Die Aufgaben und damit auch die Produkte und Services von HR sind in den Unternehmen breit gestreut. Die Personaler:innen sind genauso in administrative Routineprozesse involviert wie auch in transformationale Leistungen, die auf zukunftsgerichtete Strategien einzahlen sollen. HR leistet insofern Pflicht und Kür, Bestandspflege und Weiterentwicklung gleichermaßen – aber beides nicht gleichermaßen gut und zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden, resümiert Gastautor Andreas Meya.
Ergebnisse der Haufe HR Service Experience Studie 2024
Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der großangelegten Haufe HR Service Experience Studie 2024, die der HR-Dienstleister nach der ersten Befragung 2021 nun erneut durchgeführt hat. Weitere interessante Erkenntnisse: HR bleibt für die meisten Mitarbeitenden profillos – sie kennen weder alle Leistungen, die die Personalexpert:innen erbringen, noch erwarten sie von ihnen einen Beitrag zu den strategischen Fragen des Unternehmens. Anders hingegen das Management, das HR als kompetente Problemlöser:innen wahrnimmt und entsprechend wertschätzt.
Zufriedenheit mit HR-Services zwischen befriedigend und ausreichend
HR beherrscht nach wie vor die administrativen Prozesse am besten. In diesem Bereich sind die internen „Kund:innen“ am zufriedensten mit der Performance ihrer Personalexpert:innen. Auf den Top 3 des Rankings liegen das Management von Arbeitszeiten und Entgelt ganz vorn – jeweils knapp zwei Drittel der Mitarbeitenden sind mit diesen Services zufrieden, dicht gefolgt vom Führen und Bereitstellen von Personalakten (60 %).
Deutlich dahinter liegen die transformationalen Leistungen wie Talentmanagement (51 %). oder das Management von Weiterbildungen (49 %). Generell stagniert die Zufriedenheit seit der Befragung von 2021 auf solidem Niveau zwischen knapp 50 und rund 60 Prozent, wobei die Führungskräfte wie auch schon 2021 deutlich zufriedener sind als die Mitarbeitenden.
Im Feld der HR-Profis zeigt sich hingegen ein gespaltenes Bild. Mit den administrativen Leistungen sind sie zufriedener, als es die Mitarbeitenden sind. Ein massiver Gegensatz eröffnet sich jedoch beim Blick auf die transformationalen Services. Hier sehen die Personaler:innen deutliche Defizite in den eigenen Reihen – insbesondere im Hinblick auf Talent Management und Mitarbeitenden-Engagement.
HR-Image: Blass, aber mit gutem Standing in der Chefetage
Die meisten Mitarbeitenden haben keinen regelmäßigen Kontakt mit HR. Nur zu bestimmten Anlässen jenseits des täglichen Routinegeschäfts gehen Beschäftigte auf die Personaler:innen zu. Insofern stellt sich die Frage: Welches Bild existiert im Unternehmen von HR?
Die Studie zeigt, dass viele Mitarbeitende den Personalexpert:innen neutral bis positiv gegenüberstehen, jedoch ein klares Profil vermissen. Die Top-Management-Ebene hat dagegen ein weitaus positiveres Bild. Sie sehen die Personaler:innen als offene und kompetente Problemlöser:innen, auf die eine wachsende strategische Bedeutung (47 %) und eine stärkere Rolle bei der Beachtung eines demokratischen Grundkonsenses (44 %) zukomme.
Doch wie schätzt HR die Wahrnehmung ihres Bereichs im Unternehmen ein? Der Vergleich zu 2021 zeigt, dass die Selbsteinschätzung etwas näher an der Fremdeinschätzung liegt. Insgesamt kennt HR sein Image ziemlich gut, überschätzt sich allerdings hinsichtlich mehrerer Dimensionen, insbesondere bei der Offenheit für die Belange der internen Kund:innen.
Die Selbsteinschätzung der Personalleitung ist jedoch eine ganz andere. Sie übertrifft noch einmal die guten Werte, die HR vom Top-Management attestiert bekommt.
