In der Regel sind Stellenausschreibungen keine Kunstwerke. Selten bestechen die Jobangebote durch Kreativität. Allerdings wird diese Regel immer wieder durchbrochen von Unternehmen, die sehr kreative Stellenanzeigen veröffentlichen. Einige werden sogar zum Social Media Viralhit. Ein Rundgang durch die Höhen und Tiefen kreativer Stellenanzeigen.
Ungewöhnliche Gestaltung von Stellenanzeigen
Entgegen des durchaus gewöhnlichen Standards bei der Erstellung von Stellenanzeigen (siehe meinen Beitrag zum VAIDA-Modell), gehen einige Stellenanzeigen deutlich progressiver in den Markt. Nehmen wir beispielsweise die Anzeige des Harzer Hofs.
Humor als Aufhänger sorgt für Aufmerksamkeit
Auch wenn die Wirkung des Spruchs „Montag Ruhetag“ über die Fußnote wieder etwas eingeschränkt wird, erzielt die Anzeige in jedem Fall eine hohe Aufmerksamkeit. Insofern geht nach VAIDA zumindest ein Stern an die erzielte Attraction. Auch der Appell zur Bewerbung stimmt. Allerdings sind die sonstigen Informationen im Bereich Interest und Desire noch stark ausbaufähig – vor allem wird keinerlei Aussage darüber getroffen, wer genau gesucht wird. Der Formulierung nach könnten das durchaus Quereinsteiger und Branchenfremde sein („Komm in die Gastro!“).
Auswahlkriterium Cultural Fit
Bei den nachfolgenden beiden Anzeigen wird stark über den Cultural Fit selektiert. IKEA wirft seine komplette Corporate Marke ins Rennen und verknüpft die Stellenanzeige sogar mit Produktplatzierungen.
Sehr clever. Zumindest für IKEA-Fans. Die Gefahr bei dieser Vermischung ist allerdings, dass der Charakter der Anzeige als Stellenanzeige schnell übersehen werden kann, weil die Produkte auf den ersten Blick dominieren.
Dass es keine weitere Informationen zu einzelnen Jobs gibt, liegt daran, dass die Anzeige auf über 220 freie Stellen aufmerksam machen soll.
Ebenfalls stark mit Unternehmenskultur-Elementen spielt die Anzeige von FiNUM. Fast schon getarnt als Infografik zum Thema Krawatten-Kultur oder Styleguide im Sinne des neuen HRlife Magazins von Blogger-Kollege Robindro Ullah, führen alle Stränge in Richtung Bewerbungsappell.
Was komplett fehlt, sind weitere Infos zum Unternehmen selbst oder auch, welche Art von Jobs zu besetzen sind. Im Grunde ist die Aussage der Anzeige „Wir nehmen alle Bewerber – egal ob mit oder ohne Krawatte!“. Aber soll das wirklich beabsichtigt sein? Hier könnten die Schwächen der Anzeige liegen. Ob sie dem Erfolg der Anzeige allerdings entgegenstehen, lässt sich an dieser Stelle nicht sagen.
Anzeige
Kreative Anzeige mit Benefits
Die Züricher Verkehrsbetriebe spielen im Rahmen Ihrer Bewerbersuche die von ihnen angebotenen Benefits in besonders passender Weise aus: Als Fahrplan.
Die Zusammenstellung dient genaugenommen nicht als Stellenanzeige, soll aber im Sinne der Markentheorie die Frage „What´s in it for me?“ oder „Reasons why?“ beantworten. Heißt: Die einzelnen Haltestellen benennen Gründe, warum Bewerber sich für die VBZ als Arbeitgeber entscheiden sollten. Auch wenn sich mir die Punkte „Frauen“ bei „Wachstum und Entwicklung“ sowie „Vereine“ auf der Route „Freizeit und Reisen“ nicht sofort erschließen, ist die Idee klasse.
Social Media Anzeigen via Facebook
Auch außerhalb des neuen Facebook Stellenmarkts werden immer wieder Anzeigen via Social Media in Umlauf gebracht. Bezogen auf das VAIDA-Modell besticht das Posting von Kasper Communications durch seine sinnvollen Platzierung (Visibility) mit guten Targeting in Punkto Zielgruppe „Marketing-Influencer“. Auch das auffälligen Bild sorgt für eine hohe Attraction.
