Man sieht sich immer zwei Mal im Leben? Was in manchen Fällen wie eine Drohung klingen mag, ist für viele Unternehmen längt eine erfolgsversprechende Strategie gegen den Fachkräftemangel geworden. Dieses Ergebnis des SALT AND PEPPER Survey ist absolut nachvollziehbar, denn die Rückkehr von ehemaligen Mitarbeitenden im Rahmen einer positiven Rückkehrkultur ist häufig für beide Seiten ein Erfolg, meint Dr.-Ing. Arne Engelbrecht.
Sowohl Mitarbeitende als auch Unternehmen wissen um die Stärken und Schwächen des jeweils anderen. Böse Überraschungen sind in der Regel ausgeschlossen. Auch langwierige Recruiting- und Onboarding-Prozesse sind meist überflüssig. Dennoch gilt es für HR einige Spielregeln einzuhalten, damit das Zurück zum Ex auch wirklich ein Happy End findet.
Rückkehrkultur benötigt bestimmte Voraussetzungen
Zwei Drittel der im SALT AND PEPPER Survey befragten Unternehmen sind der Meinung, mit der Re-Rekrutierung ehemaliger Mitarbeitender den Kampf gegen den Fachkräftemangel gewinnen zu können. Mit dieser Strategie stoßen sie bei den Arbeitnehmenden auf offene Ohren: 17 Prozent der Fachkräfte würden nach einer Kündigung auf jeden Fall wieder zum vorherigen Arbeitgeber zurückgehen.
Weitere 42 Prozent sind zumindest offen dafür, sich ein entsprechendes Angebot durch den Kopf gehen zu lassen. Ohne Bedingungen kehren die ehemaligen Angestellten aber nicht wieder in den alten Job zurück – vielmehr haben sie genaue Vorstellungen, welche Anforderungen erfüllt sein müssten.
Mitarbeitende setzen auf sichere Flexibilität
Wollen Unternehmen ihre Ex-Beschäftigten zum Arbeitsverhältnis 2.0 animieren, sollten sie ihnen eine ausgewogene Mischung aus Sicherheit und Flexibilität bieten. Laut SALT AND PEPPER Survey stehen für die meisten Mitarbeitenden eine angemessene Bezahlung (65 Prozent), flexible Arbeitszeiten und -orte (55 Prozent), ein guter Teamzusammenhalt (47 Prozent) sowie eine vertrauensvolle Unternehmenskultur mit konstruktivem Feedback (40 Prozent) ganz oben auf der Prioritätenliste.
Dabei gilt. Je älter die Menschen, desto wichtiger sind ihnen eine gute Bezahlung und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis – das Bedürfnis nach Sicherheit steigt also.
Die jüngeren Mitarbeitenden (18-34 Jahre) wünschen sich hingegen vor allem Benefits wie Sabbaticals (40 Prozent) und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten (40 Prozent). Flexible Arbeitszeiten sind hingegen über alle Altersgruppen hinweg relevant – besonders stark bei den 45- bis 54-Jährigen (64 Prozent).
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Rückkehrkultur ist also, das HR die Hausaufgaben gemacht hat, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Existiert diese Basis, kann die Ansprache der ehemaligen Mitarbeitenden mit realistischen Erfolgsaussichten beginnen.
Das richtige Mindset für eine Rückkehrkultur
Neben attraktiven Rahmenbedingungen entscheidet noch ein weiterer Aspekt über eine erfolgreiche Anwerbung ehemaliger Mitarbeitender: die richtige Kultur im Unternehmen. Denn auch wenn Unternehmen ihre Top-Talente nur ungern ziehen lassen, sollten sie den Umgang mit Kündigungen genauso professionell und wertschätzend gestalten wie das Recruiting und Onboarding.
Schließlich zählt nicht nur der erste, sondern auch der letzte Eindruck. Und der wird im Zweifelsfall darüber entscheiden, ob sich Ex-Beschäftigte eine Rückkehr prinzipiell vorstellen können. Und auch wenn der Verlust von Mitarbeitenden erst einmal schmerzt: Eine Rückkehr von Menschen, die anderswo neue Erfahrungen gesammelt, andere Perspektiven und Herangehensweisen kennengelernt und sich so weiterentwickelt haben, ist immer auch eine Art Frischzellenkur fürs Unternehmen.
So sollten Kündigungen nicht nur als Verlust, sondern auch als potenzielle Chance gesehen werden – und mit diesem Mindset ausscheidenden Mitarbeitenden begegnet werden.
