternehmen auf Platz 4. Bei Kandidat:innen geht es abwärts von Platz 4 auf Platz 10.
Seit vielen Jahren schreibe ich immer wieder Artikel, die auf dieses Phänomen hinweisen. Im Grunde ein „gefährliches Spiel“ der New Work SE, die mit ihren (neuen) Marken wie z.B. onlyfy allerdings andere Wachstumsfelder sieht. Der zusätzliche Absturz von kununu (gehört ebenfalls zu XING bzw. zur New Work SE) könnte mittelfristig einen Umsatzeinbruch bedeuten, wenn Unternehmen nicht mehr bereit sind, in ein Employer Branding Premium Profil auf den Plattformen zu investieren.
Das wird noch spannend.
Mein Fazit zur Social Media Personalmarketing Studie 2021/2022
Vielen Dank an Prof. Dr. Thorsten Petry für diese wichtigen Facts rund um die Nutzung von Social Media im Personalmarketing und Recruiting. Auch wenn man die Auswertungen (wie die meisten Befragungsergebnisse) nicht verabsolutieren und in den richtigen Kontext setzen muss – ist gut zu wissen, welche Entwicklungen sich hier anbahnen.
Lassen Sie uns dazu austauschen.
Gerne hier oder via LinkedIn!
Download der Social Media Personalmarketing Studie
Bei meinem Artikel handelt es sich um eine redaktionelle Zusammenfassung einiger ausgewählter Aspekte aus der aktuellen Studie. Holen Sie sich gerne alle Ergebnisse direkt:
>> Hier können Sie sich die Studie kostenfrei bei Prof. Dr. Petry herunterladen.