Einige Corporate Influencer, die für Unternehmen aktiv sind, haben ihre Personal Brand zum eigenen Unternehmen ausgebaut. Dabei gibt es eine Vielzahl an Punkten zu beachten, damit die Rolle Mitarbeitende:r und selbstständiger Influencer nicht zum Compliance-Fall wird. Sehr persönliche Praxiseinblicke und Tipps für die Vereinbarung von unternehmerischen Nebentätigkeiten mit der Rolle als Corporate Influencer.
Corporate Influencer – erst Influencer, dann Corporate
Um Unternehmen in verschiedenen Märkten bei Kund:innen oder potentiellen Mitarbeitenden authentisch und wirkungsvoll zu platzieren, werden sogenannte Corporate Influencer immer wichtiger. Eine Vielzahl an größeren Unternehmen hat daher sogenannte Corporate Influencer Programme aufgesetzt.
Dabei beispielsweise Mitarbeitende im Employer Branding für das Unternehmen in der Rolle als Corporate Influencer aktiv, die bereits eine gewisse Bekanntheit beziehungsweise Reichweite via Social Media aufgebaut haben. Die Personal Brand wird dann auch zugunsten des Unternehmens genutzt. Aufgrund des durchaus hohen Wertes einer solchen persönlichen Influencer-Rolle, sind viele Aktive auch selbstständig oder mit einer Gewerbeanmeldung im Nebenberuf tätig.
In diesen Fällen gibt es eine Reihe von Fallstricken, die dabei zu beachten sind, wenn langfristig in beiden Rollen -angestellt und selbstständig- erfolgreich agiert werden soll.
Nur schwarz oder weiß – kein grau
Der wichtigste Grundsatz, der so gut wie keine Ausnahmen kennt: Rollenklarheit und Rollentransparenz. Das fängt mit der eigenen Bewusstmachung an: In welcher Rolle bin ich gerade aktiv – als wer agiere ich?
Wichtige Indizien dafür sind u.a.:
- Arbeitsvertrag
- Aktuell ausgeführte Tätigkeit (Kontext)
- Tätigkeitsort
- Wer bezahlt?
- Wer profitiert von der konkreten Tätigkeit (am meisten)?
Nebentätigkeit anzeigepflichtig, aber nicht genehmigungspflichtig
Die Aufnahme einer Nebentätigkeit ist beim Arbeitgeber frühestmöglich anzuzeigen. Eine allgemeine Genehmigungspflicht gibt es zwar nicht. Aber ein genauerer Blick in die unterschriebenen arbeitsvertraglichen Regelungen hilft bei der Entscheidung, was genau erlaubt bzw. zu tun ist.
In jedem Fall müssen Angestellte ihre arbeitsvertraglich vereinbarte berufliche Haupttätigkeit beim Arbeitgeber weiterhin vollständig erfüllen. Die zusätzliche freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit darf die Ausführung nicht systematisch behindern oder negativ beeinflussen. Auch gelten zusätzliche Anforderungen an die Konkurrenzfreiheit sowie Compliance-gerechtes Verhalten.
Getrennte Kommunikation – auch bezogen auf die Hardware
Sind Corporate Influencer auch selbstständig als Personal Brand am Markt aktiv, ist die korrekte Nutzung der jeweiligen Kommunikationsmedien sowie E-Mail-Adressen obligatorisch. Was aber oft nicht beachtet wird, ist eine strikte Trennung der für eine Kommunikation genutzten Hardware, z.B. Laptops oder Smartphones.
Eine eigengeschäftliche Nutzung eines dienstlichen Laptops kann unnötige Komplikationen mit sich bringen, z.B. mit Blick auf den Zugriff des Arbeitgebers auf die Kommunikation sowie generelle Compliance-Probleme. Daher empfiehlt sich eine strikte und konsequente Trennung der verwendeten Hardware und Kommunikationskanäle.
