Der Begriff Employer Value Proposition (EVP) wird im Rahmen des Employer Brandings dieser Tage stark strapaziert. Dabei handelt es sich um den sogenannten „einzigartigen Arbeitgebervorteil“, das Nutzenversprechen, warum ein Bewerber sich gerade für diesen Arbeitgeber entscheiden soll.
Er soll nach innen Richtung geben und die Organisation auf die (Arbeitgeber)Marke ausrichten und extern der Kommunikation in den Markt zugrunde liegen. In der Theorie spiegelt er die positiven Merkmale des Unternehmens als Arbeitgeber in authentischer Weise für potenzielle Mitarbeiter wieder.
Warum der Hype um die EVP aus meiner Sicht trotzdem nicht den gewünschten Erfolg bringt und BMW und Audi als Arbeitgeber diesbezüglich komplett austauschbar erscheinen, lesen Sie als Argumentation in diesem Beitrag.
Ein Meinung sie zu teilen …
Die einleitenden Sätze mögen ein wenig nach Nestbeschmutzung klingen, wo ich doch selbst als Employer Brander und berufsmäßiger „Hüter der Arbeitgebermarke“ für eben diesen EVP zuständig bin. Aber warten Sie einfach mal bis zum Ende des Beitrags ab. Wahrscheinlich hilft es in diesem Zusammenhang nochmal zu betonen, dass es sich hier um meine ganz persönliche Meinung handelt. Vielleicht nach dem Beitrag ja auch um Ihre …
Die EVP – selbst für Wikipedia unbekannt
Haben Sie schon mal „Employer Value Proposition“ bei Wikipedia eingegeben? Nein? Macht nichts. Denn Wikipedia kennt diesen Begriff nicht und bietet Ihnen gar an, dazu einen Artikel zu erstellen.
Immerhin liefert Google mir auf meine Anfrage rund 22,7 Mio. Ergebnisse, was mich dann doch etwas beruhigt.
Unter anderem findet sich dort folgende Definition des Anbieters von Arbeitgebersiegeln und Beratungen zum Employer Branding Universum Global:
„The employer value proposition (EVP) is a unique set of offerings, associations and values to positively influence target candidates and employees.“
Betonen möchte ich vor allem den Begriff „unique“, also die Einzigartigkeit eines Arbeitgebers.
Unternehmen sind nicht so einzigartig wie sie gerne glauben
Diese postulierte Einzigartigkeit geht zurück auf das, was aus dem Englischen so schön mit „reasons why“, grob übersetzt mit „Warum dieser Arbeitgeber?“ gemeint ist und im Marketing von Produkten die „Unique Selling Proposition (USP)“ ist. Diese hat es immerhin nach Wikipedia geschafft, aber das nur am Rande.
Was macht denn Unternehmen nun so einzigartig?
Nur ganz kurz (!) die Theorie: Es geht um die Verdichtung aller Attraktivitätsmerkmale, die insbesondere unter Kategorien wie
- Vergütung
- Sonstige Leistungen
- Karrieremöglichkeiten
- Arbeitsumgebung
- Arbeitskultur
fallen.
Gemeint sind also nicht nur die Vergütung und dessen Modalitäten, sondern auch Betriebliches Gesundheitsmanagement, Weiterbildungsmaßnahmen, Karrieremöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit, Sinn von Arbeit, Vielfalt im Sinne von Diversity, Arbeitsmethoden, Arbeitsplätze, Kommunikation, Teilhaberschaft, Werte und vieles mehr.
Einzigartigkeit in Arbeitskultur und Werten?
Das Thema Werte eines Unternehmens ist die eigentliche Herausforderung beim Employer Branding. Wie beschreibe ich die bestehende Arbeitskultur? Was macht das Arbeiten für dieses Unternehmen so einzigartig.
