Die Versprechen sind groß. Ob mehr Neukunden, bessere Jobangebote oder passende Bewerber: Personal Branding verkauft sich gut. Doch die Art und Weise wie Personal Branding zum Teil betrieben wird, ist kaputt, sagt Marina Zayats, und fragt, ob der Hype schon bald vorbei ist.
Die Arbeitswelt braucht Personal Branding – aber mit mehr Tiefgang
Personal Branding hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen. Ob Selbstständige, Gründer, Investoren oder Angestellte: Auf einmal wurde damit geliebäugelt die eigene Sichtbarkeit zu vergrößern. Hilfreich sind dabei vor allem die sozialen Netzwerke, denn die kann jeder selbst bespielen. Keine Journalisten oder Eventveranstalter, die man überzeugen muss. Zudem kann jeder hier seinen „Erfolg” messen: Views, Likes, Followerzahlen. Die schnelle Bestätigung des eigenen Wirkens macht Spaß.
Und trotzdem besteht die Gefahr, dass der Hype bald abebbt. Ich hoffe dies explizit nicht. Denn ich sehe im Personal Branding eine der wichtigsten Fähigkeiten in der heutigen Arbeitswelt. Doch dafür braucht es tatsächlich deutlich mehr Tiefgang im Personal Branding.
Mein Erklärungsversuch zur Krise des Personal Brandings
Das Zukunftsinstitut sagte schon 2012: „Die Arbeitswelt von morgen wird die Menschen überall auf der Welt stärker fordern, sich selbst in ihr immer wieder neu zu definieren.“
Dieser Satz fasst für mich gut zusammen, warum Personal Branding immer relevanter wird. Es entstehen immer schneller neue Berufsbilder bzw. Tätigkeiten. Andere werden hingegen automatisiert oder fallen weg. 15% der Befragten der XING New Work Trendbuch Studie von 2018 sind heute in Berufen tätig, die erst nach 2003 entstanden sind. Ganze 32% glauben, dass es ihren Beruf in 15 Jahren nicht mehr in der aktuellen Form geben wird
Personal Branding ist mehr als ein erweiterter CV
Diese rasche Veränderung fordert nicht nur Agilität von Unternehmen, sondern auch von Menschen. Ich muss mich fragen, welche Fähigkeiten und anderen Ressourcen, wie meinen Interessen und Stärken ich zur Verfügung habe. Und ich muss mir überlegen, wie ich diese neu zusammensetzen oder ergänzen kann, um einen Mehrwert für andere zu stiften.
Ein oberflächlicher Blick auf meine Zertifikate reicht dabei nicht aus. Viele Aspekte stehen nicht in einem CV oder Anschreiben, sind aber entscheidend, um neue Projekte zu übernehmen. Qualifikationen sind natürlich nach wie vor wichtig, aber sehr viele Aufgaben setzen Fähigkeiten voraus, die nicht über den formalen Weg erlernt wurden. Man nennt diese Softskills.
Mehrwert für andere stiften, statt auf Rollenzuweisung warten
Nicht nur Selbstständige, die sich ihre Berufe zum Teil selbst entwickeln, auch Angestellte müssen sich überlegen, wo sie heute und in Zukunft den größten Mehrwert stiften können und wollen, anstatt auf eine passende Rolle zu warten. Denn diese wird es vielleicht formal gar nicht geben in einer Arbeitswelt, die zunehmend in Projekten anstatt in festen Rollen funktioniert.
Unternehmen können einem dabei die Aufgabe der persönlichen Karriereplanung nicht abnehmen. Sie sind nicht darauf ausgerichtet, Ihren ganzheitlichen Mehrwert zu erkennen, sondern konkrete Rollen oder Fähigkeiten zu besetzen, die lediglich einen Teil von dem abdecken, was Sie können.
Und hier kommt Personal Branding ins Spiel. Nicht die oberflächliche Art von Personal Branding, die lediglich auf ein nettes Social Media Profil und die Anzahl der Likes schaut. Sondern Personal Branding, das dabei hilft, im ersten Schritt zu verstehen, welche Ressourcen man zur Verfügung hat, welche Ziele einem wirklich wichtig sind und welchen Mehrwert man aktuell schon leistet und in Zukunft leisten will.
Diese Klarheit ist die Basis jeder erfolgreichen Karriere und deswegen eines der wichtigsten Werkzeuge für jeden berufstätigen Menschen.
Gestaltungsspielraum: Potestas und Auctoritas
Das, was viele unter Personal Branding verstehen, kommt erst danach: Die Sichtbarkeit und die Wirkung auf andere. Aber anders als es Followerzahlen und Likes suggerieren. Die reine Sichtbarkeit ist erstmal ziemlich wertlos.