Spagat zwischen Self Services und persönlicher Betreuung
Mitarbeitende in Personalverwaltungsprozesse einzubeziehen, ist aus vielen verschiedenen Gründen sinnvoll – sei es, um die Effizienz von HR-Services zu erhöhen, Mitarbeitende zu befähigen, sich selbst um ihre Belange kümmern zu können und HR von Routineaufgaben zu entlasten, um so Ressourcen für strategische Aufgaben zu schaffen. Dementsprechend gr0ß ist auch die Zustimmung in den Unternehmen: 88 % der Personaler:innen und 87 % der Mitarbeitenden befürworten die Selbstverwaltung von Personalprozessen.
Im Vergleich zu 2021 steigt damit die auch damals schon ausgeprägte Zustimmung nochmals deutlich, wobei die Zustimmungsrate der Personalexpert:innen dieses Jahr erstmals höher ist als die der Mitarbeitenden (2021: 81 % HR und 83 % Mitarbeitende). Hierbei dürfte sicherlich eine Rolle spielen, dass die Corona-Pandemie zahlreichen digitalen Lösungen einen regelrechten Durchbruch verschafft hat. Dennoch darf der zunehmende Einsatz von Self Services nicht dazu führen, dass HR den Kontakt zu den Mitarbeitenden verliert. Dies sollte jedoch nicht der Fall sein, wenn die Personalexpert:innen ihre freiwerdenden Kapazitäten für transformative Services einsetzen und sich so unmittelbar um die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden und des Unternehmens kümmern.
HR goes digital? Bedingt!
Auch wenn die Möglichkeit, auf digitale Self Services zurückzugreifen, in den Unternehmen gut angenommen wird, ist die Digitalisierung noch immer nicht endgültig abgeschlossen. So ist der Grad der Digitalisierung in den Unternehmen im Vergleich zu 2021 nur leicht von 60 Prozent auf 62,6 Prozent gestiegen. Etwas erfreulicher sieht es bei den HR-Services aus: Lag der Digitalisierungsgrad hier 2021 mit 58 Prozent noch leicht unter dem Unternehmensdurchschnitt, haben die Personaler:innen laut Wahrnehmung der Mitarbeitenden jetzt auf 61 Prozent aufgeholt.
Doch ist dies nach wie vor kein Grund für übermäßige Freude: Letztlich hat HR den Anschluss gewahrt, aber darüber hinausgehendes Potenzial ist noch unerschlossen. Dies sehen auch die Personalexpert:innen selbst so. Sie bewerten die Digitalisierung der HR-Services geringer als ihre Kund:innen (54%) und sehen kaum Fortschritte.
Fazit: HR kann noch viele Potenziale heben – und damit Unternehmen aktiv gestalten
HR sieht sich einer breiten Aufgabenpalette gegenüber – angefangen von einer Vielzahl von routinemäßigen Basisleistungen bis hin zu ihrem Beitrag zu Transformation und zukünftiger Wertschöpfung. Und obwohl die Digitalisierung des Personalwesens noch nicht umfassend gemeistert wurde, steht mit dem Einsatz von KI schon die nächste große Herausforderung bevor.
Insgesamt ist HR bei allen neuen Entwicklungen nie die Speerspitze der Innovation, ist aber immer aufgeschlossen und zuverlässig an der Seite des Top-Managements – manchmal auch zum Unverständnis der Beschäftigten. HR weiß um dieses Manko, wobei die fehlende Sichtbarkeit der eigenen Angebote und Leistungen hauptsächlich ein Kommunikationsdefizit ist. Fragt man die Personaler:innern nach ihren Wünschen für die Zukunft, würden sie gern Routineprozesse automatisieren, um mehr Zeit für strategische Aufgaben und individuelle Belange der Mitarbeitenden zu haben.
Denn auch wenn die Personalexpert:innen selbst noch nicht immer soweit sind: Die zukunftssichere Transformation des Unternehmens und die damit einhergehende Gestaltung der Zukunft des Personalwesens ist für die HR-Expert:innen selbstverständlich eine Herzensangelegenheit.
Über die Studie
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden im Februar und März 2024 Online-Interviews (CAWIs) mit 1.261 internen Kund:innen von HR sowie 647 Beschäftigten in Personalfunktionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Sämtliche Befragten waren in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden tätig, vom Mittelstand bis zum Großkonzern. Bei der „Non-HR-Stichprobe“ wurde über entsprechende Quotierungen zudem auf einen ausgewogenen Branchenmix geachtet.