Der Markt der Arbeitgeberbewertungsportale war bisher recht übersichtlich. Es gab kununu, den Branchenführer im DACH-Raum, Glassdoor, das weltgrößte Portal aus den USA sowie eine Reihe weiterer kleiner Anbieter. Jetzt steigt der Stellenbörsengigant StepStone in das Thema Arbeitgeberbewertungen ein und positioniert sein Angebot unmittelbar im Markt von kununu. Was den Anbieter dazu veranlasst und was die Strategie dahinter ist, erfahren Sie in diesem Beitrag. Darüber hinaus versuche ich das Vorhaben aus Sicht eines Personalmarketing-Praktikers kritisch zu bewerten und eine Handlungsempfehlung abzugeben.
Unternehmensprofile im Netz soweit das Auge reicht
Dort wo Unternehmen früher nur mit ihrer eigenen Karrierewebsite im Internet unterwegs waren, finden sich aktuell eine Vielzahl weiterer sogenannter Unternehmensprofile im Netz. Dabei stellen sich die Mitarbeiter suchenden Unternehmen im Rahmen des Employer Brandings immer stärker medial dar. Neben beschreibenden Texten, gehören Videos und weitere interaktive Inhalte längst zum Standard.
kununu ist Maß der Dinge bei Arbeitgeberbewertungen
kununu hat seit seiner Gründung 2007 erkannt, dass im Social Internet die einseitige Darstellung von Arbeitgebern durch die Unternehmen selbst ausgedient hat. Zwischenzeitlich bewerteten über 1,5 Mio. Mitarbeiter, Azubis und Bewerber rund 311.000 Unternehmen auf der Plattform. Durch die Einbindung in den Burda-Konzern mit dem Kauf von kununu durch XING 2013 entstand ein Schwergewicht mit hoher Google-Such-Relevanz. Kaum eine Suchanfrage zu einem Unternehmen mit dem Zusatzbegriff „Arbeitgeber“ wirft kein kununu-Ergebnis aus.
Glassdoor hechelt im deutschen Markt hinterher
Verhältnismäßig unbekannt ist im Vergleich der Weltmarktführer bei den Arbeitgeberbewertungsportalen: Glassdoor. Die US-Amerikaner traten 2015 in den deutschen Markt ein und hatten nicht gerade einen glücklichen Start. Zwischenzeitlich wachsen die Bewertungen der 600.000 Arbeitgebern weltweit auch in Deutschland stark an. Glassdoor lässt sich auch aufgrund seiner medialen Reichweitenpartner mittlerweile von Personalmarketing-Verantwortlichen nicht weiter ignorieren.
StepStone tritt in den Markt der Arbeitgeberbewertungen ein
Das Unternehmensprofil bei StepStone gehörte für Personalabteilungen, die Stellenausschreibungen auf dem Portal einkauften, seit jeher dazu. Allerdings wurde es insgesamt recht stiefmütterlich behandelt und wirkte bis vor kurzem eher wie eine Website aus den 90er Jahren. Dies ändert sich jedoch gerade drastisch.
Layout des neuen StepStone Unternehmensprofils genannt Company Hub
Mit einer optisch frischen Anmutung wurde das StepStone Unternehmensprofil einem Relaunch unterzogen. Auch heißt es jetzt Company Hub. Neben der modernen Einbindung eines Big Pictures als Header, fallen vor allem die prominent auf der rechten Seite eingebundenen Stellenanzeigen ins Auge.
Einbindung von Arbeitgeberbewertungen möglich
Bereits mit dem alten Unternehmensprofil konnten Mitarbeiteraussagen zur Zufriedenheit mit dem Unternehmen als Arbeitgeber rein textlich eingebunden werden. Diese Aussagen waren allerdings stets Teil der vom Unternehmen gesteuerten Markenkommunikation. Gegen Ende des zweiten bzw. Anfang des dritten Quartals 2017 werden zusätzlich anonyme Arbeitgeberbewertungen von Mitarbeitern oder ehemaligen Mitarbeitern eingebunden.
Die Darstellung der Bewertungen erscheint übersichtlich in Form eines Radardiagramms bzw. einzelner kleiner Quadrate mit Sternebewertung. Benutzer werden sich hierbei recht schnell zurecht finden, da bekannte Standards genutzt werden.
