Arbeitsverträge rechtssicher zu kündigen, so dass die Arbeitgeberkündigung einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung Stand hält, kann enorm schwierig sein. Das liegt schlichtweg darin, dass die formellen wie materiellen Anforderungen, die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung an die Rechtmäßigkeit einer Kündigung stellt, sehr hoch sind. Dieser Beitrag beleuchtet aus Arbeitgebersicht die wesentlichen Prüfungspunkte einer arbeitsrechtlichen Kündigung in Form einer Checkliste.
Checkliste für eine rechtssichere Arbeitgeberkündigung
Manchmal sind Kündigungen nicht zu vermeiden. Betriebswirtschaftliche Erwägungen wie beispielsweise aufgrund der Corona-Krise können dabei eine Rolle spielen. Aber auch massive Pflichtverstöße eines Mitarbeiters im Einzelfall können zu einer Arbeitgeberkündigung führen.
Meine Checkliste zur Arbeitgeberkündigung soll Ihnen Orientierung bieten und natürlich auch der Vermeidung von Fehlern dienen.
1. Kündigung bedarf der Schriftform
Die Digitalisierung hat das Arbeitsrecht nur in Teilen erreicht. Gem. § 623 BGB müssen Kündigungen im Arbeitsverhältnis schriftlich erfolgen. Also bitte kein Fax, WhatsApp, E-Mail oder SMS.
Mein Praxistipp: Unabhängig davon, ob es eine ordentliche oder fristlose Kündigung wird, bedarf es generell keiner Angabe eines Kündigungsgrundes.
2. Unterschrift der Kündigung
Zur Kündigung ermächtigt ist der gesetzliche oder organschaftliche (zum Beispiel der Geschäftsführer (m/w/d) der GmbH) Vertreter des Arbeitgebers. Auch ein rechtsgeschäftlicher Vertreter kann mittels einer Prokura oder Handlungsvollmacht zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses berechtigt sein. Bitte achten Sie darauf, ob Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis vereinbart wurde. Gegebenenfalls sollten beide Geschäftsführer unterschreiben.
Mein Praxistipp: Sie können sogar jede dritte Person mit der Vornahme der Kündigung ermächtigen. In diesem Fall sollte die Bevollmächtigung schriftlich erfolgen und der Kündigende muss die Vollmachtsurkunde im Original gegenüber dem Gekündigten vorlegen.
3. Sicherstellung des Zugangs der Kündigung
Das ist besonders wichtig: Erst mit Zugang kann eine Kündigung ihre Rechtswirkung entfalten. So laufen erst dann etwaige Fristen, wie zum Beispiel die Klagefrist, an. Der Kündigungszugang ist außerdem entscheidend für die Berechnung der Kündigungsfrist beziehungsweise des letzten Arbeitstages. Das Datum auf dem Kündigungsschreiben ist irrelevant.
Es ist immer klug, die schriftliche Kündigung persönlich zu übergeben und sich den Empfang vom Arbeitnehmer quittieren zu lassen. Zur Sicherheit können Sie noch eine Person dazu holen, die die Übergabe des Kündigungsschreibens in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren bezeugen kann.
Wenn eine persönliche Übergabe nicht möglich ist, empfehle ich stets den Einwurf in den Briefkasten des Arbeitnehmers durch einen vertrauenswürdigen Mitarbeiter. Bitte nicht durch den Arbeitgeber bzw. Geschäftsführer selbst! Sollte auch das nicht möglich sein, bitte die Kündigung nicht mit einfachem Brief versenden.
Mein Praxistipp: Die Kündigungserklärung sollte auch nicht per Einschreiben mit Rückschein erfolgen, sondern dann besser durch ein Einwurf-Einschreiben.
4. Findet das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung?
Diese Frage ist von besonderer Bedeutung für Rechtsanwälte, die im Bereich des Arbeitsrechtes, mit der Vorbereitung einer Kündigungsmaßnahme, der Abwehr einer Kündigungsschutzklage oder in der Arbeitnehmervertretung tätig sind. Von der Beantwortung dieser Frage hängt die weitere Vorgehensweise entscheidend ab.
Das KSchG findet Anwendung, wenn der Arbeitnehmer länger als 6 Monate in demselben Betrieb (§ 1 Abs. 1 KSchG) beschäftigt ist und aktuell in diesem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer (bis 31.12.2003: mehr als 5 Arbeitnehmer) regelmäßig beschäftigt sind. Die Zählweise dahinter: Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bis 20 h sind mit einem Faktor 0,5, bis 30 h mit einem Faktor 0,75 und darüber mit einem Faktor 1,0 zu berücksichtigen.
Während sich der Unternehmer eines Kleinbetriebs quasi frei entscheiden kann, welcher Arbeitnehmer gekündigt wird und nahezu Kündigungsfreiheit genießt, ändert sich dies schlagartig in einem Betrieb, in dem das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet.
Dann kann das Arbeitsverhältnis nur gekündigt werden, wenn
- Gründe in der Person des Arbeitnehmers (z.B. längere Krankheitszeiten) oder
- Gründe im Verhalten (z.B. Straftaten, grobe Pflichtverletzungen) oder
- betriebsbedingte Gründe (z.B. Organisationsentscheidungen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen)
vorliegen.
Nur dann ist die Kündigung „sozial gerechtfertigt“ und hat Aussicht auf Bestand in einer vom Arbeitnehmer initiierten Kündigungsschutzklage.