Unabhängig davon, dass es „DIE Unternehmenskultur“ mangels Homogenität der Mitarbeiter (Gauß lässt grüßen!) eh nicht gibt, behaupte ich an dieser Stelle, dass auch die im EVP beschworene Einzigartigkeit gar nicht existiert.
Top-Arbeitgeber sind austauschbar
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, dass diesbezüglich die vielzitierten und mit entsprechenden Arbeitgebersiegel ausgezeichneten Top-Arbeitgeber komplett austauschbar sind.
Nehmen wir beispielsweise mal BMW und Audi, die bei Arbeitgeberrankings von Trendence und Universum stets weit oben bzw. ganz an der Spitze stehen, weil alle Studenten sie für Top-Arbeitgeber halten.
Audi:
Beim Ingolstädter Autobauer findet sich unter dem Menüpunkt „Arbeiten bei Audi“ eine sehr kurze Zusammenfassung dessen, was wohl der EVP sein soll. Wenig erstaunlich geht der dortige Text weg vom reinen Claim „Vorsprung durch Technik“ und nennt zusätzlich emotionale Elemente „Leidenschaft, Pioniergeist und Begeisterung“. Damit nähern sie sich bewusst an BMW an, die bereits im Claim von „Freude am Fahren“ sprechen. Und der knappe Hinweis, auf „viele beste Gründe“ (für den Einstieg bei Audi) folgt am Ende des Textes.
BMW:
Bei Blick auf die entsprechende Seite bei BMW findet sich – na da schau her – der Satz „Leidenschaft teilen. Das Beste entsteht aus Begeisterung.“
Merken Sie etwas? Die Differenzierung ist kaum zu übersehen. Achtung: Ironie-Keule erster Güte!
By the way ist nun auch BMW mit einem „gemeinsam Zukunft gestalten“ unterwegs, was in Form von „Zukunft gestalten. Gemeinsam.“ seit vielen Jahren der Claim der DATEV eG ist. Dort ist er allerdings mehr als nur stimmig. Aber nun zurück…
Unterschiede erkennt nur, wer für beide gearbeitet hat
Um einmal aus dem Nähkästchen zu plaudern: Auf einer Veranstaltung der letzten Jahre habe ich einen HR-Verantwortlichen für dieses Thema zur Abgrenzung des jeweiligen Mitbewerbers im bajuwarischen Autobauwettstreits gefragt, also zum EVP.
Seine Antwort frei zitiert: „Naja, wer lieber Audi fährt, arbeitet dort, wer BMW besser findet, wird dort arbeiten. Außerdem ist es eine Entscheidung zwischen Ingolstadt und München als Arbeitsort.“.
Herzlichen Glückwunsch! Und das meine ich jetzt ganz ehrlich und nicht ironisch: Danke für diese ehrliche Antwort! Denn auch ich glaube, dass allenfalls derjenige, der bei beiden Arbeitgebern länger gearbeitet hat, die Antwort zu den Unterschieden überhaupt glaubhaft kommunizieren kann. Wer allerdings bei beiden gearbeitet und sich dort wohlgefühlt hat, der würde sogar noch meine These, dass die beiden als Arbeitgeber hinsichtlich ihres EVP (nicht ihrer Produktmarke!) austauschbar sind, bestätigen.
Die Welt für Bewerber vereinfachen
Auf dem HR BarCamp 2015 letzten Monat in Berlin wurde mir das in einer Session wieder bewusst, was mich schon lange umtreibt:
Warum verunsichern wir die Bewerber immer weiter mit noch detaillierteren vermeintlich emotionalen Aussagen, Begrifflichkeiten und Slogans, die am langen Ende alles sind außer differenzierend?
Haben Sie eigentlich früher auch so gerne „Wer bin ich?“ gespielt? Das Spiel, bei dem man mit Klebeband einen Namen auf der Stirn hatte und bei dem man sich durch das Stellen von Fragen an die Mitspieler an diese Person (oft eine berühmte Persönlichkeit) herantasten musste.
