Psychogenetischer Fingerabdruck: Profilerin Suzanne Grieger-Langer sammelt Daten und wertet diese systematisch aus

Die Kontroverse um Profilerin Suzanne Grieger-Langer – Stand der Diskussion

Wer in den letzten Tagen etwas tiefer in die HR-Szene hineinhörte, hat die Diskussionen um die Keynote der umstrittenen selbsternannten Profilerin Suzanne Grieger-Langer auf den diesjährigen Social Recruiting Days mitbekommen. Im Kern geht es um die Frage, in wie weit ein etablierter Veranstaltungsanbieter eine Bühne für hochkontroverse Personen und Methoden bieten sollte. Immerhin geht es um die Quadriga Akademie Berlin GmbH. Und es geht um die Frage, was das für den Ruf von HR in der Öffentlichkeit bedeuten könnte.

Wer ist Suzanne Grieger-Langer?

Die Diskussionen entfachten sich an der Person von Suzanne Grieger-Langer. Diese bezeichnet sich selbst auf Ihrer Website als „Transaktionsanalytikerin, Dozentin, Speaker“. Ihr Angebot für Kunden und Öffentlichkeit: Sie berät „als Charakter-Profilerin auf Grundlage von Datensammlungen große Unternehmen bei der Einstellung neuer Bewerber“, so Grieger-Langer kürzlich in einem Spiegel Online Interview.

Die Methode: Einteilung der Menschen in Pfeifen, Poser, Performer und Psychopathen

Kern Ihrer Darstellung auf den Social Recruiting Days ist laut Ankündigung des Veranstalters ihre Methode, echte Performer zu finden und dauerhaft an sich (Unternehmen) zu binden und dabei Poser, Pfeifen und Psychopaten zu entlarven und auszuhebeln. Unter dem Titel „People Profiling – Die Macht der Menschenkenntnis“ will sie zeigen, wie Unternehmen diese Einteilung vornehmen können.

Die Betitelung der einzelnen Personas klingt erst einmal witzig und wie schrilles Marketing. Allerdings meint es die Grieger-Langer durchaus ernst, wenn sie beispielsweise von den Psychopaten spricht. In einem online Interview der Neue Westfälische wird sie dazu zitiert mit „Aus medizinischer Sicht kämen diese Menschen ohne Gefühle auf die Welt, die sind quasi falsch verdrahtet.“.

Müssen sich Personalabteilungen jetzt also auf die Jagd nach Psychopathen im Unternehmen begeben? Auf jeden Fall scheint der Job von Grieger-Langer eine Menge Aufwand zu bedeuten, denn „In Unternehmen arbeiten wir mit mindestens neun Leuten an der Klassifizierung eines Bewerbers“, sagt sie in besagtem Interview. Zumindest klingt es nach einem lukrativen Geschäftsmodell.

Die Kritik an der Person Suzanne Grieger-Langer

Dort wo die Diskussion rund um die Methoden von Suzanne Grieger-Langer vielleicht noch spannend und amüsant wäre, kommt herbere Kritik noch von einer ganz anderen Seite. In einem Beitrag des MBA Journals zeigt Journalistin und Psychologin Bärbel Schwertfeger auf, mit welchen fremden Federn sich die sogenannte Profilerin schmückt. Sie spricht dort von einer „bemerkenswerten Dreistigkeit“.

Denn Grieger-Langer hatte die Behauptung aufgestellt, für die Frankfurt School of Finance and Management den Studiengang „Certified Profiler“ entwickelt zu haben. Tatsächlich hatte sie laut der Recherche von Schwertfeger lediglich ein Teilmodel von 22 übernommen. Die Hochschule mahnte Grieger-Langer dafür ab.

