Wenn der Renteneintritt wie Altersdiskriminierung wirkt

Wenn der Renteneintritt wie Altersdiskriminierung wirkt

Der Renteneintritt wird von vielen Arbeitnehmenden stark herbeigesehnt. Allerdings kann sich dieser Zeitpunkt auch eher wie Altersdiskriminierung anfühlen. Das meint Inge Pirner, Vizepräsidentin Bayerischer Fußball-Verband e.V. (BFV), in ihrem Gastartikel.

Von Silberlocken, dem Fachkräftemangel und Ehrenämtern

Auf ein Wort liebe Personalabteilungen und Unternehmer…..

Wir müssen reden, über uns, die „Silberlocken“ und die leistungsstarken und nach wie vor hochmotivierten „Junggebliebenen“, den Fachkräftemangel und das Ehrenamt und warum das alles irgendwie miteinander zu tun hat.

Ein Datum, der 1.11.2024 beschäftigt mich sehr. Und nein, es ist nicht mein Geburtstag oder so. Es ist der erste Tag an dem ich Rentenbezieherin werde! Schon bei dem Wort „Rente“ kommt mir das Grauen hoch. Sitz ich dann an diesem denkwürdigen Tag im Schaukelstuhl und warte darauf, wie ich den Tag rumbringe? Nachdem ich bis zum Tag davon noch meine volle Leistung im Berufsleben gebracht habe und ich hochmotiviert und engagiert mit Freude gearbeitet habe?

Ein Sturz von 100 auf null?

Sind es abrupt keine 100 Emails am Tag mehr, sondern vielleicht noch ein einziger Newsletter, den ich abonniert habe? Meine Kontakte, die ich meinen langen Berufsjahren aufgebaut haben – alles mit einem Mal weg?

Wohin mit meinem Wissen, meinen Erfahrungen, meiner Leistungsbereitschaft, wenn ich auf einmal wohl „nichts mehr wert“ bin – weil Rentner.

Natürlich ist es auch schön selbstbestimmt seinen Tag einteilen zu können, ohne Termindruck, ohne vielleicht nervende Führungskräfte, die Führung leider nie begriffen haben und ohne Zwang arbeiten zu müssen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Und ohne Zweifel, meine Situation ist nicht allgemeingültig.

Das Empfinden gegenüber dem Renteneintritt ist unterschiedlich

Es gibt Menschen, die sich in ihrem Arbeitsleben körperlich „aufgebraucht“ haben und die diesen Tag wohlverdient herbeisehnen. Aber warum können nicht alle selbstbestimmt entscheiden, wie lange und in welcher Form sie Leistung erbringen möchten? Warum muss mein Arbeitgeber mir mitteilen und vorschreiben, wenn es für mich Zeit ist „zu gehen“?

Ich weiß, Gerichte habe entschieden, dass dies keine Altersdiskriminierung darstellt. Aber es kommt bei mir trotzdem so an.

Vergeben sich Arbeitgeber hier nicht Chancen „erfahren und jung“ miteinander zu verbinden – Wissen in Form von Mentoring weiter zu vermitteln, gleitende Übergänge zu schaffen und damit dem Fachkräftemangel etwas entgegen zu wirken? Neue Konzepte, Digitalisierung, Transformation sowie New Work und Generationen, die anders leben als wir Baby Boomer, erfordern ein Handeln, das sich nicht starr an den Vorgaben der letzten Jahrzehnte orientieren kann.

Und warum nicht einfach mal machen? Wer denkt wir „Weisen“ wollen generell keine Veränderung und unsere Komfortzonen nicht mehr verlassen, irrt. Das mag das sicher für manche stimmen. Aber eben längst nicht für alle.

Das Ehrenamt als „letzten Ausweg“?

Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten Zeit und Engagement und die vorhandene Leistungsbereitschaft nach dem Berufsleben einzusetzen – im Ehrenamt! Aber sind wir darauf auch vorbereitet? „Führen ohne Macht“ – ein Beispiel was nicht jeder kann und bei dem viele dann schon im Ansatz scheitern und schnell aufgeben.

Ja, es werden Seminare, Kurse et cetera angeboten. Aber das richtige Leben im Ehrenamt erlebt man da nicht. Denn es hat mit Menschen und Zwischenmenschlichem zu tun – und da nicht jeder gleich ist – unbestritten. Sich neuen Aufgaben zu stellen ist herausfordernd und ein gleitender Einstieg in neue Dinge wäre auch hier von Vorteil und würde das Gemeinwohl in den nächsten Jahren immens bereichern. Insbesondere wenn sich Vereine z.B. nicht mehr sorgen müssten, Vorstandsposten zu besetzen.

Ich hatte vor kurzem eine Diskussion mit einem Berater, der sich damit beschäftigt hat, wie man hochrangige Führungskräfte ins Ehrenamt bringt. Diese Menschen geraten in ein tiefes schwarzes Loch, wenn die gefühlten 6 Wochen Urlaub in „Rente“ vorbei sind und sie feststellen, dass die Kontakte, die sie im ausgefüllten Berufsleben hatten, auch nur beruflicher Natur waren. Auf einmal sind sie einfach weg.

Wie auf die Rente vorbereiten? Und warum überhaupt?

Es gibt so gut wie keine Vorbereitung auf die Zeit nach der Berufstätigkeit. Und das betrifft nicht nur Führungskräfte! Und was fehlt, sind Anerkennung und Wertschätzung. Die aber können natürlich dann wieder im Ehrenamt generiert werden. Wenn denn alles klappt.

Vielleicht gelingt es in den nächsten Monaten ja, das Thema irgendwie bewusster aufzusetzen und ein Umdenken herbeizuführen. Fit bis ins hohe Alter zu bleiben, bedingt auch geistige Anforderungen und Aufgaben zu erfüllen. Und ich bin voll motiviert über den 01.11.2024 noch in Teilzeit zu arbeiten. Das Thema Ehrenamt übe ich schon seit Jahrzehnten.

Und ganz ehrlich: Mein Schaukelstuhl kann warten…

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Inge Pirner

Inge Pirner, VDR und DATEV eG als Gastautorin

 

Inge Pirner wurde 2016 ins Präsidium des Verbands Deutsches Reisemanagement (VDR e.V.) gewählt und ist dort seit 2019 Vizepräsidentin. Daneben leitet sie die Fachausschüsse Hotel und Bahn.

Im Ehrenamt ist sie Vizepräsidentin des Bayerischer Fußball-Verband e.V. (BFV)

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