Nur qualitativ hochwertige konstruktive Aussagen über Unternehmen erlaubt
Der deutlichste Unterschied zum Vorgehen von Glassdoor und kununu wird der Inhalt der zulässigen Arbeitgeberbewertungen sein. Laut StepStone werden Bewertungen manuell geprüft hinsichtlich konstuktiver Inhalte, die Lesern einen Nutzen liefern. Damit sollen reine Bashing-Aussagen wie „Positiv: nichts. – Verbesserungsvorschläge: Alles.“ vermieden werden. Solche Bewertungen (Reviews) sind aus Sicht der StepStone-Verantwortlichen für Jobsuchende wenig hilfreich.
Der StepStone Company Review Fragebogen
In der aktuellen Version sind die Eingabefelder des von StepStone „Company Review“ genannten Fragebogens bereits mit sehr wenigen Worten zufrieden. Um tatsächlich qualitativ hochwertige Aussagen zu erhalten, sollte die 5-Wörter-Grenze unbedingt noch deutlich erhöht werden.
In wie weit das individuelle Redigieren tatsächlich zu einem qualitativ hochwertigen Pool an verlässlichen Arbeitgeberbewertungen führt oder den Aussagen auf StepStone am Ende der Ruf von durch die StepStone-Kunden beeinflussbaren Zitaten anhaftet, wird sich zeigen. So oder so werden alle Bewertungen auf der Plattform den klassischen Vorurteilen der Nutzer unterworfen sein.
Darstellung und Aufbereitung der Arbeitgeberbewertungen, genannt Reviews
Scrollt man von der Übersichtsseite etwas weiter nach unten, kann man sich alle Bewertungen / Reviews einzeln ansehen. Nettes Feature: Es kann ein Feedback abgegeben werden, wie hilfreich der Review war. Schön gemacht.
46% aller Jobsuchenden konsultieren Arbeitgeberbewertungsportale
Es zeichnet sich ein allgemeiner Trend dahingehend ab, dass den Portalen bei der Entscheidungsfindung für oder gegen einen Arbeitgeber immer mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Nach einer aktuellen Befragung von Softgarden, nutzen rund 46% aller Jobsuchenden mittlerweile Arbeitgeberbewertungsportale im Internet während ihrer Entscheidungsphase. Wobei der Prozentsatz durchaus kritisch zu würdigen ist, da er von kununu bzw. einem Kooperationspartner von kununu stammt.
Die Strategie von StepStone hinter den neuen Möglichkeiten
Unabhängig von der sowieso notwendig gewesenen Überarbeitung des angestaubten Unternehmensprofils, kommt die Erweiterung auf StepStone zur rechten Zeit. Die Diskussionen zum Ende der Stellenanzeige beziehungsweise Niedergang der Stellenbörsen aufgrund von Active Sourcing und aufkommender Matching-Technologien („Robot-Recruiting“), werden immer prominenter geführt. Wie zum Beispiel auf der HR-Messe Personal Süd in Stuttgart am 09.05., wo ich selbst im Rahmen einer vom Personalmagazin veranstalteten Podiumsdiskussion zum Thema „Die disruptive Kraft von Algorithmen – Machen Matching-Technologien Jobbörsen und Stellenanzeigen überflüssig?“ mitdiskutiere.
Stellenbörsen müssen ihr Portfolio erweitern
Zwar glaube ich persönlich nicht an einen (schnellen) Niedergang der Stellenbörsen, aber dennoch werden die Anbieter entsprechender Plattformen gefordert sein, ihr Portfolio deutlich auszuweiten. Dort wo XING mit dem Kauf von Jobbörse.com von der Social Media Plattform in Richtung Stellenbörse wanderte, werden auf der anderen Seite Stellenbörsen in Richtung Social Media expandieren. Und treffen dort auf etablierte Player wie kununu.
Der Job-Marktplatz als Modell der Zukunft
XING hatte das Ziel bereits mit der Einbindung der kununu-Bewertungen in sein Employer Branding Profil sowie mit bei der Einführung seines neuen Stellenmarkts 2015 angestrebt: Den Traffic der Jobsuchenden direkt oder über Google sofort auf die eigene Seite zu lenken, um dort umfassende Infos zu liefern, so dass alle Klicks weg von der Seite unnötig werden.
Insbesondere sind dies Klicks auf (andere) sozialen Netzwerke zum Sichten der Recruiting-Ansprechpartner, Klicks auf Youtube zum Sichten von Unternehmensvideos, den Klick auf die Karrierewebsite des Unternehmens zur weiteren Infobeschaffung sowie einen Klick auf Kartenanbieter, um den Standort des Unternehmens per Streetview anzusehen.
„Eine Plattform zur Stellensuche, alle notwendigen Infos“ – so könnte man es in Kurzfassung als eine Art Slogan sagen. Und StepStone geht genau in diese Richtung.
