Das Startup Kunveno möchte über eine Plattform digitale Wertschätzung für Mitarbeitende in Unternehmen zugänglich machen. Dabei werden u.a. kulturelle Unterschiede zum angloamerikanischen Raum berücksichtigt, was die Art und Weise von Feedback sowie dem Umgang damit angeht. Mitgründer Dr. Tim Taraba stellt sich meinen Fragen im Interview.
Was bietet Kunveno?
Hallo Tim, magst Du Dich und Euer Startup Kunveno bitte kurz vorstellen?
Hallo Stefan, danke für die Einladung. Mein Name ist Tim und ich bin neben Dennis Knotz und Yannick Dickel einer der Mitbegründer von Kunveno. Ursprünglich als Ausgründung von TRUMPF entstanden, ist Kunveno das Ergebnis direkter Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis. Unser Ziel? Echte Zusammenarbeitskultur mittels positivem Feedback zu schaffen. Während viele andere Performance-Tools den „gläsernen Mitarbeiter“ im Visier haben, fokussiert sich Kunveno auf den Menschen und das Kollektiv. Es geht nicht um Performance, sondern um die Anerkennung von Teamarbeit und individuellen Beiträgen.
Welche Herausforderungen löst Ihr mit Eurem Angebot?
Heute sind Retention und Unternehmenskultur entscheidender denn je. Laut BCG verlassen Mitarbeiter Unternehmen nicht primär wegen des Gehalts, obwohl sie das paradoxerweise als Grund angeben, wenn man sie fragt. Tatsächlich kündigen 46% der Mitarbeiter laut Gallup aufgrund mangelnder Wertschätzung.
Unsere Mission mit Kunveno ist es, genau diesen Punkt anzugehen: Das Gefühl, respektvoll und fair behandelt zu werden sowie sich geschätzt und gewürdigt zu fühlen. Denn in Zeiten von Generation XYZ, Hybrid Work und allgemeiner Unsicherheit ist Wertschätzung das wahre Gold in der Mitarbeiterbindung
Unsere Philosophie: Es wird viel zu wenig gelobt.
Positives und negativ-kritisches Feedback
Zahlreiche Feedback- und Wertschätzungstools möchten vor allem positive Reaktionen hervorrufen. Wie geht Ihr damit um, dass auch kritisches oder gar negatives Feedback trotzdem erlaubt ist und seinen Weg findet?
Kunveno legt Wert auf positives Feedback und fördert öffentliche Anerkennung nach dem „Praise in Public“-Modell von Kim Scotts Radical Candor. Wissenschaftlich gesehen stärkt dies nicht nur die Unternehmenskultur, sondern erhöht auch den Selbstwert von Sender und Empfänger. Dies bedeutet jedoch nicht, dass kritisches Feedback ignoriert wird.
Kritisches oder negatives Feedback hat natürlich auch seinen Platz, aber wir sehen es als effektiver an, dieses Feedback in einem persönlicheren Rahmen oder durch andere geeignete Kanäle zu geben.
Herausforderung Wertschätzung bei remote work
Ist das Zeigen von Wertschätzung bei mobiler Arbeit und Homeoffice generell herausfordernder oder mangelte es bislang nur an entsprechenden Tools?
Remote-Arbeit hat sicherlich Herausforderungen in Bezug auf Wertschätzung mit sich gebracht. Es ist nicht das Fehlen von Tools, sondern eher die Tatsache, dass physische Interaktionen und kleine Gesten der Anerkennung, die im Büroalltag üblich sind, im Remote-Setting verloren gehen können.
Hier bieten wir mit Kunveno eine optimale Brücke, um diese Lücke zu schließen.
Öffentliche Belobigungen
Öffentlich gelobt zu werden wird von manchen Mitarbeitenden eher als unangenehm empfunden und kann auch Neid auslösen. Welche Mechanismen habt Ihr, um diesem Thema gerecht zu werden?
Öffentliche Anerkennung kann kulturstiftend sein und sowohl den Selbstwert des Senders als auch des Empfängers stärken. Bei Kunveno kann jeder Mitarbeiter entscheiden, wie und wo er Anerkennung erhalten möchte. Du hast aber Recht: Öffentliche Anerkennung ist nicht für jeden das Richtige – es gib hier vereinzelte Ausnahmen. Daher haben wir Mechanismen eingeführt, bei denen Mitarbeiter ihre Präferenzen festlegen können. Dies sorgt für eine inklusive Plattform, die den Bedürfnissen und Komfortzonen aller gerecht wird.
