OKR - objectives und key results - Bedeutung für HR?

OKR: Welche Bedeutung haben Objectives und Key Results für HR?

Der Steuerungsansatz OKR, Objectives und Key Results, hält weiter Einzug in Unternehmen. Angetrieben durch die digitale Transformation versuchen Organisationen neue Methoden anzuwenden, die sie im klassischen Sinne agiler, beweglicher und reaktionsfreudiger machen. Mit dem erklärten Ziel, den Herausforderungen einer VUCA-Welt erfolgreich zu begegnen. Dr. Torsten Wegener versucht sich in seinem Artikel an einer ganzheitlichen Betrachtung mit Fokus auf die HR-Praxis.

Was sind OKR?

OKR steht für Objectives and Key Results. Dabei handelt es sich um einen Team-autonomen Steuerungsansatz, um die individuellen Ziele der Mitarbeiter und Teams mit den Unternehmenszielen in Einklang zu bringen.

Oder anders formuliert: Der OKR-Ansatz hat den Anspruch, Strategie und Jahresziele bis auf Mitarbeiter- und Teamebene zu operationalisieren, also greifbar zu machen. Er wurde konzipiert für ein Aufgabenumfeld, das nicht von routinemäßigen Abläufen wie Tagesgeschäft oder dem laufenden Betrieb, sondern von der mehr oder weniger offenen Suche nach neuen Lösungen gekennzeichnet ist.

Der Kontext, in dem und für den der OKR-Ansatz entwickelt wurde, ist die sogenannte VUCA-Welt, also eine schnell und unvorhersehbar veränderliche, komplexe und mehrdeutige Umgebung, in der eben (noch) keine erfolgreichen Routinen existieren.

Analytische Komponente des OKR-Ansatzes

Der Ansatz OKR enthält eine analytische und eine zeitliche Komponente. Die analytische Komponente besteht darin, sowohl die zu erreichenden Ziele (objectives) als auch den Weg dahin (key results) messbar machen.

Dabei sind mindestens drei Fragen zu klären:

  • Welches sind die messbaren Ziele, also die objectives?
  • Welches sind die Mittel, also die key results, die diese Zielerreichung bewirken?
  • Wie sind die key results selbst messbar?

Kennzahlen dieser Messungen sind in der Regel sogenannte Zielerreichungsgrade.

Zeitliche Komponenten des OKR-Ansatzes

Die zeitliche Komponente des OKR-Ansatzes besteht in einer Drei-Monats-Taktung. Objectives und key results sollen so geschnitten sein, dass innerhalb von drei Monaten eine signifikante Zielerreichung möglich und messbar ist. Durch diesen Takt ergibt sich eine zeitnahe Bewertung hinsichtlich des Erfolgs. Das wiederum ermöglicht kurzfristiges Nachjustieren, um mit den Veränderungen der VUCA-Welt Schritt halten zu können.

Welche Rolle spielt OKR im Kontext der HR-Arbeit?

HR-Arbeit umfasst typischerweise ein sehr weites Themenspektrum von Recruiting, Ausbildung, Entlohnung, Incentivierung, interne Weiterbildung, (Lebens-)Arbeitszeit- und Gesundheits-Management – um nur einige zu nennen. Wie eben gesagt, wurde der OKR-Ansatz nicht für Aufgaben des Tagesgeschäfts oder des laufenden Betriebs konzipiert. Ob der OKR-Ansatz in einem HR-Themenfeld erfolgversprechend sein kann, wird demnach davon abhängen, ob der Kontext dieses Themenfeldes den Charakter der VUCA-Welt hat.

Andererseits wird man wohl stets bedenken müssen, dass der Mensch als relevantester Faktor dem Unternehmen Fähigkeiten bereitstellt, die mit einer Drei-Monats-Taktung schwer in Einklang zu bringen sind. Dies sind einerseits solide fachliche Grundqualifikationen und andererseits auch Persönlichkeit. Denken Sie nur an Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Aufgeschlossenheit, Teamfähigkeit, Empathie oder ähnlich.