Warum StepStone mit dieser Strategie erfolgreich sein wird
Nun gut, es ist eine Mutmaßung, aber ich bin davon überzeugt, dass gerade ein Marktführer wie StepStone das Potenzial dazu hat, um im Bereich Arbeitgeberbewertungen auf entsprechende Mengen zu kommen, damit das neue Feature im Markt als Alternative zu kununu und Glassdoor ernstgenommen wird.
StepStone besitzt aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Axel Springer Konzern ebenfalls eine ausreichende Finanzstärke, um sich zukünftig auf Google zu Begriffen wie „Arbeitgeberbewertung“ gegenüber der Konkurrenz zu behaupten.
Hypothesen für die zukünftige Entwicklung
Das Company Hub erhalten laut Stepstone alle Unternehmen, die Stellenanzeigen auf der Plattform schalten – auch wenn dies nicht durchgängig erfolgt. Die Einbindung von Reviews im Company Hub ist dauerhaft kostenfrei, Bewertungen können allerdings nicht im neuen Unternehmensprofil ausgeblendet werden.
Wenn StepStone qualitativ hochwertige und lesenswerte Arbeitgeberbewertungen in hoher Zahl für Bewerber zugänglich machen kann, dann könnte sich StepStone bald als Qualitätsführer erweisen. Insbesondere weil es nach der aktuellen Strategie von StepStone unwahrscheinlich ist, dass in gleichem Maße Nicht-(Premium)Kunden wie bei kununu systematisch mit Werbung ihrer Konkurrenz zugespamt und unter Druck gesetzt werden. Diese sehr seriöse Rolle würde StepStone aus meiner Sicht gut stehen.
Nichtsdestotrotz wird StepStone für eine echte kununu-Konkurrenzsituation funktional erneut erweitern müssen. So ist beispielsweise der Bereich Mitarbeiterleistungen / Benefits aktuell noch nicht strukturiert und standardisiert. kununu bietet hier bereits zahlreiche Such- und Auswertungsmöglichkeiten, die genau auf diese Leistungen abzielen.
Was Personaler jetzt tun sollten
Schon heute ist das Unternehmensprofil Company Hub bei StepStone bestückbar. Personalmarketing- und Employer Branding Verantwortliche tun gut daran, ihr Profil auf den neusten Stand zu bringen und aufzupeppen. Auch bedarf es mittelfristig einer Strategie, welche Arbeitgeberbewertungsplattform Mitarbeitern und Bewerbern gegenüber ans Herz gelegt werden soll. Denn StepStone bringt analog kununu hierfür gleich entsprechende Vermarktungspackages mit.
FAZIT
Der Markt der Arbeitgeberbewertungsportale wird durch den Eintritt von StepStone qualitativ bereichert. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, allerdings wird es für Nutzer unübersichtlicher – vor allem bei stark abweichenden Bewertungen auf unterschiedlichen Portalen. Dafür können Personaler, die bisher ausschließlich auf kununu gesetzt haben, vielleicht schon bald eine Alternative auf ihren (Budget)Plan setzen. Auch wenn sicher noch einige Zeit bis dahin vergehen wird: Im Auge behalten sollten Sie diese Entwicklung. Ebenso wie das Thema strukturierte Daten und StepStones Liquid Design.
Aber da habe ich bei Ihnen als Leser meines Blogs ja keine Bedenken …
7 Antworten
Hallo Stefan,
sehr guter Artikel. Ob es StepStone schaffen wird sich so auszubreiten um Xing den Social Media Status zu klauen, weiß ich nicht, aber man sieht, dass die es versuchen.
Sowohl Stepstone als auch Xing haben vergessen, dass es im Recruitment noch einen anderen, ganz besonderen Player gibt – die Headhunter. Wo bei kununu und co. für den Kandidaten der Arbeitgeber wichtig ist, ist im Fall von Headhunter etwas anders. Wenn mich ein Personalvermittler z.B. von Hays kontaktiert, ist mir egal ob Hays Obst zum Frühstück anbietet. Ich will wissen, welche Vermittlungsqualität das Headhunting-Unternehmen anbietet. Deswegen wundert es mich, warum StSt oder Xing diesen Markt noch nicht monetarisieren. Keiner hat sich (denke ich) solche Plattformen wie z.B Bestcruiter geschnappt um das Social-Portfolio abzurunden.
Viele Grüße!
Thomas
Hallo Thomas,
naja, so ganz liegen gelassen hat XING das Thema Personalberater nicht. Das Portfolio hierfür ist durchaus beachtlich.
