Gehaltsangaben in Stellenanzeigen erhöhen die Attraktivität für Bewerber enorm. Einer Arbeitnehmer-Umfrage von Censuswide im Auftrag der Jobseite Indeed zufolge wünscht sich die große Mehrheit der Deutschen (über 60%) Informationen zum Gehalt in Stellenangaben und würde sich zudem eher auf eine Stelle mit transparenten Angaben bewerben. Die deutschen Arbeitgeber zeigen sich von dem großen Interesse jedoch eher unbeeindruckt. So sind Gehaltsangaben in hiesigen Stellen die Ausnahme, obwohl sich seit 2019 ein starker Positivtrend abzeichnete. Dieser ist jedoch bereits 2023 zum Stillstand gekommen und lässt die Bundesrepublik daher auch im europäischen Vergleich schlecht dastehen, wie eine aktuelle Stellenanalyse der Ökonomen des Indeed Hiring Labs aufzeigt.
Status quo der Gehaltstransparenz in Deutschland
Demnach beinhalten aktuell 15,8% aller Stellenanzeigen in Deutschland eine Gehaltsangabe. Rechnet man Verweise auf Tarifangaben hinzu, liegt der Anteil bei 23,7%. Im Vergleich zu vor fünf Jahren ist das eine deutliche Verbesserung: 2019 lag der Anteil bei nur 4,1% und hat sich demnach fast vervierfacht. Seit dem bisherigen Höhepunkt im September 2023 (17,3%) stagnierte dieser Positivtrend allerdings bzw. ist sogar rückläufig.
Der Blick auf weitere führende Volkswirtschaften in Europa (Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Italien und Irland) macht deutlich, dass Deutschland trotz des Transparenzschubs großen Aufholbedarf hat. So enthalten in Großbritannien aktuell 69,7% aller Stellen Angaben zum Gehalt. In Frankreich liegt der Anteil bei 50,7%, gefolgt von den Niederlanden und Irland mit 45,3 bzw. 40,3%. Allein Italien schneidet mit 19,3% ähnlich niedrig wie Deutschland, aber dennoch besser ab.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Deutschen sich sehr unwohl bei Fragen rund ums Gehalt fühlen, wie die Indeed-Umfrage belegt. Demnach würden nur 16% der befragten Arbeitnehmer ihre Kollegen nach ihrem Gehalt fragen.
Studien verweisen immer wieder auf die Vorteile von Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen. Sie sorgt dafür, dass alle Beteiligten gut informiert in Gehaltsverhandlungen gehen können, was sich langfristig positiv auf Lohngerechtigkeit und Mitarbeiterzufriedenheit auswirken kann. In Deutschland nutzen Arbeitgeber sie aber vor allem dann, wenn der Konkurrenzdruck bei der Mitarbeitersuche hoch ist. Dies legt nahe, dass Gehaltsangaben eher als strategisches Mittel zur Personalgewinnung eingesetzt und noch nicht systematisch implementiert werden.
Große Unterschiede bei Gehaltstransparenz zwischen Berufsgruppen
Dieser Eindruck verstärkt sich bei der Auswertung der Gehaltstransparenz in den verschiedenen Berufsgruppen. Besonders in Jobs mit wenig Konkurrenz und hohen Gehältern gibt es selten Informationen zur Bezahlung: In den Bereichen Wirtschaftsingenieurwesen, Softwareentwicklung, Data Analytics & Informationsmanagement sowie Rechtswesen liegt der Anteil jeweils bei unter 10%.
Demgegenüber stehen Berufsgruppen, die als weniger attraktiv gelten und trotz der aktuellen Rezession in Deutschland vom Fachkräftemangel geprägt sind: Am transparentesten sind Stellenausschreibungen für Reinigungsdienste (40,9%), gefolgt von Transportwesen (37,1%) und Sicherheit (29,8%).
Der Mangel an Gehaltstransparenz führt zu großen Gehaltsunterschieden für gleiche Arbeit – besonders in überdurchschnittlich bezahlten akademischen Berufen. Das schafft Unruhe, Unzufriedenheit und benachteiligt überwiegend unterrepräsentierte Gruppen in der Belegschaft. Die Folgen zeigen sich etwa im Gender-Pay-Gap, das die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen beschreibt. Mit transparenten Angaben in Stellenanzeigen können Unternehmen solchen Entwicklungen entgegenwirken und verschaffen sich damit nicht nur einen strategischen Vorteil, sondern tragen auch zu mehr Gleichberechtigung in der Arbeitswelt bei. Zudem können sie sich als Vorreiter positionieren, denn bis Juni 2026 muss in Deutschland die EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz umgesetzt werden. Dann werden Unternehmen ohnehin zu mehr Gehaltsangaben verpflichtet.
Quelle: Pressemitteilung von indeed
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