Um-die-Ecke-Denker, Über-den-Tellerrand-Schauer, Zukunftsversteher und Übermorgengestalter werden dringend benötigt, damit Wandel gelingt und Fortschritt entsteht. Dieser Gastbeitrag von Autorin Anne Schüller umschreibt, wie solche Menschen ticken, was sie bewirken und welche Rahmenbedingungen sie brauchen. In einem zweiten Beitrag geht es dann darum, wie man sie erkennt und zur Hochform bringt.
Wer sind Übermorgengestalter
Übermorgengestalter:innen finden wir auf allen Ebenen drinnen im Unternehmen – und natürlich auch draußen. Fantasievoll vernetzen sie die virtuelle mit der realen Welt auf eine unverbrauchte, mutige, bahnbrechende Weise. Sie heilen die Schäden, die durch Wachstumswahn und Profitgier verursacht worden sind. Sie ergründen ganz und gar neue Mittel und Wege, um ein zukunftsverträgliches Handeln zu etablieren. Sie sind die wichtigsten Menschen in den Unternehmen, die den Sprung nach vorn schaffen wollen.
Veränderungsängstliche Kontinuitätsprotagonisten hingegen kann sich kein einziges Unternehmen noch länger leisten. Denn das, was im Markt bereits üblich ist, sorgt für Isomorphie: Alles gleicht sich immer mehr an. Das macht einen Anbieter nicht nur unattraktiv, sondern auch die Preise kaputt. Beides zusammen beschleunigt ein baldiges Aus. Will man sich aus diesem Teufelskreis lösen, braucht es ständig neue, gute Ideen – von Menschen, die außergewöhnliche, zukunftsfähige Dinge denken und tun.
Übermorgengestalter: wichtiger als jemals zuvor
„Gesellschaftliche Veränderung fängt immer mit Außenseitern an, die spüren, was notwendig ist“, konstatierte einst Robert Jungk, einer der ersten Zukunftsforscher. Zu allen Zeiten waren es die furchtlosen Weiterdenker und Andersmacher, Pioniere und Innovatoren, die mit neugierigem Infragestellen, unbändiger Gestaltungslust und umtriebigen Ideen Konventionen durchbrachen und Trittsteine ins Neuland legten. Sie führten uns dorthin, wo wir heute sind.
Die Evolution stellt die Entdeckerfreude, den Wissensdurst und die Neugier vor das Beharren, die ausgetretenen Pfade und den üblichen Trott. Nur so ist Fortschritt überhaupt möglich. Und siehe da: Überall auf der Welt definieren Zukunftsmacher gerade das Mögliche neu. Sie eifern nicht dem Bestehenden nach. Sie versuchen auch nicht, altes Vorgehen aufzuhübschen. Herkömmliche Branchengesetze sind ihnen komplett egal. Unbekümmert und forsch kreieren sie die Dinge anders und neu.
Skills für die Zukunft: Mut, Biss und Tatendrang
Mit Mut, Biss und Tatendrang wagen sich Übermorgengestalter auch dorthin, wo noch niemand vor ihnen war. Sie sind Wachrüttler, Kundschafter, Wegbereiter, Anschubgeber, Vorwärtsbringer. Sie tanzen aus der Reihe, denken um die Ecke und handeln jenseits der Norm. Das tun sie mit einer positiven Grundhaltung und wachsamem Optimismus. Denn natürlich befassen sie sich auch mit den Risiken und kalkulieren ihre Tragweite ein. Ihr Hauptaugenmerk gilt aber den Chancen. Leichtsinn und Blauäugigkeit wären ja dumm.
Sie sprengen den „So-machen wir das hier-Rahmen“ und setzen Impulse ganz neu. Sie ehren das Gute und plädieren zugleich für das bessere Neue. Sie reden Klartext, wenn sie Verfahrensweisen aufgespürt haben, die aus der Zeit gefallen sind. Sie brandmarken alles, was für Kollegen und Kunden eine Zumutung ist. Sogar die „heiligen Kühe“ packen sie bei den Hörnern. So bringen sie Metamorphosen in Gang.
Übermorgengestalter finden die Wege ins Neuland
Die Unternehmen bräuchten sie dringender als jemals zuvor. Wenn der Außendruck steigt und der Wind von vorne kräftiger weht, bringt es rein gar nichts, die Schlagzahl zu steigern, also mehr vom Gleichen zu tun. Auch untätiges Abwarten bringt in Hochgeschwindigkeitswildwasserzeiten rein gar nichts. Nur ein Kurswechsel kann helfen, Neuland zu finden. Übermorgengestalter sind genau dafür prädestiniert.
Der technologische Fortschritt zwingt alle dazu, permanent wandlungsfähig zu sein. Unerwartete Ereignisse lauern an jeder Ecke. Wir wissen nicht, ob oder wann sie kommen, doch wenn, dann kommen sie schnell. Sie werden Risiken und Chancen stets neu verteilen. Nur die wendigen, flinken, pfiffigen, anpassungsbereiten Marktplayer mit couragierten, unkonventionellen, marktrelevanten Ideen werden das überleben.
