Corporate Influencer im Personalmarketing einsetzen und die Arbeitgebermarke stärken

Corporate Influencer: Mitarbeiter-Instrumentalisierung oder modernes Personalmarketing-Instrument?

Immer mehr Unternehmen setzen im Personalmarketing auf die Identifikation und Ausbildung sogenannter Corporate Influencer. Was verbirgt sich dahinter? Welche Rolle können diese Markenbotschafter einnehmen? Und vor allem: Welche Gefahren und Risiken bringt ein Corporate Influencer Projekt mit sich?

Praxisrelevantes Wissen – nicht nur für Personalmarketing- und Employer Branding Verantwortliche.

Definition Corporate Influencer

Was genau bedeutet Corporate Influencer?

Meine persönliche Definition von „Corporate Influencer“ ist folgende:

Corporate Influencer sind Personen, die in einer Domäne das Vertrauen einer relevanten Anzahl von Personen genießen und diese fortlaufend via Social Media Kommunikation über die Aktivitäten rund um ein einziges Unternehmen oder eine Marke informieren. Dabei sind Corporate Influencer auf besondere Weise emotional positiv mit diesem Unternehmen verbunden, zum Beispiel in der Rolle als Arbeitnehmer.

Corporate Influencer im Personalmarketing

Mit Blick auf ein Unternehmen in der Rolle als Arbeitgeber, ist diese „Marke“ die Employer Brand (Arbeitgebermarke).

Unterschied Corporate Influencer und Arbeitgeber-Markenbotschafter

Schon seit einigen Jahren hat sich der Begriff des Arbeitgeber-Markenbotschafters etabliert. Wie unterscheidet sich der im Personalmarketing tätige Corporate Influencer vom klassischen Arbeitgeber-Markenbotschafter?

Die Kraft von Corporate Influencern stammt in erster Linie aus der jeweiligen Person selbst, folglich aus deren Eigenmarke. Fans folgen einem Corporate Influencer also nicht aufgrund dessen Zugehörigkeit zu einem Unternehmen, sondern aufgrund seiner bzw. ihrer Persönlichkeit und Individualität.

Das bedeutet, dass ein Corporate Influencer auch ohne die Verbindung zu seinem Unternehmen, weiterhin als thematischer Influencer bei seinen Zielgruppen wahrgenommen würde.

Arbeitgeber-Markenbotschafter sind stark mit der Employer Brand verwoben

Klassische Arbeitgeber-Markenbotschafter hingegen sind sehr stark mit der Arbeitgebermarke verbunden. Sie sind insbesondere in dieser besonderen Rolle bei ihren Zielgruppen bekannt. Auch wenn Arbeitgeber-Markenbotschafter ebenfalls stark durch ihre Individualität und Persönlichkeit auf ihre Zielgruppen wirken, so folgen ihnen diese vor allem wegen der Zugehörigkeit zu eben jenem Arbeitgeber. Dazu benötigen Arbeitgeber-Markenbotschafter nicht von vorn herein eine größere mediale Reichweite. Ein Arbeitgeber-Markenbotschafter kann sozusagen „bei null starten“.

Allerdings hat sich im Sprachgebrauch in der Praxis häufig eine starke Ähnlichkeit und Vermischung der Begriffe ergeben. So werden beispielsweise für Karrierewebsites fotografierte und präsentierte Arbeitgeber-Markenbotschafter auch oft als Testimonial bezeichnet.

Ziele von Unternehmen beim Einsatz von Corporate Influencern

Die eigenen Mitarbeiter als Corporate Influencer einzusetzen, hat für Unternehmen mit Blick auf die damit angestrebten Ziele, eine Reihe von Vorteilen.

Corporate Influencer unterstützen die Arbeitgeber-Markenkommunikation durch ihre besondere Glaubwürdigkeit gegenüber ihren Followern. Klassische Corporate Communication von Marketingabteilung oder Unternehmenskommunikation wird durch die persönliche Übersetzung von Corporate Influencern deutlich authentischer.

Darüber hinaus erzielt die Kommunikation des Unternehmens über Corporate Influencer eine höhere organische Reichweite via Social Media. Dies kann den Einsatz finanzieller Mittel für bezahlte Werbung / Paid Media reduzieren, ist somit budgetschonend.

Risiken für Unternehmen beim Einsatz von Corporate Influencern

Durch die Einbindung von, in den meisten Fällen sehr selbstbewussten Corporate Influencern (Stichwort Eigenmarke), entzieht sich diese Art der Kommunikation deutlich dem Abstimmungs- und Freigabe-Denken klassischer Kommunikationsabteilungen. Ein Corporate Influencer wird einen Sachverhalt in seine eigenen Worte kleiden müssen, um die oben genannte Authentizität aufrecht zu erhalten. Sprachregelungen und markenspezifische Styleguides wirken auf Corporate Influencer Programme extrem kontraproduktiv.

