Im Recruitingprozess Messenger-Kommunikation anzubieten und dabei Datenschutzgesetze beachten, ist längst möglich. Was hinter dem Thema steckt und welche Lösungen das Startup viind dafür anbietet, verrät mir Mitgründer und Geschäftsführer Matthias Clad im Interview.
Was bietet viind?
Hallo Matthias, magst Du Dich und das Startup viind bitte kurz vorstellen?
Gerne. Unser Ziel bei viind ist es, die Kommunikation zu vereinfachen – sei das im Bewerbungsprozess, in der Kommunikation mit Kund:innen oder beim Austausch zwischen Bürger:innen und Behörden.
Das machen wir, indem unsere Systeme dort ansetzen, wo sich bereits heute alle Menschen befinden: auf Messengern wie WhatsApp, Signal, Instagram und Co.
So kann man sich über unsere Lösungen beispielsweise direkt über den Lieblingsmessenger bei seiner Traumstelle bewerben. Für die Kandidat:innen bietet sich dadurch ein viel einfacherer Kontakt mit dem Unternehmen. Die Angst der langen Bewerbungsverfahren wird genommen und für das Unternehmen bietet das eine größere Anzahl an Bewerber:innen.
Whatsapp, Signal und Instagram im Recruiting
Die großen und bekannten Messenger in der Recruiting-Kommunikation zu nutzen, scheiterte lange Zeit am Thema Datenschutz. Was hat sich mit viind geändert?
DSGVO-konformität ist und bleibt für uns kein Nice-to-have, sondern steht für uns an oberster Stelle. Um trotzdem WhatsApp und Co. nutzen zu können, haben wir zusammen mit Datenschutzbeauftragten verschiedener Organisationen und Städte unser Konzept entwickelt. Durch den Einsatz der WhatsApp Business API, dem ausschließlichem Hosting auf deutschen ISO27001 zertifizierten Servern (oder auf Wunsch On Premise bei den Kund:innen) und vieler weiterer Maßnahmen, sind wir stolz darauf, nun eine datenschutzkonforme Lösung bieten zu können.
Ein wichtiges Element hierbei ist es den Bewerber:innen keinen Kanal aufzuzwingen, sondern ihnen die freie Wahl des Kommunikationsweges zu lassen. Deshalb setzen wir auf die Integration einer Vielzahl an Messenger und sozialen Medien.
Ansprache-Vorteile durch viind
Menschen mit Jobinteresse müssen die Kommunikation über viind ja trotzdem noch aktiv anstoßen, beispielsweise durch einen QR-Code. Welche Vorteile bietet die Nutzung Eurer Lösung gegenüber einer auf Basis der Angabe einer Mobilfunknummer abgesendeten Nachricht, z.B. via WhatsApp?
Einige Vorteile! Die drei wichtigsten sind wohl: DSGVO-konformität, Bündelung und Kooperationsmöglichkeiten.
DSGVO-Konformität
Starten wir mit der DSGVO-Konformität. Wenn ich mit meinen Freund:innen über WhatsApp als Privatperson kommuniziere, werden diese Daten in die USA geladen. Als Privatnutzer stimme ich diesen Bedingungen zu durch die Nutzung der Software. Als Unternehmen jedoch muss ich den Menschen eine DSGVO-konforme Kommunikation über meine Kanäle anbieten – gerade bei solch sensitiven Daten wie einer Bewerbung. Gebe ich nun aber als Recruiter:in meine private WhatsApp Nummer an Kandidat:innen aus, werden diese und weitere Daten an die USA geschickt – kurzgesagt datenschutzkonform ist das leider nicht.
Bündelung von Kommunikation
Der zweite Punkt ist die Bündelung. Mit viind können sie so viele Kanäle anbinden, wie sie wollen. Von WhatsApp zu Signal, Threema, Facebook, Instagram, Twitter und vielem mehr. Der große Vorteil hierbei ist aber, dass all diese Nachrichten von uns gebündelt und einheitlich in Ihrem ATS oder unserem Nachrichtenportal für Sie aufbereitet werden.
Sie müssen sich also nicht mehr in jeden Dienst einzeln einloggen oder sich Methoden überlegen, wie sie den Kontakt an Kolleg:innen abgeben können wenn Sie mal im Urlaub sind.
Kooperation im Recruiting
Und hier kommen wir zum dritten Punkt: der Kooperationsmöglichkeiten. Denn anders als bei der privaten Nutzung der Messenger, sind Sie mit viind nicht mehr von der Software beziehungsweise Oberfläche der Dienste abhängig. Stattdessen können Sie wie beschrieben die Nachrichten alle an einem Ort sammeln. Der Vorteil hierbei sind nun Filter-, Sortier- und Strukturierungsmöglichkeiten, die Sie bereits aus ihren ATS kennen. Sie können ganz einfach die Profile der Bewerber:innen erstellen, mit ihnen über deren Lieblingsmessenger kommunizieren und sich gleichzeitig mit Ihren Kolleg:innen darüber austauschen. Sobald die Bewerbung fertig ist, kann sie ganz einfach ins ATS übernommen werden.
All das ist nur mit einer Gesamtlösung möglich.
Übernahme ins Bewerbermanagement-System
Personalverantwortliche können die via Messenger eingehende Kommunikation über Euch direkt ins ATS übernehmen. Wie funktioniert das z.B. bei Sprachnachrichten?
Gute Frage. Generell sind Multimedia-Dateien für uns kein Problem. PDFs, Bilder, Standorte usw. können ganz einfach von den Bewerber:innen wie gewohnt verschickt und von viind aufbereitet werden. Dazu gehören auch Sprachnachrichten. Diese können entweder als Mediendatei abgespeichert werden, oder optional auch per Speech-to-Text Software in schriftliche Form umgewandelt werden. Sie können entscheiden was Ihnen lieber ist.