Wenn nun Unternehmen gezwungen sind, in einer VUCA-Welt erfolgreich zu sein, dann ist die Personalpolitik gefordert, besonders auf Nachhaltigkeit bei Performance- und Talentmanagement sowie Recruiting, also auf einen gleichzeitig effizienten wie schonenden Umgang mit den Menschen in der Organisation zu achten. Der HR-Politik kommt demnach die Aufgabe zu, die Folgen einer kürzeren Taktung bei der Bilanzierung des Unternehmenserfolgs zugunsten einer ganzheitlichen und eher mittel- und langfristig orientierten Personalentwicklung „auszusteuern“.

Ersetzen OKR die Zielvereinbarungen?

Diese Frage ist aus Sicht der Protagonisten des OKR-Ansatzes klar zu verneinen. Um das zu verstehen, erinnere ich noch einmal an die Zielsetzung des OKR-Ansatzes. Individuelle Ziele sollen im Wege Team-autonomer Abstimmung mit den Zielen des Unternehmens in Einklang gebracht werden.

Dahinter verbirgt sich einerseits die Absicht, die Unternehmensziele auf Mitarbeiter- und Teamebene herunter zu brechen, also operabel zu machen. Andererseits die Hoffnung, dass Mitarbeiter und Teams die Ziele des Unternehmens stärker zu ihren eigenen Zielen machen. Dieses Alignment soll die intrinsische Motivation von Mitarbeiter und Team steigern.

Die Protagonisten des OKR-Ansatzes streben an, dass Teams und Mitarbeiter autonom im Rahmen der Unternehmensziele eigene objectives definieren, die vom Umfang her weder über- noch unterfordernd sind und sich an der Erreichung bestimmter key results messen lassen.

Deswegen gelten Zielerreichungsgrade von 70-80% als ideal.

Die Ergebnisse der analytischen Komponente des OKR-Ansatzes – Team-autonom autoausbalancierter Aufgabenumfang und messbare Zielerreichung – sind für den Mitarbeiter (m/w/d) die beiden Voraussetzungen für motiviertes und engagiertes Arbeiten.

OKR eignen sich nicht zur Leistungsbeurteilung

Ben Lamorte, einer der Väter des OKR-Ansatzes, wird immer wieder zitiert mit den Worten:

„OKR ist ein Rahmenwerk für kritisches Denken und andauernde Disziplin, das danach strebt sicherzustellen, dass Mitarbeiter zusammenarbeiten, sich fokussieren und messbare Beiträge schaffen, die das Unternehmen voranbringen“.

OKR eignen sich deshalb nicht als Instrumente der Leistungsbeurteilung oder der Vergütungsregelung.

Auf welche Schwierigkeiten trifft der OKR-Ansatz in der Praxis?

Das Herunterbrechen der Unternehmensziele auf kleinere Einheiten oder kürzere Etappen ist im OKR-Ansatz essentiell – ohne funktioniert er nicht. Diese Aufgabe ist allerdings weder neu noch ist sie durch den OKR-Ansatz leichter zu bewältigen. Die Strukturierung von Zielen und Mitteln zur Zielerreichung wird von den Beteiligten oft als hilfreich beim Priorisieren, Fokussieren und Ergebnismonitoring angesehen.

Die Verständigung auf entsprechende objectives und key results ist dabei in der Praxis meist sehr zeit- und abstimmungsintensiv. Wenn parallel oder vorgelagert noch andere Ansätze der operativen Steuerung im Einsatz sind, zu deren Instrumenten aus Gründen eines übergreifenden Verständnisses dann Transfer-Übersetzungen nötig sind, erhöht sich dieser Aufwand noch.

Auch das Messbarmachen von OKR sowie die Verständigung über das Ob und die Stärke des jeweiligen sachlogischen Zusammenhangs zwischen objective und key result ist in der Praxis alles andere als trivial.

