Leadership: Warum und woran scheitern Führungskräfte?

Leadership: Warum und woran Führungskräfte scheitern

Der Anspruch an modernes Leadership ist denkbar hoch. Führungskräfte sollen als Vorbilder und Rolemodel agieren. Dabei unterliegen sie häufig wesentlichen Irrtümern, was ihre Rolle, Haltung oder Verhaltensweisen angeht. Business Coach Daniela Fink nimmt dies zum Anlass, um aufzuklären, warum und woran Führungskräfte scheitern.

Was müssen gute Führungskräfte alles können? Wer nach den Kriterien googelt, findet zahlreiche Listen und Eigenschaften von A wie Agil bis Z wie Zuhören. Die Aufgabenwelt von Führungskräften ist „VUCA“ und es ist eben viel mehr als nur das schlichte Wort Personalführung.

Meistens sind Führungskräfte hervorragende FachexpertInnen, die sich den nächsten logischen Karriereschritt hart erarbeitet haben. Doch die Qualifikation zur Führungskraft kommt oft erst nach der Nominierung. Nicht alle durchlaufen ein Führungstraining oder bekommen Coachings.

Deshalb kann eine Sache nicht ausbleiben, die die meisten dennoch zu verhindern versuchen: das Scheitern an Führung.

Dürfen Führungskräften keine Fehler unterlaufen?

„Failure is not the opposite of success; it’s part of success” (Arianna Huffington)

Fehlermachen hat leider immer noch ein schlechtes Image. Denn Führungskräften dürfen keine Fehler unterlaufen. Obwohl sie gerade das menschlich macht oder in zeitgemäßer Leadership-Sprache: vulnerable.

Und damit sind wir schon beim ersten Grund, warum und woran sie bei Führung scheitern:

Die Angst vor dem Scheitern

Es ist die häufigste Art der Angst in den Führungsetagen und oft werden selbst kleinste Abweichungen des gesteckten Ziels schon als Scheitern bewertet. Rund 50% der arbeitsplatzbezogenen Angst wird so erklärt, wie die Professorin Beate Muschalla im Jahr 2015 in einer Studie herausfand.

Betriebsbedingte Ängste basieren auf der Furcht, Wertschätzung und Anerkennung zu verlieren. Hohe psychologische Belastungen der Führungskraft können unter anderem zu starken Schlafstörungen führen.

Lebt ein Unternehmen hingegen einen offenen Umgang mit Emotionen und Angst, nehmen Druck und Hemmnisse der Mitarbeiter ab. Das Fazit muss also lauten, hin zu mehr Menschlichkeit und einer anderen Haltung!

Servant, Humble und Vulnerable Leadership

Es gibt einen alten Glaubenssatz, der leider immer noch in vielen Unternehmen vorherrscht:

„Emotionen haben am Arbeitsplatz nichts zu suchen.“

Besonders junge Führungskräfte hadern genau damit. Denn wie soll Führung ohne Emotionen aussehen? Braucht es nicht gerade inspirierende Persönlichkeiten, die andere durch den Change führen und für neue Ideen begeistern? Die tröstende Worte finden, wenn es mal nicht so gut läuft und die Fehler eingestehen können?

Vertrauen ist eine der wichtigsten Eigenschaften im Leadership, weit vor Fachkompetenz. Vertrauen schenken wir aber nur Menschen, der nahbar ist, offen für Feedback und dem ich mich als Mitarbeiterin anvertrauen kann.

Das impliziert, dass dieser Leader all das zulässt und auch selbst vorlebt.

Wer als Führungskraft denkt, Verletzlichkeit zu zeigen sei eine Schwäche, vergibt sich die Chance auf ein loyales Team.

„Leader sind Personalentwickler“

Kaum ein Satz in einem Leadership-Programm sorgt für so viel Erstaunen wie dieser. Entsprechende Fragen lauten dann: „1. Wann soll ich das denn noch machen?“ und „2. Soll ich mir an meinem eigenen Stuhlbein sägen?“

It‘s all about the people.

Haben Unternehmen ein professionelles Talent Management aufgesetzt, ist die 2. Frage leicht beantwortet: denn ohne eine designierte Nachfolge -Successor-, die „ready“ ist, kannst Du nicht die nächste Position einnehmen. Deshalb gehört es von Anfang dazu, jemanden für die Nachfolge fit zu machen und zu entwickeln.

