Mitarbeiterbindung liegt im Interesse aller Unternehmen. Welche Ansatzpunkte es gibt, um vor allem sogenannte Deskless-Worker an den Arbeitgeber zu binden, verrät Maximilian Thost, Quinyx.
Trendstudie State of the Frontline Workforce
Das neue Jahr steht in den Startlöchern und viele Menschen legen sich jetzt schnell noch ihre Vorsätze für 2024 bereit. Was im Privaten mal mehr, mal weniger gut funktioniert, lässt sich auch in Unternehmen anwende. Mit dem gravierenden Unterschied, dass das Gelingen der Vorsätze in Zeiten des Arbeitskräftemangels darüber entscheiden kann, ob Mitarbeitende bleiben oder das Unternehmen verlassen. Das betrifft vor allem die sogenannten Blue-Collar-Berufe und damit jene Personen, die nicht im Büro arbeiten.
Laut der „State of the Frontline Workforce(SOFW)”-Trendstudie 2023 von Quinyx haben 53 Prozent der Mitarbeitenden aus Handel, Lager und Logistik sowie dem Gastgewerbe im vergangenen Jahr darüber nachgedacht, zu kündigen. Zu den Hauptgründen gehören dabei hoher Stress (46%), eine nicht vorhandene Work-Life-Balance (44%) sowie fehlende Wertschätzung (28%). Um Mitarbeitende zu binden, sollten Unternehmen daher vier Punkte ganz oben auf ihrer Liste guter Vorsätze für 2024 positionieren:
Flexibilisierung der Arbeit
Das Zitat „Arbeite, um zu leben; aber lebe nicht, um zu arbeiten” hat vermutlich jeder schon einmal gehört – selten jedoch haben es Generationen am Arbeitsmarkt so ernst genommen wie heute. Und während die Rufe nach einer Vier-Tage-Woche im Büroalltag immer lauter werden, wünschen sich auch die sogenannten Frontline Workers mehr Flexibilität und Mitbestimmung.
So hat laut der SOFW-Trendstudie eine:r von fünf Mitarbeitenden immer noch kein Mitspracherecht bei der Schicht- bzw. Dienstplanung. Rund die Hälfte der Befragten hat dadurch bereits wichtige Ereignisse in der Familie oder im Freundeskreis verpasst. Mehr als ein Drittel der Befragten greift zudem immer noch auf einen ausgedruckten Dienstplan zurück und kann Änderungen nicht immer rechtzeitig einsehen. Das führt häufig zu zusätzlichem Planungsaufwand und Stress im Privatleben.
Wollen Unternehmen ihre Mitarbeitenden auch 2024 und darüber hinaus halten, müssen sie lernen, sie besser einzubeziehen.
Digitalisierung des Workforcemanagements
Dafür ist es unerlässlich, das Workforce Management (WFM) zu digitalisieren. Wie zum Beispiel der „Gartner Market Guide for Workforce Management Applications” zeigt, können die Arbeitsbedingungen von operativen Mitarbeitenden durch diese Form der flexibleren Personaleinsatzplanung verbessert werden.
Dies geschieht zum einen durch ein verbessertes Mitspracherecht (Angestellte können ihre Präferenzen und Dienstplan-Wünsche über ein digitales Tool oder eine App angeben) und zum anderen durch die Möglichkeit, Schichten flexibel untereinander zu tauschen, falls das Leben doch mal anders als geplant läuft. Darüber hinaus können Dienstpläne und Änderungen über ein digitales WFM-Tool rund um die Uhr eingesehen werden.
Übrigens: Für Unternehmen bietet die Digitalisierung ebenfalls Vorteile. Da einige auf dem Markt erhältliche Tools auf Automatisierung und den Einsatz von KI setzen, kann die Planungszeit effektiver gestaltet werden. Zusätzlich können die Qualifikationen der Mitarbeitenden automatisch in die Planung einbezogen werden.