Erinnern Sie sich noch an die Art von Fragen, die am zielführendsten dabei waren? – Genau! Es waren Fragen nach allgemeinen Kategorien. Zum Beispiel, ob es ein Mann oder eine Frau ist, Schauspieler oder Politiker, ob die Person noch lebt, ob sie aus Amerika kommt und so weiter. Erfolgreich waren auch Fragen dazu, was diese Person tut bzw. getan hat.
Aber nie habe ich in meinem Leben auch nur eine Spielrunde erlebt, bei dem es Fragen nach Werten oder Grundhaltungen von Personen gab. Etwa „Ist die Person vertrauenswürdig?“ oder „Ist sie teamfähig?“.
Im Rahmen der Employer Value Proposition wirkliche Differenzierung anbieten
Das soll nicht heißen, dass es nicht tatsächlich wesentliche Differenzierungskriterien zwischen Unternehmen gibt.
Nehmen wir mal die börsennotierten Unternehmen im DAX30. Da kann ich jetzt lange versuchen der Deutschen Bank mehr oder weniger „Vertrauenswürdigkeit“ als Arbeitgeber zuzusprechen als einer Commerzbank. Oder mehr Nachhaltigkeit. Am langen Ende funktionieren die Unternehmen doch vergleichbar: Es geht in erster Linie um die finanzielle Befriedigung der Shareholder. Das Geldmachen mit dem Geld der anderen. Um hohe Profite und (hohe) Boni. Auch wenn die Unternehmen sich in ihre Arbeitgebermarken sonst was reinschreiben, suchen sie am Ende doch Mitarbeiter, die dieses Geschäftsmodell mittragen und denen Skandale im Bankensektor, Vertrauenskrise usw. nichts ausmachen. Passung eben.
Völlig anders ticken da zum Beispiel Genossenschaften. Dort stehen zwar auch Stakeholder im Mittelpunkt. Aber der Grundsatz der Gewinnmaximierung ist dort nicht zulässig bzw. widerspricht dem rechtlichen Konstrukt.
Wieder anders dürfte es in der öffentlichen Verwaltung sein. Dort ist es mit der Basisdemokratie und der Innovation vermutlich nicht ganz so weit her, wie beispielsweise in einem StartUp.
Genauso unterschiedlich ist es wahrscheinlich, für ein rein nationales Unternehmen zu arbeiten oder für ein internationales Unternehmen. Oder für einen Konzern im Gegensatz zu einem kleinen Mittelständler bzw. Familienbetrieb.
Menschen denken in Kategorien – Individualität ist schwer greifbar
DAS sind aus meiner Sicht relevante Kriterien, nach denen Bewerber sich entscheiden können. Vor allem sind sie nachvollziehbar, bis zu einem gewissen Grad nachprüfbar und glaubhaft.
Wieso also geben wir nicht einfach, wie beim Spiel „Wer bin ich“, potenziellen Bewerbern zuerst einmal eine stark faktenbasierte Umschreibung nach Kategorien und werden dabei sehr konkret, auch was die geschäftlichen Tätigkeiten des Unternehmens betrifft. Dazu belegen wir das mit authentischen Mitarbeiterstimmen und lassen die Bewerber den Rest (Unternehmenskultur usw.) einfach live via Praktikum, Werkstudent, Probearbeit oder auf Veranstaltungen selbst erleben…?
Immer noch nicht überzeugt? OK. Dann starten Sie mal ein Experiment im Büro: Versuchen Sie von den vielen Eigenschaften, die sie ständig in Lebensläufen oder Anschreiben von Bewerbern lesen, fünf auszuwählen, die einen Kollegen oder eine Kollegin in ihrer Abteilung charakterisieren und notieren Sie diese auf ein Blatt Papier. Anschließend lassen sie die Kollegen raten, wen sie damit beschrieben haben. Und dann schauen Sie mal, wie unterscheidungskräftig Eigenschaften wie „ungeduldig“, „teamfähig“ und „flexibel“ wirklich sind.
