Dass Gastautorin Annemarie Zoppelt ein großes Herz für HR hat, konnten sie schon in mehreren Gastbeiträgen unter Beweis stellen. Jetzt führt sie eine Argumentation unter dem Motto „Power to the People – Power to HR!“, die weniger eine Ode an die klassische HR ist, sondern ein Paukenschlag in den Ohren der Geschäftsleitungen, warum HR jetzt an den Entscheidertisch muss. Und ihre Vergleiche sind bestechend. Überzeugen Sie sich gerne selbst!
Nur eine sichtbare HR ist eine wirksame HR
Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage. So zumindest schrieb es William Shakespeare bereits 1602. Doch was allein schon das Datum erkennen lässt: Dieses Sprichwort ist nicht mehr aktuell, auch wenn es häufig immer noch in Werbung und Marketing verwendet wird. Auf das Jahr 2022 und die aktuellen Entwicklungen angepasst müsste dieser Satz heute jedoch lauten:
Sichtbar sein oder nicht sichtbar sein, das ist hier die Frage.
Die Generationen auf dem Arbeitsmarkt
Wir müssen gar nicht bis ins 17. Jahrhundert zurückgehen, um zu erkennen, wie schnell sich die Lage ändern kann. Bereits 2019, also kurz vor der Pandemie, sah die Welt auch in der HR oftmals noch ganz anders aus. Und wenn wir mal ein paar Jahre in die Zukunft schauen, dann kommen weitere Veränderungen auf uns zu.
Nehmen wir nur mal die Generationen, die demnächst das aktive Arbeitsleben hinter sich lassen werden: die Babyboomer, also Menschen der Jahrgänge 1959 bis 1967. Diese Generationen werden zum großen Teil dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen.
Haben Sie diese Entwicklung neben der aktuellen Fachkräftemangeldebatte mit auf dem Radar?
Überholte Geschäftsmodelle wohin man blickt
Zudem sind Unternehmen im Zuge der Globalisierung oder von Themen wie Kulturveränderung in der Gesellschaft und dem Wertewandel sowie der Entwicklung neuer Technologien mit immer schnelleren und komplexeren Marktveränderungen konfrontiert. Die Bedürfnisse auf dem Markt haben sich durch die Auswirkungen der weltweiten Covid-Pandemie stark verändert. Es entstehen andere Nachfragen und Produkte als noch vor wenigen Jahren. Dass Geschäftsmodelle überholt sind, gaben auch viele Befragte in einer von Mc-Kinsey durchgeführten Umfrage in 2021 offen an.
Darum muss HR an den Entscheidertisch!
Und hier kommt die Personalabteilung als starker Partner oder sogar Taktgeber eines Unternehmens ins Spiel. Sie muss aus dem Pool einer begrenzten Anzahl qualifizierter Mitarbeitenden und Führungskräfte das Bestmögliche herausholen. Aber auch die Interessen der Geschäftsleitung vertreten, ohne dabei das Wohl der Mitarbeitenden aus den Augen zu verlieren.
Und sie muss eine Kultur im Unternehmen etablieren, in der die Menschen zählen und in der zwischenmenschlich jeder aufgefangen und gefördert wird: Fördern und Fordern heißt hier die Devise. Ein Ding der Unmöglichkeit? Nein, es ist zwar schwierig, aber nicht unmöglich.
Doch gelingen wird das nur unter einer Bedingung: HR gehört von Anfang an mit an den Entscheidertisch!
Und hier kommen die Gründe, warum dies so ist:
Die HR von 2022 ist nicht mehr die HR von früher
Wie bereits anhand von Shakespeares Zitat erläutert, unterliegt die Welt gerade aktuell einer starken Veränderung. Die Zeiten, in denen sich Mitarbeitende bei der HR nur die Lohntüten abholten, gehören der Vergangenheit an. Das darf auch in den Köpfen so mancher Geschäftsleitungen, vor allem im Mittelstand, angekommen sein.
HR ist nicht mehr nur das Lohnbüro eines Unternehmens, sie ist der Maschinenraum.
HR ist nicht mehr nur der Ort eines Unternehmens, wo der Lohn der Mitarbeitenden ausbezahlt wird, sondern auch der Maschinenraum des Unternehmens. Sie muss auch den höchsten Verantwortungsträgern des Unternehmens verständlich machen, dass sich an ihren Schreibtischen die Zukunft des Unternehmens mitentscheidet. In welche Richtung und mit welchen fachlichen Kapazitäten es sich entwickelt.
Wenn das nur mit „Soft Facts“ agierende Marketing mit am Entscheidertisch sitzt, dann muss es die „Hard Facts“ liefernde HR doch allemal.