„Und dann kommt noch die Personalführung obendrauf“

Personalführung als abgespaltene Aufgabe in der Rolle des Leaders zu sehen, sagt viel über das Verständnis von Führung aus. Führung von Mitarbeitern ist nicht der Appendix des Jobs, sondern der Kern – das Zentrum des Tuns.

Konkurrenzdenken ist hier eine denkbar schlechte Haltung und trotzdem gibt es immer noch die Bewahrer von Herrschaftswissen und Silodenken. Diese Kultur sichert nur eins, nämlich das Aussterben solcher Unternehmen. Kollaboration wird inzwischen selbst von internationalen Konkurrenten als Erfolgsfaktor für das Bestehen in harten Märkten vorgelebt.

Wertschätzung

“People don’t care how much you know, until they know, how much you care”

Laut einer Gallup-Studie kündigen Mitarbeiter, die keine adäquate Wertschätzung erfahren, mit zweifach höherer Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr.

Die Leistung der Mitarbeiter anzuerkennen und zu adressieren, gehört zum Growth Mindset eines modernen Leaders. Dafür unabdingbar ist regelmäßiges Feedbackgeben- und nehmen. Leider empfinden viele Führungskräfte das als notwendiges Übel, statt als Zusammenarbeits-Booster und Faktor der Sozialhygiene.

Wer diese Gespräche öfters und natürlich führt, bindet sein Team und erfährt von Problemen, bevor es vielleicht zu spät ist.

Psychological Safety statt Chefallüren

Amy Edmondson prägte schon 1999 an der Harvard Business School den Begriff der Psychologischen Sicherheit zur Analyse und Verbesserung der Teamarbeit in Unternehmen.

„Nur wer gehört wird, der spricht“ – das heißt, Führungskräfte müssen eine Vertrauenskultur mit klarem Ziel, Purpose und einer grundlegenden Akzeptanz und Respekt untereinander schaffen. Dazu gehört Zeit für Fragen einzuräumen und Praxisbeispiele zu teilen, um Bedeutung und Werte hinter bestimmten Entscheidungen zu veranschaulichen.

Perspektivwechsel – Von sich auf andere schließen

Oder: „Es gibt keine Wahrheit, es gibt nur Perspektiven“

„Das muss der Kollege doch genau so sehen“ oder „Das ist total logisch, was kann man missverstehen?“ – fragen Sie sich das auch öfters mal?

Wir alle haben unterschiedliche Sichtweisen auf Situationen, Menschen und Entscheidungen. Basierend auf unserer Sozialisation, aktuellen Gemütslage und Charakter. Reflexion und aktive Perspektivwechsel einzuleiten sind entscheidend, um Menschen zu führen. Auch, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Entscheidungen zu verstehen oder zumindest nachvollziehen zu können. Dafür wiederum braucht es Emotionale Intelligenz.

Eine Studie aus dem Harvard Business Review belegt, dass der EQ mit steigender Karrierestufe abnimmt. Während mittlere Führungskräfte den höchsten EQ-Wert vorweisen, haben CEOs die niedrigsten Werte.  Zu diesem Ergebnis kommen Bradberry, T. & Greaves, J. in ihrem Werk „Emotionale Intelligenz 2.0“ von 2016.

Lange war dieses Thema für viele HR-Abteilungen zu soft und wurde nicht beachtet. Erst mit Covid-19 bekam dieses Thema ernsthafte Beachtung und die empathische Führungskraft mit Blick und Verständnis für die Lebensumstände der Beschäftigten wurde als essentiell wichtig angesehen.

Selbstgefälligkeit statt Selbstreflexion

Offenes und konstruktives Feedback gehen mit der Reflexion von Situationen und Verhalten einher. Blinde Flecken gespiegelt zu bekommen und Selbstreflexion gehören zum Skillset einer erfolgreichen Führungskraft. Wer es nicht schafft, die Selbstgefälligkeit loszulassen, hat gute Möglichkeiten seine Teamstärke nicht nachhaltig auszubauen, Fehler zu wiederholen und immer wieder dieselben Muster abzuspulen.