Das Beste an der Anzeige finde ich allerdings die im Text angeforderte Arbeitsprobe. Selbige haben im Auswahlprozess eine deutlich höhere Prognosevalidität als eine Auswahl alleine auf Basis eines Lebenslaufs oder von Referenzen.
Was ich mit Blick auf das AGG grenzwertig finde, ist die Fixierung auf eine weibliche Person sowohl im Titel als auch in der direkten Ansprache. Gleiches gilt für das Thema Mutter-Sein, später auch Vater-Sein.
Facebook Viralhit Azubi-Suche Glaserei Sterz
Einen wirklichen Viralhit gelandet hat zweifelsfrei Glasermeister Sterz mit seinem Video zur Azubi-Suche. Über 4 Millionen Aufrufe, über Likes und fast 34.000 Shares sprechen für sich.
Hätte man mich zu Beginn der Kampagne nach den Erfolgsaussichten des Videos gefragt, hätte ich vermutlich komplett daneben gelegen. Warum hat der Clip aber trotzdem so super funktioniert? Zum einen ist das Setting komplett ungewöhnlich und das Zerbrechen der Glasscheibe setzt schon zu Beginn einen Effektpunkt, der Neugier weckt. Die Inhalte der Stellensuche werden zudem klar formuliert, inklusive konkreter und vergleichsweise herausragender Benefits. Durch die extrem hohe Authentizität des Glasermeisters sind auch bereits zahlreiche Aussagen über die Arbeitskultur getroffen.
Eine Wiederholung oder Kopie durch Dritte dürfte jedoch wenig ratsam sein, da dieser der besondere Erfolgsfaktor Authentizität fehlen würde.
Dass die Video-Stellenanzeige via Facebook sehr erfolgreich war, beweist das Folgevideo mit der Vorstellung der eingestellten Azubis.
Social Media und Humor
Bleiben wir bei Social Media Stellenanzeigen. Verknüpft mit der passenden Brise Humor erreichen solche Jobpostings bei der richtigen Zielgruppe hohe Responsequoten. Dies wollte sich auch die Anzeige der Metzgerei Hack zunutze machen.
Im Rahmen des Anzeigen-Textes erfahren wir sehr viel über die Branche beziehungsweise das Berufsbild sowie das konkrete Unternehmen. Ja und sogar über den Chef. Auch wird ein vergleichsweise sauberes Anforderungsprofil genannt. Toll: Die Platzierung von ungewöhnlichen und wahrscheinlich sehr begehrten Benefits am Ende! Eine Eins mit Stern für den Punkt „Desire“ im Rahmen des VAIDA-Modells.
Die Frage ist letztlich, ob der Humor das richtige Maß getroffen hat. Das dürfte Ansichtssache sein. Ich persönlich finde die Idee witzig. Veganer dürfte hingegen das kalte Grauen erfassen aufgrund der beinhalteten Mehrdeutigkeiten. Mit Blick auf eine zielgruppengerechte Ansprache, dürfte der Humorfaktor wahrscheinlich aber ein eher cleverer Schachzug gewesen sein.
Im gleichen Design tritt eine weitere Anzeige des Unternehmens auf.
In positiver Weise auffällig: Das explizite Ansprechen von „Umschülern“. Das Bild dazu passt meiner Meinung nach perfekt. Daumen hoch!
Ob auch die nächste Anzeige „Du willst mit coolen Säuen abhängen?“ noch den Geschmack der Zielgruppe trifft, bezweifle ich. Wahrscheinlich empfinden viele Leser das bereits als grenzwertig. Zusätzlicher Gag: Mal einen Blick auf die E-Mail-Adresse werfen.
Humor mit einem Anflug von Sexismus in Stellenanzeigen
Möglicherweise noch unterhalb der Schmerzgrenze vieler Leser findet sich die Anzeige von Berlin Recycling.
