In diesem Beitrag werde ich die kununity, kununus nächsten Schritte in Richtung Social Recruiting aus Praktikersicht unter die Lupe nehmen. Was bedeutet „kununity“ konkret, was kann diese neue Community und was bringt sie für Recruiter mit sich?
kununu bringt größeres Update
Weiterentwicklungen werden ab heute zur großen HR-Messe Zukunft Personal in Köln eine ganze Menge gezeigt werden. Eine Reihe davon sehe ich mir für meine Leser genauer an. Da nach Aussage von kununu Pressesprecher Joey Prüller die neuen Features der XING-Tochter das Potenzial haben, den Recruitingmarkt revolutionär zu verändern, lohnt sich mein kritischer Blick darauf. Denn Revolutionen haben schon viele angekündigt. Schauen wir mal genauer hin.
kununus neue Startseite besticht mit klarer Struktur
Endlich wurde mein Rufen erhört, das ich schon 2016 mit meinem Beitrag kununu mutiert nach radikalem Update zu funktionslosem Logofriedhof habe erklingen lassen. Mein in jenem Beitrag geprägter Begriff Logofriedhof war laut Aussage der Produktverantwortlichen ein wichtiger Anlass, um über ein Redesign nachzudenken. Nun ist es da.
Die neue Startseite wirkt sehr aufgeräumt und rückt anstelle von bezahlter Werbung die Kernfunktion des Arbeitgeberbewertungsportals wieder in den Fokus. Ein erster Hinweis für mehr Nutzerorientierung.
Unter dem prominenten Suchschlitz werden vier einzelne Cluster angezeigt. Diese sorgen einerseits für eine höhere Mobiloptimierung und können andererseits zukünftig nutzerspezifisch angepasst werden.
Nutzwerterhöhung für die User
In meiner Trendanalyse des Recruitingmarkts hatte ich es bereits angedeutet: kununu wird um eine Nutzwert-Erhöhung zugunsten seiner User nicht herumkommen. Werden diese nicht stärker an das Portal gebunden, verlaufen sonstige Weiterentwicklungen im Sande. Nun ist also der Pfad sogar für eine stärkere Individualisierung des Contents eingeschlagen. Heavy User werden alsbald mit anderen Inhalten beglückt als Neunutzer.
Aber welchen Grund gibt es überhaupt kununu stärker zu nutzen als bisher?
Aufbau einer lebendigen kununity
Alleine mit News und sonstigem Content ließ sich noch keine Community aufbauen. Dazu fehlte bislang echte Interaktion auf der Plattform. Das einzige Feature in diese Richtung war die Möglichkeit einer Stellungnahme durch das Unternehmen. Diese hatte jedoch viel zu oft, wie die Bewertung selbst, den Charakter einer Fire-and-Forget Aktion. Jetzt soll die Interaktion zwischen Nutzern und Unternehmen sowie zwischen Nutzern untereinander deutlich gesteigert werden. Ja, Sie haben richtig gelesen, zwischen den Nutzern soll auch eine Kommunikation stattfinden!
kununus Ask Me Anything (AMA)
Getreu den Vorbildern des Formats Ask Me Anything (Fragt mich alles über), können ab sofort auf den Unternehmensprofilen Fragen gestellt werden. Ein entsprechender Tab findet sich seit heute zwischen Bewertungen und Jobs.
Fragen und Antworten – mehr als reine FAQ
Dabei geht es mit der neuen Funktion um wesentlich mehr als nur die Abbildung altbekannter FAQ. Der Anspruch ist vielmehr, dass User jegliche Art von Fragen zum Unternehmen stellen können. Diese werden sodann entweder vom Unternehmen selbst oder eben von anderen Usern öffentlich beantwortet. Eine kununity entsteht. So die Theorie.
Erstmals sollen konkrete User auf kununu sichtbar werden
Was man vorschnell als Ende der Anonymität auf kununu bezeichnen könnte, ist in Wahrheit eine geplante zusätzliche Option. User können über eine Verifizierung mit ihrer eigenen Identität kommentieren. Warum jemand das tun sollte? Nunja, gehen wir mal davon aus, dass die Bewertungen auf kununu kein reines Unternehmensbashing sind, sondern konstruktives Feedback oder auch Lob. Warum sollten dann User, insbesondere Mitarbeiter, nicht im Sinne von Markenbotschaftern ihre Identität preisgeben?
Verified Users – mehr echt auf kununu?
Gerade das Thema Markenbotschafter hat mich schon immer umgetrieben. Mein schon 2016 geäußerter Wunsch, dass Mitarbeiter sich mit ihrem XING-Profil als Markenbotschafter des eigenen Unternehmens zu erkennen geben, rückt etwas näher. Auch wenn in der aktuellen Ausbaustufe die Verzahnung mit der großen Mutter XING noch nicht optimal ist, läuft die Entwicklung in die richtige Richtung. Vorbild könnte hier das entsprechende Feature im Unternehmensprofil bei Stack Overflow sein.
Der Großteil der Bewertungen wird jedoch auch zukünftig anonym erfolgen. Und das ist gut so. Denn damit gibt es weiterhin einen geschützten Raum, in dem berechtigte Kritik am Unternehmen unsanktioniert bleibt.
Beantwortung der Fragen durch aktivierte Follower
Möglicherweise haben Sie sich schon gefragt, wer genau nun die Fragen in der kununity beantworten soll? Darauf zu setzen, dass ein User zufällig über eine gestellte Frage stolpert, die er beantworten könnte, reicht natürlich nicht. kununu plant deshalb sogenannte Trigger-Mails an Follower der Unternehmensprofile sowie diejenigen, die das jeweilige Unternehmen bereits bewertet haben, zu senden. Diese Nutzer haben zumindest durch ihren Klick auf die Folgen-Schaltfläche kundgetan, Interesse an den Bewertungen des Unternehmens zu haben. Ob das bereits ausreicht, um sie zur Beantwortung von gestellten Fragen auf die Plattform zu locken, muss sich zeigen.