Nicht delegieren

Delegieren ist eine der größten Herausforderungen für viele Führungskräfte. Vor allem für die, welche neu in der Rolle sind. Gründe dafür können sein:

  • die Angst vor Machtverlust
  • zu denken, es gehe schneller, wenn man es selber erledigt
  • Erklären dauert zu lange
  • Anspruch auf Perfektionismus und vieles mehr

Nicht zu delegieren führt nicht nur zu einer dauerhaften Überlastung der Leader, sondern kann auch schnell zu einem weiteren Grund werden, als Führungskraft zu scheitern:

Micromanaging statt Leadership

Wäre es nicht schön, wenn plötzlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wüssten, was zu tun ist und fehlerfreundlich bis zum Ergebnis alleine arbeiten?

Ja oder Nein? Erlösung oder Bedrohung?

Dabei wird es immer wichtiger sich selber und die Mitarbeiter (m/w/d) zur Selbstverantwortung zu führen und Aufgaben abzugeben. Auch auf die Gefahr hin, dass sie nicht perfekt gelöst werden. Wer ständig nachhakt und jede Kleinigkeit überprüft, schafft eine Misstrauenskultur und gibt den anderen das Gefühl nie gut genug zu sein. Doch nur so entwickeln sich Menschen und gleichzeitig Führungskräfte.

Beide oben genannten Verhaltensweisen sind übrigens im Nicht-Vertrauen-Können begründet

Erwartungen nicht kommunizieren

Diese Fragen werden von Leadern oft zu selten gestellt:

  • Was erwarte ich von meinem Team?
  • Was braucht es von mir?
  • Wie können wir das Ergebnis messbar machen?

Hierfür ist eine offene, wiederkehrende Kommunikation nötig und der Dialog mit allen Beteiligten vor dem Startschuss eines Projekts. Das Gleiche gilt für Regeln im Team oder auch den Umgang mit dem Kunden.

One Size fits alle – Leadership braucht verschiedene Herangehensweisen

Mal ist der Leader kreatives Teammitglied, mal in der Sandwich-Position, ein anderes Mal mit disziplinarischer Führung.  Führungskräfte haben stets mehrere Rollen und es ist wichtig, diese differenziert einzusetzen. Ein einziger Ansatz oder eine einzige Rolle reichen nicht, denn Führung, Mitarbeiter und Anliegen sind immer individuell.

Nur noch schnell die Welt retten

Das Scheitern an den eigenen Energien, die aufgebraucht sind, heißt Burn-out. Der kommt eben nicht nur vom Stress. In diesem Zusammenhang empfehle ich gerne das gleichnamige Buch von Dr. med. Mirjam Prieß: „Burn Out kommt nicht nur von Stress“

Arbeiten bis zum Umfallen, die Welt retten und so, Vernachlässigung des Privatlebens, Schlaf- und Sportdefizite. Willkommen in der Welt vieler Führungskräfte und Manager!

Das ist vielleicht noch ein cooles Bild aus Zeiten des Marlboro Cowboys, nur kein gegenwärtiges erstrebenswertes Rollenmodel mehr.

Irrglaube: Agilität braucht keine Führung

Homeoffice, weiße Sneaker und weniger Hierarchien machen noch lang keine agile Führung. Denn Agilität bedeutet einen signifikanten Kulturwandel: Dazu gehört, die Eigenverantwortung der Mitarbeiter und Führungskräfte zu stärken.

Wer Hierarchien und Systeme abbaut, aber keine neuen schafft, der endet im Chaos. Es braucht Systeme, die zeigen, wie sich selbstgesteuerte Teams bilden, welche Rollen es gibt und was deren Aufgabe ist. Erklärungen und Regeln, wie Entscheidungen getroffen werden.

Keine Transformation ohne Transaktion

Führungskraft zu sein heißt sich ständig weiterzuentwickeln, den Mut haben zu scheitern und daraus zu lernen. Andere auf diesem Weg mitzunehmen, eine eigene Haltung zu finden und sich immer wieder zu reflektieren.

Daniela Fink

Business und Leadership Coach Daniela Fink

Daniela Fink ist Business Coach, Expertin für Führung und Strategie sowie Gründerin von Daniela Fink – Coaching & Training. Sie unterstützt seit über zehn Jahren mit ihrem Team nationale und internationale Konzerne, Mittelstand und Start-Ups in Workshops, Trainingsprogrammen und Executive Coachings.

 

>> zur Website von Daniela Fink

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