Gesucht wird ein Tonnenboy, der anscheinend aus AGG-Gründen auch ein weiblicher Tonnenboy sein könnte. Vermutlich dürfte die Quote der weiblichen Bewerberinnen für die Stelle eines Tonnenboys jedoch eher überschaubar sein.
Von unterschwelligem Sexismus in Stellenanzeigen …
Die nachfolgende Anzeige der Kreissparkasse Birkenfeld stand bereits im Rahmen von Artikeln aus dem Jahr 2013 im Kreuzfeuer der Kritik. In einem meiner ersten Blogbeiträge nahm ich ebenfalls Stellung.
(Achtung: Meinung von vor 5 Jahren!)
Auch wenn sich durch die Darstellung der beiden männlichen Personen oben auf der Leiter, umringt von darunter stehenden Frauen, die Realität in der Bank möglicherweise sehr real abbildet, könnten manche Leser darin bereits einen Fall von Diskriminierung von Frauen sehen. Umsicht ist hier ein gesunder Ratgeber.
… hin zu grenzwertigem Sexismus in Stellenanzeigen
Während man über das obige Beispiel herrlich diskutieren kann, kommt eine andere Stellenanzeige auf einem Truck, wesentlich expliziter daher:
Dabei handelt es sich um eine absolut ernstgemeinte Job-Promotionaktion. Im Inneren des Job-Trucks können Interessenten nämlich an 8 PC-Arbeitsplätzen Informationen über offene Stellen, Lehrfilme der BAG sowie von LKW-Herstellern und Broschüren der Berufsgenossenschaft erhalten.
Bleiben wir noch etwas bei Werbung auf Fahrzeugen. Auch im Sanitärbereich unterliegen Arbeitgeber immer wieder dem Reiz mehrdeutiger Wortspiele.
Klar ist, dass die Ansprache einzig auf Effekt angelegt ist. Allerdings dürfte bei einer solchen Werbung in gleichem Maße eine Aussage über die Unternehmenskultur beziehungsweise die Haltung der Vorgesetzten getroffen sein. Möglicherweise ist diese Art der Zielgruppenansprache trotzdem erfolgreicher, als wertkonservative Gemüter auf den ersten Blick der Empörung glauben.
Vorsicht mit nackter Haut in Stellenanzeigen
Und wieder geht es um eine Fleischerei. In einer Anzeige sucht eine weibliche Fleischerin nach Mitarbeitern. Und zieht alle Register (aus). Naja, fast alle.
Das Bieten von Frischfleisch ist sprachlich wahrscheinlich absolut stimmig. Auch dürfte die Anzeige einiges an Aufmerksamkeit erregen – immerhin berichtete Focus online darüber. Ob jedoch den zukünftig dort angestellten Fleischereifachverkäufern (m/w/d) damit etwas Gutes getan wurde, wenn sich vorwiegend männliche Kunden an die Anzeige erinnern, sei dahingestellt.
Anti-Anzeigen – die Stellenbeschreibung ins Negative verkehrt
Dass in Stellenanzeigen im Regelfall ein extrem positives Bild des Arbeitgebers sowie der Tätigkeit gezeichnet wird, mag einige Unternehmen veranlasst haben, bewusste Anti-Anzeigen zu veröffentlichen. Ziel: Übertrieben negative Darstellung.
Diese Anzeige löst am Ende auf und schwenkt auf Seriosität zurück. Mit Blick auf tatsächlich sehr schwer zu besetzende Stellen in der Pflege, sorgt das zumindest kurzfristig für Aufmerksamkeit. Aber: Hängen bleiben viele der getätigten Aussagen dennoch. Insbesondere das Gehalt von 850 Euro brutto. Ein gefährliches Spiel.
Gleiches gilt für die Anzeige mit der Suche nach einer Küchenhilfe hier:
Auch das Unternehmen cocodibu hat sich an einer Anti-Anzeige versucht. Hier das Ergebnis.
In wie weit das beschriebene Umfeld sowie die Tätigkeiten am Ende tatsächlich Ähnlichkeit mit der Realität haben, kann ich nicht sagen. Zumindest ist die Anzeige ein Seitenhieb auf die Branche. Gut, wenn das Unternehmen hier mit dem Gegenteil tatsächlich punkten kann. Denn das ist die beim Lesen geweckte Erwartungshaltung.
