Homeoffice Nachbericht Pandemie

Rückkehr ins Büro: Ein Nachbericht der Pandemie

Der unmittelbar nach der Corona-Pandemie weitverbreitete Trend, großflächig Angebote zur Arbeit im Homeoffice bereitzustellen, wird zunehmend in Frage gestellt. Return-to-Office Policies ersetzen die einstige Flexibilität – mit teilweise drastischen Auswirkungen. Welche alternativen Ansätze gibt es, auch Büroarbeit wieder attraktiv zu gestalten und gleichzeitig die Mitarbeiterzufriedenheit zu sichern? Gastautor Thomas Hoffmann von Robert Walters teilt seine Praxiserfahrungen mit uns.

Der Trend zu mehr Büropräsenz

Der Trend zur Rückkehr ins Büro hat auch in Deutschland deutlich Fahrt aufgenommen. Unsere jüngste Studie bei Robert Walters zeigt, dass 42% der Unternehmen die Anzahl der Bürotage innerhalb der letzten zwölf Monate erhöht haben. Besonders in Branchen, die stark auf Zusammenarbeit und direkte Kommunikation setzen, bleibt das Büro als Ort der Begegnung unerlässlich.

Die aktuelle Umfrage verdeutlicht zudem: Knapp die Hälfte der Unternehmen schreibt keine reinen Remote-Positionen mehr aus. Diese Entwicklung unterstreicht das gestiegene Bedürfnis der Unternehmen nach physischer Präsenz im Arbeitsalltag.

Herausforderungen für Arbeitnehmende: Präsenz versus Flexibilität

Für viele Beschäftigte stellt die Entwicklung zur verstärkten Büropräsenz jedoch eine Herausforderung dar. Die Balance zwischen Präsenz und Flexibilität wird zum Brennpunkt: Mitarbeitende, die sich während der Pandemie an Remote-Arbeit gewöhnt haben, erleben die Rückkehr ins Büro oft als großen Einschnitt. Besonders sie stellen sich die Frage, wie sich ein höheres Maß an Präsenzarbeit mit ihrem Alltag vereinen lässt.

Im Gegensatz dazu werden neue Teammitglieder in der Regel direkt mit einer Büropräsenz eingestellt und erleben dadurch eine andere Erwartungshaltung an die Arbeitsweise. Zu viel Büropräsenz kann für erfahrene Remote-Mitarbeitende als Eingriff in die Lebensqualität wahrgenommen werden, während ein zu hohes Maß an Flexibilität langfristig die Produktivität und den Teamzusammenhalt gefährden kann.

Hier stellt sich eine Frage, die Unternehmen heute mehr denn je beschäftigt: Wie viel Flexibilität ist sinnvoll und wo setzt man die Grenzen?

Arbeitgebermarke und langfristige Bindung im Fokus

Die Rückkehr ins Büro hat nicht nur Einfluss auf die Effizienz und Zusammenarbeit, sondern auch auf die Wahrnehmung der Arbeitgebermarke und die langfristige Bindung der Mitarbeitenden. Gerade in einem Umfeld, in dem der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte hoch ist, wird es zunehmend wichtig, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Unternehmen, die flexible, moderne Arbeitsmodelle anbieten, signalisieren ihren Mitarbeitenden und potenziellen Bewerbern, dass sie auf die Bedürfnisse der heutigen Arbeitswelt eingehen.

Mitarbeitende fühlen sich mehr wertgeschätzt, wenn sie die Möglichkeit haben, den Arbeitsort flexibel zu gestalten und gleichzeitig von den Vorteilen der Präsenzarbeit zu profitieren. Ein solches Modell, das Raum für Eigenverantwortung und soziale Interaktion lässt, fördert nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Loyalität gegenüber dem Unternehmen.

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Der Mehrwert persönlicher Begegnungen: einfach effizienter?

Persönliche Begegnungen am Arbeitsplatz schaffen eine Effizienz, die reine Remote-Arbeit oft nicht erreicht – besonders bei Projekten, die intensive Abstimmung und kreative Zusammenarbeit erfordern. Ein Praxisbeispiel zeigt dies eindrucksvoll: Ein großes Pharmaunternehmen verzeichnete durch verstärkte Präsenz kürzere Entscheidungswege und schnellere Projektfortschritte. In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung führte die reine Remote-Arbeit zuvor häufig zu Verzögerungen, da komplexe Ideen und Entscheidungen nicht zeitnah abgestimmt werden konnten. Diese Herausforderungen sorgten zunehmend für Unruhe und Unzufriedenheit im Team.

Seitdem die Bürotage wieder erhöht wurden, berichten die Teams von einem spürbaren Mehrwert: Entscheidungen fallen schneller, Rückfragen lassen sich in Minutenschnelle klären, und vor allem in kritischen Projektphasen zeigt sich eine deutlich gestiegene Effizienz. Neben den verbesserten Abstimmungsprozessen fördert die gemeinsame Präsenz auch den Teamzusammenhalt und stärkt das Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen.

Technologieriesen setzen auf Rückkehrzwang – mit Folgen

Große Technologiekonzerne wie Amazon und Tesla haben die Rückkehr ins Büro rigoros durchgesetzt und verlangen nun eine Präsenz von bis zu 40 Stunden pro Woche. Auch IBM fordert von US-Führungskräften mindestens drei Tage vor Ort. Doch die strikte Rückkehrpolitik dieser Unternehmen stieß auf heftigen Widerstand bei den Mitarbeitenden: Viele fühlten sich in ihrer Flexibilität eingeschränkt und sahen den abrupten Wandel als Vertrauensbruch.