Hierbei kommen wir aber auch auf ein sehr spannendes Thema zu sprechen: und zwar der barrierefreien Nutzungsmöglichkeiten der Messenger. Textvorlesefunktionen, Sprachnachrichten, Textvergrößerungen und vieles mehr – all das ist mit den Messengern von heute kein Problem mehr. Und nicht zuletzt deshalb erfreuen sie sich auch so großer Beliebtheit bei Menschen aller Alters- und Lebenshintergründe. Diese Lösungen wollen wir auch im Bewerbungsprozess nutzbar machen.
Zustimmung zur Datenspeicherung
Wie sichert Ihr es datenschutztechnisch ab, dass die Kommunikationspartner einer Übernahme und Speicherung der Konversation im ATS rechtswirksam zustimmen?
Hier gibt es mehrere Lösungen. Eine davon ist beispielsweise der automatisierte Versand einer Nachricht, in der genau auf diese Speicherung der Daten eingegangen und erklärt wird. Hierbei kann der Dialog so lange ausgesetzt werden, bis die schreibende Person mit einem „Ja“ oder „Ich stimme zu“ antwortet. Geschieht dies beispielsweise nicht innerhalb von 24 Stunden, können die Daten automatisch gelöscht werden und geraten damit erst gar nicht ins ATS.
Alternativ kann der gesamte Dialog auch zunächst außerhalb des ATS stattfinden und erst wenn die recruitende und bewerbende Personen sich einig sind, werden die Daten als fertige Bewerbung ins ATS übernommen. Geschieht dies nicht, können die Daten direkt gelöscht werden.
Sortier- und Filter-Optionen
Welche Möglichkeiten bietet Ihr, um die Kommunikation zu filtern oder strukturierbar beziehungsweise durchsuchbar zu machen?
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Nutzt man unsere Kommunikationslösungen als Integration in bestehenden ATS, so kann man die gewohnten Funktionen der Software nutzen. Nutzt man aber stattdessen zunächst unser Nachrichtenportal, so bieten wir hier viele nützliche Funktionen, wie zum Beispiel automatisierter Gruppen- und Schlagwortzuordnung oder dem Zuteilen einzelner Bewerbungen an bestimmte Kolleg:innen.
Hier kommt auch die Besonderheit unserer QR-Codes zur Geltung. Scannt man diese ab, so passieren drei Dinge: Erstens öffnet sich der gewünschte Messenger, zweitens wird die passende Telefonnummer eingetragen und drittens wird bereits ein vorgefertigter Bewerbungstext im Messenger eingefügt. In diesem Text können bereits Kennzeichen der Stellenausschreibung eingefügt werden oder andere Schlagwörter, die zur späteren Strukturierung hilfreich sind.
Technische Anbindung
Wer übernimmt die technische Anbindung der Systeme? Gibt es dabei Standards oder arbeitet Ihr je nach Kundensystem individuell?
Es gibt Standard-Prozeduren für die Einrichtung der Systeme (beispielsweise Einrichtung der WhatsApp-Nummern für DSGVO-konforme Kommunikation, Anbindung der Social Media Kanäle etc.). Hierbei liegt der Einrichtungsaufwand bei 2-3 Wochen und dann kann direkt mit unserem Nachrichtenportal losgelegt werden.
Jedoch gibt es oftmals kundenspezifische Wünsche, die entweder auf einer speziellen Anbindung ans ATS beruhen oder auf der Einrichtung weiterer Funktionen wie automatisierte Antworten oder sogar komplexe Chatbot-Systeme die bei der Terminfindung, Abfrage des Lebenslaufs oder dem Erfassen der Stammdaten helfen können.
Wie sich viind weiterentwickelt
Was plant Ihr als nächstes für viind?
Einiges! Die Anbindung an fehlende ATS steht ganz oben auf der Liste. Aber auch weitere Funktionen wie CV-Scan, Formularausfüllung per Chatbot und Vieles mehr, haben wir klar im Blick. Zum aktuellen Stand (August 2022) sind wir elf Mitarbeitende im Team. Bis Ende des Jahres kommen nochmal drei bis fünf weitere hinzu. Und bis Ende 2023 wohl noch einmal sieben bis zehn.
Wir wollen unsere Fähigkeiten dazu nutzen, die Kommunikation in vielen Bereichen zu vereinfachen. Und Menschen zu helfen, sich auszutauschen – unabhängig von deren körperlichen oder sprachlichen Fähigkeiten. Sowohl im Bewerbungsprozess als auch in der Kommunikation mit Behörden. Wir wollen mit unserem Unternehmen ein positives Beispiel setzen.
Bereits in unseren Gründungsdokumenten haben wir festgelegt, stets 5% unseres Gewinns zu spenden. All unsere Server werden zu 100% durch erneuerbare Energien versorgt und wir sind in den letzten Zügen bereits ab dem ersten Geschäftsjahr CO2-Neutral zu sein.
Kurzum: wir wollen unsere Chance nutzen den Menschen, den Unternehmen und der Gemeinschaft zu helfen.
Vielen Dank für Deine Antworten, Matthias.
Für Euer Startup viind drücke ich Euch alle Daumen!
Über den Interviewten
Matthias Clad studierte Medizinische Robotik an der NTNU in Norwegen. Neben dem Studium gründete er eine Marketing-Firma und reiste für Filmaufnahmen in mehr als 16 Länder auf fünf Kontinenten. 2021 schloss er sein MBA an dem renommierten Collège des Ingénieurs ab.
Er ist einer der sechs glücklichen Gründungsmitglider:innen von viind und zusammen mit Michael Gabler Geschäftsführer des StartUps.