Social Media gehört seit langem zu einem festen Baustein im Personalmarketing von Unternehmen. „Social Media Kanäle? Klar, haben wir!“, heißt es heutzutage in den meisten Unternehmen. Und Anleitungen und Tipps, für die Entwicklung einer Social Media Strategie gibt es viele. Worauf bei der Kanal- und Content-Strategie wirklich zu achten ist und warum eine regelmäßige Überprüfung wichtig ist, erläutert Julia Böttcher vom HR-Marketing der Techniker.
Einmal eingeführt, nicht mehr angepasst
Die Personalmarketing-Verantwortlichen können meist sehr gut erläutern, warum sie sich für welche Social Media Strategie entschieden haben:
- Von der Zielsetzung (Was will das Unternehmen?)
- über die Zielgruppen-Bedürfnisse (Was will die Zielgruppe?)
- bis hin zum Inhalt und dem Kanal (Wo und mit welchen Themen erreiche ich die Zielgruppe am besten?)
Sobald die Social Media Kanäle fürs Personalmarketing im Unternehmen implementiert sind, wird fleißig Content erstellt und veröffentlicht. Und dann?
Genau an dieser Stelle hört die Strategie im Social Recruiting leider bei den meisten Ratgebern und somit auch bei vielen Unternehmen auf.
Überprüfung der Social Media Strategie? – Fehlanzeige
Die einmal eingeführte Strategie wird jedoch selten wieder in Frage gestellt und als viel zu aufwendig tituliert! Außerdem hat man jetzt doch auch schon all diese Social Media Kanäle, die bespielt werden müssen. Das reicht doch erstmal, oder nicht?
Viele Unternehmen stellt gerade das Überprüfen und Anpassen der Kanal- und Content-Strategie im Rahmen ihrer Social Media Strategie vor eine große Herausforderung. Dabei ist dies zwingend notwendig.
An der Zielsetzung des Unternehmens ändert sich oft so schnell nichts. Die Zielgruppen-Bedürfnisse und vor allem die Kommunikationsvorlieben auf den Social Media Plattformen entwickeln sich allerdings schnell weiter und müssen daher kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls in die Social Media Strategie von Unternehmen integriert werden.
Meine 5 Tipps zur Überprüfung der Social Media Strategie
1. Tipp Trendbeobachtung durchführen
„Der Trend zeigt eine langfristig und nachhaltig anhaltende gleichförmige Kursbewegung in eine bestimmte Richtung auf, die sich aus einer Vergangenheitsfortschreibung ergibt, wobei saisonale und konjunkturelle Schwankungen eliminiert sind. Er ist eine Funktion der Zeit, die in die Zukunft gerichtet ist.“, so lautet die Trend-Definition im Wirtschaftslexikon.
Wichtig für einen Social Media Trend ist also ebenfalls eine langfristige, nachhaltig anhaltende und die Zukunft gerichtete Entwicklung, zum Beispiel eines neuen Social Media Kanals. Um einen Social Media Trend von einem Social Media Hype abzugrenzen, muss man also etwas genauer hinschauen. Ein Hype ist vergleichbar mit einer Party, auf der alle einen Abend lang ihren Spaß haben, die dann aber auch schnell wieder vorbei ist. Ein Trend hingegen ist eher wie ein Festival, dass jährlich stattfindet und kontinuierlich wächst.
Social Media Trends und Hypes abgrenzen
Auf die Social Media Welt übertragen sind Hype-Kanäle für mich beispielsweise Vero und Clubhouse. Bei der App Vero, die mit dem Slogan „The True Social“ wirbt und Anfang 2019 zum Hype wurde, können Nutzer:innen im Gegensatz zu Instagram, neben Fotos auch Empfehlungen zu Musik, Filmen, Serien, Büchern, Restaurants oder Geschäften posten.
Erst führte die plötzliche Begeisterung für die App Vero zu einem rasanten Nutzeranstieg von mageren 150.000 auf 3 Millionen, dann kamen die Kontroversen und die Serverausfälle, die das Interesse der Zielgruppe schnell wieder zum Abflachen brachten.