Mein Praxistipp: Prüfen Sie die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bereits zu Beginn, wenn Sie erwägen, eine Kündigung auszusprechen.
5. Anhörung des Betriebsrats
Nach § 102 BetrVG muss vor jeder Kündigung der Betriebsrat angehört werden. Dies gilt selbstverständlich nur für Betriebe, in denen ein Betriebsrat etabliert ist. Eine ohne beziehungsweise mit fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist immer (!) unwirksam (§ 102 Abs.1 Satz1 BetrVG).
Mein Praxistipp: Viele Kündigung scheitern vor Gericht, oder der Arbeitgeber zahlt hohe Abfindungen, weil der Betriebsrat nicht detailliert genug informiert wurde. Die Anforderungen sind hier sehr hoch. Ein solches Anhörungsschreiben kann viele Seiten lang sein und Sie sollten es in seiner Bedeutung nicht unterschätzen.
6. Prüfung, ob ein besonderer Kündigungsschutz vorliegt?
Schwerbehinderte (§§ 85, 90 SGB IX), werdende Mütter (§ 9 MuSchG), Arbeitnehmer in der Elternzeit (§ 18 BEEG) oder Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG) genießen besonderen Kündigungsschutz. In diesen Fällen benötigt der Arbeitgeber vor Kündigungsausspruch die Zustimmung der jeweiligen zuständigen öffentlichen Stelle oder des Betriebsrates. In Bayern ist dies beispielsweise das Inklusionsamt im Falle der beabsichtigten Kündigung eines Schwerbehinderten.
Mein Praxistipp: Häufig ist es so, dass Sie auf der Ebene dieses besonderen Verwaltungsverfahrens besser eine (Abfindungs-)Regelung mit dem betroffenen Arbeitnehmer treffen. Ein gerichtliches Verfahren kann dann unter Umständen entbehrlich werden.
7. Einhaltung der Kündigungsfrist für die Arbeitgeberkündigung
Im Falle einer ordentlichen, also fristgerechten Kündigung, müssen Sie als Arbeitgeber die richtige Kündigungsfrist einhalten. Diese ergibt sich meistens und primär aus dem Arbeitsvertrag. Wenn der Arbeitsvertrag keine Regelung vorsieht oder auf das Gesetz verweist, gilt § 622 BGB. Für Sie als Arbeitgeber ist § 622 Abs.2 BGB maßgebend. Der Paragraf sieht gestaffelt nach Jahren der Betriebszugehörigkeit eine Verlängerung der Kündigungsfrist vor, beginnend mit einem Monat, bis zu sieben Monate zum Ende eines Kalenderjahrs.
Weichen Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag und im Gesetz voneinander ab, gilt immer die für den Arbeitnehmer günstigere (längere) Frist. Im Tarifvertrag können auch kürzere Fristen vereinbart sein. Wenn ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt, gelten die tarifvertraglichen Regelungen.
Mein Praxistipp: Den Kündigungstermin sollten Sie im Kündigungsschreiben stets angeben.
8. Fristlose Arbeitgeberkündigung mit 2-Wochen-Frist
Die fristlose Kündigung ist eine scharfe Waffe und kommt nur bei groben Verfehlungen, insbesondere bei Straftaten oder Wettbewerbsverstößen, in Betracht. Insbesondere für Sie als Arbeitgeber bedeutsam ist, dass die Kündigung gem. § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen darf. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der zur Kündigung Berechtigte (meist der Arbeitgeber) von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat.
Mein Praxistipp: Ihnen als Arbeitgeber ist es dabei auch bis zu einem gewissen Grad gestattet Nachforschungen anzustellen. Währenddessen ruht die 2-Wochen-Frist.
9. Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage: 3 Wochen
Der gekündigte Arbeitnehmer muss zwingend nach § 4 KSchG innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte materielle Ausschlussfrist. Wird die Frist versäumt, gilt die Kündigung von Anfang an als wirksam.
Mein Praxistipp: Diese Frist sollten auch Sie als Arbeitgeber kennen.
10. Zuständigkeit des Arbeitsgerichts
Für sämtliche Kündigungsschutzverfahren sind die Arbeitsgerichte im ersten Rechtszug generell zuständig. Wenige Wochen nach Klageerhebung findet ein früher Gütetermin statt. Dieser Termin dient der ersten, vorläufigen Einschätzung der Sach- und Rechtslage und dem Versuch, eine zügige gütliche Einigung zu erzielen. Gelingt dies nicht, findet einige Monate später durch Schriftsätze vorbereitet ein Kammertermin statt. Auch in diesem Termin versucht das Gericht regelmäßig, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. Gelingt dies nicht, ergeht -gegebenenfalls nach einer Beweisaufnahme- ein Urteil.
Mein Praxistipp: Nach meiner Einschätzung kommt es zu einer durchschnittlichen Verfahrenslaufzeit in erster Instanz von neun bis zwölf Monaten. Stellen Sie sich Corona-bedingt aber derzeit auf längere Verfahren ein.
Fazit zum Thema rechtssichere Arbeitgeberkündigung
Sie können bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses viele Fehler machen. Es ist daher sinnvoll sich anwaltlich beraten zu lassen. Denn die Arbeitnehmer sind heute gut informiert, so dass Sie als Arbeitgeber damit rechnen müssen, dass eine Kündigungsschutzklage erhoben wird.
Eine Alternative könnte das Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages sein, nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis einvernehmlich endet und der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält.