In vielen Unternehmen fressen die Reisekostenabrechnungen im HR-Bereich eine Menge Zeit und Nerven. Doch warum ist das so? Victoria Küfner ist Expertin für Reisekosten bei HRworks. Sie hinterfragt die gängigen Prozesse, beleuchtet deren Entwicklung und zeigt Wege zur Entlastung von Personalabteilungen auf.
Von der Verwaltung zur Gestaltung
Es ist kein Geheimnis: Die Anforderungen an Personalabteilungen befinden sich in einem grundsätzlichen Wandel. Das gängige Bild dafür lautet: weg von der klassischen Verwaltung hin zur unternehmerischen Gestaltung. Dieser Prozess der Modernisierung stellt viele alte Gewohnheiten in Frage und ist für die Unternehmen von fundamentaler, teilweise sogar existentieller, Bedeutung. Denken wir nur an den Aufwand, der mittlerweile oft für die Personalsuche und Personalgewinnung notwendig ist. Und das ist eine Kernaufgabe von HR im Unternehmen. Hier sollte somit der Schwerpunkt der verfügbaren Ressourcen und Zeit liegen.
Die Praxis: Zettel & Papier
Umso erstaunlicher ist es, wenn man sich den praktischen HR-Alltag in etlichen kleinen und mittleren Unternehmen ansieht. Das Stichwort Reisekosten kann ein echtes Reizwort sein.
Exemplarisch dafür ist die Aussage von Prof. Moritz Schularick, dem designierten Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, der kürzlich im FAZ-Interview sagte:
“Das größte Versäumnis ist für mich die Skepsis, teils gar Feindlichkeit gegenüber neuen Technologien, wie bei der Künstlichen Intelligenz. (…) Die Gräben, die sich da zur Lage in Deutschland auftun, wo Reisekostenabrechnungen noch auf Papier eingereicht werden müssen, sind unfassbar.”
Das Konfliktpotential
Reisekostenbelege in Papierform sind hierzulande vielfach noch der Standard. Sie belasten die HR-Abteilungen und kosten Zeit und Arbeitskraft. Die Prüfung der Belege ist fehleranfällig, die steuerlich korrekte Anwendung ist kompliziert. Zusätzlich müssen die Verpflegungsmehraufwände (Pauschalen) in Abhängigkeit von Land und Zeit berechnet, dann über gewährte Mahlzeiten wieder gekürzt und bei erhöhten Sätzen versteuert werden.
Damit es nicht zu einfach wird, ändern sich Teile dieser Regeln jährlich.
Wer selbst schon auf Geschäftsreise war, dürfte das Problem gut kennen. Am Ende sorgen diese schwerfälligen und langwierigen Prozesse allgemein für Frust. Und dies sowohl bei Beschäftigten, die auf ihr Geld warten müssen, als auch bei den HR-Managern, die dadurch aufgehalten und verantwortlich gemacht werden.
Ende 2022 haben Marktdaten eines europäischen Finanz-IT-Dienstleister spannende Einblicke in die innerbetriebliche Abrechnungspraxis ermöglicht: Demnach sind 26% der männlichen und sogar 30% der weiblichen Führungskräfte durch Auslagen für das Unternehmen schon einmal in finanzielle Engpässe geraten. Das macht deutlich, welches negative Potential die Reisekostenabrechnung als emotionales Reizthema entfalten kann.
Der “klassische” Prozess der Reisekostenabrechnung
Die Reisekostenabrechnung ist in vielen Unternehmen so geregelt, dass die fachliche Prüfung (Spesen, MwSt.) manuell im HR-Bereich liegt und anschließend die Verbuchung bei der Finanzbuchhaltung erfolgt. In der alltäglichen Praxis sieht das häufig so aus, dass die Papierbelege (Reisen, Übernachtung, Bewirtung usw.) einfach bei HR “abgeladen” werden.
Dort werden sie geprüft, gescannt und die eigentliche Reisekostenabrechnung wird erstellt. Es liegt auf der Hand, dass diese Zettelwirtschaft mit Klärungsbedarf verbunden ist. Dieser “klassische” Ablauf sorgt in der Personalstelle erstens für reichlich Arbeit, Stichwort: Excel & Formeln, und kann zweitens bei Problemen und Unstimmigkeiten Unruhe und Ärger auslösen. Der ganze Prozess kostet Zeit und bindet HR-Ressourcen.