Eine aktuelle Umfrage unter Amazon-Beschäftigten zeigt die Konsequenzen dieser Politik: 73% der Befragten erwägen aufgrund der Büroanwesenheitspflicht, das Unternehmen zu verlassen, und 32% gaben an, Kolleginnen und Kollegen zu kennen, die deswegen bereits gekündigt haben​.

Der Versuch, durch reine Präsenz eine stärkere Teamkultur und effizientere Projektarbeit zu fördern, scheint hier an Grenzen gestoßen zu sein.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie schnell ein zu starrer Präsenzzwang das Arbeitsklima belasten kann. Für Unternehmen, die wachsen wollen, stellt sich daher die Frage: Kann man durch Präsenz allein eine starke Mitarbeiterbindung und langfristigen Erfolg erreichen, oder riskiert man durch starre Vorgaben den Verlust wichtiger Talente?

Neue Wege für das Personalmanagement

Für HR-Teams bedeutet dieser Wandel eine komplexe Aufgabe: Während bei neuen Stellen zunehmend klar auf Büropräsenz hingewiesen wird, müssen Unternehmen gleichzeitig Rücksicht auf bestehende Mitarbeitende nehmen, die sich bereits an Remote-Arbeitsstrukturen gewöhnt haben. Die Balance zwischen Flexibilität und Präsenz muss neu definiert werden. Es geht nicht darum, Beschäftigte „zurückzubeordern“. Vielmehr muss das Büro als Mehrwert gestaltet werden – als ein Raum, der Motivation, Innovation und Teamgeist fördert.

Ein kontroverser Ansatz ist es, Gehälter oder Beförderungen an die Präsenz im Büro zu knüpfen. 18% der Manager, die an unserer Umfrage teilnahmen, denken bereits darüber nach, Präsenz im Büro stärker zu honorieren. Ein Ansatz, der sicherlich Diskussionspotenzial birgt, jedoch in bestimmten Kontexten eine interessante Möglichkeit darstellt, um das Engagement für das physische Arbeiten im Büro zu stärken.

Modifizierung der hybriden Modelle als Lösung?

Einige Unternehmen setzen inzwischen auf hybride Arbeitsmodelle, die sowohl Flexibilität als auch Präsenz bieten und somit das Beste aus beiden Welten vereinen. So bietet ein Beratungsunternehmen seinen Mitarbeitenden neben flexiblen Arbeitszeiten gezielte Anreize, um die Büropräsenz zu fördern. Dazu zählen kostenfreie Mahlzeiten, eine inspirierende Arbeitsumgebung, die auf Wohlbefinden und Produktivität ausgerichtet ist, sowie regelmäßige Team-Events, After-Work-Veranstaltungen und abteilungsübergreifende Lunch-Runden. Diese Form der hybriden Organisation fördert das Kennenlernen und den Austausch von Best Practices, was sowohl das Gemeinschaftsgefühl als auch die Innovationskraft des Unternehmens stärkt.

Gerade für Berufseinsteigende und jüngere Teammitglieder stellen solche Networking-Gelegenheiten einen großen Mehrwert dar: Spontane Gespräche und Kontakte entstehen, die im Homeoffice schlichtweg nicht entstanden wären. Diese spontanen Austausche und entstehenden Kontakte können nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern langfristig auch das berufliche Vorankommen beschleunigen.

Neue Denkansätze für die Arbeitskultur

Ein modernes Arbeitsmodell, das sowohl Arbeitnehmenden als auch Arbeitgebern zugutekommt, ist gefragt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Unternehmen bereit sein, alte Strukturen infrage zu stellen und neue Ansätze zu testen.

Ein sinnvoller Ansatz kann sein, Präsenzphasen gezielt für Projekt- und Abstimmungsphasen einzuplanen, während Routinetätigkeiten weiterhin remote stattfinden. Das Büro wird dadurch zum Ort, an dem gezielter Austausch und gemeinsame Abstimmung stattfinden können, was insbesondere bei komplexen Projekten für mehr Effizienz sorgt.

Checkliste für Unternehmen

1.      Flexible Präsenzregelungen

Überdenken Sie starre Vorgaben und ermöglichen Sie hybride Modelle, die den Bedürfnissen der Mitarbeitenden entsprechen.

2.      Mehrwert des Büros kommunizieren

Schaffen Sie Anreize, wie kostenlose Mahlzeiten oder spezielle Events, die den Arbeitsplatz attraktiv und produktiv machen.

3.      Projektphasen berücksichtigen

Planen Sie Präsenzzeiten gezielt für projektkritische Phasen und fördern Sie damit Teamabstimmungen und Effizienz.

4.      Fokus auf die Arbeitgebermarke

Zeigen Sie mit flexiblen Arbeitsmodellen Ihre Anpassungsfähigkeit und Positionierung als attraktiver Arbeitgeber.

5.      Transparente Kommunikation

Informieren Sie frühzeitig über Veränderungen und schaffen Sie ein Bewusstsein für die Vorteile der Präsenz – für Teamgeist, Entwicklung und Produktivität.

Thomas Hoffmann

Thomas Hoffmann begann seine Karriere in der Personalberatung nach Abschluss seines Studiums des Wirtschaftsrechts mit Schwerpunkt Personalwesen in2005.

Derzeit ist er als Senior Director North bei Robert Walters in Deutschland tätig. Gleichzeitig unterstützt er Unternehmen bei der Besetzung von hochspezialisierten Positionen mit freiberuflichen Experten und greift dabei auf eine fast 20-jährige Erfahrung zurück.

>> LinkedIn-Profil von Thomas Hoffmann

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