HR muss ausbrechen – und zwar im Kopf
Um diese Tatsache verständlich zu machen – und zwar allen – muss die HR-Abteilung auch an sich selbst arbeiten. Sich frei machen von falscher Bescheidenheit und dem Grundsatz des Zuarbeitens. Sie muss sich auch auf hierarchischer Ebene im Unternehmen anders positionieren.
Das beste Beispiel dafür ist doch der Profifußball. Dort ist der Manager, der die Transfers über die Bühne bringt, inzwischen der wichtigste Mitarbeiter des gesamten Vereins. Wer einen Lewandowski verpflichtet, bringt den Erfolg ins Unternehmen. So und nicht anders muss sich die HR betrachten. Und natürlich sitzen ein Michael Zorc, ein Fredi Bobic oder ein Hasan Salihamidzic mit am Entscheidertisch. Da gibt es überhaupt keine zwei Meinungen.
Und so gilt für HR genau das gleiche wie für jeden guten Fußball-Manager:
HR muss sichtbar werden, um wirksam zu werden.
HR ist People Business: Menschen machen Unternehmen
Für ein erfolgreiches Unternehmen benötigt es viele strategische Partner auf Augenhöhe. Anstatt reaktiv zu verwalten, müssen die HR-Expert:innen die Freiheit haben, aktiv mitzugestalten und strategisch und eigenverantwortlich zu handeln. Denn HR agiert als Multischnittstelle im Unternehmen, bringt die passenden Menschen an die passende Stelle und befähigt diese, mit einem innovativen Mindset gemeinsam in die richtige Richtung zu steuern.
Sie müssen bei jeder strategischen Unternehmensentscheidung, bezogen auf deren HR-Auswirkungen, gehört werden. Deren Expertise muss in die Neuausrichtung und/oder Weiterentwicklung des Geschäftes Einzug finden.
Und gemeinsam ist auch genau das richtige Wort, denn das Zwischenmenschliche wird immer wichtiger für den Erfolg der Mitarbeiterführung. Damit auch für das Image, das ein Unternehmen in diesem Bereich nach außen hinbekommt.
Power to the People oder um es noch einfacher auszudrücken: Der Mensch zählt.
Wie während der Pandemie bereits erlebt, muss HR auch in der zukünftigen Arbeitswelt schnell und flexibel auf unbekannte und teils extreme Situationen reagieren können. Eine starke Personalabteilung wird Entwicklungen und Marktveränderungen antizipieren und sich nicht davor sträuben, in neue unbekannte Gewässer vorzudringen.
Deshalb ist es wichtig, dass die HR bei strategischen Fragen Verantwortung übertragen bekommt, sie in Prozesse integriert wird und mitentscheiden darf. Denn ein Unternehmen wird nur dann erfolgreich sein, wenn alle Teilbereiche gemeinsam auf Kurs sind und ihre Ressourcen, die Technik und Methoden richtig einsetzen.
Eine gute HR weiß nicht alles, aber sie kennt jemand, der es weiß
Zu guter Letzt darf auch ein starkes Netzwerk auf Unternehmensseite nicht fehlen. Wenn die HR-Protagonisten neben ihrer profunden Expertise auch noch gute Netzwerker sind, ist das sehr charmant. Dies erhöht auch die Akzeptanz im Unternehmen und kann Game Changer im Thema Fachkräftemangel werden.
Und wer hat dieses Netzwerk (außer dem Chef) in den meisten Fällen: natürlich die HR-Abteilung. Um noch einmal beim Fußball-Vergleich zu bleiben: Sie kennt den richtigen Spielerberater, die richtigen Trainer und allgemein den Transfermarkt in- und auswendig.
Ohne HR wäre jedes Team nur ein wild zusammengewürfelter Haufen, bei dem jeder einzelne vielleicht seine Stärken hätte, diese aber überhaupt nicht zusammen funktionieren würden. Sozusagen der FC Schalke 04 unter den Unternehmen. Will sich HR also etablieren, dann muss sie ihre Connections nutzen, um das Team zusammenzustellen. Eine Einheit. Eine Gemeinschaft.
Da kann die Marketing-Abteilung noch so oft mit einem Slogan daherkommen wie „Die Mannschaft“, wenn das Untergerüst fehlt, dann wird das Unternehmen für immer nur ein „Mannschäftchen“ bleiben.
Darum gibt es nur eine Lösung: HR ist ein wesentlicher und entscheidender Teil Ihres Unternehmens.
Wo steht Ihre HR aktuell?