Arbeitszeiten separieren und begrenzen
In der aktuellen digitalen -häufig hybriden- Arbeitswelt stellt sich mehr denn je die Frage nach dem Thema Arbeitszeit. Einerseits sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden zu dokumentieren – unterlegt mit einer Nachweispflicht. Andererseits gilt für Corporate Influencer selbstverständlich auch das Arbeitszeitgesetz. Eine zusätzliche selbstständige bzw. nebenberufliche Tätigkeit muss innerhalb des gesetzlichen Rahmens erfolgen.
Bei einer manuellen Erfassung von Arbeitszeiten, z.B. bei Homeoffice bzw. mobiler Arbeit, sind die Zeiten getrennt zu berechnen und nur der für den Arbeitgeber investierte Zeitanteil in die betrieblichen EDV-Systeme einzutragen. Erfolgt eine automatisierte elektronische Zeiterfassung, z.B. durch digitale Zutrittskontrollsysteme im Unternehmensgebäude, sind Arbeitszeiten, die zugunsten einer Selbstständigkeit investiert wurden, via Korrekturbuchungen abzuziehen.
Auch wenn es sich um eine Selbstverständlichkeit handeln sollte, kann ich nur dringend dazu raten, hier sehr gewissenhaft vorzugehen. Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt!
Einen “Vorwurf“ müssen sich auch nebenberuflich aktive Corporate Influencer immer wieder anhören: Sobald eine körperliche Unpässlichkeit eintritt oder gar Krankheit, findet sich sofort eine mögliche Ursache in einer „Überlastung aufgrund der vielen parallelen Tätigkeiten“. Diese Einschätzung basiert häufig auf dem Verwechseln von Korrelation und Kausalität.
Eine solche Überlastung kann die Ursache sein, muss es aber nicht! Aus meiner Erfahrung verhindert Eustress bei der nebenberuflichen Arbeit ab und an sogar Distress im Hauptjob. Denn das Spüren von maximaler Selbstwirksamkeit bei einer selbstständigen Tätigkeit kann genauso umgekehrt einen sehr positiven Push für die Gesamt-Leistungsfähigkeit bedeuten.
Dennoch mein Rat: Auf die eigene Gesundheit achten und maximale Effizienz im Umgang mit den eigenen Energien anstreben. Ein paar Tipps dazu hätte ich parat – aber das würde den eh schon langen Artikel vollends sprengen.
Die Sache mit Honoraren und Auslagen
Zusätzlich zum Thema Arbeitszeit sollten Sie maximales Augenmerk auf die Frage nach der jeweils für eine Tätigkeit gezahlten Vergütung legen. Sind Sie in der Rolle als Corporate Influencer für Ihr Unternehmen während der Arbeitszeit unterwegs, sind die anfallenden Kosten, wie z.B. Reisekosten, in der Regel klassische Ausgaben, die der Arbeitgeber im Rahmen der unternehmensintern geltenden Richtlinien erstattet.
Das Annehmen von Speaker-Honoraren oder ähnlich für dienstlich gehaltene Vorträge sollte stets im Vorfeld genau abgeklärt werden. In der Regel sind solche Bezahlungen nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig. In jedem Fall müssen solche Einnahmen dem Unternehmen angezeigt werden.
Hier lohnt es sich, weit im Vorfeld die allgemein gültigen Rahmenbedingungen abzuklären, sofern nicht bereits fixe Regelungen dafür beim Arbeitgeber vorliegen.
Erzielen Sie mit Ihrer Speaker-Tätigkeit Einnahmen für sich im Rahmen Ihrer der Nebentätigkeit, so sind die in diesem Zusammenhang getätigten Ausgaben selbstverständlich ebenfalls Ausgaben der Nebentätigkeit. In den allerwenigsten Fällen werden Arbeitgeber dienstliche Ausgaben übernehmen, bei gleichzeitigem Zugeständnis einer Vergütung zugunsten der selbstständigen Tätigkeit von Mitarbeitenden.
Auch ist das Schließen von entsprechenden schriftlichen Verträgen hilfreich für alle Beteiligten.
