Am 16.10.2014 hat die APRIORI business solutions AG die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie zum Onlinerecruiting bzw. Mobile Recruiting vorgestellt. Dazu hatte sie Vertreter der 116 an der Studie teilnehmenden Unternehmen in ihre Büros im Frankfurter Messeturm geladen.
Ziel der Studie war eine Antwort auf die Frage:
„Wie können die digitalen Recruitingkanäle von Unternehmen auf immer enger werdenden Arbeitsmärkten erfolgversprechend gestaltet werden?“
Im Folgenden stelle ich einen selektiv gewählten Ausschnitt der Ergebnisse dar und nehme eine kurze Bewertung bzw. Stellungnahme dazu vor.
Die befragten Teilnehmer
Es wurden insgesamt knapp 1.100 Personen (vorwiegend Studierende, bzw. 65% Frauen) in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat Prof. Dr. Holger Stein (FOM Hochschule für Oekonomie & Management), Prof. Dr. Thomas Bürkle (Hessische Berufsakademie) und Prof. Dr. Michael Knörzer via Online-Fragebogen befragt.
Das Befragungsdesign
Auszug aus den Ergebnissen
Die doch recht niedrig anmutenden Werte zum Erfüllungsgrad resultieren vor allem daraus, dass die Ergebnisse der einzelnen Unternehmen oft weit auseinander lagen. Insbesondere im Bereich Social Media zwischen 15% bei den am schlechtesten bewerteten und 90% bei den am besten bewerteten Unternehmen.
Mobiloptimierung von Karriereseiten
Wie sich bereits bei der Mobile Recruiting Studie von ABSOLVENTA gezeigt hat, muss unterschieden werden zwischen dem Grad der erwarteten Mobilfähigkeit des Karriereportals. Einerseits möchten 90% die technische Möglichkeit haben, die Inhalte der Karriereseite von beliebigen (mobilen) Endgeräten aus zu konsumieren. Andererseits erwarten trotzdem nur 25% mobil optimierte Karriereseiten.
Das mag darauf hindeuten, dass Bewerber durchaus in Summe noch gewillt sind, bei echtem Interesse mit gewissen technischen Restriktionen zu leben.
Allerdings brechen laut Studie 36% den Bewerbungsprozess bei technischen Problemen ab. Das Ergebnis ist insofern verwunderlich, als dass technische Probleme vermeintlich in jedem Fall dafür sorgen sollten, dass eine Bewerbung nicht abgegeben werden kann. Insofern vermute ich, dass dies eher bedeutet, dass 36% sich in einem solchen Fall gar nicht mehr beim Unternehmen bewerben bzw. zumindest nicht mehr online.
Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass ein solcher technischer Fehler einen zur Bewerbung entschlossenen Bewerber tatsächlich vollkommen von seinem Vorhaben abbringen kann. – Umgekehrt sind möglicherweise viele Personaler sogar froh, denn sie unterstellen einem derartigen Bewerber gerne, dass er nicht wirklich beim Unternehmen anfangen wollte, wenn er sich so leicht abhalten lasse. Oder gar, dass ein solches Verhalten nicht von großem Ehrgeiz zeuge.
Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.
Der Zugang zum Bewerberportal
Was das Kriterium Zugang zum Karriereportal angeht, so ist das die erste Hürde für den Abschluss eines erfolgreichen Online-Recruiting-Prozesses. Dabei ist zielgruppenspezifische Ansprache für 45% der Bewerber wichtig.
Für mich ein verhältnismäßig niedriger Wert, verglichen mit dem Aufwand, den Unternehmen hier oftmals betreiben.
Ein sehr schönes Beispiel, das auch zu meinen persönlichen Favoriten gehört, ist die Startseite des Karriereportals von Thyssen-Krupp aufgrund ihrer sehr klaren und intuitiven Struktur:
Die erwarteten Inhalte des Karriereportals
Neben den klassischen Informationen über das Unternehmen sowie Karrieremöglichkeiten, geht es vor allem um authentische Eindrücke, z.B. durch Testimonials, als Videos. Diese Einblicke in die Arbeit bzw. Karrieremöglichkeiten im Unternehmen sind 41% der Befragten sehr wichtig und weiteren 47% wichtig.
Die Aufgabe eines Bewerberportals
Ein spannender Satz findet sich im Mittelteil der Studie: „Kommt es schließlich zu einer Bewerbungsabsicht, so ist es Aufgabe des Karriereportals, es dem Nutzer möglichst einfach zu machen und nicht der Personalabteilung.“
Das ist aus der modernen Sicht des Bewerbers als Kunde natürlich verständlich und aus meiner Sicht begrüßenswert. Allerdings sollten dabei trotzdem nicht die Prozesse der Recruiter vergessen werden. Denn wenn deren Bedürfnisse bei der Einführung eines entsprechenden Online-Bewerber-Systems über die Karrierewebsite nicht ausreichend berücksichtigt werden, kann ein solches Projekt schnell scheitern.
Das gilt vor allem dann, wenn die Vereinfachung der Dateneingabe durch den Bewerber einher geht mit einer Reduktion der dem Recruiter zur Verfügung gestellten Informationen (wie beispielsweise bei der sog. One-Click-Bewerbung. Hier muss zuerst der Prozess (inklusive Mindset!) der Recruitingabteilung in Richtung Active Sourcing angepasst werden.
Transparenz über den Bewerbungsprozess
Bewerber verlangen danach, Informationen über den Bewerbungsprozess des Unternehmens zu erhalten und zunehmend auch über den aktuellen Stand der Bearbeitung ihrer Bewerbung.
Eine sehr ausführliche Aufklärung nimmt beispielsweise das Unternehmen Fresenius vor. Nein, nicht das Institut, das Nutella prüft, sondern der Konzern mit den 200.000 Mitarbeitern.
Datenschutz bei der Online-Bewerbung
Zumindest haben nur noch knapp 20% der Befragten Sicherheitsbedenken bei einer Online-Bewerbung. Immerhin.
Gleichzeitig steht das Interesse an Informationen zum Datenschutz anderen Informationsbedürfnissen stark hinterher. Für mich bedeutet das: Die Bewerber wollen (verständlicherweise) zwar keine langen Datenschutztexte lesen, aber sich trotzdem sicher sein, dass diese Regeln vom Unternehmen eingehalten werden.
Teilnehmende Unternehmen und Gewinner der Best Practise Awards
Von den 116 in die Studie eingeflossenen Bewertungen folgender Unternehmen
wurden diese acht Gewinner mit dem Best Practise Award ausgezeichnet:
- Allianz
- Bosch
- Deutsche Flugsicherung
- Deutsche Telekom AG
- Fresenius
- plista
- Thyssen-Krupp
- zeb
FAZIT
Durch die Studie selbst ergeben sich für mich nur wenig neue Erkenntnisse. Allerdings bestätigte sich meine Ansicht, dass die komplett mobile Bewerbung stark überschätzt und zu Unrecht gehypt wird.
Dies konstatierte einer der Referenten des Abends, Dominik Hahn von der Allianz: Nach den ersten Monaten mit dem neuen mobilen Portal seien die Erfahrungen bei den Verantwortlichen extrem ernüchternd.
Mobile Optimierung der Karriereseite: Ein Muss.
Mobile zugängliche Stellenanzeigen: Wünschenswert.
Mobile Bewerbung: Mehr Schulterklopfen für das eigene Unternehmen als wirtschaftlicher Mehrwert.
Wie sehen Sie das, liebe Leser?