Ähnlich sieht es mit der App Clubhouse aus. Anfang 2021 in aller Munde bot die Audio-App zu dem Zeitpunkt etwas, wonach sich die Menschen während der Corona-Pandemie sehnten: Austausch und Kontakte. Damit kam sie genau zur richtigen Zeit auf den Markt. Mittlerweile ist Interesse an Clubhouse aber wieder abgeflacht. Dies belegen auch die Google Trends.
Die Werte in den folgenden zwei Grafiken geben das Suchinteresse relativ zum höchsten Punkt im Diagramm für die ausgewählte Region (in diesem Fall Deutschland), im festgelegten Zeitraum (in diesem Fall 12 Monate) an. Der Wert 100 steht dabei für die höchste Beliebtheit dieses Suchbegriffs. Der Wert 50 bedeutet, dass der Begriff halb so beliebt ist und der Wert 0 bedeutet, dass für diesen Begriff nicht genügend Daten vorlagen:
TikTok ist kein Hype sondern ein Langzeit-Trend
Im Gegensatz zu Clubhouse, sieht es bei der Plattform TikTok, die aus meiner Sicht klar zu den Trendplattformen im Bereich Social Media zählt, ganz anders aus. Hier ist auch bei den Google Trends ein langanhaltendes Interesse und eine kontinuierlich steigende Kurve zu erkennen:
Neben der Arbeit mit Tools wie Google Trends sollte man sich zur Einordnung eines Trends auch die Downloadzahlen der neuen Social Media Apps im Verlauf von mindestens vier Monaten anschauen. Dies kann ebenfalls bei der Unterscheidung zwischen Hype und Trend helfen.
Unternehmen können natürlich auch auf einem Hype-Kanal vertreten sein, beispielsweise um den Kanal auszuprobieren. Anfangs sind Erfolge aufgrund fehlender Analyse- und Statistikfunktionen oft nicht messbar. Und eine Präsenz auf der Plattform dient somit in erster Linie dem First-Mover-Zwecken. Insofern sollte der Aufwand für die interne Abstimmung wie Ideenfindung, Datenschutz usw. und der Umsetzung einer Aktion auf einem Hype-Kanal, immer dem realen Nutzen für die Arbeitgeberkommunikation sowie das Arbeitgeberimage gegenübergestellt werden.
Das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung für die Nutzung eines Trendkanals im Rahmen der Arbeitgeberkommunikation ist also, die Passung der Trendkanäle anhand der eigenen Social Media Strategie zu überprüfen!
2. Tipp: Basis schaffen durch Zielgruppenforschung
Das Mantra für eine gute Social Media Strategie lautet: „Zielgruppe ist King!“. Unternehmen sollten demnach nur auf Kanälen vertreten sein, wo die gewünschte und zu rekrutierende Zielgruppe zu erreichen ist und auch wirklich mit dem Arbeitgeber kommunizieren möchte. Nur so wird man als Unternehmen die passenden Menschen erreichen.
Wie finden Sie nun aber heraus, wo und wie Sie ihre Zielgruppe am besten erreichen?
Hier kann sowohl mit eigenen, als auch mit externen Studien und Statistiken zur Entwicklung der Social Media-Kanäle sowie der Zielgruppenbedürfnisse gearbeitet werden. Der Vorteil einer eigenen Zielgruppenforschung ist, dass hier direkt konkrete, unternehmensspezifische Fragestellungen getestet werden können. Diese sind je nach Umfang und Anzahl der Fragestellungen natürlich mit einem gewissen Kostenaufwand verbunden. Wer dafür kein Budget hat, kann auch frei zugängliche Statistiken und Studienergebnisse nutzen.