Doch warum eigentlich?
Reisekosten: Einmal HR ‒ immer HR?
Es lohnt sich ein Blick auf die eingangs erwähnten Aufgabenfelder der Personalverwaltung. Dazu gehört auch die Lohn- und Gehaltsabrechnung. Lange Zeit war die Abrechnung der Reisekosten funktional daran gebunden. Vereinfacht gesagt, war der Gedanke: Wenn das Geld mit dem Lohnzettel kommt, dann ist HR dafür zuständig.
Aber: Die funktionalen Grundlagen haben sich inzwischen erheblich verändert. Es ist heute technisch kein Problem mehr, die Reisekosten optimiert, effizient und nachvollziehbar zu erfassen und dann umgehend abzurechnen. Die „klassischen“ starren Prozesse und Strukturen der Reisekostenabrechnung sind unnötig und veraltet. Das Umdenken an dieser Stelle kann die Personalarbeit erheblich entlasten und genau zu diesem Wandel der Unternehmenskultur beitragen, der heute von der modernen HR ja angestrebt und erwartet wird.
Die neue Perspektive: (Reise-)Geld kommt direkt von Finance
Ein kleiner Perspektivwechsel bringt neue Dynamik in den gesamten Sachverhalt. Der Ansatz lautet:
- Der/die Geschäftsreisende dokumentiert die Reisebelege. Das bedeutet konkret: ein Foto mit dem Smartphone (OCR) und die Dokumente sind im Reisekostenportal. Fertig.
- Die Reisekostensoftware erkennt die Belege und erstellt automatisch eine korrekte Reisekostenabrechnung entsprechend den Reiserichtlinien und den gesetzlichen Vorgaben.
- Die Freigabe-Verantwortung im gesamten Prozess liegt bei den jeweiligen Vorgesetzten.
- Die Buchhaltung erhält geprüfte Daten (Buchungssatz), mit denen direkt ausgezahlt werden kann.
Die Reisekosten werden hier zu einem prozessualen Dreieck bestehend aus den Reisenden, der Freigabe und dem Abschluss im Bereich Finance. Die HR-Abteilung muss sich damit gar nicht mehr befassen.
Digitale Plattform für Reisekosten
Das Fundament dieses neuen Ablaufs ist eine digitale Plattform, die alle Erfordernisse und Dokumente umfassend abbildet: also vom Reiseantrag, über die Belege bis zur korrekten Abrechnung mit allen Freigaben bis hin zur Buchung und Erstattung der Reisekosten.
Das generiert folgende Vorteile für alle Beteiligten:
Zum einen für Reisende
- deutlich höhere Zufriedenheit u.a. weil:
- alle Belege sehr einfach zu erfassen sind,
- die Dokumentation sofort und überall erledigt werden kann (Ende der Zettelwirtschaft),
- die Daten zur Reise und Abrechnung stets verfügbar sind (bspw.: Wann war ich wo?),
- der Prozess-Status transparent ist plus Reportings dazu (bspw.: Wie viel Geld bekomme ich? Gab es Änderungen?),
- die Reisekosten schneller erstattet werden können (bspw. über eine wöchentliche Buchung).
Zum anderen für HR & Buchhaltung
- die Belege werden digital in einem zentralen und nachvollziehbaren System erfasst,
- dort werden die gesetzlichen Anforderungen bereits automatisch geprüft,
- dadurch entfallen die manuellen Kontrollen und die damit verbundene Zettelwirtschaft,
- Schnittstellen übertragen die fertig kontierten Daten direkt in die Buchhaltung (für die Auszahlung) und die Lohnbuchhaltung (für die steuerlichen Angaben),
- die HR-Abteilung wird zeitlich entlastet bis hin zur Freistellung von Reiseaufgaben,
- zugleich kann das digitale Reisemanagement die Prozesse im Unternehmen weiter verbessern, insbesondere durch bereinigte Daten und den Ausschluss von Fehlerquellen.
