Häufig liest man den Tipp, die eigenen Azubis oder Praktikanten den Social Media Auftritt des Unternehmens gestalten zu lassen. Oder sie für den Einsatz vor der Kamera vorzusehen, weil sie jung sind und vermeintlich verstehen, was die ebenfalls junge Zielgruppe will. Nach Ansicht von Tik-Tok Star und Creator Tobias Jost ist das so ziemlich das Dümmste, was Arbeitgeber machen können. Es braucht Profis und zwar keine Social Media oder Marketing Manager sondern – Schauspieler.
Wie die Generation Social Media tickt
TikTok, Instagram und Co. sind für Nachwuchstalente nicht nur ein Zeitvertreib oder die Flucht aus der Realität – sie sind die Realität. Sieben Stunden durchschnittliche Nutzungsdauer pro Tag sind Standard.
Social Media sorgt für konstanten Informationsfluss auf ultimativer Frequenz. Die Generation Z interagiert dabei mit Freunden, lernt neue Dinge und folgt ihren Lieblings-Creatorn um sich unterhalten und inspirieren zu lassen. Nicht selten führt das übrigens zum Wunsch selbst Content-Creator werden zu wollen. Sie kennen das vielleicht von Ihren Kindern.
Social Media gibt den Kids das Gefühl etwas kontrollieren zu können. Sie drücken auf einen Knopf und es geht ihnen gut. Dieser Welt vertrauen sie. Beobachten Sie sich am besten mal selbst. Warum genau öffnen sie Instagram oder TikTok und wie fühlen Sie sich dabei?
Vertrauen ist der Nr. 1 Wert der Generation Z. Unternehmen vertraut man nicht, Menschen dagegen schon. Deshalb haben Unternehmen mit clever in Szene gesetzten, starken Persönlichkeiten wie Tesla mit Elon Musk kein Problem Talente im Recruiting zu finden. Mitarbeitende wollen für Menschen und nicht Organisationen arbeiten. Übertragen auf die Kommunikation in Social Media, bedeutet das, dass man Menschen und keine Dinge sehen möchte. Geschichten und keine Fakten. Emotionen und keine Sachverhalte.
Videos sind das Format der Zukunft
Vertrauen funktioniert am besten über Video. 80% aller Inhalte auf Social Media sind bereits Videos. TikTok & YouTube sind reine Video-Plattformen, Instagram will eine werden. Kein anderes Medium lässt Vertrauen besser zu als Video.
Im Vergleich zu Texten oder Bildern sind Videos nicht nur leichter zu konsumieren, sie wecken noch dazu viel stärkere Emotionen. Vergleichen Sie dazu doch einmal Fernsehen mit Bücherlesen. Beim Fernsehen lassen Sie sich frontal beschallen ohne nachzudenken. Quasi Wellness für’s Gehirn. Um ein Buch zu lesen, müssen Sie deutlich mehr Energie aufwenden. Es erfordert Commitment überhaupt damit anzufangen und noch viel mehr, um sich darauf einzulassen und zu verstehen. Kein Wunder also warum der Fernseher so häufig gewinnt. Ähnlich ist das bei Videos auf Social Media.
Gesucht: Schauspieler (m/w/x)
Der Trugschluss: die Qualität und der Inhalt eines Videos auf Social Media muss stimmen, um erfolgreiche Kommunikation zu betreiben. Ja und nein. Qualität und Inhalt sind Voraussetzung, jedoch nichts wert ohne eine Person mit Charisma. Charisma ist wie Marketing für ein Produkt. Das beste Produkt verkauft sich nicht, wenn es nicht richtig kommuniziert wird. Ein schlechtes Produkt verkauft sich jedoch mit gutem Marketing sehr gut.
Die Chance, dass Ihre Azubis oder Praktikanten das nötige Charisma und das auch noch vor der Kamera haben, ist relativ gering. Nichts für ungut, aber es ist auch nicht ihr Job. Dafür gibt es Profis: Schauspieler (m/w/x).
