Wie vielversprechend ist das Recruiting von Quereinsteiger:innen? Gastautor Jakob Eiser ist der Meinung: Personen ohne branchenübliche Ausbildung können oftmals neue Impulse, Kompetenzen und Perspektiven in Unternehmen einbringen. Zudem vergrößert sich die Zielgruppe für Recruiter:innen erheblich, wenn man sich bei den Qualifikationen flexibler zeigt.
Doch wie gelingt es, die passenden Quereinsteiger:innen zu finden und erfolgreich zu integrieren? Wir werfen einen Blick auf die Herausforderungen für Recruiter:innen, Chancen und Risiken sowie konkrete Beispiele für gelungene Quereinstiege.
Darum sind Quereinstiege beliebt
Recruiter:innen sollten sich vor Augen führen: Das Interesse an neuen, alternativen Karrierewegen und fachfremden Positionen ist vermutlich höher als je zuvor. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen sind Bewerber:innen auf dem aktuellen Arbeitsmarkt sehr gefragt. Das Thema Fachkräftemangel ist omnipräsent und die Talente wissen selbst, dass ihre Chancen bei einem Jobwechsel vielversprechend sein können.
Darüber hinaus gibt es heutzutage viele niedrigschwellige Weiterbildungsangebote, die Arbeitnehmer:innen in kurzer Zeit für neue Aufgaben qualifizieren. Gerade durch die Digitalisierung bieten Onlinekurse enorme Möglichkeiten.
Hinzu kommt, dass gerade in den vergangenen Jahren der „Purpose“, also die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit, für viele Angestellte wichtiger geworden ist: Welchen Beitrag leisten mein Unternehmen und meine Arbeit für die Gesellschaft? Kann ich dadurch persönliche und berufliche Erfüllung finden? Sind die Talente mit den Antworten hierauf unzufrieden, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Jobwechsels – und auf einen Quereinstieg in ein neues Metier.
4 Vorteile für Unternehmen
Es ist davon auszugehen, dass Quereinsteiger:innen einige positive Eigenschaften mitbringen, von denen ihr Team profitieren kann.
- Diversität: Eine diverse Belegschaft kann die Leistung fördern und die Unternehmenskultur stärken. Zu wichtigen Diversitätsfaktoren gehören neben dem Alter, dem Geschlecht und der ethnischen Herkunft auch der Bildungsweg oder die Berufserfahrung. Quereinsteiger:innen können also die Diversität fördern.
- Neuer Input: Das bringt wiederum neue Perspektiven, Lösungsansätze und Know-how mit sich. Probleme und Aufgaben werden mitunter von Branche zu Branche unterschiedlich wahrgenommen und gemeistert.
- Lernbereitschaft: In der Regel haben sich Quereinsteiger:innen ihre neue Stelle und Branche sehr bewusst ausgesucht. Zudem verlangt die Einarbeitung viel ab. Die grundsätzliche Lernbereitschaft der Personen ist demnach hoch einzuschätzen.
- Motivation: Klar, mit dieser Bereitschaft geht ein großes Motivations- und Leistungspotenzial einher. Die bewusste Neuorientierung kann zudem ein Indiz für zielstrebiges und fokussiertes Arbeiten sein.
Die Herausforderungen beim Recruiting von Quereinsteiger:innen
Doch welche Herausforderungen ergeben sich für HR-Teams beim Recruiting von Quereinsteiger:innen? Ein potenzielles Hauptproblem liegt in der Bewertung ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen. Da sie keine einschlägige Berufsausbildung oder Berufserfahrung in der Branche haben, kann es schwierig sein, ihr Potenzial genau einzuschätzen.
Auch deshalb müssen Unternehmen sicherstellen, dass Quereinsteiger:innen über wichtige Soft Skills wie Anpassungsfähigkeit, Lernbereitschaft und Teamfähigkeit verfügen, um sich erfolgreich in neue Arbeitsumgebungen zu integrieren.
Es gilt darüber hinaus, die mögliche, längere Einarbeitungszeit zu berücksichtigen. Neues Arbeitsumfeld, neue Themen und Anwendungen – Quereinsteiger:innen sollte im Prozess mehr Zeit für das Onboarding eingeräumt werden. Natürlich gibt es auch zahlreiche Gegenbeispiele, also Naturtalente, die nach kurzer Zeit produktiv arbeiten.
So meistern Sie die Herausforderungen
Im Umkehrschluss bedeutet das für HR-Teams: Pre- und Onboarding werden zu äußerst wichtigen Erfolgsfaktoren für die Integration von Quereinsteiger:innen. Es empfiehlt sich, ihnen schon vor dem ersten Arbeitstag Infomaterial zuzuschicken, um sie bestmöglich vorzubereiten. Für die tatsächliche Einarbeitung in der Fachabteilung sollten Sie Pläne entwickeln, die auf die Bedürfnisse von Quereinsteiger:innen zugeschnitten sind. Mentoring-Programme, Schulungen und individuelle Unterstützung können dabei helfen.