Von Kommunikationsautonomie und Abstimmungsbedürfnissen
Was genau dürfen Corporate Influencer eigentlich in ihrer Nebentätigkeit sagen und welche Mitbestimmungsrechte hat der Arbeitgeber?
Generell gilt auch hier eine konsequente Trennung. In der Mitarbeitenden-Rolle unterliegen Präsentationen oder sonstige Botschaften meist einer inhaltlichen Vorgabe oder Kontrolle des eigenen Marketings, der PR-Abteilung oder ähnlich. Selbstverständlich gilt hier das Weisungsrecht des Arbeitgebers, wenn Mitarbeitende in jener Rolle über und für den Arbeitgeber sprechen.
Bei der selbstständigen Tätigkeit muss man unterscheiden. In jedem Fall darf dann nicht offiziell „für“ das Unternehmen gesprochen werden (Rollenkonkflikt!), sondern nur noch „über das Unternehmen“. Der Unterschied ist bedeutsam.
Während „für das Unternehmen sprechen“ nicht nur eine Mitbestimmung, sondern auch eine Haftung des Arbeitgebers auslöst (Stichwort: offizielle Unternehmensaussage), ist ein „Sprechen über den Arbeitgeber“ in einer freiberuflichen Rolle erst einmal eine freie Meinungsäußerung – die allerdings der eigenen persönlichen Haftung unterliegt!
Auch wenn (Corporate) Influencer tendenziell eher positiv über ihren Arbeitgeber sprechen werden, sollte der Unterschied in der Wirkung und Bedeutung klar sein.
In meinem persönlichen Fall muss ich auch darauf achten, dass in meiner Rolle als Persoblogger erstellte Vorträge und Folien nicht 1:1 in Unternehmensfolien übernommen werden. Persönlich kostenpflichtig lizenzierte Bilder und Grafiken beispielweise müssen unbedingt durch vorgabenkonforme Bilder des Arbeitgebers ersetzt werden – ansonsten haftet der Arbeitgeber wegen Lizenzverstößen.
Der berüchtigte Teufel steckt wie so oft im Detail.
Besonderheiten bei der Nutzung von Social Media
Umgang mit Anfragen Dritter
Während Nachrichten an die jeweils geschäftliche E-Mail-Adresse eine vergleichsweise schnelle Zuordnung ermöglichen, sind Anfragen via Social Media nicht immer eindeutig.
Trotzdem müssen alle an einer Kommunikation Beteiligten wissen, in welcher Rolle jede Person gerade agiert. Klarheit und Präzision in der Sprache sowie offenes Ansprechen sind dabei unabdingbar. Am einfachsten ist es in der schriftlichen Kommunikation, wenn beispielsweise in einer LinkedIn-Nachricht bei der Grußformel ein Zusatz steht, wie „Rolle DATEV“ oder eben „PERSOBLOGGER.DE“ in der Signatur.
Bei Nachrichten via Social Media, die allgemein nach einem „Termin zum Finden von Synergien“ auffordern oder „Lass uns mal nen virtuellen Kaffee zusammen trinken“ lauten, ist die Rollenklärung ebenfalls von hoher Prio. Sofern es aus der Anfrage insgesamt nicht hervorgeht, frage ich beispielsweise explizit in einer ersten Antwort rück, in welcher Rolle die Nachricht an mich gerichtet ist. Bei eindeutigem Zusammenhang mit meinem Arbeitgeber, bitte ich um eine offizielle E-Mail an meinen Geschäftsaccount und kümmere mich dann während meiner Arbeitszeit dort darum.
Sinnvolle Posting-Strategie
Die Herausforderung, ein hochgradig wirksames Social Media Profil als Corporate Influencer aufzubauen, ist anspruchsvoll. Voraussetzung ist eine sinnvolle Posting-Strategie.
Ab und an werde ich gefragt, warum ich deutlich häufiger in meiner persönlichen Rolle als Persoblogger auf LinkedIn poste. Die Antwort ist logisch, wenngleich nicht auf den ersten Blick erkennbar.
