Wir Personalmarketer und Employer Brander lieben das sogenannte Marketingsprech mittlerweile ebenso wie unsere Kolleginnen und Kollegen in der Unternehmenskommunikation. Ich kann mir gut vorstellen, wie das auf fachfremde Dritte wirken muss, wenn wir „Zielgruppen targeten“, wild über „CPC“ diskutieren und ständig darüber lesen, dass alle jetzt Contentmarketing via Storytelling machen sollen.
Wird das hier also auch so einer dieser Bullshitbingo-Artikel, in dem ich meinen Lesern wild Fachjargon an den Kopf werfe? – Absolut nicht. Im Gegenteil!
Contentmarketing und Storytelling – Fachjargon regiert die Welt
Ich versuche zuerst einmal etwas Licht ins Dunkel dieser Begriffe zu bringen. Und ganz Praktiker, komme ich danach mit einem sehr persönlichen Beispiel für höchst erfolgreiches Storytelling, das auf den ersten Blick so gar nichts mit HR zu tun haben scheint. Lassen Sie sich einfach in den nächsten Minuten von mir führen. Und dass Sie mir vertrauen können, wissen Sie längst, sonst würden Sie meinen Blog ja nicht lesen. Eben.
Was bedeutet eigentlich Contentmarketing?
Content Marketing ist eine Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen und seinem Leistungsangebot oder einer eigenen Marke zu überzeugen und sie als Kunden zu gewinnen oder zu halten.
Weiter schreibt Wikipedia dazu
Im Gegensatz zu werbenden Techniken wie Anzeigen, Bannern oder Werbespots stellen die Inhalte des Content Marketings nicht die positive Darstellung des eigenen Unternehmens mit seinen Produkten in den Mittelpunkt, sondern bieten nützliche Informationen, weiterbringendes Wissen oder Unterhaltung.
Contentmarketing als Hype oder Trendthema?
Zumindest der Begriff unterliegt einem echten Hype und hat sich inflationär verbreitet. Selbst SEO-Queen Barbara Braehmer nennt Contentmarketing als einen ihrer 7 Trends im Social Recruiting für 2016.
Durch das Contentmarketing soll nunmehr der Nutzwert der gelieferten Informationen für den Konsumenten im Vordergrund stehen. Contentmarketing liefert Orientierung im Dschungel der Informationsflut im Netz. Contentmarketing ist emotional und berührt die Leser.
Employer Branding und Personalmarketing – prädestiniert für Contentmarketing
Äh, aber jetzt mal ehrlich: Sollten wir nicht schon seit Anbeginn des Employer Brandings Contentmarketing-Mechanismen einsetzen? Ist das wirklich so neu?
Stimmt. Sollten wir. Allerdings ziehen sich viele Unternehmen noch immer hinter eine Kommunikation zurück, die da lautet: Schaut her, wir sind ein Top Arbeitgeber, wir haben soundsoviele Arbeitgebersiegel auf unseren Webauftritt gepappt und deswegen sind wir toll. Das ist ein wenig wie Marketing ohne Content.
Jetzt könnte man natürlich einwenden, dass die Botschaft damit doch wenigstens klar auf den Punkt gebracht sei. Ja, könnte man. Allerdings berührt die Botschaft die Leser überhaupt nicht, denn diese hätten lieber Informationen erhalten, die bei ihnen den eigenen (!) Gedanken auslösen „Oha, dieser Arbeitgeber ist toll, weil … (es folgt eine emotional angehauchte Begründung)!“. Und schwupp isses Contentmarketing.
Contentmarketing – relevante Inhalte für die Zielgruppe
Naja, ganz so einfach ist es wahrscheinlich dann doch nicht. Aber wer zum Beispiel eine Contentmarketing-Stratgie verfolgt und dabei Element einsetzt wie beispielsweise
- Blogs
- Infografiken
- Videos
- Whitepapers / Studien
- Experteninterviews
- Gewinnspiele
- oder Ratgeber / wikis
der kann bereits eine Menge relevante und interessante Inhalte für die jeweilige Zielgruppe anbieten. Egal ob für die eigenen Mitarbeiter im Rahmen des internen Employer Brandings oder für potenzielle Bewerber.
Contentmarketing ist authentische Arbeitgeberkommunikation
Es darf nur nicht plump sein, über´s Knie gebrochen bzw. erzwungen („reim Dich oder ich schlag Dich“!) oder zu sehr auf Hochglanz getrimmt. Authentische Arbeitgeberkommunikation oder Arbeitgebermarketing eben.
Wer Employer Branding schon immer als authentische Kommunikation aus dem Unternehmensalltag verstanden hat, für den ist Contentmarketing ein alter Hut.
Und spätestens im Zeitalter von Adblockern wissen wir, wie schwierig platte und verkürzte Werbebotschaften an Zielgruppen zu bringen sind, wenn wir dabei nicht gleichzeitig eine Geschichte erzählen. Storytelling also.
Wie funktioniert Storytelling?