So liefern beispielsweise die Auswertungen des statistischen Bundesamtes, die ARD und ZDF Onlinestudie oder das Statistikportal Statista schon viele wertvolle Insights zum Nutzungsverhalten im Social Web von verschiedenen Zielgruppen. Einen guten Überblick zu den wichtigsten Unterschieden und Bedürfnissen der Generationen, vorwiegend Z und Alpha, bietet außerdem folgende kostenfreie Infografik:
3. Tipp: Einbeziehen der Mitarbeitenden
Auch wenn Sie kein Budget für eigene Zielgruppenforschungen besitzen, können SIe durch das Einbeziehen der eigenen Beschäftigten ein gutes Stimmungsbild zur Nutzung von (neuen) Social Media Kanälen im Personalmarketing gewinnen. Mitarbeitende können beispielsweise in Form eines Austauschs oder kurzer Befragungen zu Trendkanälen oder neuen Content-Formaten in die Überprüfung der Social Media Strategie einbezogen werden.
Im Rahmen der Auszubildenden-Rekrutierung bei der Techniker Krankenkasse nutzen wir beispielsweise jährlich alle 200 neuen Auszubildenden für eine kurze, interne Befragung zur Optimierung unseres Bewerbungsprozesses und der Social Media Kanäle. Direkt in ihrer ersten Ausbildungswoche beantworten uns die neuen Auszubildenden im digitalen Fragebogen unter anderem über welche Kanäle sie auf die TK als Arbeitgeber aufmerksam geworden sind, welche Social Media Kanäle sie generell nutzen und welche Aspekte wir innerhalb des Bewerbungsprozesses noch verbessern können.
4. Tipp: Kanal heißt nicht gleich Account
Auf einem Kanal vertreten zu sein, heißt nicht immer zwangsläufig auch einen eigenen Unternehmensaccount für das Social Recruiting anzulegen und dauerhaft bespielen zu müssen! Wie schon beschrieben, müssen Unternehmensaccounts im Social Web regelmäßig überprüft und angepasst werden. Ein Social Media Kanal kann daher auch „nur“ anhand von einzelnen Formaten, Werbeanzeigen oder Inhalten genutzt werden.
Aktuell bietet sich für viele Unternehmen das Testen eines Kanals beispielsweise mit Kooperationen von Influencern an. Der Vorteil hier ist, dass über den Kanal des Influencers erstmal getestet werden kann, ob und inwieweit die Unternehmensinhalte für die Zielgruppe auf dem Kanal relevant und interessant sind. Eine gute Passung des Influencers, seiner Themen und Zielgruppe, zum Unternehmen ist dabei natürlich eine Grundvoraussetzung.
5. Tipp: Regelmäßige Überprüfung und Weiterentwicklung der Social Media Strategie
Wie in allen vorherigen Punkten schon erwähnt, ist eine regelmäßige Überprüfung und eine sich daraus ergebende Weiterentwicklung der Social Media Strategie im Personalmarketing unerlässlich.
Wer beispielsweise vor zehn Jahren Facebook als Hauptkanal fürs Social Recruiting von Schülerinnen und Schülern genutzt hat, wird dies aktuell so nicht mehr tun können. Denn die Zielgruppenstruktur und die Nutzung von Facebook hat sich über die Jahre stark verändert.
Aktuell wächst auf Facebook die Altersgruppe 50 Jahre und älter am stärksten und die Altersgruppe von 16 bis 29 Jahre nimmt kontinuierlich ab. Wer als Unternehmen also einen Facebook-Account fürs Social Recruiting von Schülerinnen und Schülern betreibt, muss demnach sowohl in der Kanal- als auch in der Content-Strategie erneut überprüfen, ob Facebook zur Erreichung der gewünschten Menschen und der Unternehmensziele noch der richtige Kanal ist. Oder ob nicht doch ein anderer Social Media Kanal geeigneter ist.
Das heißt dann auch nicht immer zwangsläufig, dass der Social Media Kanal „abgeschaltet“ werden muss, sondern eventuell nur die Inhalte und die Posting-Frequenz auf eine neue Zielgruppe, beispielsweise Berufserfahrene, angepasst werden müssen.