Einmal Interessent, immer Interessent?
Meine erste Befürchtung in diesem Zusammenhang, dass kununu die Follower des Unternehmensprofils auf XING in diese Aktivierungsaktionen einbezieht, haben die Verantwortlichen erstmal entkräftet. Mails sollen nur Mitglieder der kununity erhalten. Dennoch glaube ich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis diese Verzahnung erfolgt.
Dass ich in diesem Zusammenhang von einer Befürchtung spreche, liegt daran, dass das XING-Unternehmensprofil zwar gemeinsam mit dem kununu-Profil als Produktbundle verkauft wird. Trotzdem wird es häufig im Corporate Sinne mit Zielrichtung Kunde genutzt. Würden nunmehr Kunden zu Beantwortung von Fragen auf kununu aufgerufen, wäre das eher suboptimal.
Abgesehen von gewissen datenschutzrechtlichen Bedenken im Zusammenhang mit dem Versand der Trigger-E-Mails, bleibt abzuwarten, ob und wie sich diese Vorgehensweise auf die Gesamtfollower-Anzahl auswirken wird.
Subjektive Fragen produzieren subjektive Antworten
Spannend wird auf jeden Fall, wer sich am Ende tatsächlich berufen fühlt, gepostete Fragen innerhalb der kununity zu beantworten. Und wie diese Antwort dann ausfällt. Natürlich gibt es Fragen mit eindeutigen Antworten. Zum Beispiel die Frage nach Parkplätzen am Unternehmensstandort vor der Anreise zum Bewerbungsgespräch. Ich kann mir aber vorstellen, dass Nutzer ebenfalls Fragen zu weicheren Faktoren stellen. Zum Beispiel, wie die Stimmung in bestimmten Unternehmensbereichen sei oder wie man denn mit dem CEO persönlich klarkomme.
Antworten durch Nichtwissende?
Ob die gegebenen Antworten in solchen Fällen tatsächlich stimmig sind oder gar der eigenen Meinung entsprechen, bleibt dabei offen. Aber das ist bereits heute bei den Bewertungen ebenso. Arbeitgeberbewertungen sind und bleiben größtenteils subjektiv. Ein objektiveres Bild entsteht allenfalls durch die Aggregation zahlreicher Bewertungen in der Gesamtschau. Insofern ist Meinungsdivergenz durchaus gewollt.
Community-Feeling durch Fragen und Antworten?
Aber kann durch das Einstellen und Beantworten von Fragen tatsächlich eine lebendige Community entstehen? Ich habe da erhebliche Zweifel. Auch hilft die Möglichkeit, Antworten und Bewertungen mit „hilfreich“-Kennzeichen zu versehen nur bedingt bei der Verfolgung dieses Zwecks weiter. Allerdings könnte es ein Schritt in diese Richtung sein.
Personaler für Social Recruiting fit machen!
Jedoch insbesondere wenn die Beantwortung von Fragen am Ende größtenteils durch Vertreter des Unternehmens selbst erfolgt, besteht Handlungsbedarf in der Personalabteilung. Denn wieder werden deren Fähigkeiten im Bereich Social Recruiting gefordert. In diesem Fall Social Media Communication. Und damit gibt es wieder einen Grund mehr für Recruiter, sich eigene Business Social Media Profile zuzulegen.
Fazit zu kununus neuer Community kununity
Die Wiener Softwareschmide geht mit ihren Ambitionen in Richtung Community-Aufbau einen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist der Zweck der Plattform noch immer ein sehr eingeschränkter. Arbeitgeberbewertungen sind für die Mehrzahl der Nutzer, die anonym Bewertungen abgeben, weiterhin nur ein kurzfristiges Mittel zum Zweck. Jobsuche ist eher kein Dauerzustand. Eine tatsächliche Bindung an die Plattform kann der Einbezug in die Beantwortung von Fragen aus meiner Sicht (noch?) nicht erzeugen. Der Mehrwert ist für diese Zielgruppe weiterhin stark eingeschränkt.
Anders ist das für die Arbeitgebermarken-Verantwortlichen in den Unternehmen. sowie Mitarbeiter als Markenbotschafter. Diese sollten die sich mit den Features ergebenden neuen Markenkontaktpunkte professionell gestalten. Social Communication steht daher weiterhin ganz oben auf der Must-learn-Liste für moderne Recruiter. Mit der Messe Zukunft Personal zeigt kununu erste Einblicke auf seinem eigenen Arbeitgeberprofil. In sechs bis acht Wochen sind die neuen Funktionen dann auf allen Unternehmensprofilen sichtbar.
Wir dürfen gespannt sein, wie sich das Portal weiterentwickelt. Insbesondere, ob irgendwann auch das Thema Gehaltsdatenbank analog Glassdoor oder Companize auf dem Plan steht. Auch wenn ich diesmal noch keine wirkliche Revolution erkennen kann, geht es bei kununu voran. Immerhin.
Nachtrag (April 2018)
Leider können Unternehmen gegebenen Antworten anschließend nicht mehr bearbeiten. Dies löst mit jeder (klarstellenden) Antwort erneut eine Welle an Push-E-Mails aus. Letztere haben sich in der Praxis vielerorts bereits als nervig erwiesen. Kommt das Feature richtig in Fahrt, ist die Schmerzgrenze hin zum Spam schnell erreicht. Es besteht Handlungsbedarf!