Und genauso geht es umgekehrt den Bewerbern mit der Markenkommunikation der Unternehmen…
Warum die Diskussion um den EVP dennoch wertvoll ist
Meine kritischen Gedanken und konstruktiven Vorschläge habe ich nun angebracht. Allerdings halte ich persönlich die Diskussionen um den EVP bzw. die Unternehmenskultur und dessen Werte dennoch für absolut notwendig und sinnvoll:
Das ernsthafte Interesse an der Erarbeitung eines EVP sowie einer Arbeitgebermarke zwingt die HR-Verantwortlichen dazu, zusammen mit den Mitarbeitern in eine nichtfachliche Diskussion einzusteigen. Es geht um das „Wie“ der Zusammenarbeit, gegebenenfalls auch die vielzitierte „New Work“. Und darum, wer denn eingestellt werden soll und zum Unternehmen passt.
Alleine für diese Diskussion sowie die Möglichkeit über ein konkretes Ergebnis diskutieren zu können, etwas zu visualisieren bzw. zu visionieren, lohnt es sich.
Aber nicht, weil über den EVP in der Arbeitgebermarken-Kommunikation automatisch ein unterscheidbares Bild im Bewerbermarkt generiert wird. Selbst wenn gerade das immer behauptet wird …
Was denken Sie dazu?
20 Antworten
Moin. Schöner Beitrag, der zum Nachdenken anregt. Allerdings sehe das teilweise etwas anders. Marken haben nur eine Chance, nachhaltig erfolgreich zu sein: Durch Differenzierung. Authentische Differenzierung. Und den sog. EVP gibt es auf jeden Fall. Man muss ihn nicht so nennen. Wir nennen das eher Markenkern. Aber wenn es ihn gibt, dann findet er sich in der Symbiose von gelebten Werten und daraus gewachsener Unternehmenskultur, die sich dann wiederum für die Mitarbeiter spürbar in der Führungskultur wiederfindet! Und darüber lässt sich auch ein „EVP“ definieren, bzw. kommunizieren. Nur findet man den eben nicht so, wie häufig beschrieben. Und natürlich kann es passieren, dass sich der Markenkern mit dem eines anderen Unternehmen überschneidet. Dennoch ist jedes Unternehmen durch das Zusammenspiel von Werten und gelebter Unternehmenskultur einzigartig. Ob es das so für sich erkannt und herausgearbeitet hat ist eine andere Frage.
Gruß, Oliver Marquardt
Dann liegen wir aber gar nicht auseinander, Oliver Marquardt. Denn ich gehe ebenfalls davon aus, dass Unternehmen sich sehr wohl voneinander unterscheiden. Genauso wie jeder Mensch individuell ist, muss es die Gesamtheit aller Mitarbeiter im Unternehmen per se schon sein. Bei der Definition eines Markenkerns oder EVP sehe ich das eher wieder kritischer. Denn ein solcher nutzt mir als Unternehmen doch nur dann, wenn ich es schaffe, diesen kommunizierbar und vor allem für die Zielgruppen erkennbar und verstehbar zu machen.
Ansonsten bleibt er abstrakt und selbst die Mitarbeiter kennen ihn nicht bzw. nehmen höchst individuelle Nennungen vor, was die Arbeit im Unternehmen ausmacht. Und wahrscheinlich ist es sogar so, dass jeder einzelne seine ganz persönlichen Highlights und Lowlights nennen MUSS. Das individuelle Empfinden kann ja durch die Markentheorine nicht wegdiskutiert werden.
Insofern: Ja, Unternehmen sind einzigartig. Ja, es gibt so etwas wie einen EVP oder Markenkern. Und ja: Das Problem ist das Erkennen, Verstehen, Leben und Kommunizieren desselben. Da letzteres im Rahmen von Personalmarketing und Recruiting leider so essentiell ist, musste ich einfach diese provokative Überschrift nehmen. Vielleicht führt sie den einen oder anderen inhaltlich etwas in die Irre.