Schwertfeger deckte auf, dass Grieger-Langer daraufhin die Frankfurt School of Finance und Management gegen die Steinbeis University Berlin in ihrem Profil austauschte. Aber auch das sei falsch. „Frau Suzanne Grieger-Langer ist keine Mitarbeiterin der Steinbeis-Hochschule und wurde von uns auch nicht beauftragt, einen Studiengang „Certified Profiler“ zu entwickeln“, schrieb Carsten Rasner, Direktor der Steinbeis School of Management and Innovation an der Steinbeis-Hochschule Berlin als Stellungnahme auf Schwertfegers Enthüllungen.

Vorwürfe zu vielfachen Falschaussagen führten bereits zu Prozessen

Die Journalistin Schwertfeger hat mit Beiträgen unter dem Titel „Grieger-Langer: Profilerin mit Hang zur Lüge“ sowie Transparenzoffensive bestätigt Lügen mit zahlreichen weiteren Enthüllungen nachgelegt. Im Grunde geht es um eine Vielzahl weiterer Falschaussagen und Behauptungen für Hochschulen lehrend tätig zu sein. Zum Beispiel für die Fachhochschule Bielefeld. Die Fachhochschule Bielefeld, wo sie laut ihren Angaben angeblich seit Oktober 2009 bis heute Lehrbeauftragte ist, schreibt hingegen: „Suzanne Grieger-Langer ist zurzeit nicht Lehrbeauftragte an der FH Bielefeld.“, so Schwertfeger.

Laut Schwertfeger besonders dreist erscheint ihre Angabe zur Wirtschaftsuniversität Wien. Dort sei sie laut Angabe in ihrem Linkedin-Profil seit 2010 als „Dozentin, Scientific Staff und International PHDs: Führung, Selbstmanagement, Die 7 Säulen der Macht… “ tätig. Auf Anfrage schreibt die Pressesprecherin der Wirtschaftsuniversität an Schwertfeger: „Ich kann Ihnen mitteilen, dass Fr. Grieger-Langer in unserem elektronischen System nicht erfasst ist. Das bedeutet, dass sie seit Beginn der Aufzeichnungen, also seit den 1990er Jahren in keiner Verbindung mit der Wirtschaftsuniversität Wien steht.“

Im längeren Artikel von Schwertfeger werden weitere, teilweise durchaus juristisch schwerwiegende Vorwürfe aufgestellt, die zwangsläufig zu einer Klage durch Grieger-Langer führen mussten. Zwischenzeitlich bekam Schwertfeger in einem Prozess laut eigener Aussage umfassend Recht, wie die Journalistin in einem neuerlichen Beitrag schreibt.

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Profiling-Methode verstoße mehrfach gegen Gesetze

Schwertfeger zitiert aus dem erstinstanzlichen, aber noch nicht rechtskräftigen Urteil. Das entscheidende Gericht habe klargestellt, dass die von Grieger-Langer angewendeten Methoden des Datensammelns sowohl nach alter als auch neuer Rechtsprechung zum Datenschutz unzulässig seien, so Schwertfeger.

Die Kritik von Bärbel Schwertfeger an Grieger-Langer bezieht sich somit sowohl auf ihre Person als auch ihre Methoden.

Der geplante Auftritt von Grieger-Langer auf den Social Recruiting Days

Nun steht Frau Grieger-Langer auf der Top-Speaker Position der Social Recruiting Days. Einer in der Szene durchaus renommierten Veranstaltung für HR-Praktiker. Und wieder ist es Schwertfeger, die diesen Auftritt heftig kritisiert.

Der von ihr selbst so bezeichnete Kampf gegen „Scharlatanerie in der Personalerszene“ scheint einen herben Rückschlag zu erleiden. Denn trotz ihrer vielfachen Enthüllungen, wird die „Profilerin“ weiter medial promotet.