Regelmäßiges Feedback und die Unterstützung durch Vorgesetzte und Kolleg:innen sollten Sie nicht nur für Quereinsteiger:innen anbieten. Eine offene Kommunikation und ein unterstützendes Arbeitsumfeld fördern das Vertrauen und die Motivation der neuen Mitarbeiter:innen.
Sie sollten kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten, um die Entwicklung und Karriereperspektiven von Quereinsteiger:innen zu fördern. Dadurch können sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse erweitern und langfristig zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Nutzen Sie 1:1-Meetings für die konkreten und individuellen Planungen der Weiterbildungsmaßnahmen.
Um sicherzustellen, dass Quereinsteiger:innen über die erforderlichen Soft Skills verfügen, können HR-Teams verhaltensbasierte Fragen stellen, die auf spezifische Situationen und Verhaltensweisen abzielen. Dadurch erhalten sie Einblicke in die Anpassungsfähigkeit, Lernbereitschaft und Teamfähigkeit der Talente. Darüber hinaus können Persönlichkeitstests oder Assessments eingesetzt werden, um die Eigenschaften und Arbeitspräferenzen der Kandidat:innen zu analysieren und sicherzustellen, dass sie gut zur Stelle und Unternehmenskultur passen.
Prüfen Sie: Welche Positionen sind für Quereinsteiger:innen sinnvoll?
Klar: Niemand darf beispielsweise ohne entsprechendes Staatsexamen als Anwalt:in oder Ärzt:in arbeiten. Genauso gibt es weitere Branchen und Berufe, die eine spezifische Vorbildung oder Fachwissen benötigen – fachfremde Personen sind hier fehl am Platz.
Fragen Sie sich deshalb: Bei welchen unserer Positionen kommt es überwiegend auf Soft Skills, wie zum Beispiel analytisches Denken, Organisationstalent, Kommunikationsfähigkeit, Empathie oder den Umgang mit neuen Medien an? Klassische Bereiche für Quereinsteiger:innen sind deshalb unter anderem Marketing, Vertrieb oder Kundenservice.
Adressieren Sie die jeweiligen geforderten Soft Skills in Ihren Stellenanzeigen und geben Sie explizit an, dass auch Bewerbungen von Quereinsteiger:innen willkommen sind. Diese Offenheit gegenüber Personen mit alternativen Qualifikationen und Diversität sollten Sie auch in Ihren Employer-Branding-Maßnahmen signalisieren, um mehr Aufmerksamkeit in der Zielgruppe zu erreichen.
Handlungsempfehlungen
Um die Herausforderungen beim Recruiting von Quereinsteiger:innen zu bewältigen, sollten Unternehmen folgende Handlungsempfehlungen beachten:
- Klare Definition der Anforderungen für jede Position
- Abwägen: Für welche unserer Positionen sind Quereinsteiger:innen sinnvoll?
- Offenheit für Quereinsteiger:innen zeigen, nicht nur in Stellenanzeigen
- Strukturierte Einarbeitungs- und Weiterbildungsprogramme etablieren
- Eine offene und integrative Unternehmenskultur etablieren
Best Case: Von der Sprachwissenschaft zum Marketing
Bei FUNKE Works, der Dachmarke von Absolventa, finden sich einige gelungene Karrierewege von Quereinsteiger:innen. Sabrina, unsere B2B-Marketing-Managerin, kam aus der Linguistik und bringt ihre Kreativität und strukturierte Arbeitsweise nun im Marketing ein. „Der Wechsel war eine ausgezeichnete Entscheidung“, so Sabrina.
Weiterbildung steht bei uns hoch im Kurs. Sabrina erklärt: „Gemeinsam mit meinem Teamlead wähle ich Fortbildungen, die wir sofort umsetzen können – idealerweise zu Jahresbeginn, um ganzjährig davon zu profitieren.“
Fazit
Das Recruiting von Quereinsteiger:innen birgt sicherlich seine Herausforderungen, aber auch immense Chancen für Unternehmen. Indem Unternehmen diese Potenziale erkennen und gezielt auf die Integration von Quereinsteiger:innen setzen, können sie ihr Wachstum fördern, Innovationen vorantreiben und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Es lohnt sich, den Blick über traditionelle Karrierewege hinaus zu öffnen und das volle Potenzial von Quereinsteiger:innen zu erkennen und zu nutzen.
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