Verteilung „digitaler Wertschätzung“
Wertschätzung digital zu erteilen bzw. verteilen ist heute leichter denn je. Wie aber stellen Unternehmen sicher, dass nicht unbedingt nur die „lauten“ und „auffälligen“ Kolleg:innen Zuwendung und Aufmerksamkeit erhalten, sondern auch diejenigen, die still im Hintergrund „den Laden am Laufen halten“?
Kunveno wurde genau mit dieser Herausforderung im Blick entwickelt. Während digitale Plattformen oft diejenigen hervorheben, die bereits sichtbar sind oder extrovertierte Persönlichkeiten haben, haben wir festgestellt, dass Kunveno tatsächlich Unterschiede nivelliert. Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade introvertierte oder sehr operativ arbeitende Mitarbeiter, wie IT-Support oder HR-Payroll, durch unser System mehr Visibilität erfahren.
Uns ist bewusst, dass jedes Teammitglied, unabhängig von seiner Rolle oder Persönlichkeit, einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg eines Unternehmens leistet. Kunveno ermöglicht es, diese Beiträge zu erkennen und zu feiern. Und stellt damit sicher, dass Anerkennung und Wertschätzung auf einer breiteren und gerechteren Basis verteilt werden.
Wertschätzung und Performance-Messung
Wenn digitales Lob zählbar wird, steigt auch die Gefahr, dass daraus auch Performance bzw. Leistungsgüte abgeleitet wird. Wo setzen Unternehmen an, um dies zu verhindern?
Wir bei Kunveno betonen stets, dass Wertschätzung und Performance zwei verschiedene Dinge sind. Unser Tool ist nicht darauf ausgelegt, Mitarbeiter quantitativ zu messen, das ist ein ganz wesentlicher Baustein unserer Unternehmensphilosophie.
Wertschätzung muss authentisch und echt sein, und genau das ist unser Fokus. Wir haben organisatorische Lösungen beispielsweise im Onboarding der Führungskräfte, als auch technische Ansätze innerhalb unserer Plattform, die einen Missbrauch effektiv verhindern.
Das ist eines unserer wichtigsten Differenzierungsmerkmale gegenüber angelsächsischen Anbietern, die einen für unseren Kulturraum völlig unpassenden Ansatz verfolgen.
Wie sich Kunveno weiterentwickelt
Welche Planungen habt Ihr für Kunveno noch in 2023 sowie in den nächsten Jahren?
Vor unseren jüngsten Entwicklungsplänen haben wir uns darauf konzentriert, essentielle Basisfunktionen zu etablieren. Ein bedeutender Schritt war die Integration von Kunveno in Microsoft Teams. Dies erlaubt den Nutzern, unsere Plattform nahtlos in ihre tägliche Arbeitsumgebung zu integrieren, ohne das Gefühl zu haben, ein weiteres Tool hinzufügen zu müssen.
Unsere Vision für Kunveno ist ambitioniert. In 2023 und in den folgenden Jahren planen wir, unsere Plattform zu einer überorganisationalen Wertschätzungsplattform auszubauen. Wir möchten Unternehmen nicht nur innerhalb ihrer eigenen Strukturen stärken, sondern auch die Möglichkeit bieten, Anerkennung und Wertschätzung über Organisationsgrenzen hinweg zu teilen und zu feiern. Ein zentraler Punkt in unserer Weiterentwicklung ist die Einführung stärker interaktiver Funktionalitäten, die Teams dabei unterstützen, inspirierende und bindende Rituale zu etablieren.
Und obwohl der menschliche Aspekt im Mittelpunkt steht, erkennen wir auch den Wert von Daten: Wir werden aggregierte Analysefunktionen einführen, die Unternehmen dabei helfen, ihre Stärken noch besser zu erkennen und weiter auszubauen, ohne dabei den individuellen Mitarbeiter in den Fokus zu rücken. Es geht uns darum, Teams und Organisationen in ihrer Gesamtheit zu stärken und weiterzuentwickeln.
Vielen Dank für Deine Antworten, Tim. Ich drücke für Euer Startup Kunveno meine Daumen!
Über den Interviewten
Dr. Tim Taraba ist begnadeter Sozialwissenschaftler und inzwischen Unternehmensgründer. Er lebt in Stuttgart; wuchs auf im schönen Schwarzwald. Er war Akademischer Mitarbeiter und Dozent an der Universität Stuttgart und hat später bei TRUMPF verschiedene Stationen durchlaufen. Zuletzt war er dort für den globalen ITOps Bereich zuständig. Aktuell arbeitet Tim an kunveno, einem SaaS-Startup, das das Arbeitserlebnis verändert.
Gemeinsam mit seinen Mitgründern Dennis Knotz und Yannick Dickel kämpft er für mehr Positivität im Arbeitsalltag!
>> LinkedIn-Profil von Dr. Tim Taraba