#Sprachregelungen und markenspezifische #Styleguides wirken auf #CorporateInfluencer Programme extrem kontraproduktiv. Klick um zu Tweeten

Corporate Influencer Programme erfordern kommunikative Freiheiten

Somit bringt ein vom Unternehmen aufgesetztes Corporate Influencer Programm einen gesteigerten Kontrollverlust für den Arbeitgeber mit sich. Da dies trotz Weisungsgebundenheit des Corporate Influencers in seiner Rolle als Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis erfolgt, sind oftmals Konflikte vorprogrammiert.

Genau genommen ist dies natürlich kein Risiko für den Arbeitgeber, sondern gerade eines der wesentlichen Merkmale eines Corporate Influencer Programms. Dennoch zeigt die Praxis, dass Kommunikationsverantwortliche häufig diesen Switch im Mindset in Richtung kommunikative Freiheit nur unzureichend vollziehen können.

Wenn der Corporate Influencer einen Shitstorm auslöst

Dahinter steckt die durchaus nachvollziehbare Angst, Corporate Influencer könnten im Namen der Arbeitgebermarke einen Shitstorm auslösen. Und ja, dieses latente Risiko lässt sich wohl niemals wirklich komplett abstellen. Denn Corporate Influencer senden nicht nur einseitig Informationen oder teilen den Content des Arbeitgebers 1:1. Sie steigen mit ihren Zielgruppen auch in Unterhaltungen ein und diskutieren mit ihnen.

Man könnte allerdings genauso gut behaupten, dass ein Corporate Influencer Programm gerade dieser Gefahr entgegenwirkt. Denn Corporate Influencer sind in die unternehmensspezifische Kommunikation deutlich enger eingebunden, als beispielsweise Mitarbeiter, die auf Arbeitgeberbewertungsplattformen komplett losgelöst von den kommunikativen Zielen des Unternehmens, kritisch über ihren Arbeitgeber schreiben und diesen bewerten.

Ob es nun darum geht, dass Corporate Influencer Versprechungen gegenüber einer Zielgruppe machen, die das Unternehmen nicht halten kann, geheime Interna verraten oder gar einen wahrhaften medialen Shitstorm auslösen: Unternehmen sollten bestenfalls bereits heute Mechanismen entwickelt haben, um mit solchen Situationen umzugehen. Andernfalls könnte die Einführung eines Corporate Influencer Programms durchaus ein passender Anlass dazu sein.

Wenn Corporate Influencer gehen und ihre Reichweite mitnehmen

Nachdem Corporate Influencer ihre persönlichen Social Media Profile nutzen, nehmen sie ihre Kontakte und die damit verbundene mediale Reichweite im Falle einer Kündigung beziehungsweise eines Arbeitgeberwechsels mit. Das mag der Arbeitgeber als negativ empfinden. Genau genommen hat aber damit der Corporate Influencer Schwierigkeiten, da er in diesem Fall sein persönliches Image vom ehemaligen Arbeitgeber lösen muss. Je nach Intensität seiner Kommunikation und einer Verankerung in Google (SEO), ist dies folglich eher ein Risiko für den Corporate Influencer.

Corporate Influencer im Personalmarketing einsetzen und die Arbeitgebermarke stärken Employer Branding Boost

Risiken für Corporate Influencer bei ihrem Einsatz für das Unternehmen

Schauen wir uns daher gleich einmal weitere Risiken auf Seiten des Corporate Influencers an.

Wenn das Zielgruppen-Interesse ein völlig anderes ist

Wer als Instagram-Influencer eine fünf- oder gar sechsstellige Followerschaft mit Postings aus dem Bereich Mode, Reisen und Lifestyle aufgebaut hat, kann nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass sich diese Zielgruppe gleichermaßen dafür interessiert, dass ein Gummi-Dichtungsringe produzierendes Unternehmen gerade händeringend IT-Experten sucht.

Es kommt folglich auch auf die Passung von Influencer-Zielgruppe und Unternehmens-Zielgruppe an. Ansonsten ziehen sich Follower nach und nach zurück.

Die Glaubwürdigkeit des Influencers kann leiden

Authentizität und Glaubwürdigkeit von Influencern sind ein recht anfälliges Gut. Werden sie beschädigt, weil der Influencer beispielsweise zu viel Corporate Content veröffentlicht, verschreckt dies die Follower. Ebenso kann der Ruf als „nicht unabhängig“ oder gar „käuflich“ negativ auf die Netzwerk-Kontakte des Corporate Influencers wirken.

Die Nutzung eigener privater Social Media Netzwerke zugunsten des Arbeitgebers

Um als Corporate Influencer zu agieren, werden häufig gleichermaßen privat genutzte Social Media Accounts eingesetzt. Denn dies ermöglicht gerade erst den Zugang zu den dort über die Zeit aufgebauten Beziehungen zu Followern und Kontakten.

Diese Vermischung von Beruflichem und Privaten führt zu einer Reihe von Folge-Fragen. Insbesondere Betriebsräte interessiert dies mit Blick auf geleistete Arbeitszeiten und die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (Stichwort: gesetzliche Ruhezeiten).