Der Veranstalter, die Quadriga Media Berlin GmbH, scheint die Vorwürfe alle zu kennen. Sowohl was die heftig umstrittenen Methoden angeht, als auch die von Schwertfeger angeprangerten ständigen Lügen. Laut Schwertfeger wolle der Veranstalter jedoch an der Keynote festhalten, da Frau Grieger-Langer „unterhaltsam sei“. Eine richtungsändernde Reaktion seitens der Quadriga ist nicht erfolgt. Zumindest aber sind Beschreibungen zur Person von Grieger-Langer als „unangefochtene Expertin“ und ähnlich nicht mehr zu finden. Stattdessen ist der Beschreibungstext der Referentin auf der Veranstaltungsseite mittlerweile leer.

Beschreibung der Referentin Profilerin Suzanne Grieger-Langer auf den SRD 2018
Screenshot: Referentenprofil Suzanne Grieger-Langer via socialrecruitingdays.de

Wie weit geht eine „gesunde“ Kontroverse?

Im Normalfall steht die Auftakt-Keynote für das Motto einer Veranstaltung. Sie ist, wie der Begriff sagt, der „Schlüsselvortrag“. Es geht gerade nicht um ein eigenes bewusst kontroverses Format im Stile eines Argumentations-Battle. Dort könnten die Methoden von Frau Grieger-Langer ein wissenschaftliches Gegengewicht erfahren. Beispielsweise durch den ebenfalls als Speaker gelisteten Prof. Dr. Kanning. Vermutlich wäre die Aufregung dann gar nicht entstanden.

Das Bereiten einer großen Bühne via Keynote ist auch deswegen fragwürdig, weil dafür im Normalfall ein Referentenhonorar gezahlt wird. Für sonstige Speaker auf Quadriga-Veranstaltungen ist der Veranstalter in der Regel zu keinen Zahlungen bereit.

Unabhängig von der nicht veröffentlichten Vergütungsfrage, gibt es im Hintergrund bereits Diskussionen unter den Referenten, in wie weit man zusammen mit Frau Grieger-Langer auf einer Speaker-Liste stehen wolle.

Dabei muss ich sowohl der Referentin als auch dem Veranstalter zu Gute halten, dass Frau Grieger-Langer durchaus mit einigen ihrer Beiträge wahre Worte spricht. Sie bereitet diese ansprechend auf und weiß mit vielen Aussagen zu überzeugen. Dabei ist sie sogar unterhaltsam, keine Frage.

Provokation versus Urteilsfähigkeit der Teilnehmer

Für eine solche Keynote wird im Netz ins Feld geführt, dass den Teilnehmern der Social Recruiting Days eine gesunde Urteilsfähigkeit unterstellt werden sollte. Diese könnten sich selbst ein Urteil bilden. Sie seien nicht zwangsläufig einer Manipulation durch die Aussagen und Thesen der Referentin „ausgeliefert.“

Auch wenn ich im Grunde ebenfalls stets auf den gesunden Menschenverstand der Personaler setze, zweifle ich dennoch an dieser pauschalen Argumentation. Man muss noch nicht mal Meta-Begriffe wie Fakenews oder postfaktisches Zeitalter bemühen. Werfen wir mal einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft. Aus meiner Sicht besteht umgekehrt sogar ein grober Hang zu einfachen Lösungen für komplexe Probleme. Die große Stunde für Anscheinsvalidität oder Ansätze und Methoden im juristischen Graubereich scheint gekommen.

Wobei Schwertfegers Aussagen die Diskussion um Grieger-Langer auch unabhängig von deren Methoden und Theorien befeuern. Die Kontroverse entzündet sich an der durch Schwertfegers Veröffentlichungen in Zweifel gezogenen Lauterkeit der Referentin.

Aufmerksamkeit bringt Geld

Wir leben in einer Aufmerksamkeitsindustrie. Nicht der beste Ansatz setzt sich durch, sondern der mit dem besten Marketing! Im Rahmen der Diskussionen zu diesem Thema stellte ich daher kürzlich eine Frage. Müssten wir uns als HR-Blogger nicht den neuen Realitäten stellen? Der Markt bestimme, was angesagt ist, nicht was wir selbst für gut, politisch korrekt und gesellschaftlich für sinnvoll erachten.