Klar ist, Charisma hat man, oder man hat es nicht. Der Job eines Schauspielers setzt es in jedem Fall voraus. Charisma weckt Emotionen wie lustig, interessant, spannend, et cetera. Geschichten oder Wissen werden erst dann zum Leben erweckt, wenn die Person die sie vermittelt, Charisma hat.
Ein Beispiel: Erinnern Sie sich doch einfach mal an Ihre Schul- & Unizeit. Manchen Lehrern konnte man einfacher folgen. Sie haben diesen lieber zugehört als anderen. So ist das auch auf Social Media. Wenn Sie wollen, dass Ihnen junge Leute zuhören, dann benötigen Sie eine charismatische Person vor der Kamera.
Das WARUM im Zentrum der Kommunikation
Schauspieler bringen also die wichtigste Voraussetzung mit, nämlich Charisma. Nun ist es allerdings wie bei einem Film-Trailer. Der funktioniert am besten, wenn nicht darüber gesprochen wird WER dort WAS macht, sondern WARUM man ins Kino gehen sollte. Die Dramaturgie einer Geschichte, also der Aufbau ist entscheidend.
Der ständige Informationsüberschuss betäubt die Nutzer auf Social Media regelrecht. Wer sie catchen will, muss in den ersten 1-3 Sekunden überzeugen. Sie entscheiden darüber ob weiter geswiped oder aufmerksam weiter geschaut wird.
Ein Praxisbeispiel mit zwei Umsetzungsvarianten
Hier ein Beispiel wie die Fachkraft für Lagerlogistik auf zwei verschiedene Arten kommuniziert werden kann. Sie entscheiden, was wohl besser funktioniert:
Variante 1:
Heute stelle ich euch den Ausbildungsberuf Fachkraft für Lagerlogistik vor. In dieser Ausbildung lernst du, Warenströme von A bis Z zu organisieren: von der Annahme und Prüfung über die fachgerechte Einlagerung und die elektronische Verwaltung von Beständen bis hin zur Auslieferung von Materialien und Produkten. Und damit du im Job auch selbst aktiv werden kannst, lernst du den sicheren und gekonnten Umgang mit Gabelstaplern und Hubfahrzeugen sowie modernen Förderanlagen.
Variante 2:
Wusstest du schon, dass dein Ordnungssinn so einiges über dein berufliches Talent verraten kann? Wenn du zum Beispiel deinen Kleiderschrank nach Farben ordnest, für deine Bücher eine digitale Bestandsliste pflegst oder deine Lebensmittel optimal verpackt im Kühlschrank anordnest. Dann könnte folgender Beruf wie die Faust aufs Auge passen. Die Rede ist von der Fachkraft für Lagerlogistik.
Meine Bewertung der beiden Varianten
Variante 1 folgt dem Aufbau WAS-WIE-WARUM. Wörter wie Warenströme, fachgerecht, elektronische Verwaltung oder Förderanlagen sind noch dazu absolut unsexy und fehl am Platz in Social Media. Oder würden Sie so privat mit einem Freund darüber sprechen? Wohl eher nicht.
Variante 2 folgt dem Aufbau WARUM-WIE-WAS. Über einen alltäglichen Zusammenhang werden die Zuschauer betroffen gemacht. Sie können sich damit identifizieren, sich hineinversetzen. Emotionen werden geweckt. Der Beruf, der vorgestellt wird, wirkt dann mehr oder weniger nur noch wie die logische Konsequenz. Wichtig hier: immer einen geschlossenen Bezugsrahmen schaffen. Die Nutzer niemals mit einer offenen Frage oder dergleichen entlassen. Der Job-to-be done auf Social Media ist relativ einfach und doch eine Kunst: Nutzer wollen entweder unterhalten werden oder etwas lernen.