Endlich ein Diskurs über Sinn und Unsinn der Arbeitgebermarke und der erwünschten Alleinstellung. Ich lese hier so viele gute Gedanken und wünsche mir ein Umdenken in Sachen Employer Branding. Danke dafür. (s. auch http://redeundantwort.com/2013/11/27/mythos-arbeitgebermarke/)
Beste Grüße vom Jan Willand,
und: weiter so.
Danke, Jan Willand. Ja, kritische Diskussionen sind mehr als fällig. Ist aber auch wirtschaftlich ein riesiges Geschäft für Agenturen, Plattformen und Berater.
Hallo Stefan,
Du schreibst:
„…Und nochmal: …“
Dann hätte Google auch alles richtig gemacht. Merkwürdigerweise klagte Larry Page vor einiger Zeit, dass sich nicht die richtigen Leute für Google interessieren würden. Es sind halt diejenigen, die gerne den Stempel „Google“ oder auch „Audi“ und „BMW“ im CV hätten. Ja, es ist vielen Leuten egal, ob sie bei Audi oder BMW arbeiten. Hauptsache, bekannte Marke und sicherer Job, da hast Du Recht.
In Sachen Audi und BMW kommen die Produktmarken zum Tragen. Interessant wird das für ein solches Unternehmen, wenn dann die Bewerber feststellen, dass das Unternehmen gar nicht so cool wie das Produkt ist. Wie lange bleiben diese Bewerber, wie bindet ein Unternehmen die Leute, die es wirklich braucht? Für bekannte Marken kann das ein Problem sein.
Doch, die Differenzierung ist schon relevant, für Bewerber und Unternehmen. Nur ist sie alles andere als einfach herzustellen, im Spagat zwischen Unternehmens-, Produkt- und Arbeitgebermarke. Ich finde markante Arbeitgebermarken wichtig, allemal besser als der übliche Kompromiss.
Beste Grüße, Helge
Bin da bei Dir. Ich halte sie im Grunde auch für unabdingbar. Womit wir wieder bei meinem Lieblingsthema wären: Authentizität durch Mitarbeiter. Unternehmen erleben statt belanglose Marketing-Kommunikation konsumieren.
Ironischerweise hat meiner Meinung nach gerade das Rennen um Ausdifferenzierung der eigenen Arbeitgebermarke zur jetzigen Austauschbarkeit dieser geführt. Hat Unternehmen A einen speziellen Benefit eingeführt oder sich eines Themas (z.B. Vereinbarkeit od. Diversity) verschrieben, dann muss Unternehmen B recht schnell folgen. Wir sehen das aktuell z.B. mit der Nicht-Erreichbarkeit am Wochenende und nach Dienstschluß. Heute EVP einiger Konzerne, in paar Jahren wahrscheinlich Standard.
Denn wenn ein Unternehmen einen „einzigartigen Arbeitgebervorteil“ hat, dann heißt das ja im Umkehrschluss, dass alle anderen irgendetwas schlechter machen würden. Also zieht das Feld mit.
Und was das Arbeiten angeht, ist vieles doch auch irgendwie gleich was die konkrete Arbeit für den Mitarbeiter betrifft. Wäre das anders, also würde jedes Unternehmen vollkommen unterschiedliche Profile suchen, dann hätten wir alle ja kein Problem bei der Rekrutierung ; )
Sehr cleverer Gedanke, Oliver.
Dieses Hinterherhecheln erinnert etwas an die Jagd nach Megapixeln bei Kameras, die es bis vor einigen Jahren gab. Oder wenn heute Produkte alle die gleichen Features haben (müssen), weil der Markt das einfach erwartet.
Und selbst der Kickertisch, der mal als Inbegriff einer coolen und lockeren Unternehmenskultur galt, hat ausgedient- weil ihn jetzt alle haben…
Hallo Oliver,
wenn ich mich über Benefits differenziere, dann habe ich schon verloren. Benefits eines Unternehmens A kann das Unternehmen B sofort und ohne Aufwand kopieren. Die Differenzierung muss anders laufen. Hier kommt die spezifische Unternehmenskultur ins Spiel.
Beste Grüße, Helge
Hallo Stefan,
ich werde jetzt hier mal den Troll spielen. Also: Wenn die Marke 1:1 von einer Dorf-Werbeagentur kopiert werden kann, dann ist sie keine Marke. Dann stimmt etwas mit der Positionierung nicht. Wenn diese auf der Unternehmenskultur aufsetzt, dann wäre ein Unternehmen damit schon mal auf der sicheren Seite. Zudem wäre es gut, sich die Positionierung des Wettbewerbs einmal anzuschauen.
Damit komme ich zu den Employer Brands von Audi und BMW: Stimmt, die sind sich etwas ähnlich 😉 Bei Armin Trost (Buch „Employer Branding“) wurde der Branding-Prozess von Audi beschrieben. Irgendwie erfolgte auch beim mehrfachen Lesen bei mir kein Aha-Effekt. Es wirkte alles etwas beliebig – und sehr technokratisch. So funktionieren Marken nicht.
Zitat von Ina: „Jeder Versuch, aus dieser Vielfalt ein paar Stärken auszuwählen und in wenige Sätze zu pressen muss farblos enden.“
Nein, an der Verdichtung als solcher liegt es nicht. Es muss nicht zwangsläufig farblos werden. Unternehmen wählen im ersten Schritt eine Vielzahl an Arbeitgebereigenschaften aus. Oft ist dieser Prozess schon „biased“ (siehe Audi unten). Im zweiten Schritt fällt es dann schwer, loszulassen, sich zu trennen von manchen „wichtigen“ Aussagen über das Unternehmen.
Auswählen und verdichten bedeutet, nur die besten Dinge zu behalten. Was sind die „besten Dinge“? Sicher nicht die, die andere Unternehmen auch kennzeichnen. Hier kommt die Unternehmenskultur ins Spiel. Und das Positionierungskonzept – und zwar mit ALLEN Komponenten.
Zitat Stefan: „Immerhin glauben die Unternehmen, dass die Zielgruppe genau diese Botschaften hören will. Aber: Die Kraft der Marke kommt von INNEN. Nur machen sich die meisten Unternehmen diese Arbeit eben nicht.“
Das ist genau der Punkt. Wenn ein Unternehmen den Zielgruppen hinterherhechelt, dann macht es genau das, was die anderen auch machen. Wie nachhaltig ist das denn – und wie authentisch? Ich habe den Eindruck, dass auch Audi so vorgegangen war. So schien es zumindest bei Armin Trost. Das funktioniert nicht. Wahre Attraktivität kommt von INNEN.
So, jetzt aber genug 😉 Ich finde Deinen Beitrag sehr spannend und wünsche mir mehr davon, vor allem zum Thema „Positionierung“.
Beste Grüße, Helge
Danke, Helge! Nochmal begrifflich: Trolle sind Menschen, die sich zu allem destruktiv äußern, obwohl sie keine Ahnung haben. Insofern kannst Du gar kein Troll sein. Und überhaupt sind abweichende Meinungen ja das, was mein Diskussionsimpuls bezwecken sollte.
Das mit der „Dorfagentur“ ist wahrscheinlich deswegen so schlimm, weil die beiden genannten Beispiele sicher nicht von solchen kleinen Agenturen definiert wurden.
Und nochmal: Am Ende kommt es nur darauf an, wie sehr bei den Zielgruppen (ich beschränke jetzt meinen Blick bewusst mal nur mit Fokus externes Recruiting) diese Differenzierung ankommt und verstanden wird. Und als drittes und eigentlich für mich am wichtigsten: Ist diese Differenzierung für die Wahl des Arbeitgebers überhaupt relevant?