Alle gewinnen Zeit – und Zeit ist Geld
Eine zu wenig gestellte Frage in der Welt der Geschäftsreisen lautet: Was kostet uns eigentlich die interne Abrechnung einer Reise? Tatsächlich ist die monetäre Antwort darauf von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Aber eine Erkenntnis hat durchweg Bestand: Das “alte Modell” der Reisekostenabrechnung kostet definitiv eine Menge Zeit und zwar Arbeitszeit. Angefangen bei den Belegsammelnden (Reisende), über die Anträge und Freigaben (an und durch Vorgesetzte), dann die Prüfung und Abrechnung ggf. mit Rückfragen (von und an HR) bis schließlich zur Buchung und Auszahlung (durch Finance).
Und der Teufel steckt wie so oft im Detail, wenn beispielsweise die steuerlich korrekte Anwendung mit berücksichtigt wird. Auch hier können im “manuellen Modus” schnell Fehler passieren, die in weiteren Zeitschleifen wieder rekonstruiert und behoben werden müssen.
Im Grunde zahlen viele Unternehmen für ihre Geschäftsreisen mehrfach: erstens über die realen Kosten und zweitens über den Aufwand der Erstattung. Die Vereinfachung dieses Prozesses ist allein schon aufgrund der Zeitersparnis in allen Bereichen ein Gewinn.
Analog hat ausgedient – der Wille ist weiter als die Wirklichkeit
Kommen wir noch einmal zurück auf das Ausgangsproblem und die praktische Realität der Reisekosten in vielen deutschen Unternehmen. Professor Schularick sprach von den unfassbaren Gräben bezüglich digitaler Neuerung, die sich unter anderem an den Reisebelegen in Papierform zeigen. Doch es wird schwer sein, diese überkommene Haltung weiter zu verteidigen und aufrecht zu erhalten. Denn der sachliche Druck wächst.
Laut der im Oktober 2022 vom Deutschen Reiseverband (DRV) veröffentlichten Studie “Chefsache Business Travel” wollen 84% der Befragten eine App nutzen, die eine Reisekostenabrechnung von unterwegs ermöglicht, inklusive der Option, Quittungen rechtssicher einzuscannen.
Und die jährliche Geschäftsreiseanalyse vom Verband Deutsches Reisemanagement wird noch deutlicher. Dafür wurden im ersten Halbjahr des Corona-Jahres 2021 rund 800 Interviews mit für Geschäftsreisen zuständigen Personen geführt. Auf die Frage nach den erwarteten Änderungen in den kommenden drei bis fünf Jahren stimmten 96% der Aussage zu: “Digitale Prozessoptimierung wird für uns zukünftig immer wichtiger”.
Reisekosten im Jahr 2023
Zwei Jahre sind seit dieser Umfrage nun fast vergangen. Wo stehen wir heute?
Wir können hier drei Einblicke aus der Nutzung unserer aktuell fast 2.500 Kunden geben:
- 78% unserer Nutzerinnen und Nutzer verwenden die Reisekosten-Funktion.
- Die Reisekostenabrechnungen haben bei uns seit Anfang 2023 wieder ungefähr das Niveau von vor Ausbruch der Corona-Epidemie im März 2020 erreicht.
- Der Anteil der mit Texterkennung (OCR) erfassten digitalen Reisebelege hat sich in den letzten beiden Jahren vervielfacht.
Die Geschäftsreisen sind zurück, die Geschäftsreisenden haben die Vorteile digitaler Lösungen in vielen Unternehmensbereichen erfahren. Nun sind die Unternehmen am Zug, adäquate Reisekostenlösungen im Sinne aller Beteiligten einzuführen.
Die Schwerpunktverlagerung hin zu Finance in Verbindung mit der Einführung digitaler Prozesse hat sich in der Praxis vielfach bewährt. Mitarbeitende, welche die schnelle und einfache Abrechnung bereits erlebt haben, werden sich schwerlich wieder mit dem Papierstandard abfinden.
So können selbst die Reisekosten zu einem Kriterium für die Unternehmenskultur werden ‒ also genau jenem Bereich, den die moderne HR ja hegen und pflegen soll.