Offboarding als Chance fürs nächste Onboarding
HR und Führungskräfte sollten also bereits beim Weggang von geschätzten Mitarbeitenden alles tun, um eine mögliche Rückkehr in die Wege zu leiten. Dazu gehört zunächst einmal der professionelle Umgang mit einer Kündigung. Persönliche Enttäuschung oder Frustration haben weder in der ersten Reaktion auf die schlechte Nachricht noch im Offboarding-Gespräch etwas verloren.
Stattdessen sollte der Kontakt mit den ausscheidenden Mitarbeitenden gleichbleibend respektvoll und wertschätzend sein und HR sollte auch proaktiv um Feedback bitten:
- Wo kann sich das Unternehmen als Arbeitgeber verbessern?
- Was wären Wünsche der Mitarbeitenden?
- Zu welchen Bedingungen würden die Fachkräfte gern wiederkommen?
Denn auch dieser Punkt darf bereits vor dem Abschied thematisiert werden: eine offensive Rückkehrkultur ist Teil der Unternehmenskultur und sollte entsprechend proaktiv gelebt werden. Das gilt auch über den Weggang hinaus: Wenn die Ex-Mitarbeitenden einverstanden sind, können sie Teil des Alumni-Netzwerk des Unternehmens werden, mit dem HR und Führungskräfte regelmäßig Kontakt halten – und wo sie auch interessante offene Stellen teilen.
KI ermöglicht attraktivere Arbeitsbedingungen – und damit eine Rückkehrkultur
Viele Arbeitgeber – und mit ihnen vor allem die Young Professionals – befinden sich in einem Spagat: Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist insbesondere für die jüngeren Arbeitnehmenden immer wichtiger, gleichzeitig müssen die jungen Fachkräfte aufgrund von Wettbewerbsdruck und einem Mangel an Arbeitskräften aber immer produktiver arbeiten, flexibler agieren und auch mehr Verantwortung übernehmen.
Dieser Druck führt häufig zu einem gegenteiligen Ergebnis: Mit steigender Belastung sinkt die Produktivität um 68 Prozent, so Thrivemyway. Nicht selten sind ein höherer Krankenstand sowie eine steigende Fluktuation die Folgen. Die dauerhafte Überlastung verhindert so auch eine erfolgreiche Rückkehrkultur.
Zum Gamechanger bei dieser Herausforderung kann KI werden. Richtig eingesetzt, entlasteten KI-Tools Mitarbeitende und tragen zu qualitativ hochwertigen Arbeitsergebnissen bei deutlich geringerem Aufwand bei. Kurz: KI hat das Potenzial, Jobs (wieder) attraktiv zu machen und Unternehmen als attraktive Arbeitgeber zu positionieren, zu denen auch ehemalige Mitarbeitende gern zurückkommen.
Praxistipps von einem glücklichen Rückkehrer
Mirko Pellmann, Innovation Consultant, hat es gewagt und ist zu SALT AND PEPPER zurückgekehrt. Aus seiner Erfahrung sind dabei folgende Punkte entscheidend:
#1 Passen die Grundvoraussetzungen beim neuen alten Arbeitgeber?
Besteht bereits beim Re-Recruiting wieder ein persönlicher und empathischer Kontakt? Gibt es einen Karriereplan mit klarer Perspektive, Gestaltungsspielraum sowie Weiterbildungen und andere Incentives?
#2 Mit Ex-Kolleg:innen in Kontakt bleiben – oder sich wieder vernetzen
So erfährt man Insights und weiß genau, auf was man sich einlässt. Ist alles beim Alten geblieben oder haben sich wesentliche Punkte verändert?
#3 Stimmen die Werte überein?
Egal, wie gut die Bezahlung, die Incentives oder die technische Ausstattung sein mögen: Wenn die grundsätzlichen Werte und die Unternehmenskultur nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen, wird die Rückkehr meist nicht von langer Dauer sein. Deshalb sollten Ex-Mitarbeitende vor der Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses auch noch einmal kritisch die Gründe hinterfragen, die früher zu ihrer Kündigung führten.
Zeigen jedoch auch nach gründlicher Prüfung alle Zeichen auf Go, ist die Rückkehr zum Ex meist ein Win-Win für Arbeitgeber und Mitarbeitende.
Über die Studie
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.059 Büroarbeitende, darunter 563 Büroarbeitende aus dem Bereich IT und 529 Büroarbeitende aus dem Bereich Produktion, zwischen dem 28.08.2023 und 07.09.2023 teilnahmen.