Frecherweise behaupte ich jetzt mal, dass es eine große Menge Bewerber gibt, denen es egal ist, ob sie bei Audi oder BMW arbeiten. Hauptsache einer der beiden.
Insofern könnte man sogar ketzerisch sagen: Audi und BMW haben alles richtig gemacht. Wenn ich keine konkreten Unterschiede aufzeige und kein konkretes Arbeitgeber-Markenversprechen abgebe, habe ich hinterher auch nicht das Problem dieses intern zu halten… 😉
Sehr schöner Artikel, der in vielen Punkten voll ins Schwarze trifft. Und den Finger auf das Dilemma der Austauschbarkeit von Abgrenzungsmerkmalen legt. Denn: Innovation bei Audi ist sicher eine Nuance anders als Innovation bei BMW, um beim Automoilhersteller-Beispiel zu bleiben. Ebenso wird es bei Begriffen wie Team, Weiterbildung oder Internationalität die kleinen, aber feinen Unterschiede geben. Um genau diese geht es den Kandidaten bei der Entscheidungsfindung für den einen oder anderen Arbeitgeber. Diese Unterschiede müssen recherchiert, verdichtet und formuliert werden, damit sie dann in kreative Maßnahmen nach innen und außen übersetzt werden können.
Zudem bietet eine gute EVP nicht nur Status-Quo-Inhalte sondern zeichnet im Idealfall auch ein Bild der Zukunft. Für neue Mitarbeiter auch ganz interessant.
Was aber auch wieder schön zu lesen ist, auch in den Kommentaren, ist die Verwirrung im Hinblick auf die Begriffe: Ein EVP ist keine Marke. Eine Employer Brand ist kein EVP. Ein Claim ist keine Positionierung.
Hallo Rotraud,
da hast Du Recht. Begrifflich scheint es da im Markt jede Menge Verwirrungen zu geben. Allerdings: Am langen Ende ist der Streit bis zu einem gewissen Grad auch „akademisch“, denn selbst wenn Positionierung, EVP und Co korrekt definiert sind, müssen diese entsprechend an die Zielgruppen kommuniziert werden. Scheitert dies (wie bei den Beispielen), was ist dann recruitingseitig gewonnen?
Hallo Stefan,
schöner Artikel und mich freut ehrlich, dass durch deinen Blogpost Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt wird.
Ich habe mich selbst in meiner Thesis u.a. auch mit der EVP befasst und merke gerade selbst in der Praxis (befinde mich in der Bewerbungsphase), wie austauschbar die EVP oft ist.
Es gibt allerdings doch einen Wikipedia-Artikel zu der EVP: http://en.wikipedia.org/wiki/Employee_value_proposition
Viele Grüße
Christina
Danke, Christina, dass Dir mein Beitrag gefällt. Ja, Du hast Recht. Den Beitrag gibt es aber nur in der englisch-sprachigen Wikipedia. Obwohl es ansonsten sehr viele Anglizismen in diesem Bereich in die deutsche Version geschafft haben. Immerhin das ist schon bezeichnend.
Für Deine Bewerbungsphase wünsche ich Dir viel Erfolg! Solltest Du weitere Fragen haben, einfach melden. 🙂
sehr gute und klare Analyse! Klasse zu lesen. Holt einen auf den Boden der Tatsachen und vielleicht auch wieder näher an die Bewerber heran. Den Test sollte wirklich jeder mal machen 😉
Hallo Stefan,
Deiner Analyse stimme ich zu 100% zu.