Die reine Sichtbarkeit im Sinne von Followerzahlen und Likes ist beim #PersonalBranding erst einmal ziemlich wertlos. Share on XWas Menschen wirklich wollen ist Gestaltungsspielraum. Und dafür brauchen wir starke Netzwerke und Menschen, die uns vertrauen und mit uns kooperieren. Der Gestaltungsspielraum nimmt aber nicht automatisch mit der Führungsverantwortung zu.
Die alten Römer hatten zwei Begriffe für (Gestaltungs-)macht. Zum einen die Auctoritas. Damit gemeint ist das Ansehen und damit der Gestaltungsspielraum, den eine Person genießt aufgrund ihres Tuns und ihrer Wirkung auf andere – unabhängig von ihrem offiziellen Titel.
Demgegenüber stand die Potestas: Die Gestaltungsmacht aufgrund von verliehenem Amt.
Die Potestas reicht heute nicht mehr aus, um wirklich starke Netzwerke zu gründen und Menschen von sich zu überzeugen. Natürlich hilft ein CEO-Titel, um Türen und Ohren zu öffnen. Aber wenn meine Wirkung durch schlechte Körpersprache, Rhetorik und natürlich die Message nicht rüberkommt, werde ich es schwer haben, Mitarbeiter und Kunden für die Sache zu begeistern. Die Arbeit an der eigenen Personal Brand hilft dabei, die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu schärfen, um gute Ergebnisse und Ideen so rüberzubringen, dass sie gehört, verstanden und unterstützt werden.
Das ist die Gestaltungsmacht von Personal Branding. Und dazu gehören nicht nur die Sozialen Medien, denn…
Wir wirken überall
Im Gespräch mit den Kollegen bei einer Weiterbildung, am Telefon mit dem Kunden, auf einem Netzwerkevent und ja, auch auf unserem LinkedIn-Profil. Viele Menschen machen sich viele Gedanken, was sie posten sollen, vernachlässigen aber wie sie mit Menschen via Telefon, E-Mail oder face-to-face kommunizieren.
Unsere Rhetorik, Körpersprache, Kleidung und vor allem unsere Präsenz (im Sinne von: Höre ich meinem Gegenüber wirklich zu?) sind alle Teil unserer Personal Brand.
Bevor wir uns mit unserer Sichtbarkeit in Social Media auseinandersetzen, müssen wir uns klar machen, wie wir auf Menschen wirken. Passt das, was wir ausstrahlen zu dem, was wir rüberbringen sollen?
Wer als Führungskraft innovative Ideen hat und die Zukunft gestalten möchte, durch seine Körpersprache und Rhetorik die Ideen jedoch nicht verständlich rüberbringen kann und die Mitarbeitenden dafür nicht begeistern kann, verringert seinen Gestaltungsspielraum.
Mein Fazit zum Personal Branding Hype
Für Menschen
Kein Unternehmen der Welt kann Ihnen sagen, wo die berufliche Reise hingehen soll. Schauen Sie genauer hin: Wie können Sie die Ressourcen, die Sie schon haben, noch ergänzen und neu zusammensetzen, um den Mehrwert zu leisten, den Sie leisten wollen?
Investieren Sie in Ihre Wirkung – nicht nur auf Social Media – um Ihren Gestaltungsspielraum zu vergrößern!
Und für Unternehmen
Unternehmen müssen lernen Personal Brands zu verstehen, statt CVs zu lesen. Den Menschen ganzheitlicher zu betrachten, anstatt Qualifikationen abzuklopfen.
Das Institute for the Future hat 2018 in einer qualitativen Studie mit „praktischen Futuristen“ aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen die am meist und am wenigsten gefragten Fähigkeiten herausgearbeitet.
Auf der Seite der meistgefragten Fähigkeiten steht unter anderem:
„Managing reputation. Knowing how to protect, trade, donate, and reap your own value from data about you is how you’ll manage your reputation and build your personal brand – and learning how to curate your brand in multiple media and many cultures is the first key to success.“
Auf der Seite der am wenigsten gefragten Fähigkeiten steht hingegen: „Writing and reviewing resumes. Digital portfolios, personal branding, and performance reputation will replace resumes.“
Lassen Sie uns gemeinsam mehr Tiefgang ins Personal Branding bringen und dieses Werkzeug dafür nutzen, um einen höheren Impact zu stiften in unserer Arbeitswelt und erfülltere Karrieren zu gestalten.