Das Social Media Profil eines Corporate Influencers ist in der Regel (wenn nicht durch den Arbeitgeber bezahlt) ein persönliches Profil. Die Wirksamkeit dieses Profils steht und fällt mit dem Zusammenpassen von Inhalten mit der dem Profil folgenden Zielgruppe. Insofern macht es auch für die aktivsten Corporate Influencer keinen Sinn, beispielsweise Stellenanzeigen des Arbeitgebers zu teilen oder dazu zu posten, wenn keine passende Zielgruppe unter den eigenen Followern zu finden ist.
Stattdessen kann die hohe Followerzahl von (Corporate) Influencern über ein Like oder einen Kommentar am einem Corporate Posting deutlich sinnvoller eingesetzt werden, da damit ebenfalls ein Reichweiten-Push erfolgt. Allerdings ist das im eigenen Profil unter den geposteten Inhalten nicht so leicht sichtbar. Aus Sicht des Influencers ist das Profil zielgruppenkonform. Aber seitens der Corporate-Verantwortlichen entsteht dadurch Raum für Missinterpretationen.
Dies führt uns gleich zum nächsten Punkt.
Der größte Feind der Corporate Influencer sind Nichtwissen und Neid der anderen
Auch wenn alle genannten Punkte penibel genau eingehalten werden, ergeben sich dennoch eine Reihe von Risiken für nebenberuflich tätige Corporate Influencer.
Der kritischste davon ist die Nicht-Kenntnis des Kontextes für Außenstehende.
Ein Ereignis, das mich sehr nachdenklich gestimmt und einen Auslöser für diesen Artikel gesetzt hat, war eine Begebenheit auf der HR-Messe Zukunft Personal letzte Woche. Dort hatte mich ein Kontakt von mir auf dem Messestand meines Arbeitgebers gesucht bzw. dort nach mir gefragt.
Die Antwort, die er erhielt, lautete sinngemäß: „Nein, Stefan ist nicht hier. Er springt auf den großen Bühnen der Messe herum“.
Meine starke Betroffenheit über diese Aussage wich der Erkenntnis, dass meinen Kolleg:innen vermutlich nicht bewusst war, dass ich mir für die drei Messetage freigenommen hatte. Außerdem hatte ich die komplette Anreise inklusive drei Hotel-Übernachtungen und Spesen in Höhe von mehreren hundert Euro selbst übernommen – zusätzlich zum Risiko bei Unfällen oder ähnlich.
Grund genug für mich, auf diese Tatsache mehrfach hinzuweisen und noch transparent(er) damit umzugehen.
Zusätzlich zu Missverständnissen, die aufkommen können, weil Dritte irrtümlich glauben, dass Corporate Influencer sich „eine Extrawurst braten“ oder gar „auf Kosten des Arbeitgebers Rosinen picken“, kommt manchmal auch der Faktor Neid. Auch damit muss man lernen umzugehen.
Zugegebenermaßen fällt mir der Umgang mit -meist unterschwellig- neidvollen Personen persönlich auch nach vielen Jahren noch extrem schwer.
Fazit zum Thema Corporate Influencer und Nebentätigkeiten
Ich hoffe, ich konnte mit meinen Ausführungen aufzeigen, dass die unbedingte und konsequente Einhaltung jeglicher gesetzlichen Regelungen sowie der Compliance-Richtlinien des Arbeitgebers unerlässlich ist, um professionell als Corporate Influencer zusätzlich unternehmerisch tätig zu sein.
Der Spagat ist anspruchsvoll, keine Frage. Aber auch ein Spagat ist für professionelle Turner:innen letztlich eine Standard-Figur, die sie mit der entsprechenden Übung routiniert und zunehmend mühelos einnehmen können.
Video zum Thema Corporate Influencer bei DATEV
Ergänzend dazu ein tolles Interview meiner Kollegin Michaela Wüst zum Thema DATEV Botschafter / Corporate Influencer bei DATEV.