Übermorgengestalter sind wie ein Frühwarnsystem
Übermorgengestalter sind experimentierfreudige Weichensteller, Brückenbauer zwischen gestern, heute und morgen, Konnektoren zwischen Tradition und Fortschritt, Helfershelfer auf dem Weg in die Zukunft, Lotsen in die kommende Zeit. Sie sind aufgeschlossen für das Wohlergehen der Menschen, für Digitales und alles rund um den Schutz des Planeten. Sie wollen ein besseres Leben für alle.
Zugleich agieren sie wie ein Frühwarnsystem. Oft sind sie die Ersten, die instinktiv merken, wenn wo was aus dem Ruder läuft. Sie sprühen vor Ideen, wie man das, was in die Jahre gekommen ist, besser machen könnte, sollte und müsste – im Kleinen wie auch im Großen. Sie brandmarken alles, was für Kollegen und Kunden eine Zumutung ist. Sie sind die treibende Kraft, damit das notwendige Neue „werden kann“.
Übermorgengestalter haben ein Future Mindset
Das Neue beginnt da, wo asphaltierte Wege enden, wo noch niemand sich auskennt, wo man zunächst Wildwuchs entfernen muss. Die meisten Chancen liegen auf unbekanntem Terrain. Und ja, dabei kann man sich durchaus verlaufen. Das kann für Befürchtungen sorgen. Doch wer sich nie verirrt, findet auch keine neuen Wege. Und nur wer Risiken eingeht, kann Entdeckungen machen.
Übermorgengestalter sind unbezähmbar neugierig auf alles Neue. Sie lieben Herausforderungen und unternehmen große Anstrengungen, um sich ständig zu verbessern. Sie gehen davon aus, dass sich Fähigkeiten durch Ausprobieren, Übung und Ausdauer weiterentwickeln. Fehlschläge sind für sie Ansporn auf dem Weg zum Erfolg. Sie können es „im Moment noch nicht“, die Lösung war „noch nicht ganz“ die richtige, aber das wird schon, wenn sie es weiter versuchen.
Neudenker wurden schon immer auch angefeindet
Andersmacher sollen, ja müssen für Unruhe sorgen, damit die Dinge in Bewegung kommen und bleiben. Sie bringen überholtes Denken und Handeln ins Wanken. Sie sind die, die das beschauliche „Weiter so“ stören. Logisch, dass sie sich damit nicht immer nur Freunde machen. So weht dem Neuartigen oft eine steife Brise entgegen.
Früher landeten viele, die Betagtes durch disruptiv Neues ersetzten, in der Verbannung, am Galgen und auf dem Schafott. Heute werden sie gern zu Spinnern erklärt, verhöhnt und verspottet, müssen Hass und Häme ertragen. Alles Neue ist gefährlich für die, die vom Bestehenden profitieren. Das macht den erbitterten Widerstand der Nutznießer des Alten nahezu zwingend. Doch Übermorgengestalter hält das nicht auf.
Das Wirkungsfeld wertvoller Übermorgengestalter
Idealerweise werden Übermorgengestalter quer durch das gesamte Unternehmen tätig, um die Anbieter- und Arbeitgeberattraktivität unter die Lupe zu nehmen, tradierte Verfahrensweisen auf den Prüfstand zu stellen, alles Hinderliche aufzuspüren, zukunftsfähige Alternativen zu zeigen und Altbewährtes zu einem besseren Neuen zu machen. Man sollte sie also eigentlich feiern und ihr Tun massiv unterstützen.
Doch vielfach sind sie wenig gelitten, denn ihr Agieren ist für Etablierte und gut Situierte riskant. Weil sie stichhaltige Fragen stellen, Vertrautes in Zweifel ziehen, verkrustete Glaubenssätze demontieren und Untätigkeit schonungslos attackieren, gelten sie oft als unbequem. Statt ihnen für ihre Vorstöße dankbar zu sein, werden sie abgelehnt, angefeindet, ausgebremst und kleinmütig gemacht. Das muss sich dringend ändern. Man muss sie schützen, ihr Tun aktiv fördern und ausgiebig belohnen.
Gute Rahmenbedingungen für Übermorgengestalter
Ohne die Initiativen interner Erneuerer kann ein Unternehmen nicht überleben. Also: Ermöglichen Sie engagierten Übermorgengestaltern, sich in bereichsübergreifenden Future Circles zu organisieren. Dort können sie sich austauschen, gemeinsam Erkenntnisse sammeln, Erfahrungen weitergeben und einander den Rücken stärken.
Future Circles sollten so heterogen wie möglich sein, also aus verschiedenen Geschlechtern, Generationen, Disziplinen, Fachbereichen und Kulturkreisen bestehen, um etablierte Denkmuster zu durchbrechen und die eigene Sicht zu bereichern. Die Meinungsvielfalt der einzelnen Mitglieder führt zu Variantenreichtum und einer spannenden Neukombination von Möglichkeiten. So beugt man der Betriebsblindheit vor und sorgt für Überkreuzbefruchtung.
Wer Verbündete, Gleichgesinnte und Mitstreiter hat, ist nie auf verlorenem Posten. Kommen genug Determinierte zusammen, kann wirklich Großes gelingen. Ein Übermorgengestalter ist also kein einsamer Wolf. Er rennt auch nicht mit dem Kopf durch die Wand. Er umgibt sich vielmehr mit Vertrauten, schart Unterstützer, Follower und Multiplikatoren um sich, schmiedet Allianzen und sucht nach Sponsoren.
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