Praxistest LoopCV von Oliver Erb

Wenn bei HR KI-versendete Bewerbungen eingehen: Praxistest LoopCV

Zunehmend macht sich Unbehagen bei Recruiting-Verantwortlichen breit, dass Standardvorlagen für Bewerbungen, Karriere-Coachings und digitale Zusatztools die Aussagekraft von Bewerbungsunterlagen weiter „verwässern“. Hinzu kommen Social Media- und Schnell-Bewerbungen („one-click“). Was aber passiert, wenn Bewerbende sogar ein Tool in die Hand bekommen, mit dem sie sich über KI-versendete Bewerbungen automatisch bei einer Vielzahl von Arbeitgebern bewerben können. Oliver Erb machte den Praxistest der Software LoopCV.

Alexa, hau‘ die Bewerbungen raus!

Wie genial wäre es eigentlich, wenn man bei der Jobsuche einfach seinen Lebenslauf hochladen könnte und sich eine KI dann automatisch auf passende Stellen bewirbt? Schon vor vielen Jahren habe ich die These vertreten, dass nicht nur Unternehmen im Recruiting auf Digitalisierung setzen werden, sondern ebenfalls die Bewerbenden – und wahrscheinlich viel schneller als so mancher Konzern – digital aufrüsten werden.

Und wer hätte es gedacht: die vollautomatische Bewerbung ist kein Traum mehr, sondern Realität geworden. LoopCV heißt das Tool. Da konnte ich dann, obwohl ich ja schon eine Weile nicht mehr in HR arbeite, nicht widerstehen die Software einem Praxistest zu unterziehen

Einrichtung von LoopCV

Die Einrichtung ist relativ simpel. Ich definiere mein geographisches Suchgebiet und mögliche Stellenbezeichnungen. Anschließend lade ich meinen Lebenslauf hoch. Im nächsten Schritt kann ich dann eine E-Mail-Vorlage konfigurieren. Hier setze ich Platzhalter, die dann in den E-Mails zum Beispiel durch die jeweiligen Stellentitel ersetzt werden.

Weiterhin kann ich gezielt Unternehmen von der Suche ausschließen. Beispielsweise das eigene Unternehmen. An diesem Punkt kommt dann die Entscheidung: Will ich das Tool nur als reine Suchmaschine nutzen oder vollautomatisiert Bewerbungen raushauen lassen?

Die Frage habe natürlich auch ich mir gestellt. Ich will für meinen kleinen Test ja niemand unnötig Arbeit machen. Für einen sinnvollen Praxistest muss es aber schon etwas realistisch aussehen. Daher habe ich das Tool nach zehn Bewerbungen wieder gestoppt und das Anschreiben als recht unverbindliche Frage nach einem Gespräch formuliert.

Screenshot: LoopCV Praxistest - neuer Loop
Quelle: Screenshot LoopCV

Überraschend schnelle Resultate durch LoopCV

Nach weniger als einer Stunde waren bereits besagte zehn Bewerbungen durch die KI versendet. In einem Fall hat es das System sogar geschafft, mich in einem ATS (Bewerbermanagementsystem) zu registrieren und dort meine Bewerbung zu hinterlegen. Insbesondere mit Letzterem hatte ich nicht gerechnet. Auch weil ich gar nicht weiß, ob ich jetzt irgendwelchen Datenschutzbestimmungen wirksam zugesagt habe.

Auf vier Bewerbungen erhielt ich eine Rückmeldung, was eine ganz gute Quote für den minimalen Zeitaufwand ist. Wenn man überlegt, dass ich in den gesamten Prozess etwa 15 Minuten gesteckt habe, ist das sogar eine ziemlich tolle Quote.

Zeigt mir aber auch: Die Not ist bereits groß bei zahlreichen Unternehmen. Selbst auf eine formlose E-Mail erhalte ich wahnsinnig schnell eine erste Rückmeldung.

Die Mehrheit meiner Bewerbungen ist aber dennoch wie erwartet irgendwo verschwunden. Vielleicht kommt ja in ein paar Wochen eine Antwort. Wahrscheinlich aber nur der Hinweis, ich solle doch bitte meinen Lebenslauf ordnungsgemäß in irgendein Formular auf der Webseite abtippen.