Die EVP ist ein Versuch, die Employer Brand so zu verdichten, dass sie intern und extern kommunizierbar wird. Doch die Employer Brand ist zu bunt und sperrig, um sich in wenige Sätze fassen zu lassen, denn sie ist die Summe aller Wahrnehmungen, Erlebnisse und Meinungen der Mitarbeiter. Es sind die Gründungslegenden, Unternehmerpersönlichkeiten, gemeinsam überstandenen Krisen und gemeinsam errungenen Erfolge, das Kundenlob und das Glas Sekt danach, der Standort, die CSR, und die Einbindung der Mitarbeiter in CSR-Projekte, …
Jeder Versuch, aus dieser Vielfalt ein paar Stärken auszuwählen und in wenige Sätze zu pressen muss farblos enden. (Hat eigentlich schon jemand versucht, in der EVP auch Schwächen deutlich zu nennen?)
Natürlich macht es aus den von Dir genannten Gründen trotzdem Sinn, intern über die EVP zu diskutieren. Meine Empfehlung für die Außenkommunikation ist jedoch, auf den Umweg über die EVP zu verzichten. Wenn die Employer Brand die Summe aller Erlebnisse der Mitarbeiter ist, dann lässt sich die Arbeitgebermarke transportieren, indem man Mitarbeiter zu Wort kommen lässt.
Wenn von Mensch zu Mensch ehrliche Geschichten erzählt werden, dann ist das eine gelungene, glaubwürdige Markenkommunikation!
Gruß, Ina
Meine Rede, Ina, genau das ist es, was ich meine. Danke für den argumentativen Support!
Eine echte Marke ist nicht austauschbar.
Wie heißt es so schön: Eine Marke ist eine Marke ist eine Marke. Das Problem vieler EVPs ist, das sie keine Marke sind. EVPs werden heute eher als Claim oder Slogan verwendet. Vor diesem Hintergrund gibt es keine Differenzierung. Für eine echte Marke Bedarf es eines Markenkerns, Werte, einer Positionierung also einer Markenidentität. Die Arbeitgebermarke steht oft für sich alleine und ist weder mit der Unternehmensmarke bzw. Unternehmensstrategie verknüpft. Oft sind diese EVPs von irgendwelchen kreativen Werbeagenturen konzipiert worden. Sorry Folks aber Werbeangenturen habe keine Ahnung vom Thema Strategische Markenentwicklung. Sie haben kein echtes Markenmodell. Aus diesem Grund sind die Arbeitgebermarken austauschbar.
Lieber Birger Meier, in der Theorie sind wir absolut einer Meinung. Auch was die Herangehensweise zur Ausbildung einer Arbeitgebermarke angeht. Wir haben da jahrelange intensive Erfahrungen. Aber am langen Ende kommen dann andere Unternehmen mit ihren Werbeagenturen und kopieren Worte und Slogans (manchmal verkaufen Agenturen sogar ähnliche Konzepte weiter) und am Ende ähnelt sich alles viel zu stark. Nur dass bei den einen viel Arbeit dahinter steckt, vor allem internes Changemanagement über Jahre und bei anderen nur Geld in einer Kampagne.
Und weißt Du, was das Schlimme daran ist: In der reinen Online-Kommunikation erkennt keiner der Zielgruppe den Unterschied! Woher auch. Arbeitgebermarken sind anders als Produktmarken im Consumerbereich nicht mal schnell und günstig persönlich fühlbar bzw. erlebbar. Das persönliche Erleben von Arbeitgebermarken geht meiner Meinung nach nur von Person zu Person. Da kann der Text auf der Website noch so gut sein.
Nochmal auf den Punkt gebracht: In der Theorie stimme ich voll zu. In der Realität kommt der EVP aber nicht bei der Zielgruppe an – manchmal deswegen nicht, weil andere auf das gleiche Pferd setzen. Immerhin glauben die Unternehmen, dass die Zielgruppe genau diese Botschaften hören will. Aber: Die Kraft der Marke kommt von INNEN. Nur machen sich die meisten Unternehmen diese Arbeit eben nicht. Und das zerstört auch den EVP der anderen. Im Ergebnis gibt es dann gar keinen EVP.