Jobsharing und Co-Leadership

Co-Leadership – Praxistipps für erfolgreiche Führung im Tandem

Unsere Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Wir erleben aktuell eine massive Verschiebung hin zu einem Arbeitnehmermarkt. Stefanie Junghans und Janina Schönitz haben bei ihrem jeweiligen Arbeitgeber Führungspositionen als Co-Leaderinnen inne und veröffentlichten im September 2023 ihr Buch Co-Leadership. Im Beitrag verraten sie, wie Co-Leadership erfolgreich in der Praxis umgesetzt werden kann.

„The war for talent is over – talent won”

Unternehmen werben heute händeringend um Mitarbeitende, denn der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. In Deutschland sinkt die Zahl der Erwerbstätigen laut einer Prognose der Vereinten Nationen bis 2050 um 13%. Insbesondere auch weil die aktuelle Boomer Generation, geboren zwischen 1957 und 1969, in den nächsten Jahren kontinuierlich in Rente gehen wird. Dies hat einen verschärfenden Effekt auf die angespannte Lage am Arbeitsmarkt.

Um in diesem Wettbewerb um Talente bestehen zu können, ist die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität besonders ins Zentrum gerückt. Ein entscheidender Faktor dabei: Flexibilität! 71% der Arbeitnehmer:innen verlangen maximale Flexibilität, denn die Bedürfnisse der Menschen und der Wunsch nach Sinn in der Arbeit sowie nach Vereinbarkeit beruflicher und privater Interessen rücken ins Zentrum bei der Wahl des Arbeitgebers.

Eine Hauptaufgabe von Unternehmen ist es daher, Organisationen so zu gestalten, dass sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Firmen aufbauen können. So können sie sowohl neue Mitarbeitende für ihre Unternehmen gewinnen als auch die bestehende Belegschaft möglichst lange an sich binden.

Jobsharing und Co-Leadership als eine Antwort auf die sich verändernde Arbeitswelt

Eine Möglichkeit, diesen Wettbewerbsvorteil zu gestalten, sind flexible Arbeitsmodelle wie Jobsharing und Co-Leadership. Beide Modelle sind für Unternehmen leicht umzusetzen und bieten Mitarbeitenden ein hohes Maß an Flexibilität.

Aus diesem Grund erfreuen sie sich vor allem im Hinblick auf eine aktive Mitarbeiterbindung in den letzten Jahren einer steigenden Beliebtheit.

Was versteht man unter Jobsharing und Co-Leadership?

Jobsharing bedeutet, dass zwei Menschen sich eine Rolle teilen. Sie bearbeiten also alle Aufgaben zu zweit, die zuvor von einer bearbeitet wurden (Olmstedt 1977). Das ist grundlegend für alle Positionen möglich.

Der Begriff Co-Leadership steht ebenfalls für das Teilen einer Position auf zwei Personen, bezieht sich aber nicht nur auf die gemeinsame Verantwortung der Aufgaben, sondern darüber hinaus auf eine gemeinsame Führungsverantwortung (Junghans/ Schönitz 2023). In beiden Modellen können die Partner:innen dabei in Teilzeit (ab einer Aufteilung von 50% & 50%) bis hin zu vollzeitnah oder Vollzeit (bis zu 100% &100%) arbeiten – die Praxis ist vielfältig.

Die Ausgestaltung der inhaltlichen Arbeit ist bei beiden Modellen ebenfalls flexibel handhabbar und damit auf die jeweilige Rolle anpassbar. Die Praxis kennt hier verschiedenste Modelle: Von einer klaren Aufgabentrennung mit Themenverantwortlichen, über die gemeinsame Arbeit an Themen bis hin zu einem Jobsplitting, bei dem die Aufgaben nach Dienstschluss nahtlos von der anderen Person übernommen werden.

Co-Leadership aus Sicht der Arbeitnehmer:innen

Warum sollte man sich dazu entscheiden, in ein Jobsharing-Modell zu gehen oder sogar eine Führungsposition in Co-Leadership anzutreten? Co-Leadership bietet Mitarbeitenden die Möglichkeit eine Rolle mit maximaler Flexibilität wahrzunehmen und den Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life Balance zu entsprechen.

Menschen, die in Jobsharing arbeiten, berichten von gesteigerter Zufriedenheit, insbesondere durch zeitliche Flexibilität. Gleiches gilt für Austausch, Feedback und gegenseitiges Lernen mit der Tandempartnerin oder dem Tandempartner.

In Zeiten, in denen sich 40% der Führungskräfte ausgebrannt fühlen, gilt es Arbeitsmodelle zu etablieren, die gegenseitige Unterstützung sowie Feedback- und Fehlerkultur unterstützen. Die Arbeit als Tandem kann hier eine Lösung sein. Es kommt zu Entlastung, da Verantwortung gemeinsam getragen und schwierige Entscheidungen gemeinsam getroffen werden können. Neben der zeitlichen gibt es auch eine inhaltliche Flexibilität, denn Jobsharer:innen können sich stärkenorientiert auf ihre Themen aufteilen.

Co-Leadership aus der Sicht von Unternehmen

Auch aus unternehmerischer Sicht sind Jobsharing und Co-Leadership-Modelle interessant. Dies gilt insbesondere für die Talententwicklung: Unternehmen können Mitarbeitende ansprechen, für die bestimmte Aufgaben oder eine Führungsrolle ansonsten unattraktiv wären.