Die strukturellen Schwierigkeiten, die der OKR-Ansatz mitbringt, werden in zahlreichen praktischen Fällen dadurch verstärkt, dass der Anspruch an Nachvollziehbarkeit und Messbarkeit der OKR unter stets knapper Ressource Zeit erfüllt werden soll. Wird hier aus operativen Erfordernissen methodisch zu oberflächlich gearbeitet und eventuell noch schnell das ein oder andere objective in eine Drei-Monats-Etappe hineingeschrieben, verliert der Ansatz nicht nur seine Wirksamkeit, sondern auch seine Glaubwürdigkeit.

Welche Rolle sollte HR mit Blick auf OKR einnehmen?

Auch unabhängig vom OKR-Ansatz wird heute niemand ernsthaft bezweifeln, dass die individuelle Leistungsbereitschaft zunimmt, wenn die Arbeit unter den Bedingungen des Alignments, also der Kenntnis der Sinnhaftigkeit des Ganzen, und einer fairen und nachvollziehbaren Ergebnismessung stattfindet.

Attraktive Herausforderungen für Teams schaffen

Der Steuerungsansatz OKR nutzt diese Erkenntnis und baut sie in seinen Drei-Monats-Takt, der die Arbeit mit den Anforderungen der VUCA-Welt synchronisieren soll. Aus Sicht seiner Protagonisten hat der OKR-Ansatz diesbezüglich längst seine Wirksamkeit unter Beweis gestellt. Und zwar sowohl im Hinblick auf die Produktion guter Lösungen als auch im Hinblick auf fokussiertes, motiviertes Arbeiten von Beschäftigten und Teams.

Er bietet Unternehmen also neue Möglichkeiten, unternehmerischen Erfolg und attraktive Herausforderungen für Mitarbeiter und Teams unter VUCA-Welt-Bedingungen zu schaffen.

Sobald demnach im Unternehmen Themen oder Aufgaben auftauchen, denen mit bisherigen Routinen nicht (mehr) beizukommen ist, könnte sich der OKR-Ansatz als zeitgemäßes methodisches Steuerungsinstrument anbieten.

HR mit wesentlicher Verantwortung in einer VUCA-Welt

Spätestens dann kommt die HR-Abteilung ins Spiel, um die geforderten Mitarbeiter und Führungskräfte anzuleiten und zu befähigen, diesen Ansatz, oder zumindest Elemente daraus, anzuwenden. Das Erlernen und die Anwendung des OKR-Ansatzes könnte so sogar Aufnahme in die individuellen Zielvereinbarungen finden. Wie das Erlernen und Anwenden anderer Tools und Methoden.

Über Talentförderung und Weiterbildung hinaus wird es jedoch notwendig sein, eine Unternehmenskultur zu kreieren, in der es Verständnis dafür gibt, dass der unternehmerische Erfolg unter VUCA-Welt-Bedingungen noch weniger planbar als vorher, aber ohne das eigene Experimentieren (inklusive Scheitern dürfen) eher unwahrscheinlicher wird.

Naja, und beim Thema Unternehmenskultur kommt der HR-Politik eine wesentliche, wenngleich keine alleinige Verantwortung zu.

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Dr. Torsten Wegener

Dr. Torsten Wegener als Autor auf Persoblogger.de

 

Dr. Torsten Wegener hat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften studiert und in dieser Interdisziplinarität auch promoviert. Er arbeitet inzwischen im Controlling eines großen deutschen Software-Dienstleisters. Zuvor war er einige Jahre in der Softwareentwicklung als Requirement Engineer für kennzahlengestützte Analysetools tätig.

Die Arbeit mit Kennzahlen ist eines seiner Steckenpferde. Manchmal hört man die Aussage, der OKR-Ansatz habe nichts mit Kennzahlen zu tun. Das ist natürlich Quatsch. Im Gegenteil: ohne Kennzahlen kein OKR!

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