Auch hier hilft zu Beginn ein Blick auf die Definition bzw. kurze Beschreibung von Storytelling:
Storytelling oder deutsch: „Geschichten erzählen“ ist eine Erzählmethode, die sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Konzentration anderer Menschen leichter gewinnt als eine nüchterne Ansprache.
Storytelling im Personalmarketing
Das Thema Storytelling im Personalmarketing hat aus meiner Sicht in den letzten Jahren vor allem durch eine Person der HR-Szene an Fahrt gewonnen: Ali Mahlodji von whatchado, selbsternannter und fremdgekürter Chief of Storytelling. Denn was bewegt mehr, als die ganz persönliche Geschichte eines Menschen?
Verpacken wir also unsere Personalmarketing-Inhalte in eine emotionale Geschichte, die auf die Zielgruppe zugeschnitten ist (bitte statt der plumpen Generationendiskussion besser auf spezifische Zielgruppen gehen, z.B. Absolventen von IT-Studiengängen), dann transportieren sich Botschaften viel leichter als durch rein sachliche Aussagen.
Der beste Beweis, warum Storytelling funktioniert
Für mein Praxisbeispiel greife ich nun meinerseits auf die Storytelling-Methode und eine wahre Begebenheit aus meinem Privatleben zurück:
Kürzlich kam ich ins Wohnzimmer, als mein Kleiner gerade dabei war, seine Hausaufgaben aus der Vorschule im Kindergarten zu machen. Die Aufgabe aus dem sogenannten Zahlenland, in dem über mehrere Wochen die Zahlen von ein bis zehn spielerisch vermittelt werden, lautete diesmal: „Male zu Schneewittchen die 7 Zwerge“.
Es dauerte keine 30 Sekunden bis ich ein lautes gelangweiltes Stöhnen und die Frage vernahm: „Papa, warum muss ich eigentlich 7 Zwerge malen – das ist so langweilig!“. Oha, eine durchaus berechtigte Frage, auf die eine Antwort im Sinne von „Weil es die Kindergärtnerin so möchte.“ komplett meiner persönlichen Lebenseinstellung widersprechen würde und daher nicht in Frage kam. Auch die bekannte fränkische Argumentationskette „Des is so, weil´s halt so is.“ erschien mir hier nicht zielführend.
Stattdessen stellte ich eine Frage: „Wie heißt denn der eine Zwerg, den Du schon gemalt hast?“. Witzigerweise kam ein französisch angehauchte „Jean-Tobi“ als Antwort zurück. Es entwickelte sich sehr schnell ein spannendes Gespräch darüber, was die noch zu malenden Zwerge wohl gemeinsam mit Jean-Tobi anstellen würden. Bald darauf entstand der kleine Bruder von Jean-Tobi namens Luca sowie ein weiterer Zwerg mit eigenen Charakter und dem Wunsch, mit Jean-Tobi und Luca Fußball spielen zu gehen.
Auch das Gender-Thema bzw. die Frauenquote hat der Kleine anschließend thematisiert und gefragt, ob nicht auch Mädchen unter den Zwergen sein dürften. Selbstverständlich sollten sie das! Jules malte also hochmotiviert die gesamte Zwergenbande und ließ mich teilhaben an den vielen Gedanken, die er dazu hatte.
Die Aufgabe war damit mehr als nur gelöst – sie hatte dem Kleinen und mir sogar richtig Spaß gemacht. So ein Papa-Sohn-Ding eben.
Was lernen wir daraus für das Storytelling?
Die Frage wollen Sie jetzt nicht wirklich noch beantwortet bekommen, oder? Das sollte Ihnen spätestens klar werden, wenn Sie sich selbst die Frage beantworten, welcher Teil meines Blogbeitrags sie emotional mehr berührt hat…
Tell me your story!
9 Antworten
Hallo Stefan,
danke für diesen sehr lesenswerten Beitrag zum Thema Content-Marketing und Storytelling. Besonders das Praxisbeispiel zum Storytelling hat mir gut gefallen und die gesamte Materie nochmal verdeutlicht. Gerade für die SEO ist guter und einzigartiger Content sehr wichtig um den Leser zu begeistern. Gleiches gilt für Gütesiegel. Lass uns an Deinen Gedanken zum Thema Gütesiegel teilhaben auf https://kundentests.com/guetesiegel. Wir freuen uns über ein Feedback!
Viele Grüße!
Hallo Lucas,
vielen Dank für Deinen Kommentar, den ich allerdings erst aus dem Spam-Ordner retten musste.