Fazit zum Thema Schauspieler für Social Media
Wir fassen also zusammen. Social Media ist das Nr. 1 Medium der Zukunft für Arbeitgeberkommunikation. Kommunikation über Social Media erfolgt über Vertrauen. Menschen vertraut man mehr als Unternehmen. Menschen mit Charisma vertraut man mehr als denen ohne. Video transportiert Charisma und damit Vertrauen besser als jedes andere Format. Emotionen erzeugen Vertrauen. Deshalb funktionieren Geschichten besser als Fakten. Stellen Sie also für Ihre Arbeitgeberkommunikation entsprechend talentierte Schauspieler ein.
Probieren Sie es aus und überzeugen Sie sich selbst!
2 Antworten
Recruiting-Schauspieler auf Social Media vertrauen? Der war gut! 🙂
Social Media besteht doch fast nur noch aus schneller Empörung & schnellem beleidigt sein.
Wir brauchen ehrliche und reale Einblicke. Nur so kann man Leute auch halten. Eine
Show zu spielen, zahlt sich langfristig nicht aus. Schlaue Menschen durchschauen das sehr
schnell. Aber vielleicht sind die Schlauen gar nicht so häufig auf TikTok wie manch einer denkt.
Lieber Stefan, lieber Tobias,
steile These, inspirierender Input. Ich bin so frei, und stelle meine Gedanken, die ich auch bei Stefans Beitrag auf LinkedIn geäußert habe, den deinen gegenüber:
Provokant, das mag ich. 😉
Wie jede reichweitenorientierte Kommunikationsmaßnahme setzt auch die Forderung nach Schauspielern als Akteure der Arbeitgeberkommunikation auf Polarisierung. Einiges, was Tobias Jost sehr nachvollziehbar schreibt, finde ich plausibel argumentiert. So zum Beispiel die Beobachtungen zum Nutzerverhalten sowie die Thesen zu Emotionalität und Charisma. Ich stimme auch zu, dass schlecht ausgewählte Testimonials kontraproduktiv sind. Würde daraus aber nicht den Anspruch ableiten, Schauspieler zu casten.
Tobias Satz, Menschen wollen mit Menschen reden, nicht mit Organisationen, unterschreibe ich zu 100%, bete ihn mantraartig seit Jahren rauf und runter. Das führt aber zu der Frage, mit welchen Menschen. Es kann in meinen Augen nicht sein, dass Schauspieler inszeniert werden, um den zwischenmenschlichen Kontakt zu fördern. Der Wunsch nach glaubwürdiger Information und persönlicher Nähe sowie Interaktion erfordert im Grunde die Schnittmenge beider Ansätze, nämlich charismatische Azubis, um beim konkreten Beispiel zu bleiben.
Klar wird bei Tobias Ausführungen auch: er orientiert sich an dem Status Quo des heutigen Nutzerverhaltens und der daraus erwachsenden Erwartungshaltung der Zielgruppe. Und die konsumiert schnell, teilweise unreflektiert in Erwartung eines catchy Einstiegs und einer entsprechend inspirierenden Gesamtdramaturgie. Die Eigendynamik der kommunikativen Entwicklungen überrundet dabei unsere natürliche gehirngerechte Evolution. Wir kommen nicht mehr mit, hechten hinterher, wollen dabei sein, mitmachen, beäugen, vergleichen, verlieren uns selbst.
Alles schön und gut. Mein Problem: die Zielgruppenhörigkeit. Wenn Unternehmen anfangen, ihre Persönlichkeit am Eingang zur Social Media Welt abzulegen, verlieren sie ihre Haltung. Wenn alle nach den vermeintlichen Erwartungen der Zielgruppe streben, generieren wir einen Contenteinheitsbrei mit Blick auf die heute so wichtige Währung: Sichtbarkeit, also Reichweite. Wie wichtig die ist, zeigt auch Tobias Profil, in dem er selbstbewusst und völlig legitim verlautbart, dass er „täglich 550.000+ Schüler & Studenten auf Social Media“ erreiche.
Vielleicht bin auch einfach nur zu alt für diesen Sch…wie Danny Glover in den 90ern zu sagen pflegt (für alle, die diese Filme noch kennen ;-).