Kreative Jobtitel in Stellenanzeigen
Eine Reihe von Stellenanzeigen warten mit sehr ungewöhnlichen Jobtiteln auf. Mit Blick auf eine online Sichtbarkeit in Suchmaschinen (SEO) ist das häufig keine so gute Idee. Erreicht die Anzeige jedoch auf anderem Wege ihre Zielgruppe, muss letztere dennoch erkennen können, was genau Sie mit dem Titel meinen. Schauen wir uns mal folgende Beispiele an.
Irgendwie süß wirkt folgende Anzeige – das leidige AGG-Thema mal außen vor gelassen:
Ehrlichkeit in der Anti-Stellenanzeige
Eine sehr gut gelungene Stellenanzeige für eine Kita-Erzieherin nutzt den nachfolgende Text.
Mit Blick auf eine häufig zu wenig stattfindende negative Selbstselektion, hat die Anzeige durchaus ihre Stärken. Denn das gezeichnete Berufsbild hat es tatsächlich in sich. Da kann es nicht schaden, mit einigen „Wahrheiten“ sehr früh um die Ecke zu kommen. Mein persönlicher Favorit übrigens in dieser Zusammenstellung.
Effekthascherei und Beliebigkeit – wenn Original schon Kopie ist
Eine der am häufigsten kopierten Stellenanzeige stand auch Pate für diese Stellenanzeige eines DB-ServiceStores.
Der Text findet sich mittlerweile ebenso in Stellenanzeigen von Steuerberatern und Bauunternehmern. Diese Tatsache alleine spricht Bände. Dort wo der Text beim ersten Lesen noch witzig erscheint, wird er dann zur Beliebigkeit, wenn unterschiedliche Branchen und Tätigkeiten damit gleichermaßen beworben werden können. Dann zeigt sich, dass die Zielgruppe vor allem eines haben muss: Humor. Alles andere scheint egal. Hauptsache nicht verpeilt. Schöne neue Fachkräftemangel-Welt.
Authentischer Humor und Dialekt in Stellenanzeigen
Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch folgende beiden Stellenanzeigen präsentieren:
Beides keine Highend- oder Hochglanz-Anzeigen. Dafür aber mit der passenden Brise Humor mit Blick auf die zu erreichende Zielgruppe. Diese Anzeigen dürften ihre Wirkung nicht verfehlt haben, wenn sie im richtigen Kanal veröffentlicht wurden.
Kreative Stellenanzeigen – ein Fazit
Allein diese wenigen Beispiele kreativer Stellenanzeigen sollten Ihnen gezeigt haben, dass auf dem Spielfeld der Jobausschreibungen noch reichlich Raum für eigene ausgefallene Ideen ist. Ein Großteil der Anzeigen dürfte allerdings vor allem in der nicht-Online-Welt gut funktionieren. Dort wo es nicht auf Keywords und Algorithmen ankommt, um eine Sichtbarkeit der Anzeige zu gewährleisten.
Probieren Sie sich ruhig aus. Möglicherweise helfen Ihnen meine Hinweise und Kommentare im Beitrag dabei, zumindest gröbere handwerkliche Fehler zu vermeiden.
Ein herzliches Dankeschön geht an Jo Diercks vom Recrutainment-Blog, der immer wieder tolle Stellenanzeigen-Fundstücke aus dem Internet an die Oberfläche bringt. Und an Karrierebibel, den kununu-Blog sowie den Blog Personalmarketing Nerds, auf die ich bei meinen Recherchen ebenfalls häufiger gestoßen bin.
Ein rechtlicher Hinweis zum Schluss: Sollte sich Ihre Anzeige in dieser Zusammenstellung finden, haben Sie selbstverständlich auch auf meinem Blog ein „Recht auf Vergessen werden“. Sind Sie mit einer Veröffentlichung nicht mehr einverstanden, melden Sie sich bitte direkt bei mir unter persoblogger@email.de.