Das Kundentests-Gütesiegel sieht mir nach einem verzweifelten Versuch aus, das im Internet völlig verloren gegangene Vertrauen wieder ansatzweise herzustellen. Die Absicht ist löblich, doch glaube ich nicht an einen Erfolg. Alleine das Thema „gewertet werden nur postalisch eingegangene Bewertungen mit vollständiger Adressangabe“ ist im digitalen Zeitalter wie eine historische Schildkröte. Auch die Tatsache, dass bereits ab 20 Bewertungen eine Top-Auszeichnung vergeben wird, ist höchst fragwürdig. Unternehmen, die täglich Tausende Geschäftsfälle abwickeln, sind dann per se schon Top-Dienstleister, weil dabei ja sicherlich 20 positiv verlaufen werden. Umgekehrt müssen sich kleine Unternehmen möglicherweise stark strecken. Darüber hinaus kann ich mir nicht vorstellen, dass Euer Service sehr schnell an Bekanntheit gewinnt und dadurch echtes Vertrauen entsteht. Für den Großteil der Öffentlichkeit wird das Siegel in eine Reihe mit allen anderen mehr oder minder glaubwürdigen Siegel gestellt werden – schon alleine mangels besseren Wissens.
Trotzdem drücke ich Euch für Eure Idee die Daumen!
Liebe Grüße,
Stefan
Moin Stefan, fast auf den Tag genau vor drei Jahren schrieb ich den Artikel „Einwurf: DAS neueste Buzzword der Werber ist für das Employer Branding eigentlich ein alter Hut: Content Marketing“
http://blog.recrutainment.de/2013/04/24/einwurf-das-neueste-buzzword-der-werber-ist-fur-das-employer-branding-eigentlich-ein-alter-hut-content-marketing/.
Schade eigentlich, dass sich diesen „Alten Hut“ immer noch so viele Personaler nicht aufsetzen mögen. Es wäre so einfach und die HR- Kommunikation würde so viel besser werden. Aber gut, gut Ding braucht Weil… Und irgendwann bekommen wir sie schon dahin… 🙂 VLG Jo
Sehr schön geschrieben! Ein bisschen mehr Storytelling, gerade im Blogger-Bereich und auch über das Thema Personalmarketing hinaus, würde wohl generell gut tun. Ich selbst habe mir letzte Woche einmal überlegt, wie man das ganze Thema „Digital“ mal, fern vim üblichen Bullshit-Buzzword-Bingo betrachten kann. Herausgekommen ist ein Blogpost der die fiktive Geschichte des CIOs eines Taxi-Unternehmens. Zumindest ich halte das für deutlich lesenswerter als den üblichen Standard-Kram. Das mag aber Ansichtssache sein.
Leider ist es ja immer noch weit verbreitet, dass, gerade im Corporate Bereich, Blogposts so lange durch Compliance & Co. kastriert werden, bis der deraus verbliebene Rumpf sich auf reine Fakten beschränkt und in seiner Gesamtheit so unendlich sexy ist wie der Aushang zum nächsten ökumenischen Gottesdienst in der Turnhalle Ihres Vertrauens…
Ja, das ist politisch absolut nicht korrekt, polarisiert aber. Und das ist die zweite Wahrheit neben dem Story-Telling.
Beste Grüße, Felix Pohl
Da gebe ich Dir absolut Recht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass viele Blogs von Dienstleistern nur deswegen konzipiert wurden, um Leistungen zu verkaufen. Wenn ein Blog hingegen eine Herzensangelegenheit ist, wie bei mir, kann man sich sprachlich viel mehr erlauben. Getreu dem Motto „Alles darf, nichts muss.“.
Einen wirklich ansprechend geschriebenen Blog habt Ihr da. Hab eben besagten Beitrag mal gelesen. Gefällt mir gut! Vorsicht: Greife gleich zum XING-Vernetzungs-Klick!
Damit es kein Bullshitbingo oder reine, selbstbezogene Darstellung von AG-Siegeln, etc. wird, z.B. im Unternehmensblog oder auf der eigenen Karriereseite, finde ich es eine gute Richtschnur nicht selbstzebtrisch, sondern „leserzentrisch“ zu denken. Also zu Fragen: Wen will ich eigentlich ansprechen? Was habe ich denen interessantes und neues zu erzählen, was mein Wettbewerber noch nicht macht bzw. was bei meinem Wettberwerber schon gut funktioniert? Wenn man hochwertigen Content, der ein spezifisches Problem löst oder einfach super unterhält, erstellt, schreibt man ihn für den Menschen – und natürlich für Google (Stichwort SEO). Da aber auch Google guten Content belohnt, der bei Menschen ankommt, sollte man sich mMn darauf fokussieren, richtig geile Inhalte zu schaffen. Dann wird es es auch Bullshit. 🙂 Oder was sagst Du?
Liebe Grüße aus Hamburg,
Tim Ebert
Eigentlich gehe ich beim Bloggen immer so vor: Was könnte meine Leser interessieren, wozu ich eine besondere Meinung habe oder Informationen, die anderen nicht haben. Oder anders ausgedrückt: „Welcher Senf von mir passt auf die Lieblingswurst meiner Leser?“. Damit fahre ich sehr gut.
Sehr schön geschrieben. Vielleicht sind die 7 Zwerge ja ein guter Ansatzpunkt für mein Azubi-Marketing 😉
Dankeschön. Warum nicht? Bei mir hat es sehr geholfen. Viel Erfolg beim Azubi-Marketing!