Befragungen zeigen, dass Unternehmen, die Co-Leadership anbieten, über eine gesteigerte Arbeitsgeberattraktivität verfügen. Sie werden 33% besser bewertet als andere Unternehmen. Darüber hinaus profitieren Organisationen von einer höheren Stabilität und einem geminderten Risiko für Krankheit, Ausfall oder Fluktuation.

Des Weiteren ist Co-Leadership ein gutes Mittel für Wissenstransfer, zum Beispiel durch gemischte Tandems aus unterschiedlichen Bereichen, in unterschiedlichen Phasen der Karriere oder mit Blick auf Altersteilzeit und Renteneintritt. Mitarbeitende, die von Tandems geführt werden, erleben außerdem vermehrt eine bessere Führung durch präsente Ansprechpersonen und damit eine erhöhte Zufriedenheit im Team.

Auf der anderen Seite geben Führungskräfte, die Tandems führen, eine gesteigerte Produktivität sowie Innovationskraft an. In Zeiten, in denen Führung und damit zusammenhängende Aufgaben komplexer und anspruchsvoller werden, sind notwendige Kompetenzen immer seltener durch eine Person allein abzudecken. Co-Leadership ermöglicht die Kombination von Erfahrungen, Netzwerken und Skillsets.

Co-Leadership in der Praxis – 6 Tipps für Arbeitnehmer:innen

Worauf sollten Menschen achten, die sich für Co-Leadership interessieren und gerne in Co-Leadership arbeiten möchten? Hier eine kurze Zusammenstellung wichtiger Punkto:

  • Interesse bekunden: im eigenen Umfeld, im Unternehmen oder auch in digitalen Netzwerken den Austausch zum Thema Jobsharing suchen
  • Werte-Basis checken: mit einer/einem möglichen Partner:in relativ schnell über Haltung, Werte und Führungsverständnis sprechen, um die Passfähigkeit zu prüfen
  • Nicht warten: Auch wenn eine Stelle nicht im Jobsharing oder als Co-Leadership ausgeschrieben ist, kann sich eine Tandembewerbung lohnen
  • Tandemmodell erarbeiten: Arbeitszeiten, Aufteilung, Erreichbarkeit usw. klären und so formulieren, dass das Modell mit Stakeholdern (Vorgesetzte, Mitarbeitende, usw.) geteilt werden kann – am besten schon im Zuge der Bewerbung
  • Kommunikation treiben: offen und klar das Tandemmodell in der Organisation teilen. Direkte Kolleg:innen, Mitarbeitende und Führungskräfte sollten dabei detaillierte Informationen erhalten als entfernte Stakeholder und Partner:innen
  • Veränderung des Modells einplanen: ein Co-Leadership Arbeitsmodell sollte sich mit Hilfe von Feedback weiterentwickeln – dafür gilt es Zeit und Raum in der Tandemarbeit einzuplanen.

Co-Leadership in der Praxis – 5 Tipps für Unternehmen

Außerdem möchten wir auch 5 Praxistipps für Unternehmen zum Thema Co-Leadership anbieten:

  • Mutig sein: kleine Experimente mit ersten Co-Leadership Rollen starten, um Erfahrungen zu sammeln
  • Unterstützung bieten: Informationen für Interessierte bereitstellen, z. B. auch in Lerncafés oder Netzwerk-Events und Begleitung für Tandems ermöglichen (z. B. Coaching)
  • Strukturelle Rahmenbedingungen anpassen: in der Personalplanung und im Personalcontrolling muss die Besetzung einer Stelle mit zwei Personen ermöglicht werden
  • Technische Rahmenbedingungen bereitstellen: vom Eingangstor für Tandembewerbungen im Recruiting bis hin zur Anpassung von Rollenkonzepten in der IT, damit zwei Personen auf Daten, Systeme usw. zugreifen können
  • Kommunikation stärken: Offenheit für Co-Leadership, Vorreiter:innen und mögliche Modelle breit kommunizieren, um in puncto Arbeitgeberattraktivität zu punkten

Fazit: Co-Leadership kennt kein „One fits all“

Bei Co-Leadership und Jobsharing gilt: die Modelle sind anzupassen an Menschen und Unternehmen. Es gibt kein „One fits all“. Mit schrittweisen Experimenten, Iteration und Feedback können diese allerdings zum Erfolg geführt werden. Die Arbeitswelt kann so zukunftsweisend und nachhaltig gestaltet werden und die Anforderungen von Unternehmen sowie den Bedürfnissen der Menschen Rechnung tragen.

Janina Schönitz und Stefanie Junghans

Janina Schönitz und Stefanie Junghans

 

Stefanie Junghans und Janina Schönitz sind bei ihrem jeweiligen Arbeitgeber (Haniel & Deutsche Bahn) in einem Co-Leadership-Tandem tätig und sprechen auf Veranstaltungen über neue Führungs- und Arbeitsmodelle. Im September 2023 erschien ihr gemeinsames Buch „Co-Leadership“.

Mit dem Buch wollen sie Klarheit und Orientierung in das viel diskutierte Thema bringen. Es richtet sich an Unternehmen, Arbeitnehmer:innen und alle, die sich dem Thema Co-Leadership nähern möchten.

>> LinkedIn-Profil Janina Schönitz

>> LinkedIn-Profil Stefanie Junghans

Lassen Sie uns auf LinkedIn darüber diskutieren!

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