Unternehmenskultur: Mitarbeitende im Fokus
Wertschätzung wird 2024 ein großes Thema sein, das Hand in Hand mit der Mitarbeiterbindung geht. Die Mitarbeitenden zu fördern und öfter im Jahr mal ein Lob für gute Arbeit auszusprechen, sollten Unternehmen jedoch genauso wenig vergessen. Immerhin würden laut SOFW-Umfrage 90 Prozent der Befragten länger im Unternehmen bleiben, wenn sie mehr gefördert und wertgeschätzt würden.
Die höchste Prämisse dabei muss sein, auch hier die Mitarbeitenden einzubeziehen – bevor tausende Euro für gut gemeinte Weiterbildungen zum Fenster rausgeworfen werden, die am Ende aber nichts mit der Arbeitsrealität zu tun haben. Durch Umfragen, z. B. über eine WFM-App, kann erörtert werden, was sich die Beschäftigten wünschen oder was sie brauchen.
Auch Lob und Anerkennung lassen sich über solch ein digitales Tool zum Ausdruck bringen. Im mitunter hektischen Arbeitsalltag ist ein spontan geäußertes positives Feedback dabei oft wirkungsvoller als ein vierteljährliches Gespräch, bei dem zurückliegende Ereignisse betrachtet werden. Kleine Gesten haben oft eine große Wirkung: Beispielsweise gibt es bei ausgewählten Anbietern die Möglichkeit, Auszeichnungen in Form sogenannter „Badges” zu vergeben.
Dies alles trägt zu einer Unternehmenskultur bei, die die Mitarbeitenden in den Fokus rückt und sie an Entscheidungen und Neuerungen teilhaben lässt. Durch digitale Tools kann dies noch unterstützt werden. Aber auch eine zentrale gemeinsame Kommunikation über eine Unternehmens-App (statt sogenannter Schatten-IT wie z. B. WhatsApp) trägt zum Gemeinschaftsgefühl bei und bietet zugleich datenschutztechnische Vorteile.
Operative Mitarbeitende: Sorgen ernst nehmen
Ein weiterer Aspekt, den Unternehmen 2024 auf keinen Fall aus den Augen verlieren sollten, sind die Sorgen der Angestellten. Laut einer Quinyx-Umfrage unter operativen Mitarbeitenden aus dem November 2023 musste mehr als ein Drittel der Befragten in diesem Jahr finanzielle Hilfe durch Freunde und Familie annehmen, weil sie ihre Lebenshaltungskosten allein nicht weiter tragen konnten. 24 Prozent mussten einen Zweitjob annehmen und 35 Prozent 2023 ihren Dispo ausreizen oder einen Kredit aufnehmen, um Weihnachten feiern zu können.
Diese wirtschaftlichen Unsicherheiten können einen sehr großen Einfluss auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden haben und letztendlich auch dazu führen, dass sie sich nach einem besser bezahlten Job umsehen. HR-Verantwortliche sollten daher gemeinsam mit der Führungsetage das Gespräch mit den Beschäftigten suchen und überlegen, inwiefern sie zu Lösungen beitragen können. Insbesondere für kleine Unternehmen werden Gehaltserhöhungen in wirtschaftlich angespannten Zeiten kaum eine Option sein – die Sorgen der Angestellten ernst zu nehmen, kann aber ein wichtiger erster Schritt sein und die Bindung stärken.
HR als Changemaker
Der Fokus auf Mitarbeitende, die Digitalisierung, der Umschwung in eine neue Arbeitswelt: All diese Themen laufen in der HR-Abteilung zusammen. Human Resources fungiert dabei als Changemaker und muss intern viel Einfluss nehmen, damit neue Prozesse und Projekte gemeinsam erfolgreich angestoßen werden können.
Daher ist es essenziell, dass sich HR-Verantwortliche 2024 noch mehr trauen, den Lead zu ergreifen und auf ihren „Seat at the Table” bestehen. Andernfalls sind die dringenden Themen Arbeitskräftemangel und Mitarbeiterbindung kaum zu stemmen.