Screenshot: LoopCV Praxistest
Quelle Screenshot LoopCV Dashboard

Ist LoopCV für Bewerber und Bewerberinnen zu empfehlen?

Aber ist diese Methode des automatisierten KI-Versands von Bewerbungen etwas, wenn man unbedingt bei seinem Wunscharbeitgeber landen möchte? Aktuell würde ich in den meisten Fällen noch (!) davon abraten. Wir wissen ja selbst, welcher Wert einem guten Anschreiben beigemessen wird. Die Bewerbung, die LoopCV erzeugt, wirkt da schon recht generisch.

Eine Ausnahme: Wenn ich heute schon in einem sehr gesuchten Job arbeite, kann ich mir prinzipiell auch jetzt bereits erlauben, was ich will.

Und auch für den „Rest“ fällt die Hürde Anschreiben ja immer öfter. Etliche Unternehmen haben dies bereits abgeschafft. Wenn der Bewerbungsprozess nur noch aus dem Überreichen des CV besteht, ist dieser Prozess dann doch vollends reif für die Automatisierung.

Und auch wenn ich noch keinen konkreten Arbeitgeber vor Augen habe und bei möglichst vielen Unternehmen anklopfen möchte, habe ich mit LoopCV ein tolles Werkzeug an der Hand.

High Volume Applying quasi.

HR, wie geht es Dir dabei?

Der Wandel vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt ist in vollem Gange. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass LoopCV erst der Anfang ist. Doch ist HR dafür bereit?

Wenn künftig eine KI massenweise Bewerbungen abschickt, wird man als Sich-bewerbende-Person auch viel öfter in die Situation kommen, vielen Unternehmen wieder abzusagen. Zahlreichen Recruiterinnen und Recruitern muss das wie eine verkehrte Welt vorkommen. War es doch bisher ihre Rolle, die „Körbe zu verteilen“.

Dass nicht alle HR-Menschen mit dieser neuen Realität umgehen können, davon bekam ich bereits einen kleinen Vorgeschmack. Auf meine Absage folgte schnell eine Mail im barschen Ton vom HR-Leiter höchstpersönlich. Genau so sollte es dann nicht laufen. Warum erwartet man von Kandidatinnen und Kandidaten höchste Professionalität im Umgang mit einer Absage (und hier platzen manchmal Lebensträume), wenn man selbst ein „nein“ erhält?

Wie in Teilen der HR-Praxis mit Bewerbenden umgesprungen wird, ist kein Geheimnis. Jetzt, wo der Markt sich dreht, sollte es also niemand verwundern, wenn auf Kandidatenseite ähnlich agiert wird wie bislang durch manche Personalverantwortliche. Recruiting-Verantwortliche vom „alten Schlag“ sollten sich schnellstmöglich darauf vorbereiten, damit umgehen zu können, dass sie selbst künftig immer wieder wenig wertschätzende Absagen bekommen, auf Mails keine Antwort erhalten, unverschämte Gehaltsvorstellung präsentiert oder Termine kurzfristig verschoben werden. Times are changing.

Mein Fazit zum Praxistest von LoopCV

Das meine ich jetzt ganz ohne Häme: Es wird einfach so kommen. LoopCV zeigt, dass wir hier nicht länger im „hätte, könnte“ sind, sondern mittendrin in den ersten Phasen einer neuen Recruitingwelt.

Am Ende des Tages steckt hier für Arbeitgeber aber aus meiner Sicht auch eine gewaltige Chance: Wenn es für Bewerbende leichter wird, bei vielen Unternehmen anzuklopfen, dann ergeben sich dadurch viel mehr Anlässe, neue Leute von sich zu überzeugen.

Und das sollte doch alle im Recruting freuen, oder?!

Oliver Erb

Oliver Erb als Gastautor auf PERSOBLOGGER.DE

 

Oliver Erb liebt gute Geschichten – und brennt seit seiner Zeit als Journalist auch dafür, diese zu erzählen. Als passionierter Geek probiert er sich gerne mit neuer Technik und den Möglichkeiten des Internets aus, um diese Geschichten auf kreative Weise umzusetzen.

Aktuell arbeitet er in der Unternehmenskommunikation der EnBW Energie Baden-Württemberg AG. Vorher war er, neben einer Station im Innovationsmanagement, über 10 Jahre in Employer Branding und Recruiting tätig.

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