Oder anders ausgedrückt: „It´s not about HR, it´s all about money!“.

Allerdings sehe ich mich mit Persoblogger.de bewusst anders positioniert. Als Praktiker steht für mich vor allem die Praxisrelevanz sowie die Praxistauglichkeit von Lösungen und Methoden im Vordergrund. Was hilft den Personalern wirklich? Auch stört es mich generell, wenn unwahre Behauptungen aufgestellt werden. Vor allem wenn damit nur die eigene Position gestärkt und dadurch Geld verdient werden soll.

Wir leben in einer #Aufmerksamkeitsindustrie oder auch: „It´s not about HR, it´s all about money!“ - Wie viel Kontroverse tut #HR noch gut? Klick um zu Tweeten

Auswirkungen auf das Bild von HR in der Öffentlichkeit

Was Sie beim Thema Aufmerksamkeitsindustrie ebenfalls bedenken sollten: Jede Berichterstattung in den Medien erzeugt ein Bild von uns Personalern. Und das sieht in den letzten Jahren eh nicht immer gut aus. Ich habe dazu bereits in meinem Beitrag 5 Dinge, die ich mir für HR noch 2016 wünsche geschrieben.

Welchen Einfluss nehmen dann Keynotes mit Personen und Methoden wie oben skizziert auf das Ansehen von HR bei Bewerbern…?

Auswirkungen auf IHR Unternehmen durch Aufnahme in Referenzliste

Die Reichweite von Aussagen durch Frau Grieger-Langer geht aber noch weiter. Wie beispielsweise wirkt sich die Aufnahme Ihres Unternehmens in die mehrere hundert Nennungen starke „Referenz-Liste“ von Frau Grieger-Langer aus? Unter der Überschrift „Referenzen -hier ein Auszug der Kunden, die Profiler Suzanne gern weiterempfehlen.“  findet sich das Who-is-Who deutscher Unternehmen.

Meine Empfehlung:
Checken Sie die Liste unter  https://profilersuzanne.com/referenzen/ mit Blick auf Ihr eigenes Unternehmen!

Fazit – meine Meinung

In diesem Beitrag wollte ich einerseits über die von Bärbel Schwertfeger recherchierten Informationen berichten. Andererseits meine eigene Meinung kundzutun. Und diese Meinung lautet: Entscheiden Sie selbst, welche Rolle und Position Sie bei der Diskussion einnehmen möchten. Hauptsache Sie bleiben kritisch, insbesondere wenn Ihnen vermeintlich Experten suggerieren, dass der Mensch heute bereits komplett berechenbar sei. Lesenswert in diesem Zusammenhang ist der Beitrag von Prof. Kanning mit dem Titel „Von der Triebtätersuche zur erfolgreichen Personalauswahl?“.

Persönlich halte ich den Einsatz von Frau Grieger-Langer als Keynote-Speaker für ein falsches Signal. Eingebunden in eine bewusst kontroverse Diskussion mit wissenschaftlichen Experten wäre meine Einschätzung möglicherweise anders.

**********

UPDATE vom 14.08. 10:18 Uhr:
Die massiver Kritik zeigt Wirkung: Die geplante Keynote wird in eine Podiumsdiskussion umgewandelt, wie das Personalmagazin eben berichtet. Damit sehe ich meinen Beitrag zu diesem Thema als beendet an.

 

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Stefan Scheller

Autor und Speaker Persoblogger Stefan SchellerMein Name ist Stefan Scheller. In meiner Rolle als Persoblogger und Top HR-Influencer (Personalmagazin 05/22) betreibe ich diese Website und das gleichnamige HR Praxisportal. Vielen Dank für das Lesen meiner Beiträge und Hören meines Podcasts Klartext HR!

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