Ist für den Arbeitgeber in den sozialen Medien verbrachte Zeit überhaupt klassische Arbeitszeit? Hierauf werden Juristen vermutlich mit ihrer Standard-Antwort reagieren: „Es kommt auf den Einzelfall an!“. Insbesondere im Grenzbereich, bei dem Corporate Influencer mit dem Kommunizieren von Arbeitgeber-Inhalten gleichermaßen an ihrer eigenen Reputation und Reichweite arbeiten, lässt sich dies nicht immer sofort zweifelsfrei einordnen.

Vermutlich ist in der Freizeit via Social Media vorgenommene Verbreitung von Corporate Content aus Sicht der meisten Arbeitgeber keine bezahlte Arbeitszeit. Corporate Influencer sind somit in der Regel aus Goodwill aufgrund extrem hoher emotionaler Verbundenheit zum Unternehmen tätig.

Corporate Influencer Programme via Projekt implementieren

Um Corporate Influencing systematisiert für die Unternehmenskommunikation nutzbar zu machen, starten immer mehr Unternehmen eigene Corporate Influencer Programme als Projekt.

Projektstufe 1: Identifikation bestehender Influencer

Dabei werden in der ersten Projektstufe bestehende Influencer innerhalb der Belegschaft identifiziert. Nach einer sauberen Analyse hinsichtlich der über sie erreichbaren Zielgruppen und Märkte, fragen Projektverantwortliche Bedarfe ab. Mit dem Ziel, die Influencer bestmöglich bei ihrer kommunikativen Tätigkeit zu unterstützen.

Projektstufe 2: Aufbau weiterer Corporate Influencer

Erst im Nachgang und unter Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen, erfolgt der Aufbau weiterer Corporate Influencer. Hierfür werden für gewöhnlich eine Reihe von kompetenzfördernden Maßnahmen initiiert. Dies können beispielsweise Kommunikationsworkshops, Schulungen zur Nutzung einzelner Social Media Plattformen, Networking-Events und online Communities sein.

Ziel ist das systematische Fördern der Corporate Influencer Kommunikation.

10 Tipps für Ihr Corporate Influencer Projekt

Und genau an dieser Stelle lauern eine Reihe von Stolpersteinen. Daher möchte ich Ihnen zehn Tipps für das Gelingen von Corporate Influencer Projekten geben:

  1. Seien Sie sich schon vor dem Beginn eines Corporate Influencer Projekts bewusst, dass Social Media Kommunikation immer maximalen Kontrollverlust bedeutet
  2. Erstellen Sie Social Media Guidelines, die insbesondere bei rechtlichen Fragestellungen für Klarheit sorgen (was ist wann und wie erlaubt?)
  3. Beziehen Sie erfahrene Influencer möglichst früh ins Projekt ein, um von deren Erfahrungen zu lernen
  4. Halten Sie sich mit jedweden konkreten „Vorgaben“ oder „Richtlinien“ (abgesehen von den genannten Social Media Guidelines zu Rahmenbedingungen) mit Blick auf das wer hat was wann und wie zu veröffentlichen, zurück!
  5. Freiwilligkeit ist das oberste Prinzip beim Corporate Influencing
  6. Halten Sie alle Mitarbeiter des Unternehmens auf dem Laufenden und positionieren Sie die Corporate Influencer weit entfernt von klassischen Vorurteilen wie „unbezahlten Claqueuren“ oder „Klick-Clowns“.
  7. Setzen Sie auf Qualität der Corporate Influencer anstatt auf maximale Quantität
  8. Ziehen Sie in regelmäßigen Abständen ein Fazit der Aktivitäten im Corporate Influencer Programm (Retrospektive)
  9. Bieten Sie, falls hilfreich, eine Tool-Unterstützung an (Employee Advocacy), um das Corporate Influencer Programm systematisch voran zu bringen.
  10. Most of all: Wertschätzen Sie die Tätigkeit der Corporate Influencer auf geeignete Weise!

Mein persönliches Fazit zum Thema Corporate Influencer

Auch wenn ein Corporate Influencer Programm fast schon den Weg in den Mainstream der Markenkommunikation von Unternehmen gefunden hat, sollten Sie dem Thema dennoch mit dem notwendigen kritischen Blick begegnen. Keinesfalls darf der Eindruck entstehen, dass Mitarbeiter gezielt für die Arbeitgeberkommunikation instrumentalisiert werden.

Konkrete Vorgaben und Zwänge wirken dabei in jeder Hinsicht kontraproduktiv. Insofern sollten Arbeitgeber entspannt bleiben, wenn einflussreiche Szene-Influencer nicht bereit sind, als Corporate Influencer für das Unternehmen zu kommunizieren. Nochmal: Es geht um eine freiwillige Unterstützung außerhalb des Arbeitsvertrags! Zumindest wenn es nicht um klassische Kommunikatoren im Marketing, Personal oder der Unternehmenskommunikation geht.

Erwägen Sie gegebenenfalls sogar eine Umbenennung. Der Begriff „Influencer“ wird zwischenzeitlich im Sinne von „Beeinflussung“ oder „Propaganda“ nicht immer in einen positiven Kontext gesetzt. Eventuell kommen Sie mit der neutraleren Bezeichnung „Markenbotschafter“ schon weiter.

Wie sind Ihre Erfahrungen in dieser Hinsicht?

 

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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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