Und ich mag Deiner These sogar widersprechen: Wenn es darum geht, welchen Job ich die nächsten Jahre ausübe, dann interessiert mich in erster Linie natürlich schon der Arbeitgeber. Und nur in zweiter Linie der Headhunter. Denn der ist nur vorübergehend im Prozess. Ja, ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass ich lieber von einem qualitativ schlechten Headhunter in den richtigen Job gebracht werde, als vom Top-Headhunter in den falschen.
Viele Grüße
Stefan
P.S.: Ich habe Deinen Kommentar ein wenig angepasst, damit er nicht als reiner Werbe-Kommentar für Bestcruiter wirkt. Inhaltlich lässt es sich an Deiner Aussage schön reiben. 😉
Also ich kann deiner These nur widersprechen, weil ein schlechter Headhunter nie die besten Aufträge bekommen wird. So easy ist es.
Ich arbeite in der IT und die Qualität der Ansprache (volle Standarisierung, falsche Angebote, inhaltliche Fehler) der Headhunter ist ein deseaster und eine völlige Zeitverschwendung für mich. Ein Headhunter soll ein kompetenter Ansprechpartner für mich sein: das Unternehmen bzw. das Team kennen, wissen welche Technologien eingesetzt werden usw. Passiert leider nicht oft. Deswegen ich, aber auch viele meiner Kollegen, ignorieren die Anfragen (oder gar Xing löschen, weil da nur spam kommt). Nun vermehrt merke ich, dass manche Headhunter wollen mir zuerst beweisen, dass die etwas drauf haben und schicken mir ihre Profile bei Bestcruiter zu. Und da liegt der Unterschied: nur diejenigen die gut sind, lassen sich auch im Internet bewerten.
Sorry… wollte hier keine Werbung machen. Würde auch andere Plattform als Beispiel nehmen, kenne aber keine. 🙂
Was die Methoden vieler Headhunter angeht, um an Aufträge zu kommen, habe ich die gleichen Erfahrungen gemacht. Wildes Zusenden von Profilen ohne Nachfassen und Verwendung der Unterlagen von Bewerbern fast schon als „Streuware“ hat mit Professionalität nichts zu tun. Ignorieren, Löschen und gegebenenfalls mal Feedback geben, ist auch mein Mittel der Wahl.
Trotzdem halte ich mit meiner Meinung zum Thema „die besten Headhunter haben die besten Stellen“ dagegen: Denn wenn wir an „die besten“ Stellen denken, meinen wir wahrscheinlich tolle Jobs bei Hochglanz-Arbeitgebern mit toller Bezahlung, super Karrierechancen usw. Dabei könnte aber für den Jobsuchenden gerade die kleine Software-Butze um die Ecke die richtige sein. Vielleicht sogar ein Laden, der sich keinen Highend Berater leisten kann und in seiner Not einfach mal irgendjemanden losgeschickt hat. Oder jemand der auf eine plumpe Ansprache aus Neugier dann doch reagiert (soll noch vorkommen). 😉
Will heißen: Klar suche ich mir lieber einen professionellen Partner aus – trotzdem ist das keine Gewähr, dass er (oder sie) mich in den besten (= am besten für MICH passenden) Job bringt. Wir reden allenfalls über Wahrscheinlichkeiten. Den Zufall hebelst Du nicht aus. Und am Ende kommt es für den Jobsuchenden (nur für diesen) immer auf das ERGEBNIS an.
Bei der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Headhunter gehen unsere Ansichten auch nicht auseinander. Hier bin ich für (viel) mehr Qualität und möglichst wenig Zufall.
Ein hervorragendes Aushängeschild für Unternehmen, die keine Endverbraucherprodukte herstellen! Bewerber sind an solchen Bewertungen sehr interessiert.
Hallo stefan,
sehr interessanter artikel über die veränderung im online job-markt. allerdings frage ich mir vorher zu genau die informationen nimmst? ich habe keine informationen dazu von stepstone gefunden. man findet auch keine informationen zu den schlagwörten company hub & stepstone.
vielen dank im voraus.
grüße Mark
Hallo Mark, dazu hat Stepstone zur Messe Personal Süd eine Pressemeldung rausgegeben. Allerdings hatte ich vorher schon Insider-Infos, die ich mir von der Stepstone Pressestelle habe bestätigen lassen.
Wenn es soweit ist, wird Stepstone sicher nochmal offensiver vermarkten.
Blogger sind ja sehr gut vernetzt und stehen mit Agenturen und Dienstleistern in engem Kontakt. Oft sind wir gar Medienpartner und erhalten im Rahmen von Blogger-Insights vor der Presse Infos.
Viele Grüße,
Stefan